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Neuntes Kapitel

Die neue Stadt. Die –Bevollmächtigten der Regierung. Große Vorbereitungen. Der Festtag. Einzug der Friedensgäste. Der stolze Wilde. Der Festzug. Der Friedensschluß. Das Festmahl. Der Abschied.

 

Der August war erschienen, ein Monat, für Friedrichsburg von höchster Bedeutung; denn nicht allein versprach derselbe, ihm Ruhe und Sicherheit zu verschaffen, er sollte ihm auch die Maisernte abliefern.

Erst gegen das Ende des Monats trat Vollmond ein, die für den Friedensschluß festgesetzte Zeit, und es war von Wichtigkeit, daß die Ernte eingebracht würde, ehe sich die große Zahl von Indianern in der Umgegend sammelte.

Mit aller Arbeitskraft wurden zuerst die für Pferdefutter so werthvollen Maisblätter eingesammelt und auf dem Felde meistbietend verkauft, das dafür gelöste Geld aber unter die Arbeiter, welche die Ernte geschaffen hatten, gleichmäßig vertheilt, denn es befanden sich viele Familien in der Stadt, die kein Pferd hielten, und darum von den Blättern keinen Gebrauch machen konnten. Der Mais selbst aber wurde beim Ernten gemessen, und dann an die Betheiligten gleichmäßig abgeliefert.

Es war eine reiche und an Qualität vorzügliche Ernte, und die Zukunft der Stadt war durch sie sicher gestellt, denn wenn sie auch nicht den ganzen für ein Jahr nöthigen Brodstoff geliefert hatte, so konnte man das Fehlende doch leicht von den Mormonen beziehen, deren Mais zwar noch nicht reif, aber eine überaus reiche Ausbeute versprach.

Der Director wollte sich nun von den Aussichten, welche diese Ernte bot, selbst überzeugen, da die Mormonen nichts von sich hören, oder sehen ließen, außer wenn sie Holz, oder Mehl nach der Stadt brachten, und so ritt er nur die Mitte August nach deren Ansiedlung hinüber.

So wie er bei seinen früheren Besuchen stets durch neue Werke dieser arbeitsamen Leute überrascht worden war, so sollte auch diesmal sein erster Blick mit Bewunderung auf ihre Niederlassung fallen; denn die Zelte waren verschwunden, und an deren Stelle stand eine neue kleine Stadt.

Die reizendsten Häuschen, theils aus geschnittenem Holz, theils aus glatt behauenen Baumstämmen aufgeführt, reihten sich, von saubern, mit zierlichen Stacketen eingefaßten Gärten umgeben, zu beiden Seiten der geraden Straßen aneinander, und in der Mitte des Städtchens auf dem Platz, wo früher Grays Zelt gestanden hatte, hob sich jetzt ein großes Gebäude über den Wohnhäusern empor, in welchem die Mormonen ihren Gottesdienst hielten.

Bei Annäherung an die Niederlassung bemerkte der Director, daß sich die um sie weidende Viehheerde bedeutend vermehrt hatte, und daß namentlich die Zahl der Stiere eine auffallend große war. Auch sah er in der Ferne ein Dutzend colossaler Kastenwagen, jeder mit sechs Ochsen bespannt, wie es schien, ohne eigentlichen Zweck auf der Prairie umherfahren, während bei jedem Gespann nur ein Mann mit einer riesig langen Peitsche hinschritt, und alle möglichen Wendungen mit dem Fuhrwerke ausführte.

In der Stadt angelangt, begegnete Schubbert, wohin er schaute, emsigem, regem Leben: hier waren Stellmacher mit dem Anfertigen von schweren Wagen beschäftigt, dort vor einer Schmiede wurden Wagenräder mit eisernen Reifen umgeben und Pferde beschlagen, seitwärts bei einem Schlachthause spannte man frische Ochsenhäute zum Trocknen auf, und in den Gärten waren die jungen Frauen bei vielerlei häuslichen Arbeiten thätig beschäftigt.

Mit größter Freundlichkeit wies man den Director nach dem Hause des Herrn Grays, und dieser empfing ihn mit gewohnter Ruhe. Abermals nahm derselbe die Lobpreisungen des Directors über die erstaunliche Thätigkeit seiner Gefährten mit einer gelassenen Genugthuung hin, und zeigte ihm dann die zweckmäßigen, geschmackvollen Einrichtungen in seiner Wohnung.

Aus dem Einfachsten hergestellt, war Alles Nothwendige vorhanden, Alles war dem Auge wohlthuend geordnet, doch nirgends war etwas Ueberflüssiges zu sehen. Nur Möbel, worauf der Amerikaner vielen Werth legt, waren keine andern vorhanden, als solche, welche man auf der Reise benutzen kann; die starken hölzernen Koffer dienten als Bettstellen und Sophas, und der Tisch, sowie der Stuhl waren zum Zusammenlegen eingerichtet.

Es war auch dem Director beim Reiten durch die Stadt aufgefallen, daß man nirgends bei einem Hause, oder in einem Garten einen Baum gepflanzt hatte, ein Gegenstand, auf welchen der amerikanische Ansiedler seine erste Aufmerksamkeit verwendet.

Als er hierüber gegen Gray seine Verwunderung aussprach, wich dieser etwas betroffen der Antwort darauf aus, und sagte nur, daß sie noch keine Zeit dazu gefunden hätten.

Sie haben seit meinem letzten Hiersein auch einen sehr bedeutenden Zuwachs von Stieren erhalten, und wenn ich nicht irrte, so sah ich vor der Stadt eine Menge dieser Thiere einfahren; wozu gebrauchen Sie so viele Zugochsen? nahm der Director wieder das Wort.

Auch diese Frage schien den Mormonenhäuptling etwas verlegen zu machen, doch erwiederte er rasch:

Man kann dieser nützlichen Thiere nicht zu viele besitzen, und wandte dann schnell das Gespräch auf das Resultat der Maisernte, welche man in Friedrichsburg gehalten habe.

Wir sind sehr zufrieden damit, werden uns jedoch, wenn sie und nicht ausreichen sollte, im kommenden Frühjahr an Sie um Aushülfe wenden müssen, antwortete der Director.

Sie werden wohlthun, wenn Sie noch in diesem Jahre Ihren ungefähren Mehrbedarf an Mais von uns kaufen wollten, denn wir werden unsern Ueberfluß benutzen, um unsere vielen Schweine fett zu machen. Wir lassen dieselben zwar, sobald die Eicheln in den Wäldern fallen, dorthin treiben, durch deren Mast sie schon bedeutend an Gewicht zunehmen, später aber vor dem Schlachten füttern wir sie mit Mais, weil der Speck dadurch härter und zum Räuchern dienlicher wird, bemerkte Gray abermals in einer Weise, als ob er den eigentlichen Grund zu seinem Vorschlag verschweige.

Ehe der Director die Niederlassung wieder verließ, nahm er, von Gray begleitet, viele der Häuser in Augenschein. Allenthalben fand er dieselbe Nettigkeit und denselben praktischen Geschmack herrschen, doch auch allenthalben erhielt er den Eindruck, daß die Leute trotz der erbauten Häuser sich nur auf der Reise befanden, und so sorgfältig auch ihre Wohnungen aufgeführt und so bequem dieselben eingerichtet waren, ihre Bewohner sie doch nicht als eine bleibende Stätte betrachten.

In jedem Hause fand er denselben Mangel an Möbeln, die mit Decken und saubern, blendend weißen Netzarbeiten überlegten Koffer dienten als Sitze und als Ruhelager, und was den Eindruck des noch nicht beendeten Wanderlebens dieses Volkes bei dem Director noch vermehrte, war, daß er nirgends ein Bienenhaus sah, welches sonst bei keiner amerikanischen Ansiedlung fehlt.

Friede, Einigkeit und stilles Glück aber war durch die ganze Niederlassung, in jedem Hause, auf jedem Gesicht ausgeprägt, kein lautes Wort, kein unwilliger Blick wurden gehört, oder gesehen. Jedermann war beschäftigt, die Männer arbeiteten augenscheinlich aus eignem Antrieb und mit Lust, und die vielen Frauen folgten heiter ihren Geschäften und standen dabei einander liebevoll und herzlich bei.

Wohlthuend berührt von dem Geiste, der dieses kleine Volk beseelte, verließ der Director die Ansiedlung und lud Gray ein, zum Friedensschluß nach Friedrichsburg zu kommen, was derselbe jedoch nicht versprechen wollte, da er bei dem Aufenthalt so vieler Indianer in der Umgegend nicht gern von Haus abwesend wäre.

Der Monat August nahte sich seinem Ende, der Mond begann seine Sichel zu füllen, und auf viele Meilen weit um Friedrichburg schlugen in den bewässerten üppigen Thälern unzählige Indianerstämme ihr Lager auf.

So viele Menschen hatten diese Berge wohl niemals zusammen gesehen, und so viele Lagerfeuer hatten hier ihre Rauchsäulen nie früher zum Himmel aufsteigen lassen.

Der Verkehr mit Braunfels aber war gänzlich eingestellt, denn Niemand wollte sich jetzt auf den langen öden Weg nach Friedrichsburg begeben.

Schon seit einigen Wochen war in dieser Stadt keine Nachricht aus dem untern Lande eingetroffen, so sehnlich der Director auch danach verlangte; da kam eines Morgens ein langer Wagenzug mit starker Bedeckung an, und brachte die Geschenke, welche für die Indianer bestimmt waren und deren Werth sich auf eine sehr bedeutende Summe belief. Sie bestanden in unzähligen, für die Wilden geeigneten Gegenständen, die Hauptartikel aber, auf welche diese den größten Werth legten, waren ein eigens für sie verfertigtes grobes scharlachrothes Tuch, welches die Männer um den Leib trugen, und eine eigne Art langer schneeweißer Perlen, welche aus Seemuscheln besonders für sie fabricirt wurde.

Zugleich mit den Geschenken fanden sich die Bevollmächtigten der Regierung ein, welche den auf Pergament ausgefertigten Friedensvertrag mit sich brachten. Sie bestanden in dem Major Neighbours Major Robert Simpson Neighbors, Indianeragent (geb. 3. November 1815, gest. 14. September 1859), der sich schon seit Jahren als Indianeragent im Dienste der Vereinigten Staaten befand, und aus mehreren Unteragenten, die ihm zur Ausführung des Friedensabschlusses beigegeben waren.

Mit Annäherung der dazu bestimmten Zeit wuchs auch unter der Einwohnerschaft der Stadt die Aufregung, so daß während der letzten Tage alle Arbeit ruhte, und Jedermann sich mit großer Spannung und Neugierde der Unterhaltung über die bevorstehende Feierlichkeit hingab.

Dazu trugen die Vorbereitungen, welche von Seiten des Vereins gemacht wurden, viel bei, denn den Vereinsgebäuden gegenüber an der andern Seite des großen Platzes wurde unter den alten Lebenszeichen der Ort, wo die Feierlichkeit stattfinden sollte, festlich mit Laubgewinden geschmückt.

Nur noch zwei Tage lagen vor dem großen Friedenstage, und noch hatte sich kein Indianer in Friedrichsburg gezeigt, da kamen vor Sonnenuntergang Santa Anna und sein Bruder Sanacho angeritten, und brachten den alten Friedenshäuptling Mopochocopie mit, welcher so ohne jede Veranlassung aus der Stadt geflohen war.

Mopochocopie, ein altes Weib, sagte Santa Anna zu dem Director nach erster Begrüßung, und zeigte lachend auf den alten Indianer, der gleichfalls lachend, aber beschämt dem Director die Hand reichte, und, mit der Linken das Schlagen seines Herzens andeutend, sagte:

Mopochoeopie kein Krieger mehr, sein Herz das eines alten Weibes, voll Furcht, wenn es geträumt hat.

Dabei schüttelte er beschämt lächelnd die Hand des Directors mit großer Freundlichkeit, als wolle er ihn wegen seiner gethanen Unart um Vergebung bitten. Dieser aber klopfte ihm zutraulich auf die Schulter, und sprach seine große Freude darüber aus, daß er gekommen sei, um dem Friedensfeste beizuwohnen und selbst den Vertrag mit zu unterzeichnen.

Santa Annas und Sanachos Züge strahlten von Glück und Freude, das sie nun endlich das lang ersehnte Ziel erreicht hatten, und daß nun für ewige Zeiten Friede und Freundschaft zwischen ihrem Volke und den Weißen herrschen sollten.

Sie blieben zum Abendessen bei dem Director, und waren sehr erfreut, Major Neighbours dort zu treffen, mit welchem sie auch schon seit vielen Jahren befreundet waren.

Der Morgen des Festtags graute, der Himmel war heiter und wolkenleer, und das neue Licht fand die Stadt Friedrichsburg schon in regem Leben.

Alt und Jung, mit dem Sonntagsstaat angethan, waren in Bewegung, kaum hatte man sich zum Frühstücken die Zeit genommen, und Alles begab sich in die Straßen hinaus, um die Indianer von den verschiedenen Seiten in die Stadt einziehen zu sehen. Namentlich sammelte man sich in der Nähe der Vereinsgebäude und auf der Straße nach Braunfels, denn von Osten und Süden her wurden die meisten wilden Fremden erwartet.

Während dieser Zeit war man in dem Vereinslokal eilig beschäftigt, die Geschenke für die Indianer hinaus unter die Eichen in die Nähe des Festplatzes zu schaffen und sie dort aufzustapeln, wobei Major Neighbours die Anordnungen traf.

Die Sonne stieg über den Bergen auf und warf ihr goldenes Licht in das Thal von Friedrichsburg, noch aber war kein Indianer erschienen. Die Vorbereitungen auf dem Festplatz zum Empfange der Friedensgäste waren beendigt, und die Ungeduld unter der harrenden Zuschauermenge steigerte sich immer mehr, da blitzte und funkelte es aus dem Wald hervor, nach welchem die Straße führte, und ein Reiterzug der sich im Schritt nahete, wurde sichtbar.

Es war Santa Anna, der oberste Kriegshäuptling aller Comantschen mit den Friedenshäuptlingen, den Weisen und den ältesten Kriegern der Nation.

Langsam und feierlich kam der Zug heran, Santa Anna auf einem prächtigen milchweißen Hengst voran, und seine Begleiter zwei und zwei ihm folgend.

Ohne alle Kleidung, nur mit dem scharlachrothen Tuch ihren Leib umwunden, hoben sich die edlen, männlichen rothbraunen Gestalten über den kräftigen, schönen Rossen empor, und man sah es ihnen an, daß es ihnen der heiligste Ernst war, ihrer Nation Glück und Segen zu verschaffen.

Sie waren sämtlich aufs Festlichste geschmückt: in ihr eignes glänzend schwarzes Haar hatten sie zwei lange Zöpfe von dem schwarzen Barte des Büffels eingeflochten, welche zu beiden Seiten ihres Gesichts über ihre Brust bis unter den Bauch des Pferdes herabhingen, und auf denen handgroße blitzende, runde Silberplatten nebeneinandergereiht befestigt waren.

Auf ihren Häuptern trugen sie Federn aus den Schwingen des Königsadlers, um ihren Nacken und über ihre Brust lagen Schnüre von drei Zoll langen schneeweißen Perlen, ihre Arme waren mit vielen glänzenden Metallringen geziert, und an ihren Füßen trugen sie bunt mit Perlen gestickte Mokassins.

Die prächtigsten gegerbten Thierhäute dienten ihnen als Sättel, und das Zaumwerk, so wie Mähne und Schweif ihrer Hengste waren mit schillernd glänzenden Federn und bunten Lederbändern geschmückt.

Ohne irgend eine Waffe zogen diese, von den weißen Menschen so tausendfach betrogenen, und so unsäglich verfolgten und mißhandelten Ureinwohner dieses Landes mit unbedingtem Vertrauen in die deutsche Stadt ein, um Friede und Freundschaft mit den Weißen zu schließen, während die Regierung der Vereinigten Staaten seit einigen zwanzig Jahren vergebens Alles aufgeboten hatte, um zu diesem Ziel zu gelangen.

Major Neighbours mit seinen Begleitern und Director Schubbert mit seinen Beamten gingen den nahenden Gästen entgegen, bewillkommneten sie aufs Herzlichste, und geleiteten sie in die Stadt vor die Vereinsgebäude, wo sie mit lautem Jubel von den Friedrichsburgern empfangen wurden.

Zugleich ertönte freudiges Willkommen in der entgegengesetzten Richtung der Stadt, und vom Ende der San Saba Straße her nahete sich eine Reiterschaar, welche, von der fröhlich aufgeregten Volksmenge begleitet, heranzog.

Es war Kiwakia, der Comantsche-Häuptling, mit seinem Bruder Ureumsi und seinen alten Kriegern, die festlich geschmückt, ohne Waffen auf prächtigen Rossen herankamen, und bald den Platz vor den Vereinsgebäuden erreichten.

Das Wiedersehen dieser Brüder mit dem Director war ein sehr freudiges, ein tief ergreifendes; denn vor Jahren hatten sie sich schon gegenseitig die ernstesten, werthvollsten Freundschaftsdienste geleistet.

Jetzt ertönten fast aus allen Richtungen zugleich die Freudenrufe der Einwohnerschaft, und Stamm auf Stamm durch seinen Häuptling und seine alten Krieger vertreten, zog nach den Vereinslocalen hin.

Auch die Mescalleros kamen in ihrem Schmuck herangeritten, und der Häuptling Wasa, der alte Freund des Directors, war der Erste der ihn jubelnd begrüßte.

So erschienen mehr und mehr der wilden Gäste, und die Zahl der Häuptlinge hatte schon die fünfzig überstiegen, doch vergebens hoffte und harrte man auf das Erscheinen Kateumsis, Keiner seiner rothen Brüder wollte ihn gesehen haben, Keiner konnte Auskunft über ihn geben.

Sein Herz ist das eines Panthers es kann sich der Freundschaft nicht öffnen; er wird nicht kommen, nahm Sanacho zu dem Director gewandt, das Wort, und es fehlen noch mehrere Stämme der Comantschen, welche Kateumsis Haß nachreden und seinen Zorn fürchten. Er wird auch sie abhalten, zu kommen.

So sollen die Streifschützen der Regierung ihn und seinen ganzen Stamm als unversöhnliche Feinde tödten, versetzte Major Neighbours barsch, Sanacho aber warf ihm einen strafenden, verächtlichen Blick zu, und sagte:

Wären auch die Pferde der Streifschützen so schnell wie Deine Zunge, so besäßen deren Reiter doch nicht die Augen eines Comantschen, um Kateumsi in den Bergen zu finden, und sie hätten noch nicht das Ohr des Indianers, um dessen Fußtritt zu hören, ehe sie sein Pfeil aus ihrem letztere Schlafe aufweckte. Nicht die Furcht vor Euren Streifschützen hat unser Volk Heute hierher geführt!

Das weiß ich, Freund Sanacho, fiel der Major, rasch einlenkend, dem stolzen Häuptling in das Wort, aber eben weil wir jetzt mit allen Comantschen in Friede und Freundschaft leben werden, so ist es doch unverzeihlich, daß ein einziger kleiner Stamm derselben noch die Waffen gegen uns führen will.

Kateumsi hat seinen eignen Kopf und sein eignes Herz, und noch hat kein Comantsche jemals sich unter die Gewalt eines andern Volkes gebeugt, antwortete Sanacho sich hoch aufrichtend, und mit lauter Stimme, so daß die ihm nahe stehenden rothen Männer es hören mußten.

Aber unter die Gewalt der Freundschaft hat sich selbst Sanacho gebeugt, sagte der Director schnell, und hielt dem, in Unwillen aufflammenden Häuptling seine Hand hin.

Und er wird sich unter sie beugen, so lange sein Herz schlägt, fiel dieser freudig ein, indem er Schubberts Hand in die seinige nahm, und heiteres Glück strahlte wieder aus seinen großen dunkeln Augen.

Die zum Erscheinen der Indianer bestimmte Zeit war schon lange verstrichen, als Santa Anna erklärte, daß nun kein Comantsche mehr kommen werde, worauf er sich zu Sanacho wandte, und ihm auftrug, den Zug nach dem Friedensplan zu ordnen.

Mit lauter Stimme verkündete dieser alsbald in der Sprache seines Volkes den andern Häuptlingen den Befehl seines Bruders, und ohne ein weiteres lautes Wort sammelten diese ihre Krieger um sich, ließen sie zwei und zwei hinter sich treten, und folgten nun mit dem feierlichsten Ernste Stamm für Stamm ihrem obersten Häuptlinge.

Santa Anna, mit dem Ausdruck, als schritt er zu der heiligsten Handlung seines Lebens, bog zur Rechten ab, und beschrieb mit dem ihm folgenden langen Zuge einen weiten Bogen nach dem Ort der Verhandlungen hin, während Major Neighbours mit seinen Begleitern und der Director mit den Beamten von der linken Seite her demselben zuschritten.

Major Neighbours trug die Pergamentrolle mit dem von der Regierung ausgefertigten Friedensvertrag in seiner Hand vor sich erhoben, und trat zu dem unter einer prächtigen Eiche stehenden Tisch, als zugleich Santa Anna von der andern Seite her an denselben heranschritt.

Major Neighbours legte die Rolle auf den Tisch nieder, reichte dann dem Haupte der Comantschen die Hand, und begrüßte ihn im Namen des großen weisen Vaters, des Präsidenten der Vereinigten Staaten; Santa Anna aber erwiederte den Gruß im Namen aller Comantschen.

Dann traten sie zusammen und umarmten sich dreimal.

Nun ergriff Major Neighbours mit einer feierlichen Bewegung die Pergamentrolle und öffnete sie, während Sanacho eine unweit des Tisches errichtete, mit Laub bekränzte Rednerbühne erstieg, um von ihr herab den Inhalt des Friedensvertrags seinem Volke zu verdolmetschen.

In dieser Zeit hatten die Indianer einen weiten Kreis um sie geschlossen, und standen, ihre ernsten Blicke auf Neighbours geheftet, wie bronzene Statuen da.

Eine tiefe feierliche Stille war eingetreten, da begann Major Neighbours den Vertrag langsam und in kurzen Sätzen zu verlesen, welche Sanacho sofort von der Bühne herab mit lauter gewaltiger Stimme in der Sprache der Indianer der Versammlung verkündete.

Kein Laut, kein Geräusch unterbrach den feierlichen Vortrag, und immer klarer und immer deutlicher trat der Ausdruck von Zufriedenheit auf die dunkeln Gesichter der Wilden.

Endlich hatte der Major das Document zu Ende gelesen und legte das Pergament auf den Tisch, da bestieg Santa Anna an seines Bruders Stelle die Tribüne, und hielt nun eine gewaltige Rede an seine Gefährten, worin er ihnen die großen Vortheile hervorhob, die der Abschluß dieses Friedens für ihre Nation haben würde. Er sprach lange und sprach mit hoher, wahrer, aus seiner Seele kommenden Begeisterung, die sich auch bald der regungslos dastehenden Wilden bemächtigte, und die sich bei ihnen durch Blick und Bewegung kundgab.

Als Santa Anna dann die Tribüne verließ, schritt er zu dem Tische, und erklärte sich bereit, für sein Volk den Vertrag zu unterzeichnen, worauf der Major den Namen Santa Anna auf das Pergament unter den Vertrag schrieb, dem Häuptling dann die Feder reichte, und nun ihm die Hand führte, um ein Kreuz hinter seinen Namen zu zeichnen.

Mit dem größten Wohlgefallen betrachtete Santa Anna dies sein Werk, und gab dann die Feder an den Major zurück.

Dieser nannte nun laut den Namen Sanacho und schrieb denselben zugleich nieder, und als der Häuptling zu ihm trat, führte er auch ihm die Hand, um das Kreuz dahinterzusetzen.

Sanacho rief nun die Häuptlinge nacheinander an den Tisch heran, und jeder unterschrieb in dieser Weise den Vertrag.

Das Werk war vollbracht, und zwar von Seiten der Indianer mit dem vollsten Glauben, daß nun für ewige Zeiten der Friede zwischen ihnen und den Weißen niemals wieder gestört werden wurde. Und mit diesem Gefühl im Herzen trat Santa Anna auf Major Neighbours zu, und schloß ihn dreimal in seine Arme. Dann wandte er sich mit freudig strahlendem Antlitz zu dem Director, und umarmte ihn mit den Worten:

Alte Freundschaft wieder jung; Santa Anna glücklich!

Sanacho folgte seinem Bruder in der Ceremonie ebenso innig und freudig ergriffen, und dann kamen alle übrigen Häuptlinge heran, um durch dreimalige Umarmung den Friedens- und Freundschaftsvertrag zu besiegeln.

Glück und Freude zeigte sich in dem Wesen sämmtlicher Indianer, und mit gespannter Erwartung wandten sie sich jetzt zu den Geschenken hin, nach welchen ihnen Major Neighbours voranschritt. Derselbe übergab diese nun feierlichst an Santa Anna, und erbot sich, die Vertheilung unter die verschiedenen Stämme selbst hier auszuführen. Santa Anna aber bat ihn, die Geschenke zusammen nach seinem Lager an der Pierdenales zu befördern, wo er am folgenden Morgen jedem Häuptling den Antheil seines Stammes davon ausliefern wolle.

Er sagte, daß die Indianer dadurch besser zufrieden gestellt werden und nicht auf den Gedanken kommen würden, daß sie parteiisch behandelt worden wären.

Der Director ließ schnell die nöthigen Wagen dazu bereit machen und herbeifahren, und während die Ballen und Kisten darauf geladen wurden, hielt Santa Anna eine Ansprache an seine rothen Brüder, und sagte ihnen, daß Morgen früh die Vertheilung der Geschenke in seinem Lager stattfinden solle.

Schon bei dem letzten Besuche Santa Annas und Sanachos hatte der Director mit ihnen darüber geredet, in welcher Weise er nach vollzogenem Friedensschluß die Indianer bewirthen solle, indem es ihm unmöglich wäre, für so viele Menschen ein Essen zu bereiten, worauf beide Häuptlinge ihm vorschlugen, Kaffee kochen zu lassen, wodurch er allen Indianern, auch denen, die den Trank noch nicht kannten, eine große Freude bereiten würde, und als Schubbert nun noch erklärte, auch Cigarren an alle Gäste geben zu wollen, da meinten sie, daß es das schönste Fest sein würde, welches die Comantschen jemals gefeiert hatten.

Sobald also die Geschenke aufgeladen, und von einigen alten Kriegern Santa Annas begleitet, fortgefahren waren, ließ dieser die Indianer sich in einem weiten Kreis unter den schattigen Eichen niedersetzen, und in demselben wurden nun die großen Kessel mit Kaffee getragen und mehrere Fässer mit rohem Zucker und Zwieback aufgestellt.

Santa Annas Weisung zu Folge hatten sämmtliche Wilde ihre Trinkhörner mitgebracht, und nun forderte der Häuptling sie auf, zu den Kesseln zu treten, um ihre Hörner zu füllen und sich dann mit Zucker und Zwieback nach seinem eignen Beispiel zu bedienen. Dabei tauchte er zuerst das Glas, welches Schubbert ihm gegeben hatte, in den Kessel, versüßte den Trank und versorgte sich mit einer Hand voll Zwieback.

Neighbours und dessen Gefährten, sowie der Director und seine Beamten thaten ein Gleiches, und setzten sich dann mit Santa Anna in den Kreis nieder, während sämmtliche Indianer nun ihrem Beispiel folgten, und bald darauf in dem Grase saßen und entzückt die seltene Mahlzeit zu sich nahmen.

Ihr Genuß wurde aber noch sehr erhöht, als der Direktor Cigarren herumreichen ließ, worauf keiner der Wilden mehr Zwieback essen wollte, wohl aber immer wieder sein Horn mit Kaffee füllte, so lange solcher vorhanden war

Die Einwohner der Stadt, welche von Beginn der Verhandlungen denselben mit größtem Interesse und ohne alle Störung beigewohnt hatten, schlossen sich jetzt dem Kreis der Wilden an, saßen und standen bei ihnen, und suchten sich mit ihnen zu verständigen und zu befreunden.

Auch Ludwina fehlte nicht unter der Menge, und mancher erstaunte Blick wurde von den Indianern mit dem Ausruf der Verwunderung »Hugh!« nach ihr hingesandt.

So große Hoffnungen sie aber auch auf diese Zusammenkunft baute, und so sehr sie sich darüber freute, die Wilden in so gutem friedlichem Einvernehmen mit den Weißen zu sehen, so hielt sie doch eine unüberwindliche Scheu von ihrer unmittelbaren Nähe zurück, und trotz wiederholter auffordernder Blicke Rudolphs, der mit in dem Kreise saß, blieb sie mit ihrem Vater in der Ferne stehen.

Die Indianer schienen aber, auch nachdem kein Kaffee mehr vorhanden war, durchaus noch keine Neigung zu haben, das Bankett aufzuheben, Zug um Zug bließen sie die Wolken des Tabacksdampfes von sich, wie es schien, um schnellmöglichst die Cigarre zu verbrauchen, damit sie sich eine andere fordern könnten, und dabei strichen sie sich zum Zeichen höchster Zufriedenheit mit Ausrufen größten Wohlbehagens über Brust und Leib.

Santa Anna schien so recht in seinem Glücksgefühl zu schwelgen, mit freudigem Lächeln ließ er seinen Blick fortwährend im Kreis über seine rothen Gefährten wandern, und sagte von Zeit zu Zeit halb laut vor sich hin: Comantschen glücklich.

Die weiße Zuschauermenge begann sich aber nun zu verringern, denn es war Zeit zum Mittagsessen, und in mancher Küche in der Stadt war das Feuer längst erloschen.

Auch dem Director begann die Zeit etwas lang zu werden, und doch durfte er der andern Häuptlinge wegen, weder Santa Anna, noch Sanacho zu sich zu Tische laden, darum wandte er sich zu ersterm und sagte:

Ich darf Dich und Deinen Bruder nicht bei mir zum Essen laden, meine übrigen Freunde würden es mir übel nehmen, darum reitet mit ihnen fort, und kommt dann Beide hierher zurück, um bei mir zu speisen.

Santa Anna fühlte sich sehr geschmeichelt, nickte verstohlen dem Director zu, und erhob sich nun schnell, indem er das Fest als beendigt ausrief.

Jetzt hatte er selbst die größte Eile, er reichte den Amerikanern und Deutschen zum Abschied die Hand, Sanacho that dasselbe, und ihrem Beispiel folgten sämmtliche Häuptlinge.

Dann eilten sie unter den Bäumen hin nach ihren Pferden, und ehe zehn Minuten vergingen, waren sämmtliche Indianer verschwunden.

Den Häuptling Kiwakia nebst dessen Bruder Ureumsi, sowie auch den Mescalleros Häuptling Wasa hatte aber der Director beim Abschied gebeten, noch einmal vor ihrer Abreise aus dieser Gegend zu ihm zu kommen, damit sie ihrer Freundschaft aus vergangener Zeit nochmals gedenken könnten.

Daß alle übrigen Stämme so schleunig als möglich davonziehen würden, das wußte der Director sehr wohl, sonst hätte ihm vor diesen vielen neuen Freunden bange werden müssen.

Für eine so ungeheuere Zahl von Menschen war keine Nahrung in diesen Bergen zu finden, denn alles Wild war geflohen, oder erschossen, und der Büffel besuchte dieses Gebirgsland nur in kleinen Zahlen, während er auf den großen Prairien in Herden von vielen Tausenden umherwandert.

Alle diese südlichen Reiterindianer leben eigentlich ausschließlich von dem Büffel, wie dessen in der Sonne gebleichten Gebeine auf jenen unabsehbaren Prairien zeigen, da sie diese in der Ferne mit einem weißen Schein, wie mit einem weißen Schleier überziehen.

Das wenige getrocknete Fleisch, welches diese Indianer zur Reise nach Friedrichsburg mit sich gebracht hatten, konnte nicht lange ihren Bedarf an Nahrung decken, und so kam es denn auch, daß schon nach wenigen Tagen kein Wilder mehr in der Gegend zu sehen war.

Kiwakia mit seinem Bruder und auch Wasa hielten ihr Versprechen, den Director noch vor ihrer Abreise zu besuchen, und beim endlichen Abschied versprachen sie ihm, niemals in diese Gegend zu kommen, ohne sich bei ihm zu melden.

Auch Santa Annas Stamm trieb der Mangel an frischem Fleisch schon nach wenigen Tagen nach Nordost in die offnen Grasländer, und so war Friedrichsburg denn mit einem Male wieder still und einsam geworden. Es war aber seit dem Friedensschlusse ein wahrhaft beglückendes Gefühl von Sicherheit und Gefahrlosigkeit über die Einwohnerschaft gekommen, so daß man fast Niemanden mehr mit Waffen gehen sah, obgleich der Director, so wohl ihm diese Ruhe auch that, immer wieder zur Vorsicht ermahnte und darauf hinwies, daß Kateumsi und noch mehrere andere Häuptlinge nicht zum Friedensschlusse erschienen seien.


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