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Ein dreiundachtzigjähriger Häusler wußte folgende Geschichte: An einem Herbstabend hüteten drei Knaben aus Lengsfeld bei der Wüstung Waldsachsen. Sie wollten ein Feuer machen und stachen den Rasen aus. Dabei sagte der eine: »Wenn wir doch ein Stück Eisenkuchen hätten, so groß wie die Rasen! « Kaum ist der Wunsch heraus, so kommt ein Mann. »Elsenkuchen wollt ihr? Da habt ihr welchen!« Er versprach auch alle Abende frischen zu liefern, wenn sie ihm jedesmal ihren Hütplatz für den andern Tag sagen wollten. Das taten sie gern, bekamen auch am nächsten Abend richtig ihren Kuchen. Bald danach trat eine alte Frau zu ihnen, die dort in der Erde gekrabbelt hatte. Die sagte, sie wolle ihnen allerlei Kunststücke zeigen; doch müßten sie mit ihr an den Brunnen gehen, der im Tal unter der Liete lag. Dort taufte sie die Knaben, während sie unverständliche Worte murmelte, versicherte ihnen auch, daß sie nun Ungeziefer machen könnten. Am andern Morgen, als sich die Knaben auf dem Schulweg begegnen, sagt der eine: »Ich meine, ich müßte fliegen können als wie ein Vogel! « »Ich auch! « riefen die beiden andern. Und alsbald hoben alle drei die Arme und flogen auf der kleinen runden Mauer, die ehedem den Marktplatz von Lengsfeld umzog, hin und her. Bevor der Lehrer kam, zeigten sie ihre Kunst auch in der Schule und machten die ganze Stube voll Mäuse, weil ihre Kameraden s * ich das wünschten. Der erschrockene Kantor holt sofort den Oberpfarrer; der überzeugt sich mit eigenen Augen und setzt die Knaben zur Rede. Sie beichten ganz arglos alles, erzählen auch, sie wären am vorigen Abend, zu dritt auf den Schimmel in ihres Nachbars Scheune gestiegen und an einen Ort geritten, wo es ihnen gar gut gefallen.
Der Geistliche, der Satans Hand vermutete, fragt die Knaben weiter, ob sie auch Ungeziefer machen könnten. Sie bejahten es, und im Nu wimmelt sein Rock von Läusen. Da eilte er voll Entsetzen zum Richter und meldete den Vorfall; die Knaben aber gingen nach Hause. Nun war des einen Vater der Scharfrichter Michel Weber. Der entsetzte sich, ergriff sein Richtschwert und schlug seinem Kind den Kopf ab. Grub danach im Stalle ein tiefes Grab und bedeckte es mit schweren Steinen. Die beiden andern Knaben, als sie solches vernahmen, flogen auf und davon, und niemand hat je wieder von ihnen gehört. Jener Brunnen aber unter der Liete heißt bis auf den heutigen Tag der Hexenbrunnen.