Sagen aus der Pfalz
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Der Ritter vom Huneberg

Auf der Burg Huneberg im Haardtgebirge lebte ein Junker namens Schott. Er war von schöner Gestalt und adeligen Sitten, aber arm, so daß er nicht den Mut fand, um ein Fräulein aus den vielen alten Adelsgeschlechtern der Gegend zu werben.

Eines Tages lief er mißmutig im Wald umher; mit einemmal sah er ein altes Männlein am Wege sitzen. »Ich bin hungrig«, flüsterte das Männlein, »gib mir etwas zu essen!«

Schott langte aus seiner Jagdtasche ein Brot hervor und reichte es dem Alten. Als er ein andermal wieder durch den Forst schweifte, vernahm er ein Geschrei wie um Hilfe. Er eilte darauf zu, aber die rufende Stimme schien sich immer weiter zu entfernen. Endlich fand er unter einem Baum ein schönes Knäblein, das bitterlich weinte.

»Mann«, bat der Knabe, »bring mich doch nach Hause; ich fürchte mich vor den Wölfen und bin gar so klein.«

»Aber wo bist du denn daheim?« fragte der Junker.

»Ich will dir den Weg zeigen«, erwiderte das Kind und schwang sich hurtig auf des Junkers Rücken.

Nun ging's bergauf und bergab, daß dem Ritter der Schweiß von der Stirn rann. Endlich als die Sonne bereits unterging, kamen sie an ein altes steinernes Haus, das mit einem Wassergraben umgeben war, in dem mehrere Schwäne stolz dahinschwammen.

»Nun sind wir am Ziel«, rief das Knäblein und sprang herab.

Aber Schott erschrak nicht wenig, denn das Kind hatte sich ganz verändert und war ein häßlicher Zwerg geworden.

»In diesem Hause wirst du eine Nachtherberge finden«, erklärte der kleine Unhold, »und auch den Lohn für deine Mühe.«

»Aber wer bist denn du?« stammelte der Junker.

»Ich bin der Waldgeist«, antwortete der Zwerg, »und wer mir Vertrauen schenkt, hat es nie zu bereuen.«

Mit diesen Worten verlor sich das kleine Wesen im Gestrüpp. Schott aber schritt festen Trittes über die schmale hölzerne Brücke und klopfte an das Tor des steinernen Hauses. Ein junges, schönes, freundliches Mädchen öffnete ihm die Tür. Es war die einzige Tochter einer betagten Mutter und der letzte Sproß des alten Geschlechtes der Herren von Schwanau, die durch Krieg und anderes Unglück in Armut geraten waren. Dem Ritter gefiel die Jungfrau ganz vortrefflich, und er beschloß, um ihre Hand anzuhalten; doch war er ehrlich und verhehlte seine Armut nicht. Die Mutter erwiderte: »Es ist in unserem Haus eine alte Prophezeiung, die letzte Erbtochter von Schwanau werde zu Reichtum und Ehre gelangen, nur dürfe sie ihren Namen nicht ändern.« Der Junker von Huneberg war einverstanden, den Namen Schwanau anzunehmen und das Wappen des Geschlechtes mit dem seinigen zu vereinen.

Auf dem Heimweg traf er dann das alte Männlein wieder. Es winkte ihm zu und führte ihn in eine Höhle, in der ein wertvoller Schatz verborgen lag. »Das ist die Morgengabe deiner Braut«, lächelte der Zwerg. »Tue immer recht, und euer Glück wird blühen.« Schott führte seine schöne Braut heim, und die Worte des Waldgeistes gingen an ihm und seinen Kindern in Erfüllung.

Das Geschlecht derer von Huneberg und Schwanau ist heute erloschen. Man weiß nicht einmal mehr mit voller Bestimmtheit zu sagen, wo ihre Schlösser standen.

 


 


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