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»Der Freundschaftsbund.«.

»Unser Haus war aus Lehm zusammengeklebt, aber die Thürpfosten bestanden aus gewürfelten Marmorsäulen, dort gefunden wo man das Haus erbaute. Das Dach reichte fast bis zur Erde herab, jetzt war es schwarzbraun und häßlich, aber als es gedeckt wurde, bestand es aus blühendem Oleander und frischen Lorbeerzweigen, hinter den Bergen hergeholt. Um unsere Wohnung war es eng, die Wände strebten schroff empor und zeigten eine kahle, schwarze Farbe, an ihren Gipfeln hingen oft Wolken, gleich weißen, lebenden Gestalten. Niemals hörte ich hier einen Singvogel, nie tanzten die Männer hier zu den Tönen der Sackpfeife, aber der Ort war geheiligt aus alten Zeiten, selbst der Name erinnert daran, er wird ja Delphi genannt! Die dunkeln, ernsten Berge lagen alle mit Schnee bedeckt, der höchste, der am längsten in der rothen Abendsonne schimmerte, war der Parnaß; der Bach nahe an unserm Hause schoß von ihm herab und war einst auch heilig, jetzt trübt der Esel ihn mit seinen Füßen, doch die Strömung wälzt sich fort und wird wieder klar. Wie entsinne ich mich jedes Flecks in seiner heiligen, tiefen Einsamkeit! Mitten in der Hütte wurde Feuer angezündet, und wenn die heiße Asche hoch und glühend da lag, das Brot darin gebacken. Wenn sich der Schnee so hoch um unsre Hütte thürmte, daß sie fast versteckt war, dann schien meine Mutter am fröhlichsten, dann hielt sie meinen Kopf zwischen ihren Händen, küßte meine Stirn und sang die Lieder, die sie sonst niemals sang; denn die Türken, unsere Herren litten es nicht, und sie sang:

»Auf dem Gipfel des Olymp, in dem niedrigen Fichtenwalde war ein alter Hirsch, schwer waren seine Augen von Thränen; rothe, ja grüne und blaßblaue Thränen weinte er, und vorüber kam ein Rehbock: »Was ist Dir doch, daß Du so weinst, weinst rothe, grüne, ja blaßblaue Thränen?« »»Der Türke ist in unsre Stadt gekommen, hat wilde Hunde zu seiner Jagd, eine tüchtige Meute!«« »Ich jage sie über die Inseln,« sagte der junge Rehbock, »ich jage sie über die Inseln ins tiefe Meer! – Aber ehe der Abend herabsank, war der Rehbock erschlagen, und ehe die Nacht kam, war der Hirsch gehetzt und todt!« –

Und wenn meine Mutter so sang, wurden ihre Augen naß, und in den langen Augenwimpern hing eine Thräne, aber sie verbarg sie und buk dann unser schwarzes Brot in der Asche. Dann ballte ich meine Hand und sagte: »Wir wollen die Türken todtschlagen!« aber sie wiederholte aus dem Liede: »Ich jage sie über die Inseln ins tiefe Meer! – Aber ehe der Abend herabsank, war der Rehbock erschlagen, und ehe die Nacht kam, war der Hirsch gehetzt und todt!«

Mehrere Tage und Nächte waren wir einsam in unserer Hütte gewesen, da kam mein Vater; ich wußte, er würde mir Muschelschalen aus dem Golfe von Lepanto mitbringen, oder gar ein Messer, scharf und glänzend. Diesmal brachte er uns ein Kind, ein kleines, nacktes Mädchen, das er unter seinem Schlafpelze hielt; es war in ein Fell gewickelt, und Alles was die Kleine besaß, als sie ohne dieses in meiner Mutter Schoße lag, waren drei Silbermünzen, in ihrem schwarzen Haare befestigt. Der Vater erzählte von den Türken, die des Kindes Eltern erschlagen hatten, er erzählte uns so viel, daß ich die ganze Nacht davon träumte. – Mein Vater war selbst verwundet, die Mutter verband seinen Arm, die Wunde war tief, der dicke Schafpelz von Blut steif gefroren. Das kleine Mädchen sollte meine Schwester sein, wie strahlend schön war es! Meiner Mutter Augen waren nicht sanfter wie die seinigen. Anastasia, wie sie genannt wurde, sollte meine Schwester sein, denn ihr Vater war dem meinigen angetraut nach alter Sitte, wie wir sie noch halten. Sie hatten in der Jugend Brüderschaft geschlossen und das schönste und tugendhafteste Mädchen der ganzen Gegend erwählt, ihren Freundschaftsbund zu weihen, oft hörte ich von dem hübschen, seltsamen Gebrauche.

Nun war die Kleine meine Schwester; sie saß auf meinem Schoße, ich brachte ihr Blumen und die Federn der Felsenvögel, wir tranken zusammen aus den Gewässern des Parnaß und schliefen Kopf an Kopf unter dem Lorbeerdache der Hütte, während meine Mutter noch manchen Winter von den rothen, grünen und blaßblauen Thränen sang! Aber noch begriff ich nicht, daß es mein eigenes Volk sei, dessen tausendfältige Sorgen sich in diesen Thränen abspiegelten.

Eines Tages kamen drei fränkische Männer, sie waren anders wie wir gekleidet. Ihre Betten und Zelte hatten sie auf Pferden, und mehr als zwanzig Türken, alle mit Säbeln und Gewehren bewaffnet, begleiteten sie, denn sie waren Freunde des Paschas und hatten Geleitsbriefe von ihm. Sie kamen nur, um unsere Berge zu sehen, um in Schnee und Wolken den Parnaß zu besteigen und die seltsamen, schwarzen, steilen Felsen, um unsere Hütte zu betrachten. Sie hatten darin nicht Platz, vertrugen auch den Rauch nicht, der unter der Decke hinzog und durch die niedrige Thür hinausdrang; sie schlugen daher ihre Zelte auf dem engen Platze neben unserer Hütte auf, brieten Lämmer und Vögel, schenkten süße, starke Weine ein, aber die Türken durften nicht davon trinken.

Als sie fortreisten, begleitete ich sie eine Strecke Wegs, und meine kleine Schwester Anastasia hing, in ein Ziegenfell eingenäht, auf meinem Rücken. Einer der fränkischen Herren stellte mich gegen einen Felsen und zeichnete mich und sie ab, so lebendig, wie wir dort standen, wir sahen aus wie ein Geschöpf; – nie hatte ich daran gedacht, aber Anastasia und ich waren ja Eins, immer lag sie in meinem Schoße oder hing auf meinem Rücken, und träumte ich, dann erschien sie in meinen Träumen.

Zwei Nächte später kamen andere Leute, mit Messern und Gewehren bewaffnet, in unsere Hütte. Es waren Albaneser, kühne Leute, wie meine Mutter sagte. Sie verweilten nur kurze Zeit; meine Schwester Anastasia saß auf dem Schoße des Einen – als sie fort waren, hatte sie zwei und nicht drei Silbermünzen in ihrem Haare. Sie legten Tabak in Papierstreifen und rauchten daraus; der Aelteste sprach vom Wege, den sie einschlagen sollten, und war über diesen in Ungewißheit. »Spucke ich in die Höhe,« sagte er, »so fällt es mir ins Gesicht, spucke ich hinunter, so fällt es in meinen Bart!« –

Aber ein Weg mußte gewählt werden; sie gingen und mein Vater begleitete sie. Bald darauf hörten wir Schüsse – es knallte nochmals; Soldaten drangen in unsere Hütte und nahmen meine Mutter, mich und Anastasia gefangen; die Räuber hatten ihren Aufenthalt bei uns gehabt, mein Vater sei ihr Führer gewesen, deshalb müßten wir fort. Ich sah die Leichen der Räuber, ich sah meines Vaters Leiche und weinte, bis ich einschlief. Als ich erwachte, waren wir im Gefängnisse, aber die Stube war nicht schlechter, als in unserer eigenen Hütte, ich erhielt Zwiebeln und harzigen Wein, den sie aus einem getheerten Sacke gossen, besser hatten wir es zu Hause auch nicht. Wie lange wir gefangen waren, weiß ich nicht; aber viele Tage und Nächte vergingen. Als wir freigelassen wurden, war das heilige Osterfest; ich trug Anastasia auf dem Rücken, denn meine Mutter war krank, nur langsam konnte sie gehen, und es war weit, ehe wir hinab bis an das Meer gelangten, bis an den Golf von Lepanto. Wir traten in eine Kirche, die von Bildern auf goldnem Grunde widerstrahlte; es waren Engel und sehr hübsch, aber mir schien doch, daß unsere kleine Anastasia eben so hübsch sei. Mitten auf dem Boden stand ein mit Rosen angefüllter Sarg; der Herr Christus liegt da als schöne Blume, sagte meine Mutter; und der Priester verkündete: »Christus ist erstanden!« Alle Leute küßten sich. Jeder hielt ein brennendes Licht in der Hand, ich selbst erhielt eins, die kleine Anastasia auch eins, Sackpfeifen ertönten, Männer tanzten Hand in Hand aus der Kirche und draußen brieten die Frauen das Osterlamm. Wir wurden eingeladen, ich saß am Feuer; ein Knabe, älter als ich, umschlang meinen Hals, küßte mich und sagte: »Christus ist erstanden!« So begegneten Aphtanides und ich uns zum ersten Mal.

Meine Mutter konnte Fischernetze stricken, das gab hier an der Meeresbucht einen guten Verdienst und wir blieben lange Zeit am Meere, – dem schönen Meere, das wie Thränen schmeckte und durch seine Farben an die Thränen des Hirsches erinnerte, bald war es ja roth, bald grün und dann wieder blau.

Aphtanides verstand das Boot zu lenken, und ich saß mit meiner kleinen Anastasia darin, es glitt auf dem Wasser wie eine Wolke durch die Luft. Wenn dann die Sonne sank, färbten sich die Berge mit tieferem Blau, eine Bergreihe erhob sich über die andere, und am fernsten stand der Parnaß mit seinem Schnee. In der Abendsonne schimmerte der Berggipfel, wie ein glühendes Eisen, es sah aus, als komme das Licht von innen, denn lange, nachdem die Sonne untergegangen war, schimmerte er in der blauen, glänzenden Luft; die weißen Seevögel schlugen den Wasserspiegel mit ihren Flügeln, übrigens war es hier so still, als bei Delphi zwischen den schwarzen Felsen. Ich lag im Boote auf dem Rücken, Anastasia lag an meiner Brust, und die Sterne über uns schimmerten noch heller als die Lampen in unserer Kirche. Es waren dieselben Sterne, und sie standen an derselben Stelle über mir, als wenn ich in Delphi vor unserer Hütte saß. Zuletzt schien es mir, als sei ich noch dort! – Da plätscherte es im Wasser und das Boot schaukelte stark; – ich schrie laut aus, denn Anastasia war ins Wasser gefallen, aber eben so schnell sprang Aphtanides nach und bald hob er sie zu mir empor! Wir zogen ihr die Kleider aus, preßten das Wasser aus denselben und kleideten sie dann wieder an; das that Aphtanides. Wir blieben auf dem Wasser, bis die Sachen wieder getrocknet waren, und Niemand erfuhr von unserm Schreck wegen der kleinen Pflegeschwester, an deren Leben ja Aphtanides nun Theil hatte.

Der Sommer kam. Die Sonne brannte so heiß, daß das Laub der Bäume verdorrte; ich dachte an unsere kühlen Berge, an das frische Wasser in diesen; auch meine Mutter sehnte sich darnach und eines Abends wanderten wir wieder zurück. Welche Ruhe, welche Stille! Wir gingen durch den hohen Thymian, der noch duftete, obgleich die Sonne seine Blätter versengt hatte. Nicht einem Hirten begegneten wir, nicht an einer Hütte kamen wir vorüber. Alles war still und einsam, nur eine Sternschnuppe sagte: dort oben im Himmel sei noch Leben. Ich weiß nicht, ob die klare, blaue Luft selbst leuchtete, oder ob es die Strahlen der Sterne waren; wir erkannten gut alle Umrisse der Berge. Meine Mutter zündete Feuer an, briet Zwiebeln, die sie mitgebracht, und die kleine Schwester und ich schliefen im Thymian, ohne uns vor dem häßlichen Smidraki Der griechische Aberglaube läßt dieses Ungeheuer aus den unaufgeschnittenen Magen geschlachteter Schafe entstehen, die auf das Feld geworfen werden. zu fürchten, dem die Flamme aus dem Halse leckt, noch weniger vor dem Wolfe und dem Schakal; meine Mutter faß ja neben uns, und das hielt ich für genug zu unserm Schutze.

Wir erreichten unsere alte Heimath, aber die Hütte war ein Schutthaufen, eine neue mußte gebaut werden. Einige Weiber halfen meiner Mutter, und in wenigen Tagen waren Mauern aufgeführt und ein neues Dach von Oleander darüber gedeckt. Meine Mutter flocht aus Fellen und Baumrinde viele Flaschenfutterale, ich hütete die Heerde der Priester; Ein Bauer, welcher lesen kann, wird oft Priester, und man nennt ihn dann »allerheiligster Herr«; die geringere Klasse küßt die Erde, die er betreten hat. Anastasia und die kleinen Schildkröten waren meine Spielkameraden.

Eines Tages erhielten wir Besuch von dem geliebten Aphtanides; er sehne sich so sehr, uns zu sehen, sagte er, und blieb zwei volle Tage bei uns.

Nach einem Monate kam er wieder und erzählte, daß er mit einem Schiffe nach Patras und Corfu wolle; vorher müsse er uns Lebewohl sagen; unserer Mutter brachte er einen großen Fisch mit. Er wußte gar viel zu erzählen, nicht allein von den Fischern unten am Golfe von Lepanto, sondern auch von Königen und Helden, die einst Griechenland beherrscht hatten, wie jetzt die Türken.

Ich habe den Rosenstrauch eine Knospe ansetzen und diese sich in Tagen und Wochen zu einer Blume entfalten sehen; sie wurde es, ehe ich daran dachte, wie groß, schön und roth sie sei; so erging es mir auch mit Anastasia. Sie war ein schönes, erwachsenes Mädchen, ich ein kräftiger Bursche. Die Wolfsfelle auf meiner Mutter und Anastasia's Lager hatte ich selbst den Thieren abgezogen, die von meinem Schusse gefallen waren.

Jahre waren verstrichen. – Da kam eines Abends Aphtanides. schlank wie ein Rohr, stark und braun; er küßte uns Alle und wußte von dem großen Meere, von Malta's Festungswerken und Aegyptens seltsamen Gräbern zu erzählen; es klang wunderbar wie eine Legende der Priester; ich sah mit einer Art Ehrfurcht zu ihm empor.

»Wie viel Du weißt!« sagte ich, »wie Du erzählen kannst!«

»Du hast mir doch einst das Schönste erzählt!« sagte er. »Du hast mir erzählt, was mir nie aus den Gedanken gekommen ist, von dem schönen, alten Gebrauche, dem Freundschaftsbunde; dem Gebrauche, welchem zu folgen ich Lust hätte! Bruder, laß uns Beide auch, wie Dein und Anastasia's Vater es thaten, zur Kirche gehen, das schönste und unschuldigste Mädchen ist Anastasia, die Schwester, sie soll uns weihen! Kein Volt hat doch schönere Gebräuche als wir Griechen!«

Anastasia erröthete wie die junge Rose, meine Mutter küßte Aphtanides.

Eine Stunde Wegs von unserer Hütte entfernt, dort, wo auf dem Felsen lockere Erde liegt und einzelne Bäume Schatten gewähren, lag die kleine Kirche; eine silberne Lampe hing vor dem Altare.

Ich hatte meine besten Kleider angelegt, die weiße Fustanelle fiel in reichen Falten über die Hüften herab, das rothe Wamms saß eng und stramm, an der Quaste auf meinem Feß war Silber; in meinem Gürtel steckten Messer und Pistolen. Aphtanides hatte seine blaue Kleidung an, wie griechische Seeleute sie tragen, eine silberne Platte mit der Mutter Gottes hing an seiner Brust, seine Schärpe war kostbar, wie nur die reichen Herren sie tragen können. Jeder sah wohl, daß wir zu einer Feier wollten. Wir traten in die kleine einsame Kirche hinein, wo die Abendsonne durch die Thüre die brennende Lampe und die bunten Bilder auf goldenem Grunde bestrahlte. Wir knieten auf den Stufen des Altars nieder und Anastasia trat vor uns hin; ein langes, weißes Gewand hing lose und leicht um ihre schöne Form; ihr weißer Hals und ihre Brust waren mit einer Kette alter und neuer Münzen bedeckt, sie bildeten einen Kragen. Ihr schwarzes Haar auf dem Kopfe in einen einzigen Knoten geschlungen, welcher durch eine kleine Kopfbedeckung aus Silber- und Goldmünzen gehalten wurde, die in den alten Tempeln gefunden waren. Einen schöneren Schmuck hatte kein griechisches Mädchen. Ihr Gesicht leuchtete, ihre Augen waren wie zwei Sterne.

Illustration: Hutschenreuter/Petersen

Still beteten wir alle Drei, darauf fragte sie uns; »Wollt Ihr Freunde sein im Leben und im Tode?« – »Ja!« antworteten wir. »Wollt Ihr, was auch geschehen möge, Euch erinnern: mein Bruder ist von mir ein Theil; mein Geheimniß, mein Glück ist das seine: Aufopferung, Ausdauer, Alles in mir gehört ihm wie mir?« Und wir wiederholten unser »ja!«

Sie legte unsere Hände in einander, küßte uns auf die Stirn und wir beteten wieder leise. Da trat der Priester aus der Thüre zunächst dem Altare, segnete uns alle Drei, und ein Gesang von den andern allerheiligsten Herren ertönte hinter der Altarwand. Der Bund ewiger Freundschaft war geschlossen. Als wir uns erhoben, sah ich meine Mutter heftig weinend an der Thüre der Kirche.

Wie war es heiter in unserer kleinen Hütte und an Delphi's Quellen! Den Abend vor Aphtanides Abreise saß er gedankenvoll wie ich auf dem Abhange des Felsens, sein Arm war um meinen Leib geschlungen, der meine um seinen Hals; wir sprachen von Griechenlands Noth, von den Männern, denen es vertrauen könnte. Jeder Gedanke unserer Seelen lag klar vor uns Beiden, da ergriff ich seine Hand.

»– Eins sollst Du noch wissen, Eins, was bis zu dieser Stunde nur ich und Gott gewußt! Meine ganze Seele ist Liebe! Eine Liebe stärker als die zu meiner Mutter und zu Dir – –!«

»Und wen liebst Du?« fragte Aphtanides, und sein Gesicht und Hals wurden roth.

»Ich liebe Anastasia!« sagte ich – und seine Hand zitterte in meiner, er wurde blaß wie eine Leiche; ich sah es, ich begriff es und ich glaubte, daß auch meine Hand bebte, ich neigte mich zu ihm, küßte seine Stirn und flüsterte: »Ich habe es ihr nie gesagt, sie liebt mich vielleicht nicht! – Bruder denke daran, ich sah sie täglich; sie ist an meiner Seite aufgewachsen, Eins mit meiner Seele!« –

»Und Dein soll sie sein!« sagte er, »Dein! – ich darf Dich nicht belügen und will es auch nicht. Auch ich liebe sie! – Aber morgen ziehe ich fort! in einem Jahre sehen wir uns wieder, dann seid Ihr verheirathet, nicht? – Ich besitze einiges Gold, es sei Dein, Du mußt, Du sollst es nehmen!« Still wandelten wir über die Felsen; es war später Abend, als wir an meiner Mutter Hütte standen.

Anastasia hielt uns die Lampe entgegen, als wir hereintraten, meine Mutter war nicht dort. Sie blickte wunderbar wehmüthig auf Aphtanides.

»Morgen gehst Du von uns!« sagte sie, »wie mich das betrübt!« –

»Dich betrübt!« sagte er, und mir schien ein Schmerz darin zu liegen, groß wie mein eigener. Ich konnte nicht reden, er aber faßte ihre Hand und sagte: »Unser Bruder dort liebt Dich, er ist Dir theuer! Sein Schweigen beweist eben seine Liebe.« –

Anastasia zitterte und brach in Thränen aus; da sah ich nur sie, dachte nur ihrer, schlang meinen Arm um ihren Leib und sagte: »Ja, ich liebe Dich!« Sie drückte ihren Mund auf meinen, legte ihre Hände um meinen Hals; aber die Lampe war auf den Fußboden gefallen, es war dunkel um uns her, wie in dem Herzen des armen Aphtanides.

Vor Tagesanbruch stand er auf, küßte uns Alle zum Abschied und zog fort. Meiner Mutter hatte er sein Geld für uns gegeben. Anastasia war meine Braut und nach wenigen Tagen meine Gattin!


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