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1. Gottes Gegenwart zwingt zur Anbetung.

Gott ist gegenwärtig!

Erinnerung der herrlichen und lieblichen Gegenwart Gottes.

Gott ist gegenwärtig!
Lasset uns anbeten
Und in Ehrfurcht vor ihn treten.
Gott ist in der Mitte!
Alles in uns schweige
Und sich innigst vor ihm beuge.
Wer ihn kennt,
Wer ihn nennt,
Schlag die Augen nieder,
Kommt, ergebt euch wieder.

Gott ist gegenwärtig,
Dem die Cherubinen
Tag und Nacht gebücket dienen;
Heilig! heilig! singen
Alle Engelchöre,
Wenn sie dieses Wesen ehren.
Herr, vernimm
Unsre Stimm,
Da auch wir Geringen
Unsre Opfer bringen.

Wir entsagen willig
Allen Eitelkeiten,
Aller Erdenlust und Freuden;
Da liegt unser Wille,

Seele, Leib und Leben
Dir zum Eigentum ergeben:
Du allein
Sollst es sein,
Unser Gott und Herre,
Dir gebührt die Ehre.

Majestätisch Wesen,
Möcht ich dich recht preisen
Und im Geist dir Dienst erweisen!
Möcht ich wie die Engel
Immer vor dir stehen
Und dich gegenwärtig sehen!
Laß mich dir
Für und für
Trachten zu gefallen,
Liebster Gott, in allen.

Luft, die alles füllet,
Drin wir immer schweben,
Aller Dinge Grund und Leben,
Meer ohn Grund und Ende,
Wunder aller Wunder,
Ich senk mich in dich hinunter:
Ich in dir,
Du in mir,
Laß mich ganz verschwinden,
Dich nur sehn und finden.

Du durchdringest alles:
Laß dein schönstes Lichte,
Herr, berühren mein Gesichte.
Wie die zarten Blumen

Willig sich entfalten
Und der Sonne stille halten,
Laß mich so
Still und froh
Deine Strahlen fassen
Und dich wirken lassen.

Mache mich einfältig,
Innig, abgeschieden,
Sanfte und im stillen Frieden.
Mach mich reines Herzens,
Daß ich deine Klarheit
Schauen mag im Geist und Wahrheit.
Laß mein Herz
Ueberwärts
Wie ein Adler schweben
Und in dir nur leben.

Herr, komm in mir wohnen,
Laß mein'n Geist auf Erden
Dir ein Heiligtum noch werden.
Komm, du nahes Wesen,
Dich in mir verkläre,
Daß ich dich stets lieb und ehre.
Wo ich geh,
Sitz und steh,
Laß mich dich erblicken
Und vor dir mich bücken.

Anbetung im Geist

Aus Ehrerbietung stille schweigen,
Sich kehren ein und tief sich beugen:
So tut man, wenn der Herr ist da,
Gedenk', er ist auch jetzt dir nah!

Der selige Wandel in der Gegenwart Gottes

Großer Gott, in dem ich schwebe,
Menschenfreund, vor dem ich lebe,
Höchstes Gut und Herr allein,
Ich bet an dein Nahesein.

Den die Engel bückend sehen
Und mit tausend Lob erhöhen,
Da du sitzest auf dem Thron,
Du bist hier auch nahe schon.

Gottes Haus und Himmelspforte
Ist hier und an jedem Orte,
Du bist nie und nirgend weit:
Ach wo war ich sonst zerstreut?

Sachen dieser Welt ich sahe,
Und nicht dich, der du so nahe:
Draußen ging ich fern von dir,
Du, mein Gott, du warst in mir.

Spät erkannt ich diese Lehre,
Diesen Adel, diese Ehre,
Deiner Gottheit Gegenwart,
Unverrückt und innig zart.

Sollt sich nicht mein Alles beugen
Und in Liebes-Ehrfurcht schweigen,
Da ich, wo ich geh und steh,
Meinen Gott vor Augen seh?

Sei gelobet und geliebet,
Süßer Gott, der mich umgibet,
Daß du mir in Jesu Christ
Näher als mein Herze bist.

Laß sich andre sonst zerstreuen,
Ich will mich in Gott erfreuen,
Den ich habe, wo ich bin:
Nimm mein Herz, o Schönster, hin.

Ich will dies und das nicht wissen,
Menschen-Zuspruch gerne missen,
Daß ich dir Gesellschaft leist,
Dich anbet und schau im Geist.

Alles kann ich dir erzählen,
Darf mit keiner Last mich quälen;
Kann ich nicht mich selbst verstehn,
Laß ich's dich, den Nahen, sehn.

Was ich denke und verrichte,
Ist vor deinem Angesichte:
Tun und Lassen, Freud und Pein
Soll dir aufgeopfert sein.

Was ich bin von auß' und innen,
Was nur vorkommt meinen Sinnen,
Wär die Sache noch so klein,
Alles soll dein Opfer sein.

Mit dir tu ich meine Sachen,
Bei dir sei ich im Erwachen,
In dir man so sanfte ruht,
Ach mein Gott und all mein Gut!

Mit dir, treuer Freund und Leiter,
Reis' ich fort und immer weiter,
Stille, bloß und unbekannt,
Hier hindurch zum Vaterland.

So vor Gottes Augen schweben,
Das ist mir erst selig leben,
Da man ohne Kunst und List
An ihn denket, wo man ist.

Kommet denn, ihr lieben Kinder,
Kommet auch, ihr armen Sünder.
Denkt nicht an Welt, Sünd', noch Pein,
Nur an Gottes Nahesein.

Allgegenwärtig

Du bist ganz überall, ganz hier,
Ich bete an, und mich verlier;
Ich kann so hoch, so tief nicht denken.
Was ist, hat in dir sein Bestehn,
Doch wird dein Nahsein nicht gesehn,
Du mußt dich offenbarn und schenken.
Mein Gott, mein Heil, ach wann geschicht's?
Bist du bei mir, dann fürcht ich nichts.
Halleluja! Halleluja!

Gott allein ist genug

Allgenugsam Wesen,
Das ich mir erlesen,
Ewig hab zum Schatz,
Du vergnügst alleine
Völlig, innig, reine
Meines Geistes Platz.
Wer dich hat,
Ist still und satt,
Wer dir kann im Geist anhangen,
Darf nichts mehr verlangen.

Wem du dich gegeben,
Kann in Frieden leben,
Er hat, was er will;
Wer in seinem Grunde
Dich, den Schatz, hat funden,
Liebet und ist still.
Bist du da
Und innig nah,
Muß das Schönste bald erbleichen
Und das Beste weichen.

Höchstes Gut der Güter,
Ruhe der Gemüter,
Trost in aller Pein,
Was Geschöpfe haben,
Kann den Geist nicht laben,
Du vergnügst allein.
Was ich mehr
Als dich begehr,
Mein Vergnügen in dir hindert
Und den Frieden mindert.

Was genannt kann werden
Droben und auf Erden,
Alles reicht nicht zu.
Einer kann mir geben
Freude, Ruh und Leben,
Eins ist not: nur du!
Hab ich dich
Nur wesentlich,
So mag Leib und Seel verschmachten,
Will ich's doch nicht achten.

Ehre, Lust samt Schätzen
Und was kann ergötzen,
Will ich missen gern;
Freude, Trost und Gaben,
Die sonst andre haben,
Will ich auch entbehr'n:
Du sollst sein
Mein Teil allein,
Der mir soll statt andrer Dingen
Ruh und Freude bringen.

Mein Gesellschaft seie,
Die mich stets erfreue,
Und mein Trost nur du,
Meine Lust alleine,
Mein Schatz, den ich meine,
Meines Geistes Ruh,
Meine Stärk
In allem Werk,
Mein erquickend Licht und Sonne,
Einig meine Wonne.

Komm, vergnügend Wesen,
Das ich mir erlesen,
Werd mir offenbar!
Meinen Hunger stille,
Meinen Grund erfülle
Mit dir selber gar!
Komm, nimm ein
Mein Kämmerlein,
Daß ich allem mich verschließe
Und nur dich genieße.

Laß mich, Herr, mit Freuden
Mich von allem scheiden,
Tot der Kreatur
Innig an dir kleben,
Kindlich in dir leben,
Sei mein Himmel nur.
Bleib nur du
Mein Gut und Ruh,
Bis du wirst in jenem Leben
Dich mir völlig geben.

Gegenwart Gottes

Du höchst vergnügend Wesen du,
Mein Seelenfreund und ein'ge Ruh,
Den ich in mir gefunden:
Wie bist du mir so innig nah!
Kehr ich hinein, so bist du da,
Du hältst mein Herz gebunden.

Man schreib mir kein Gesetze für,
Daß ich mich kehren soll zu dir,
Ich kann es ja nicht lassen:
Die Liebeskräfte sind berührt,
Sie werden innig eingeführt
Und dich von selbst umfassen.

Ein Etwas ist mir innig nah,
Ein unbekanntes Gut ist da,
Das meinen Geist erfüllet.
Ich darf und will's nicht frei besehn,
Ich bleib in Liebesehrfurcht stehn,
Bestürzt und doch gestillet.

Dies Gut, so mich genommen ein,
Muß groß und allgenugsam sein,
Man kann's nicht deutlich kennen:
Es ist was Göttliches mir nah,
Der Gottheit Gegenwart ist da,
Wer sollt dran zweifeln können?

Hier ist die stille Ewigkeit,
Ein immerwährend sel'ges Heut,
Dies Nun kann alles geben.
Die Zeit vergeht mir süß und sacht,
Ich möchte beten Tag und Nacht,
Bei Gott im Geiste leben.

Mein Geist, dies arm verirrte Kind,
Des Vaters Haus nun wieder findt
Nach langem, bangem Fragen.
Ich bin zurecht, hier kehr ich ein,
Dies ist der Ort, hier muß ich sein;
Mein Gott, was soll ich sagen!

Wie war dem Geiste doch zu Mut,
Da er sein lang gesuchtes Gut
So nah im Herzen funde?
Nun hat er's alles, was er will,
Umarmet, liebet und ist still
Bei seinem Gott im Grunde.

O Schönheit, alt und neu genannt,
Ach, daß ich dich so spät erkannt,
Geliebet und erfahren!
Ich suchte draußen, hie und da,
Und wußte nicht, daß wir so nah
Im Geist beisammen waren.

Es ist ein wunderbarer Stand,
Es fällt mir alles aus der Hand,
Ich kann an gar nichts denken,
Die Augen sinken sanfte zu,
Mein Geist in höchst vergnügter Ruh
Sich einwärts muß ersenken.

Ich hab die Wahrheit sonst betracht,
Ich hab so vieles nachgedacht
Von Gott und seinem Wesen,
Ich übte mich, ich sahe an,
Was er gemacht, was er getan,
Ich hab gehört, gelesen.

Mein weites Feld, das ich durchsucht,
Gab viele Müh und wenig Frucht,
So kümmerlich zu leben.
Jetzt kommt mein Wirken nicht zupaß,
Die Speis' wird mir ohn Unterlaß
Zu Lab und Lust gegeben.

Nun stehen meine Bücher da,
Was ich dort suchte, find ich nah,
Dort Bilder, hier das Wesen:
Oft ist mir eine Zeile g'nug.
So schließt der zarte Sinn das Buch
Und hat's schon all gelesen.

Ich bet zwar stets, doch ohne Mund,
Es macht der Friedenszug im Grund
Die müden Lippen schließen;
Auch weiß ich nichts zu beten mehr,
Ich hab's erlangt, was ich begehr,
Mein Beten ist Genießen.

Ein liebevolles sanft Gemerk
Auf Gott in mir ist all mein Werk,
Ihn leidend machen lassen;
O göttelicher Müßiggang;
Wovor man ohne Ursach bang!
Vernunft kann's nimmer fassen.

Vernunft will immer wirken viel,
Was nutzt ihr magres Bilderspiel?
Gott gibt allein das Wesen.
Was nutzt's, mit Sorgen wirksam sein?
Gott gibt's den Seinen schlafend ein,
Was wir von Wundern lesen.

Ich setz mich wie ein Kindlein still,
Das sonst nichts weiß noch wissen will,
Zu meines Meisters Füßen,
Da ich aus seinem Munde hör
In einem Viertelstündchen mehr,
Als alle Bücher wissen.

Ich forschte, daß ich Wahrheit fand,
Doch ward mir Wahrheit nie bekannt,
Ich blieb im Zweifel stecken:
In dieser Schule schauet man
Die Wahrheit als gefunden an,
Ein Blick kann sie entdecken.

Man lockt mich in die Wüste ein,
Da Gott und ich nur sind allein,
Da Geist mit Geist umgehet:
O Einsamkeit, so weit, so weit
Von Kreatur und Ort und Zeit!
Das Liebste draußen stehet.

Nur Gott und ich, sonst keiner mehr.
Ach, daß ich weit von Menschen wär!
Doch nein, ich bin schon einsam;
Ich hab auch unter Menschen Ruh;
Gott deckt im Schoß mich heimlich zu,
Wir sind im Geist gemeinsam.

Ich bet daheim und auf der Straß',
Beim Werk und sonst ohn Unterlaß,
Im Geist und in der Wahrheit:
Ich bin gesammelt, eh' ich's denk,
Anbete, lieb und mich versenk
In Gottes dunkle Klarheit.

Hier wird mich Welt noch Feind gewahr,
Ich bin entwichen der Gefahr,
Mein Freund hat mich verborgen.
Was sonst zerstreuet meinen Sinn,
Mich alles jetzt zu ihm führt hin,
Er stillet meine Sorgen.

Was eignes Wirken hat erweckt,
Nicht lange währt, nicht göttlich schmeckt,
Es läßt uns, wie wir waren:
Hier setzet mich Gott selbst in Ruh,
Ich stimme seinem Wirken zu
Und will nichts mehr erfahren.

Ich such nicht dies noch jenes Licht,
Ich hab kein bildliches Gesicht,
Entzückung, hohe Gaben,
Mein Leib noch Haupt wird nicht gekränkt:
Ist hier Gefahr, wie mancher denkt?
Ich will nur Liebe haben.

Mein Gott, du bist, du bist allein!
Ach Gott, du bist ein ander Sein,
Als Menschenkinder meinen:
Viel wird gedicht, viel wird gefragt,
Kurz, Gott ist Gott, ich hab's gesagt,
Du selbst mußt uns erscheinen.

Ist dies nicht die Beschaulichkeit,
Der Friede, der so manchen Streit
Den lieben Deinen brachte?
Gib, Herr, dem Tadler diese Ruh
Zu schmecken und zu sehn dazu,
Was nie Vernunft gedachte.

Schaut, müde Seelen, kommet her,
Dies ist ein Tröpflein aus dem Meer
Der ew'gen Gottheitsfülle.
Ihr werdet größre Dinge sehn,
Laßt alles nur um alles stehn,
Kehrt ein und werdet stille.


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