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Erläuternde Hinweise zur Heimatkunde

Aus dem Vorworte Georg Wilhelm Pfeiffers: »Das mit einem Glockentürmchen und einer Schlaguhr gezierte Rathaus zu Frankfurt am Main wird »der Römer« genannt. In diesem Römer befanden sich bis zum Ende der reichsstädtischen Zeit, 1806, der Sitz der obersten Regierung von Frankfurt, des Rates nämlich, und sämtlicher Justiz- und Verwaltungsämter der Stadt. Wenn nun im gewöhnlichen Volksleben auf die bei diesen Ämtern angestellten Beamten die Rede kam, so wurden sie kurzweg mit »Mann aus dem Römer« abgefertigt, wogegen den Mitgliedern des Rats die Benennung »die Herren aus dem Römer« oder auch »die Römerherren« zuteil ward.

In der Fürstlich Primatischen und Großherzoglich Frankfurtischen Zeit, 1806-13, und später, wo mehrere Amtsstuben aus dem Römer entfernt wurden, bis zuletzt die gesamte Justiz sich an anderen Orten der Stadt niederließ, sind gedachte Benennungen weniger gangbar geworden, hier und da auch ganz verklungen.«

 

Die Pfeiffer'sche Erzählung spielt in der Hauptsache in einigen Häusern am Fünffingerplätzchen. Von der Südostecke des Römerbergs führt ein schmaler Durchgang zu dem stillen Winkel, der selbst vielen Einheimischen unbekannt ist. Der volkstümliche Name, der erst in neuerer Zeit entstand, rührt von der Ähnlichkeit des Grundrisses mit den gespreizten Fingern einer Hand her. Denkt man sich die Rechte mit dem Rücken nach oben flach aufgelegt, so weist der kleine Finger in das stumpfe Flößergäßchen, der Goldfinger in die Goldhutgasse; dem Mittel- und Zeigefinger entsprechen Drachen- und Schwertfegergäßchen. Der Daumen liegt in dem Durchgang nach dem Römerberg. Den etwas schmächtigen Armansatz bildet eine torbogenähnliche Öffnung nach der Bendergasse hin. An dem kleinen Platz nun, der durch das Ineinandermünden der genannten Zugänge entsteht, liegen die Wohnungen der Hauptpersonen. Dem Schuster Reinhart gehörte das Haus »Zum kleinen Römer«, das wie eine Kulisse das Fünffingerplätzchen gegen den Römerberg abschließt, nach dem auch die Stirnseite des Gebäudes zeigt. Der geizige Metzgermeister Haarwachs bewohnte das Anwesen Bendergasse 26, unter dessen Westteil der erwähnte Verbindungsgang zwischen Fünffingerplätzchen und Bendergasse hinführt. Der jetzige Bau stammt nach der über der Haustür und an dem Durchgang angebrachten Zahl aus dem Jahre 1738. In dem Gebäude, das vorher hier stand, soll 1349 die Pest ausgebrochen sein, daher auch die Bezeichnung »Pesthaus«. Der Erinnerung daran dient angeblich das verzerrte, steinerne Frauenantlitz, das in den Sturz der Nordtür des Hauses eingemeißelt ist. Die Sage dürfte lediglich eine Verkleidung des Namens sein, den der früher nicht überbaute Durchgang trug: er hieß »das Stinkgäßchen«. Die Jungfer Wenkbach besaß das an das Pesthaus östlich anstoßende Gebäude »Zum Hasen«, Bendergasse Nr. 24. Die Notwohnung Reinharts bei dem Schneidermeister Zeller ist dicht dabei, Goldhutgasse l6 »Zum Widder«, zu denken. Der Ziehbrunnen auf dem Fünffingerplätzchen ist verschwunden; an seiner Stelle steht heute ein steinerner Brunnenstock.

Die Hauptpersonen der Novelle sind freie Erfindungen Pfeiffers. Der Name des geizigen Metzgermeisters Haarwachs ist wohl nur gewählt, um das Wortspiel (S. 36 u. öfters) mit dem lateinischen Eigenschaftswort harpax (raffgierig, geizig) zu ermöglichen, vielleicht auch in Anlehnung an Plautus, Pseudolus, da ja auch der Hexenkater Corax (S. 95) einer Figur des Komödiendichters entspricht.

 

Der Ahnherr der Patrizierfamilie von Stetten war 1596 von Augsburg zugewandert und nach einigen Schwierigkeiten in die Adelsgesellschaft Alt-Limpurg aufgenommen worden. Der in unserer Novelle öfters genannte Schöffe ist der 1653 geborene Johann Christoph von Stetten. Er kam 1701 in den Rat; 1713 war er Schöffe. Während des Verfassungsstreites gehörte er zu der Gesandtschaft der Frankfurter Patrizier nach Wien (1718). Wie seine nächsten Vorfahren liegt er in der Katharinenkirche begraben. Ihn überlebten zwei Söhne, Johann Hieronymus, geb. 1683, und Johann Adolf, geb. 1689. Der ältere war 1720 städtischer Hauptmann, kam nach dem Tode des Vaters 1724 in den Rat und starb 1733 als letzter des Stammes; der jüngere stand längere Zeit in venezianischen und spanischen Kriegsdiensten, kehrte 1728 nach Frankfurt zurück und starb hier bereits 1730. Ein Adalbert von Stetten ist nicht nachweisbar.

 

Johann Georg Pritius (zu S. 23) war am 22. Sept. 1662 zu Leipzig geboren. Er studierte auf der Universität seiner Vaterstadt Theologie. Im Jahre 1698 wurde er Pfarrer zu Zerbst und gleichzeitig Professor der Theologie am dortigen Gymnasium; 1702 wurde er als Hofprediger nach Schleiz berufen. Drei Jahre später unternahm er eine längere Reise nach Holland und England. Nach seiner Rückkehr kam er 1708 als Professor der Theologie nach Greifswald und 1711 als Senior nach Frankfurt a. M. Er starb am 24. Aug. 1732 unverheiratet. Sein Grab befindet sich in der Nikolaikirche, die er am 10. Dez. 1721 neu zur Garnisonkirche eingeweiht hatte. Nähere Angaben b. Dechent, Kirchengesch. von Frankfurt a. M. seit der Reformation 2. Bd. 1921, S. 172 ff.

 

Johann Wilhelm Claudy (zu S. 111) wurde 1651 zu Frankfurt als Sohn des Magisters Johannes Claudy geboren, besuchte die Gymnasien zu Corbach und Schleusingen und studierte dann in Straburg, Leipzig und Wittenberg Theologie. Seit 1684 war er Praeceptor am städtischen Gymnasium und seit dem 13. April 1694 Prediger. Er starb 1725. Siehe auch: Merkwürdiges Verzeichnis derer von Zeit der Reformation allhier zu Frankfurt am Mayn gestandenen Evangelischen Predigern u. s. w. von Gottfried Guaitta, Leichen-Redner allhier. 1774.

 

Zu S. 9: Der Antoniterhof lag in der Töngesgasse, die von ihm ihren Namen hat. Genau läßt sich sein ehemaliger Umfang nicht feststellen, da seine Größe wiederholt wechselte; doch kommen in der Hauptsache die heutigen Anwesen 14 und 16 in Frage. Die ersten Antoniter kamen von Roßdorf bei Hanau, wo sich ihre wahrscheinlich älteste Niederlassung in Deutschland befand, im Jahre 1236 nach Frankfurt. Sie besaßen das Frankfurter Bürgerrecht. Auf ihrem Grundstück in der Töngesgasse errichteten sie bald nach ihrem Einzug eine Kirche, ein Kloster und vielleicht auch ein Hospital. Diese Gründungen unterstanden jedoch dem Praeceptor der Roßdorfer Niederlassung, die ihrerseits von dem Antoniterkloster in Vienne abhängig war. Um sich der Schutzvogtei der Herren von Hanau, die als Gründer des Roßdorfer Hauses angesehen wurden, zu entziehen, auch um gesicherter zu wohnen, erwirkten sie von Papst Eugen IV. (1431-39) die Erlaubnis, den Hauptsitz nach Frankfurt zu verlegen. Daraufhin wies ihnen der Mainzer Erzbischof Dietrich von Erbach (1434-59) Höchst zum Aufenthalt an (1435 bezw. 1441). Während der Reformation setzten die Antoniter einen weltlichen Verwalter ein, kehrten dann für kurze Zeit zurück; sie konnten jedoch die umfänglichen Baulichkeiten nicht unterhalten, auch den Aufwand des Gottesdienstes nicht bestreiten, da sie zu sehr verschuldet waren. Der Konvent dachte an Überlassung (Tausch) des Frankfurter Anwesens an die Grafen von Hanau. Schließlich kauften es 1626 die Kapuziner. Die Antoniter behielten sich nur gewisse Wohnrechte vor, wie sie ja auch die Zisterzienser von Arnsburg, Engeltal, Haina und Eberbach in Frankfurt hatten. Die Kapuziner wurden 1633 von den Schweden vertrieben. Auf Bemühen des Erzbischofs Anselm Casimir von Wambold (1629-47) setzte der Rat zwar nicht die Kapuziner, doch die Antoniter wieder ein. 1702 wurden die Kapuziner mit 12 000 Gulden von den Antonitern abgefunden, doch bemühten sie sich beim Kaiser weiter um Aufnahme ins Antoniterkloster, erlangten auch am 17. Mai 1719 ein günstiges Urteil. Der Rat jedoch und die Antoniter erkannten den kaiserlichen Entscheid nicht an. Schließlich wurde der Prozeß gegenstandslos, weil das Antoniterkloster bei dem sogenannten Christenbrande am 26. Juni 1719 abbrannte. Nun kauften die Kapuziner den Platz und die Kirche 1722 aufs neue von den Antonitern zu Höchst um 17 000 Gulden. Im Jahre 1802 fiel das Kloster mit Zubehör an die Stadt, die es an den Handelsmann Johann Georg Meyer veräußerte; 1804 wurden die letzten Gebäude abgetragen.

 

Zu Seite 13: Pfeiffer denkt an den Überfall bei Höchstädt im spanischen Erbfolgekrieg am 20.9.1703. Damals waren der Kurfürst von Bayern und der französische Befehlshaber Villars gegen den österreichischen General Styrum siegreich. Die erwähnten gefangenen französischen Offiziere rührten aus der Schlacht bei Blindheim u. Höchstädt vom 3.8. 1704 her. Infolge des wuchtigen Reiterdurchbruchs zwischen Ober- und Unter-Glauheim wurden damals 9000 Franzosen samt dem Marschall Tallard in Blindheim abgeschnitten.

 

Zu Seite 21: Die Viehmärkte wurden bis zum Jahre 1784 auf der Zeil gehalten. Die zum Verkauf gebrachten Tiere stellten die Händler über Nacht in den Stallungen des Viehhofs ein, der zugleich Schankgerechtigkeit hatte. Hier wurde auch das Kaufgeld ausgezahlt. J. B. Müller (Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes der freien Reichs-Wahl und Handels-Stadt Franckfurt am Mayn. Franckfurt am Mayn bey Johann Friedrich Fleischer, 1747, S. 233) rechnet ihn zu den vornehmsten Gasthöfen.

Zu Seite 23: Das Barfüßerkloster mit seiner Kirche lag auf dem heutigen Paulsplatz. Entstanden ist es in der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts. Die Mönche übergaben es 1529 dem Rat. Seit 1530 war in einem Teil das Kastenamt untergebracht und verblieb hier bis 1839. Auf diesem Teil wurde 1840 die alte Börse erbaut. Gleich nach dem Übergang der Gebäude in städtischen Besitz brachte der Rat das Gymnasium darin unter und 1572 die Anfänge der Stadtbibliothek, die vorher in der Viole aufbewahrt wurden. Das Gymnasium kam 1839 in die Predigerstraße. J. B. Müller (S. 40/41) beschreibt den Bau folgendermaßen: »Das Gymnasium ist auch ein ansehnliches meist von grund auf neu errichtetes Gebäude; es stösset an die barfüsser Kirche und war vorzeiten dessen Closter. Unten sind Creutzgänge und daneben die Zimmer oder Classen worinnen die Jugend in Sprachen und Wissenschaften unterrichtet wird«. G. W. Pfeiffer hat das Gymnasium noch im Barfüßerkloster besucht. Die Barfüßerkirche kam 1786 zum Abbruch. An ihrer Stelle errichtete man die Paulskirche, die am 9. Juni 1833 eingeweiht wurde.

 

Zu Seite 25: Das Rapunzelgäßchen mündet nicht, wie Pf. anführt, auf das Fünffingerplätzchen, sondern auf den Samstagsberg. Sein Name ist jüngerer Herkunft.

 

Zu Seite 32: Deutsch etwa:

Ging einstmals ein Kleriker
Durch einen grünen Wald
Und sah am Wege stehen
Ein Mädchen wohlgestalt.

Zu Seite 43: Die Schirnen zogen ehemals bis zur Bendergasse herab.

 

Zu Seite 50: Der Brückenturm diente um l720 vorzugsweise als Gefängnis bei schweren, der Katharinenpfortenturm bei leichten Vergehen (siehe P. Hohenemser, Der Frankfurter Verfassungsstreit (1705-1732) und die kaiserlichen Kommissionen, Frankfurt 1920, S. 119). Der Katharinenturm wurde 1790, der Frankfurter Brückenturm 1801 niedergelegt.

 

Zu Seite 61: Die Belagerung von 1552 währte vom 17. Juli bis zum 9. August 1552. Sie verlief erfolglos, weil die Artillerie der Belagerer schlecht geleitet war.

 

Zu Seite 88: Der sogenannte Christenbrand wütete am 26./27. Juni 1719 zwischen Fahrgasse und Großem Kornmarkt, der Schnurgasse und der Zeil. Es fielen ihm etwa 400 Häuser zum Opfer, darunter das Antoniterkloster.

 

Zu Seite 89: Der hier erwähnte Teil der Goldenstelzgasse bei der Konstabler Wache verfiel 1879 bei Anlage der Neuen Zeil dem Abbruch.

 

Zu Seite 100: Die Faulpumpe war am Hause »Zur goldenen Birne« (jetzt Bethmannstraße Nr. 34) angebracht. »Der Brunnen an der guldenen Bieren so die Faul-Pumpe genennet wird, hat einen unangenehmen etwas faulen Geschmack, desto besser aber ist seine Wirkung in manchen Krankheiten wozu er von Medicis zu trincken verordnet wird«. (J. B. Müller, Beschreibung u. s. w. S. 32).

 

Zu Seite 114: Bei Erbauung der bastionären Befestigung Frankfurts ließ man an der Westfront, also etwa von der heutigen Junghofstraße an nach Süden, die mittelalterliche Linie weiter bestehen und schob die neue Anlage in einige Entfernung davor. Dadurch blieb zwischen den Linien ein freier Geländestreifen liegen. Da vor dem bisherigen Gallus- oder Galgentor eine Bastion errichtet wurde, so ermöglichte es nur noch das Betreten des Zwischenraumes, nicht aber mehr die Verbindung nach außen. Als Durchgang wurde das neue Gallustor am Westende der Weißfrauenstraße erbaut. J. B. Müller (Beschreibung u. s. w. S. 25) schildert den Zustand der fraglichen Gegend folgendermaßen: »Die Wälle sind durchgehends mit Linden besetzt, und dahero zum Spatziergehen sehr bequem und annehmlich. Wo diese Festungs-Wercke oben an den Mayn stossen umschliessen sie noch das Fischer-Feld. Komt man aber an das andere End dieser Wercker unterhalb des Mayns vor das Gallen-Thor, erstehet man die dazwischen angelegte angenehmste Baum- und Wand-Alleen, welche der Stadt zur schönen Zierde gereichen, und den Einheimischen sowohl als Fremden wegen Verschiedenheiten der Gängen, der Aussicht und der Promenirenden ein abwechselndes durchgängig annehmliches Vergnügen geben.« Die Wälle wurden hier 1818 abgetragen.

 

Zu Seite 124: Frankfurt war im 18. Jahrhundert ein Paradies für Werber. Die Österreicher hatten ihr Standquartier im Gasthaus »Zum roten Ochsen« in der Schäfergasse, die Dänen im »Tannenbaum« in Sachsenhausen. Preußen und Holländer wechselten ihre Werbestellen oft. Sie benahmen sich am gewissenlosesten und mißachteten oft Stadt- und Reichsgesetze. Die Holländer benötigten zur Zeit, in der die Novelle Pf. spielt, Truppen gegen Frankreich und für ihre Kolonien. Das S. 134 erwähnte Holzpförtchen war 1404 erbaut worden und wurde 1840 abgebrochen.

 

Zu Seite 137: Über die Tätigkeit der Bürgeroffiziere bei Feuersbrünsten hat ausführlich gehandelt R. Jung, Altfrankfurt IV (1912) S. 48.

 

Zu Seite 173: »Die Zwanzigkreuzerstücke, die späteren Sechsbätzner, wurden, weil ein Kopf darauf geprägt war, also genannt« (G. W. Pfeiffer).

 

Zu Seite 205: Oberstrichter hieß der oberste Polizeidiener.

 

Zu Seite 234/235: Die Inschrift über der Haustür lautet:

ZVM KLEINEN RÖMER
1720
P I R
HERAVS MIT DEM DRÖPFGEN

An der Südwestecke:

DORN || VND DISTEL STECHEN || SEHR FALSCHE ZVNEN NOCH || VIEL MEHR DOCH WILL ICH LIEBER || DVRCH DISTELN VND DORNEN BADEN || ALS MIT FALSCHEN ZVNEN || SEIN BELADEN

An der Südostecke:

WAN DER || NEID BREND WIE DAS || FEVER SO WER DAS HOLTZ || NICHT HALB SO TEVER VND || WEREN DER NEIDER NOCH || SO VIL SO GESCHICHT || DOCH WAS GOTT || HABEN || WILL

 

Zu Seite 242: Der Saal des Speisewirtes Scharff lag im Schärfengäßchen Nr. 4. Nach Schrotzenberger (Francofurtensia, Aufzeichnungen zur Geschichte von Frankfurt a. M. 18842) ist dieser Saal erst 1765 erbaut worden.


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