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Drittes Kapitel.
Budapest

30 000 Budapester wohnen heute in Unterständen. Im vergangenen Jahr wurden in Budapest 12 000 Pferde verzehrt. Die Bauern verkaufen 10 bis 20 Pfund Gemüse für vier Pfennig. Die Weizenpreise hegen um 60 Prozent unter dem Durchschnitt von 1925–29, und die Budapester Eleganz trägt auf dem Korso Strandpyjamas als Tageskleidung.

Das Schwimmbad im Hotel Gellert ist voll anmutiger Frauen und wohlhabender Männer. Der tägliche Goulascheinkauf der Budapester Restaurants ist nur nach Tonnen zu berechnen. Die Kornspeicher füllen sich mit den reichen Ernten von den herbstlichen Feldern. Die Bauern geben den Landwein fässerweise weg. Die glänzenden Nachtlokale der Margareteninsel sind überfüllt von Gästen, die darauf warten, ihren Heimweg im Sonnenlicht anzutreten. Bettler, die imstande sind, 20 Pfennig zu ergattern, können eine große Familie davon ernähren. Die Kleider der Landbevölkerung sind zu Fetzen abgetragen. Einige Magnaten nehmen in den Palästen auf ihren Gütern in dieser Saison Pensionäre auf. Kommunisten werden aufgehängt. Die Armee ist verläßlich.

Ungarn wird wieder hochkommen.

Ebenso werden Jugoslawien, Rumänien, Bulgarien, Österreich und die Tschechoslowakei wieder hochkommen. Sir Walter Layton, der ausgezeichnete englische Nationalökonom, sagt von diesen Ländern, sie alle wären in einen Selbstmörderklub eingetreten. Das haben sie auch getan, aber es ist ein Selbstmörderklub, in dem die Mitglieder, nachdem sie dahin übereingekommen sind, einander zu Tode zu würgen, merken, daß der Tod nicht kommen wird, und daß das Würgen weh tut. Der Schmerz ist eine unerläßliche Bedingung für die Erholung Europas. Er hat die mitteleuropäischen Länder in eine Stimmung gebracht, die den notwendigen Heilmitteln gegenüber aufnahmefähig ist. Über diese Heilmittel wird später gesprochen werden.

Zunächst ist zu sagen, daß man in betreff der ganz allgemeinen Frage: »Was wird in Europa vor sich gehen?« von Ungarn außerordentlich viel lernen kann. Denn Ungarn soll das Land sein, dem es in der Krise am schlechtesten geht, und zur Schilderung seiner vermeintlichen Zukunft wird am häufigsten das Wort »Zusammenbruch« gebraucht.

Ungarn ist nahezu alles widerfahren, was einem Lande widerfahren kann. Es hat sich wohl kräftiger an dem Verfahren des gegenseitigen Würgens verteidigt als alle anderen Donaustaaten. Es lebt in chronischem Handelskrieg nicht nur mit seinen politischen Feinden, sondern auch mit seinen politischen Freunden. Es hat ein Vollmoratorium für alle Zahlungen auf Grund von Anleihen aus dem Ausland erklärt, hat Bankrott gemacht.

Es hat außer eben den Waren, deren Preise am tiefsten gesunken sind, nichts an das Ausland zu verkaufen und besitzt im Inland, abgesehen davon, daß es mehr als genug zu essen hat, nur wenige Verbrauchsgüter. Sein Export hat sich stärker verringert als der aller anderen osteuropäischen Staaten und repräsentiert jetzt kaum ein Viertel des Wertes von 1928. Da es keinen Export mehr hat, der der Rede wert wäre, ist es der Autarkie jetzt so nahe, wie es einem Land nur möglich ist. Es hat nur noch die nackte Haut über den Knochen.

Aber die Knochen sind gesund. Seine Lage ist alles andere als behaglich, aber keineswegs katastrophal. Es »liegt auf dem Boden«, und doch ist es auf diesem Tiefniveau imstande, seine Bevölkerung am Leben, die Mehrzahl sogar in erträglicher Zufriedenheit zu erhalten. Die Regierung ist stark genug, um diejenigen, die elend und unzufrieden sind, während der Wartezeit, die bis zur Erholung notwendig sein mag, in den Schranken zu halten. Ganz gefühllos, aber realistisch läßt sich sagen, daß Ungarn ein beruhigendes Omen für Europa sei. Wenn Mitteleuropa »ungarisiert« werden sollte, könnte es die Erfahrung machen, daß auch das Schlimmste, was ihm bevorsteht, noch nicht Vernichtung bedeutet.

Der Finanzausschuß des Völkerbundes spricht in seinem letzten Bericht über Ungarn von »im Augenblick vorherrschenden Katastrophentendenzen«. Hier, so wurde uns gesagt, könnten wir das größte Elend, den verzweifeltsten Zustand, die gefährlichste soziale Lage vorfinden. Wie sieht also das Land aus, »das von allen Ländern Europas am schlechtesten daran ist«?

Wir fuhren mit unserem ungarischen Gesandten, Mr. Nicholas Roosevelt, in Ungarn ein. Die Straße von Wien nach Budapest gestattet große Geschwindigkeiten. Reife Weizen- und Roggenfelder lagen in der Sonne, und überall blitzten Sicheln. Ein Heer von Bauern fraß sich langsam und unaufhaltsam in das wogende Getreide ein. Keine Erntemaschine war zu sehen. Alles wurde mit den Händen gemacht, aber je weniger Maschinen da sind, desto mehr Männer und Frauen können von ihrer primitiven Arbeit leben. Vor zweitausend Jahren schnitten die Menschen ihre Ernte mit denselben Geräten und scherten sich nicht mehr und nicht weniger um die Weltwirtschaft als diese ungarischen Bauern. Sie hätten ebensogut in den Kornfeldern des alten Israel arbeiten können. Sie könnten in derselben Weise auch noch nach Jahrhunderten arbeiten.

Allerdings, die Getreidepreise sind rascher und tiefer gefallen als jemals zuvor. Allerdings, der ungarische Bauer muß heute 170–200 Einheiten Getreide für die 100 Einheiten Fabrikerzeugnisse zahlen, die er im Jahre 1928 für 100 Einheiten Getreide erhielt. Aber: solange sie ihr Getreide haben, ihr Brot, leben sie weiter, schlechter gekleidet, schlechter mit Verbrauchsgütern versorgt, aber genährt, gesund, und unter viel günstigeren Umständen als die beschäftigungslosen Städter. Das bedeutet, daß mindestens 6 von Ungarns 8 Millionen, was immer geschehen möge, gegen ein Verhungern gesichert sind, während von den anderen beiden Millionen die überwiegende Mehrzahl wirtschaftlich so gestellt ist, daß sie weit mehr hat als das Existenzminimum.

Die Menschen, die wir auf unserem Weg nach Budapest sahen, straften mit ihrem Aussehen jeden Lügen, der sagen wollte, daß sie zum »ärmsten Lande Europas« gehörten. Die muskulösen, von der Sonne nahezu schwarz gebrannten, habichtsnäsigen Männer schwangen lächelnd ihre Sicheln. Die Frauen, von denen keine zu arm war, um sich ein rotes Tuch für ihren anmutigen Kopf zu leisten, rechten lachend und unterbrachen sich, um einen Witz über das vorüberfahrende Automobil zu machen. Wir überholten eine Reihe von Radlern, jungen, bis zum Gürtel nackten Athleten, die sich dazu geeignet hätten, Bildhauern Modell zu stehen. In großen Dörfern verlangsamten wir unser Tempo wegen der zahlreichen Gänse, die ihrer Mißbilligung laut Ausdruck gaben. Unter den Türen standen Scharen barfüßiger junger Leute, die schlecht angezogen waren, aber kräftige Körper und zufriedene Gesichter zeigten.

In Budapest war es ganz anders. Nicht viele Besucher dieser vergnügungssüchtigen Stadt wissen etwas von ihrer Peripherie. Die Reisenden beschränken ihre Beobachtungen auf den Korso, die ganz einzigartige Promenade längs der breiten Donau mit ihren schönen Caféhäusern, Zigeunerbars und Restaurants, in denen das eleganteste Publikum der internationalen Hotels sitzt. Ich wollte die Stadt von ihrer anderen Seite kennenlernen. Ein junger ungarischer Journalist, ein »Elendsspezialist«, erbot sich, mich zu führen.

Über prachtvolle Boulevards, an lieblichen Gärten und Villen vorüber fuhren wir durch Vorstädte zu einem großen, tief liegenden Gelände, das von einem baufälligen Zaun eingeschlossen war. Auf der holperigen, zerfurchten Straße lag dicker Staub. Wir fuhren langsam. So weit der Blick reichte, standen zu beiden Seiten niedrige Hütten, von denen die meisten mit der unteren Hälfte in der Erde staken. Alte Zinnbüchsen und Holzstückchen stützten Torfdächer. Jedes »Haus« war ungefähr drei Meter lang und eineinhalb Meter breit. Es waren fünfzehnhundert. Jedes beherbergte durchschnittlich vier Menschen.

Vor den Türen standen oder saßen Mengen von Kindern. Sie spielten nicht. Sie blinzelten bloß in dem blendenden Sonnenlicht und ließen ihre hageren Ärmchen schlaff von den knochigen Schultern herunterhängen. Bleiche Eltern, die in phantastische Lumpen gekleidet waren, starrten apathisch durch den Staub. Es war heiß und feucht. Ein Dunst von üblen Gerüchen und Sumpfluft vereinigte sich mit dem Staub und hing über diesem Misthaufen der Menschheit. In dieser Armensiedlung wohnen 6211 Menschen; in ganz Budapest leben unter ähnlichen Bedingungen 30 000 Personen.

Ungarn hat keine Arbeitslosenunterstützung. Es hat diesen menschlichen Abfallhaufen. Man kann wirklich leicht glauben, daß das die ärmsten Menschen Europas sind. Sie ernähren sich durch Betteln, Hausieren, Stehlen und Lumpensammeln. Wie herrenlose Hunde leben sie von der zufälligen Privatwohltätigkeit einer mittelalterlichen Gesellschaft. Sie sind keine Proletarier. Sie sind das, was die Marxisten »Lumpenproletariat« nennen.

Nur ein Drittel von ihnen hat sein Elend der Wirtschaftskrise zuzuschreiben. Die Siedlung, die wir besichtigten, das »Alte Pferdelager«, hatte im Jahre 1928, als die Nationalökonomen Ungarns Lage als eine »hoher Wirtschaftstätigkeit« bezeichneten, 4676 Bewohner. Heute sind es um 2000 mehr. Von der Armenbevölkerung Budapests, die 30 000 zählt, sind also etwa 10 000 Krisenprodukte. Bei einer hohen Schätzung würde man für ganz Ungarn auf 60 000 Menschen, also nicht ganz 1 Prozent der 8 Millionen zählenden Bevölkerung, kommen, deren Lage gleich schlecht ist. Diese, die am übelsten daran sind, die Ärmsten der Armen, könnten Aufstände, aber nicht eine Revolution zustande bringen.

Wir suchten einen nahe gelegenen Markt auf. Tausende von Männern und Frauen standen auf einem weiten, offenen Platz umher. Ihr Aufzug hatte etwas absonderlich Uniformes. Es war das unbestimmte Dunkelgrau überaus alten Stoffes. Alle hatten ein kleines Häufchen von Gegenständen vor sich – alte Kämme, Fahrradschläuche, leere Uhrgehäuse, gerahmte Bilder. Eine andere Gruppe von etlichen hundert Mann, Handarbeiter, die auf Arbeit warteten, saß auf Schubkarren. Das war der Osten – der Sucharevsky- oder Smolensky-Markt Budapests.

Aber in der ganzen Sowjetunion hatte ich nirgends solches Elend gesehen wie an der Peripherie Budapests. Hier fällt es gar nicht auf, denn Ungarn ist schon der Osten, und im Osten wurden die Worte gesprochen: »Arme haben wir alle Zeit bei uns.« Budapest hat 129 000 einzimmerige Gebäude, die von zusammen 440 000 Personen bewohnt werden. Ist das ein Zeichen der verzweifelten Lage, die durch die Krise herbeigeführt wurde? Nein. Ich fragte, seit wann es so sei, daß 40 Prozent der Bevölkerung zu viert in einem Zimmer wohnen. »Seit 1910«, war die Antwort.

Überall im ganzen Donaubecken, dieser Sammelstelle für das Elend des Kontinents, kann man die Beobachtung machen, daß es sich da, wo man übermäßiges Elend entdeckt, um chronisches Elend aus der Vorkriegszeit handelt, das von der jetzigen Krise vielleicht verschärft, aber nicht verursacht worden ist. Die Bergbauern Österreichs, die Schafhirten Montenegros, die Landleute der Tschechoslowakei, die Menschen, die seit Generationen gegen grausam schlechte Wirtschaftsbedingungen anzukämpfen haben, leiden heute am ärgsten. Ihr Leiden, das für sie so wichtig ist wie das Leiden eines ganzen Kontinents, kann auf das Weiterexistieren der großen Majorität und des gegenwärtigen Systems keine vorstellbare Wirkung ausüben.

In Ländern wie Deutschland und Österreich, wo das soziale Verantwortungsgefühl und die Organisierung der Hilfe für die Schwächeren auf einem sehr hohen Niveau stehen, wird für diese Menschen durch die Arbeitslosenunterstützung gesorgt. In Ungarn, Rumänien, Jugoslawien und Bulgarien überläßt man sie einfach sich selbst. Die Schwächsten mögen zugrunde gehen. Ihr Zugrundegehen kann keine Schwierigkeiten verursachen, solange Heer und Polizei gut genährt sind.

Dies ist das Land, das vor 13 Jahren bolschewistisch wurde. Bela Kun erteilte ganz Europa, insbesondere jedoch seinem Vaterland und dessen Nachbaren eine Lehre. Seine 4 Monate währende Herrschaft ist mit Ursache dafür, daß Ungarn 52 Millionen Reichsmark im Jahr für ein Heer von 35 033 Offizieren und Mannschaften ausgibt und außerdem 25 091 Gendarmen und Polizisten hat; daß Österreich 128 Millionen Reichsmark für 20 930 Offiziere und Mannschaften und eine 16 000 Mann starke Polizei ausgibt; daß die Tschechoslowakei 240 Millionen Reichsmark im Jahr für ein Heer von 140 134 Mann ausgibt und daneben eine 34 125Mann starke Polizei unterhält; daß Rumänien 200 Millionen Reichsmark im Jahr für ein 190 122 Mann zählendes Heer ausgibt und daneben eine Polizei von 31 378 Mann hat; und daß Jugoslawien 200 Millionen Reichsmark im Jahr für ein Heer von 110 445 Mann ausgibt und außerdem eine 25 487 Mann starke Polizei unterhält.

Diejenigen, die ganz jammervoll daran sind, sind leicht zu werbende Rekruten für den Kommunismus. Aber die Kommunistische Partei ist nur in Österreich erlaubt, wo die Sozialdemokraten die Anzahl der Allerärmsten sehr niedrig gehalten und den Kommunismus zu einer Quantité négligeable gemacht haben, und in der Tschechoslowakei, wo sie eine größere, aber noch immer unwesentliche Mitgliederschaft und keine fähigen Führer hat. In Ungarn, Bulgarien, Jugoslawien und Rumänien ist sie verboten, und die Vollstreckung zahlreicher Todesurteile hat die Verbote wirksam gemacht. Sie sind so wirksam geworden, daß sie fast ebenso viel wie die Bolschewisten selbst zur Vernichtung der Illusion beigetragen haben, daß mit Verboten nichts verboten werde. Der weiße Terror hat sich als ebenso wirksam erwiesen wie der rote.

Aber für die Allerelendesten gibt es selbst in Ungarn noch etwas anderes als Soldaten und Polizisten. Das Rote Kreuz unterstützte 1931 32 000 arme Familien in Budapest, und in diesem Jahr hat es 68 000 geholfen. Und es läßt sich denken, daß auch völlig mittellose Familien in jedem Falle in einem Lande mit Ungarns Überfluß an erstaunlich billigen Lebensmitteln etwas zu essen bekommen. Wir kamen an einer Reihe von Gemüsebuden in der Nähe des »Alten Pferdelagers« vorüber. Stapel von grünen Bohnen, Kartoffeln, Kohl, grünem Salat, Rüben, Karotten und Körbe mit Kirschen und Pflaumen versperrten den Weg. Von jedem Gemüse kostete hier das Pfund ungefähr 4 Pfennig, und auf den Bauernmärkten kann ein Mann das Gemüse, das für 20 Pfennig zu haben ist, kaum wegschleppen. Der Detailpreis für das Pfund Fleisch beträgt durchschnittlich 40 Pfennig. Es muß schon ein sehr armseliger Bettler sein, auch in Budapest, der nicht 40–60 Pfennig am Tage zusammenbekommen kann.

Gleich jenseits der Grenze, 3 Stunden Fahrt von Budapest, sind die österreichischen Gemüsepreise 2–4 mal so hoch. Die österreichischen Stoffe sind hier doppelt so teuer wie in Wien. Der tschechoslowakische Zucker kostet in Wien doppelt so viel wie in Prag. Das jugoslawische Holz ist im Heimatland so billig, daß es sich kaum lohnt, Holz zu schlagen, und in Ungarn so teuer, daß die Gemeinden keine Baracken für ihre Obdachlosen bauen können. Das rumänische Petroleum kann man im Heimatland kaum los werden, und außerhalb der rumänischen Grenzen ist es so teuer, daß nur wirklich reiche Leute sich ein Automobil leisten können.

Daß Mitteleuropa mehr unter der Krise gelitten hat als die meisten anderen Teile der Welt, hat seine Ursache vor allem darin, daß Mitteleuropa von seinem Außenhandel abhängiger ist als die meisten anderen Teile der Welt. Der Grund dafür ist wiederum, daß ein Drittel des Handels, der im alten Reich Innenhandel war, heute Außenhandel ist. Vom Gesamtexport der Donauländer geht ein Drittel nach, und von ihrem Gesamtimport kommt ein Drittel aus den Donauländern. In der Regel ist es so, daß der Außenhandel für die Staatsbürger um so wichtiger ist, je kleiner das Land ist. Die Vereinigten Staaten, deren Vermögen pro Kopf auf 3000 Dollar, rund 12 000 Reichsmark, geschätzt wird, exportieren nur 30 Dollar, rund 120 Reichsmark, pro Kopf. Österreich-Ungarns Vorkriegsvermögen betrug rund 4000 Reichsmark pro Kopf, aber der Nachkriegsexport Österreichs beträgt normalerweise 156 Reichsmark pro Kopf, der der Tschechoslowakei 140 Reichsmark, der Ungarns 72 Reichsmark, der Rumäniens 36 Reichsmark und der Jugoslawiens 32 Reichsmark. Mit 5 Prozent dürfte das Verhältnis der Ausfuhr der Vereinigten Staaten zu ihrer Gesamtproduktion einigermaßen richtig geschätzt sein. Die Donaustaaten müssen 15–50 Prozent ihrer Gesamtproduktion ausführen.

Nichts könnte ein besseres Bild von dem mitteleuropäischen Problem geben als ein Vergleich mit einem hypothetischen Zerfall der Vereinigten Staaten in vier Teile. Man nehme an, Amerika teile sich in ein Industrieland im Nordosten, ein Baumwolland im Süden, ein Getreideland im Mittelwesten und ein Holzland an der Pazifischen Küste. Wenn diese vier Länder dann ihren Warenaustausch in dem gleichen Maße fortsetzten wie vorher, als sie noch ein einziges Land bildeten, würde der Außenhandel dieser vier zusammen vielleicht 50 bis 60 Prozent der Gesamtproduktion des ganzen Gebietes ausmachen. Der Außenhandel würde augenblicklich zehnmal so wichtig für Amerika werden, wie er heute ist.

Aber das gleiche Handelsvolumen könnte nur erhalten werden, wenn es keine Zollbarrieren zwischen den vier hypothetischen »Nachfolgestaaten« Amerikas gäbe. Zölle, Einfuhrprohibitionen, Währungsregulierungen könnten den Handel auf einen Bruchteil seines früheren Volumens herabdrücken. Und eben das ist in den Donaustaaten geschehen.

Der Handel zwischen ihnen fiel im Jahre 1919 nahezu bis auf den Nullpunkt, nahm aber in dem Jahrzehnt bis 1928 wieder zu, bis er wohl dem alten Innenhandel des Reiches gleichkam. Unter dem ersten leisen Druck der Depression leitete jeder dieser kleinen Staaten, von denen die meisten schwer im Ausland verschuldet sind, Schritte zur Verbesserung seiner Handelsbilanz ein, um Bargeld zur Bezahlung des Zinsen- und Amortisationsdienstes seiner Auslandsanleihen in die Hand zu bekommen. Diese Maßregeln bedeuteten Restriktionen von Währung und Import und das Bestreben, die Ausfuhr durch Subventionen und Preisherabsetzungen zu forcieren. Gleichzeitig bemühte sich jeder Staat, die anderen Staaten durch gutes Zureden oder Gewaltmaßnahmen dazu zu bringen, daß sie mehr Waren aufnähmen. Es war nur natürlich, daß sie ihr gutes Zureden und ihre Zwangsmaßnahmen auf einander beschränkten und sich damit nicht an die großen Reiche wandten, die dafür zu mächtig sind.

In diesem Hexenkessel des Wirtschaftskrieges aller gegen alle litten auch alle, und während der Gesamtexport der sechs Donaustaaten nach anderen Ländern zwischen 1928 und 1931 um 25 Prozent fiel, verringerte sich der Gesamtexport der sechs Staaten untereinander um 50 Prozent. Das ist es, was Sir Walter Layton mit dem Selbstmord meinte. Aber das bedeutet zwar sicherlich Krankheit, doch keineswegs Tod. Selbst wenn die Donaustaaten ganz aufhörten, Handel miteinander zu treiben, würde ihnen noch immer mehr als 50 Prozent ihres gegenwärtigen Außenhandels auf diesem Minimalniveau bleiben. Aber es ist nicht zu erwarten, daß sie tatsächlich ganz aufhören, Handel miteinander zu treiben. Sie werden ihn zumindest, wie Ungarn es heute tut, auf einer Austauschbasis fortführen. Und das verheißt im Verein mit ihrem eingeschränkten, aber immer noch verhältnismäßig wichtigen Handel mit anderen Ländern ein Minimum, unter das ihr kommerzieller Kontakt mit dem Ausland nicht sinken wird.

Dieses Minimum genügt, wie Ungarn beweist, zur Erhaltung des Lebens. Mit den 628 740 Mann und Offizieren der regulären Truppen, Gendarmerie und Polizei der Donaustaaten läßt sich die Ordnung hinreichend aufrechterhalten. Und so paradox es auch klingt: der Druck des wirtschaftlichen Elends auf die Donaustaaten ist in der Tat so groß, daß er die Verheißung auf Erholung in sich selbst trägt.

Denn dieser Druck wirkt sich am schwersten auf die Regierungen aus. Die Bevölkerungen werden weiter existieren, die Regierungen können stürzen. Die Depression führt zu Budgetdefiziten, und diese zu hohen Steuern, sobald aber ein gewisses Existenzminimum erreicht ist, weigert sich die Bevölkerung, weiter Steuern zu zahlen, und darunter leidet die Regierung. In einzelnen Donaustaaten ist die Abnahme der Regierungseinkünfte bereits bis zu dem Punkt gediehen, wo eine Fortsetzung der Bezahlung der bewaffneten Truppen schwierig wird. Das ist der kritische Punkt.

Wenn dieser Punkt erreicht ist, wird auch die eigensinnigste Regierung Vernunftgründen zugänglich. Wenn dieser Punkt erreicht ist, werden die Regierungen bereit, Minderheitsinteressen zum Opfer zu bringen und sich zu einer Zusammenarbeit zu entschließen, nicht nur zum Wohle der Mehrheit ihrer Bevölkerungen, sondern auch um selbst an der Macht zu bleiben. Die Behauptung, daß Mitteleuropa heute so weit sei, Anstrengungen zu einer Zusammenarbeit zu unternehmen, Anstrengungen, die für Mitteleuropa selbst und den ganzen Kontinent die Erholung bringen können, gründet sich nicht auf die Annahme, daß auch nur eine der in Frage kommenden Regierungen plötzlich einem Anfall von Idealismus unterliegen werde. Sie gründet sich auf die Beobachtung, daß ihr eigener Selbsterhaltungstrieb sie dazu drängt, aus ihrem Selbstmörderklub einen genossenschaftlichen Verein zu machen.

Wie weit ginge eine Verbesserung, die sich unmittelbar aus der Minimalform eines Wirtschaftsabkommens unter den Donaustaaten voraussagen ließe? Die am wenigsten weitgehende Form eines derartigen Abkommens wäre eine Aufhebung lediglich der Handelsrestriktionen, die seit 1928 eingeführt wurden. Was hätte das für das Donaubecken zu bedeuten?

Theoretisch könnte es eine Steigerung des Handels der sechs Länder um 1 Milliarde Reichsmark bedeuten; das ist nämlich der Betrag, um den ihr Handel untereinander seit 1928 sich verringert hat. Das ist jedoch rein theoretisch, insofern als der Preissturz seit 1928 den Außenhandelswert stärker gesenkt hat als die künstlichen Restriktionen.

Nimmt man jedoch für die von den Donaustaaten hauptsächlich produzierten Waren einen Preissturz um 50 Prozent an, so könnten allein durch ein Niederreißen der Mauern, die sie seit 1928 gegeneinander errichteten, 500 Millionen Reichsmark jährlichen Handels gewonnen werden. Sie könnten die Zollmauern bestehen lassen, die vor 1928 bereits existierten. Sie würden keine Zollunion brauchen. Die Länder müßten bloß das bescheidene Maß von Zusammenarbeit wieder aufnehmen, das bereits vor vier Jahren existierte.

Eine Steigerung des Handels der Donauländer um 500 Millionen Reichsmark würde eine Steigerung ihres Gesamtaußenhandels um nahezu 10 Prozent bedeuten. Eine derartige Steigerung könnte sehr wohl dazu genügen, eine Aufwärtsbewegung einzuleiten, sie könnte den Wendepunkt für Mittel- und Südosteuropa und damit vielleicht den Wendepunkt für die ganze Welt bringen.

Die erste Bedingung für eine Erholung in Mitteleuropa war, daß die Massen der Bevölkerung auf einem erträglichen Existenzniveau bleiben können. Österreich und die Tschechoslowakei zeigen diese Bedingung reichlich erfüllt. Ungarn zeigt sie auf dem Minimalniveau hinreichend erfüllt, und die anderen Agrikulturländer, Jugoslawien und Rumänien, sind zugegebenermaßen besser daran als Ungarn.

Die zweite Bedingung für die Erholung war, daß die bewaffneten Truppen der Regierungen stark genug zur Aufrechterhaltung der Ordnung seien. Die Freiheit Mitteleuropas von radikalen Unruhen könnte ein Gegenstand des Neides für so manchen seiner größeren Nachbaren sein. Seine Armeen und seine Polizei gestatten es durchaus, mit jeder wahrscheinlichen Aufstandsbewegung unter der verelendeten Minorität fertig zu werden.

Die dritte Bedingung für die Erholung war, daß die Regierungen bereit seien, in dem minimalen Ausmaß von 1928 zusammenzuarbeiten. Die Regierungen der Donauländer haben jetzt den Punkt erreicht, an dem die Selbsterhaltung mindestens dieses Minimum gegenseitiger Selbsthilfe zur Pflicht macht. Österreich, dessen Regierung unter der Krise mehr leidet als die tschechoslowakische, will sogar noch mehr als das Minimum der Zusammenarbeit. Dies setzte Präsident Miklas auseinander. Die Tschechoslowakei, deren Regierung unter der Krise von allen am wenigsten leidet, ist nichtsdestoweniger genügend beeindruckt, um den kleinsten Schritt unternehmen zu wollen. Das setzte Präsident Masaryk auseinander. Alle sind im Prinzip bereit, zumindest Einzelabkommen zur Entfernung der seit 1928 errichteten Handelsschranken einzuleiten.

Diese drei fundamentalen Bedingungen sind erfüllt. Es bleibt noch eine letzte und wesentliche Bedingung: die in Frage kommenden Regierungen müssen nicht nur bereit, sondern auch imstande sein, die Handels- und Währungsrestriktionen aufzuheben, die den Donauländern ihren traurigen Ruhm gebracht haben. Ihnen das zu ermöglichen, ist die Aufgabe Europas. Wie steht es um die Aussichten, daß Europa seine Aufgabe erfüllen werde?

*

»Wieviel Geld haben Sie?«

Dieser Satz, den die Zollbeamten an den sieben Grenzen der Donaustaaten aussprechen, ist ein Gefängnisurteil für den Handel, und solange der Handel des Donaubeckens nicht aus seinem Kerker herauskommt, kann es für diesen Teil Europas keine wirtschaftliche Erholung geben.

Zum zehntausendstenmal stellte der Zollbeamte an der österreichisch-ungarischen Grenze diese Frage, diesmal an die Korrespondentin einer amerikanischen Zeitung. Sie deklarierte den Inhalt ihrer Brieftasche. Die magere Zahl, die sie nannte, stellte den Beamten nicht zufrieden. Er rief eine Beamtin herbei, und die Reisende war genötigt, sich der Demütigung einer Leibesvisitation zu unterwerfen.

An eben derselben Grenze mußte der amerikanische Gesandte in einem der mitteleuropäischen Länder die Entdeckung machen, daß selbst seine Diplomatenimmunität gegen die eifrige, nach Geld schnüffelnde Nase eines Zollbeamten nichts ausrichtete. Ohne einem Diplomaten gegenüber gesetzlich dazu berechtigt zu sein, fragte der Beamte: »Wieviel Geld haben Sie?« Um Mißlichkeiten aus dem Wege zu gehen, zeigte der Amerikaner seine Brieftasche vor. »Sind Sie auch sicher, daß das alles ist?« fragte der hartnäckige Beamte.

Bei jeder Grenzüberschreitung mußte ich meine Taschen ausleeren und sorgfältig darauf achten, daß ich jeden Pfennig fremden Geldes deklarierte, um es auch wieder ausführen zu können. Die Gier der Behörden nach jeder fremden Valuta, auf die sie die Hand legen können, geht so weit, daß es in Österreich eine Zeitlang sogar notwendig war, Traveller-Schecks anzumelden, die natürlich erst gültig werden, wenn sie unterzeichnet sind, und doch auf jeden Fall eine Einfuhr, nicht eine Ausfuhr fremder Valuten darstellen. Die österreichische Zollpolizei verbot es auch eine Zeitlang, Schecks amerikanischer und anderer ausländischer Banken ins Ausland zu schicken, weil folgendes möglich ist: ein Fremder könnte Schillinge zu einem ungesetzlich niedrigen Kurs in Österreich kaufen, die Schillinge zur Erwerbung österreichischer Waren für den Export verwenden und für die Schillinge bezahlen, indem er einen Scheck für Rechnung und zu Gunsten des Österreichers, von dem er die Schillinge gekauft hat, ins Ausland schickt.

Wenn ein Importeur in einem der Donauländer fremde Valuten zu bekommen wünscht, um im Ausland einzukaufen, muß er sich an die Nationalbank wenden, dann an das Finanzministerium, vielleicht auch an noch einen weiteren Beamten, dem die Kontrolle der fremden Valuten untersteht, und dann wieder an die Nationalbank. Die ganze Transaktion kann Wochen in Anspruch nehmen.

Die Währungsbeschränkungen sind für Reisende eine unerträgliche Belästigung, für den Handel eine überaus verderbliche Behinderung. Solange sie nicht aufgehoben werden, wird dieser Teil Europas nicht wieder hochkommen. Darüber sind alle Wirtschaftssachverständigen innerhalb und außerhalb Mitteleuropas einer Meinung. Sobald diese Beschränkungen aufgehoben sind, wird die letzte Bedingung zur Erholung Mitteleuropas erfüllt sein.

Aber warum waren diese Restriktionen notwendig? Wie kamen sie zustande? Welche Umstände führten dazu, daß Mitteleuropa auf die Krise empfindlicher reagierte als andere Teile des Kontinents? Die Beantwortung dieser Fragen trägt viel dazu bei, den Weg für eine Antwort auf die letzte Frage frei zu machen: »Wie können die Handels- und Währungsbeschränkungen, die jetzt der Erholung im Wege stehen, beseitigt werden?«

Von der allergrößten Wichtigkeit für die Situation der Donauländer ist der bereits erwähnte Umstand, daß diese Länder, die vereint eine Großmacht darstellen würden, einzeln von ihrem Außenhandel abhängiger sind als jede Großmacht.

Das zweitwichtigste ist der Umstand, daß die Staaten Ungarn, Rumänien und Jugoslawien vor allem gerade die Waren erzeugen, deren Preise am tiefsten gestürzt sind. Ihre Zerealien, ihre tierischen Produkte und ihr Petroleum haben heute die Hälfte des Wertes von 1929.

Drittens haben diese Staaten im Verhältnis zu ihren Mitteln mehr geborgt als alle anderen europäischen Staaten. Ihre Gesamtstaatsschulden betragen zusammen etwas mehr als 16 Milliarden Reichsmark. Dabei sind nicht eingerechnet viele 100 Millionen Reichsmark privater Anleihen aus dem Ausland und ihre kurzfristigen Kredite. Viele von diesen Darlehen wurden in der Prosperitätszeit 1926–1929 aufgenommen, zu Zinsen, die faktisch bis zu zehn Prozent gehen und im Durchschnitt vielleicht acht Prozent betragen – selbst die Regierungsschulden an das Ausland sind mit fünf bis sechs Prozent belastet. Es ist also die Schätzung zulässig, daß die Gesamtbeanspruchung der sieben Länder durch den Schuldendienst mindestens 1200 Millionen RM im Jahr beträgt.

Viertens sind alle diese Staaten inflationsbewußt. Sie haben die katastrophalen Wirkungen einer schrankenlosen Inflation entweder am eigenen Leibe kennen gelernt oder sie nebenan gesehen. Sie wissen, daß dies, gleich nach dem Krieg, das größte Unheil ist, das über eine moderne Gesellschaft hereinbrechen kann.

Schließlich sind alle diese Staaten durch zweifache politische und völkische Gegensätze zerrissen, durch ihre eigenen Gegensätze wie die der Großmächte. Nicht einmal die verbündeten Staaten, wie die der Kleinen Entente, sind einander ehrlich freundlich gesinnt, und die nicht verbündeten Saaten stehen einander zu Zeiten in wilder Feindschaft gegenüber. Keiner will zugeben, zum »Balkan« zu gehören. In Wien wird gesagt: »Sie gehen auf den Balkan hinunter? Nach Ungarn? « In Budapest heißt es: »Wenn Sie nach Belgrad kommen und den Balkan kennen lernen …« In Sofia erklärt man: »Auf dem Balkan, unten in Rumänien, ist das ganz anders.« In Bukarest ist das Wort Balkan einfach von jeder höflichen Unterhaltung ausgeschlossen. Was eine Nation von der anderen sagt, ist durch eine große Dosis Verachtung charakterisiert.

Diese persönlichen Antipathien, die sich auf 1000 Jahre alte Kämpfe gründen, werden kompliziert und verschärft durch den Einfluß, der von den Großmächten ausgeübt wird. Die Anstrengungen Frankreichs gehen ohne Unterlaß dahin, die Kontrolle, die es bereits über die Tschechoslowakei, Jugoslawien und Rumänien ausübt, auf so viele andere Staaten auszudehnen, als nur bereit sind, sich ihm zu unterwerfen. Deutschland wird niemals seine Hoffnung aufgeben, ein »Mitteleuropa« mit seinen alten Verbündeten Österreich und Ungarn zu bilden. Italien hat die Obermacht über Albanien und beträchtlichen Einfluß in Ungarn erlangt und schwankt zwischen einer streng italienischen Politik und einer Politik der Zusammenarbeit mit Deutschland im Donaubecken gegen Frankreich. England überblickt die Gesamtkonstellation und sucht um seines Handels und seiner Banktransaktionen auf dem Kontinent willen eine schiedsrichterliche, versöhnende, stabilisierende Macht zu sein.

Dieses wilde Durcheinander von überhitztem Nationalismus führte zu dem Pistolenschuß, der den Weltkrieg einleitete. Es führte auch zu der jetzt herrschenden Kreditkrise, denn das erste Signal, mit dem die Panik einsetzte, war nicht der Zusammenbruch der österreichischen Kreditanstalt, sondern das Mißlingen der Österreichisch-Deutschen Zollunion. Heute ist es jedoch möglich, zu erklären, daß die Erholung im Donaubecken ihren Ausgang nehmen kann.

Es besteht keine Hoffnung, und ist übrigens auch gar nicht notwendig, daß die Donaustaaten ihren tiefsitzenden Rassenantagonismus aufgeben. Die Österreicher werden sich noch immer allen ihren Nachbaren kulturell überlegen fühlen; die Ungarn werden stets stolz darauf sein, vom großen Dschingis-Khan, dem größten Eroberer der Weltgeschichte abzustammen; die Serben werden sich weiter fähig fühlen, alle miteinander in die Pfanne zu hauen; die Bulgaren werden beweisen, daß sie das Recht haben, sich als die ältesten Einwohner zu bezeichnen; die Rumänen werden nicht aufhören, zu erklären, daß sie die legitimen Erben der Caesaren seien, und die Griechen werden stets ihren Stolz darin sehen, Griechen zu sein.

Heute jedoch herrscht trotz der Hartnäckigkeit dieser patriotischen Gefühle und trotz den Handelskonflikten, die sich als Folge der Krise ergeben haben, weniger Kriegsgefahr im Donaubecken als vielleicht jemals seit dem Jahre 1918. Die Länder haben allzuviel mit den wirtschaftlichen Sorgen zu tun, um an Krieg zu denken. Es sind viele Monate vergangen, seit Grenzstreitigkeiten die Staatskanzleien des Balkans behelligt haben. Die Gebietsaspirationen der geschlagenen Nationen sind nahezu vergessen worden in ihren Bestrebungen, ihr wirtschaftliches Gleichgewicht wieder zu erlangen. Selbst in Ungarn ist der Nationalruf: »Nein, nein, niemals!« der sich auf die Grenzen bezieht, seltener zu hören denn je. All dies sind gewaltige Aktivposten in der Bilanz nicht nur in politischer, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht.

Es ist nur noch notwendig, daß die Großmächte zur Einsicht gelangen, ihr eigenes Interesse erfordere gebieterisch, daß sie sich auf ein Programm der Erholung für das Donaubecken einigen. Heute wird in den Finanzkreisen von Rom, Berlin, London und selbst Paris nicht nur die Notwendigkeit eines derartigen Programms anerkannt, die Grundlinien möglicher Maßnahmen haben bereits in den Köpfen der Männer, die an der Weltwirtschaftskonferenz teilnehmen werden, Gestalt anzunehmen begonnen.

Unterhaltungen mit einer Anzahl dieser Autoritäten ermöglichen die Skizzierung eines Programms, das zu einer Erholung Mittel- und Südosteuropas noch vor einer Erholung der ganzen Welt führen könnte. Das Heilmittel, das sie vorschlagen, gründet sich auf folgende Untersuchung:

Die Donaustaaten waren, weil sie so viel geborgt hatten, beim Ausbruch der Kreditpanik einer unverhältnismäßig starken Beanspruchung ihrer Vorräte an Gold und fremden Valuten ausgesetzt. Weil die Donaustaaten inflationsbewußt sind, waren sie, um den Goldstandard, wenn auch nur nominell, aufrecht zu erhalten, bestrebt, die Beanspruchung mit dem drastischsten Mittel zu bremsen – durch eine Einschränkung des Austausches ihrer Währung in fremde Valuten. Diese Restriktionen dezimierten in einem erstaunlichen Tempo ihren Außenhandel, und weil die Donaustaaten von ihrem Außenhandel so abhängig sind, machen sie jetzt eine Wirtschaftsstagnation in einem Ausmaß durch, das im übrigen Europa unbekannt ist.

Die beste Illustration für diese Beanspruchung der Vorräte an Gold und fremden Valuten liefert Österreich, dessen Banken beim Ausbruch der Kreditanstalt-Krise, die Schulden der Kreditanstalt selbst nicht eingerechnet, zusammen 220 Millionen Reichsmark kurzfristige Verpflichtungen im Ausland hatten. 140 Millionen Reichsmark davon wurden innerhalb der ersten wenigen Monate der Krise zurückgezahlt.

Welch verzweifelte, und bis jetzt auch erfolgreiche, Anstrengungen die Donaustaaten machen, um ihre Währungen zu schützen, wird durch einen Blick auf ihre ausländischen Devisennotierungen klar: bei Zugrundelegung der Goldparität hat der bulgarische Leva einen Kurs von 100,55; der jugoslawische Dinar von 100,16; der rumänische Ley von 100,15; die tschechische Krone von 99,93; der ungarische Pengö von 99,66; und der österreichische Schilling von 87,70 – der letzte jedoch nur innerhalb des Landes. Keine einzige von diesen Währungen hätte sich ohne die Restriktionen des freien Austausches halten lassen.

Was diese Einschränkungen im Außenhandel des Donaubeckens angerichtet haben, geht aus folgendem hervor: während die Ausfuhr ganz Europas in der ersten Hälfte dieses Jahres im Vergleich zu den vorausgegangenen sechs Monaten um etwa 30 Prozent gefallen ist, hat sich der Export der Donauländer um nahezu 50 Prozent verringert.

Was das für das Wirtschaftsleben der Donaustaaten bedeutet, kann man ermessen, wenn man sich ins Gedächtnis zurückruft, daß schätzungsweise mindestens 25 Prozent ihrer Gesamtproduktion ins Ausland verkauft werden müssen. Eine 50prozentige Verringerung ihres Exports bedeutet, daß 12½ Prozent ihrer Gesamtproduktion keinen Markt finden können. Wenn man andererseits schätzungsweise annehmen darf, daß ganz Europa genötigt ist, nicht mehr als 10 Prozent [seiner] Gesamtproduktion auszuführen, kommt man zu dem Ergebnis, daß die ungefähr 30 Prozent betragende Ermäßigung seiner Ausfuhr bedeuten würde, daß Europa als Ganzes in den letzten sechs Monaten nur für ungefähr drei Prozent seiner gesamten Produktion den Markt verloren hat. Nichts könnte besser zeigen, in welcher Hinsicht es dem Donaubecken schlechter geht als dem übrigen Europa.

Unter Ausschluß der politischen Faktoren läßt sich der rein wirtschaftliche Ereignisablauf, der zu den heutigen Zuständen in den Donaustaaten führte, folgendermaßen zusammenfassen: übermäßiges Borgen führte zur Kreditpanik, die Kreditpanik zu summarischen Rückziehungen, die summarischen Rückziehungen zu Angst vor Geldentwertung, die Angst vor Geldentwertung zu Währungsrestriktionen, die Währungsrestriktionen zu einer Dezimierung des Außenhandels, die Dezimierung des Außenhandels zu einer Verringerung der Regierungseinkünfte, die Verringerung der Regierungseinkünfte zu Budgetdefiziten, die Budgetdefizite zu erhöhter Inflationsgefahr, und hier teilt sich der Weg nach drei Richtungen – zur Notendruckpresse und wirklichem Unheil, zur offiziellen Zahlungsverweigerung hinsichtlich ausländischer Verpflichtungen und langsamer Rekonvaleszenz oder schließlich zu grundlegender Reform und möglicher rascher Erholung.

Die Maßnahmen, die jetzt in einem halben Dutzend europäischer Hauptstädte zur Besserung dieser Lage in Betracht gezogen werden, zielen darauf ab, den Prozeß umzukehren, der die Lage herbeigeführt hat. Die erste und wesentlichste Maßnahme ist die Aufhebung der Währungsblockade, die Entfernung jeglicher Unterbindung des freien Austausches.

Das kann jedoch nur getan werden, wenn den inflationsbewußten Ländern irgendein Schutz gegen die unkontrollierbare Entwertung ihrer Währungen gewährt wird. Dieser Schutz kann nur gewährt werden, wenn die Finanzministerien der Donaustaaten mit Mitteln versehen werden, die groß genug sind, um die Währungen im Verlauf der Erholungsperiode zu schützen. Langfristiger Kredite bedarf es dazu nicht, notwendig aber ist eine beträchtliche Summe an kurzfristigen Geldern.

Notwendig ist ferner nach der Ansicht von Europas besten Kennern des Donaubeckens ein Herabsetzen des Schuldendienstes dieser Staaten an das Ausland. Warum, so fragen die Schuldner, sollen Kredite noch immer zu dem Preise von 1929 bezahlt werden, nachdem die Warenpreise von 1929 mittlerweile um 40 bis 50 Prozent gesunken sind? Warum soll Geld noch immer zu dem achtprozentigen Zinsfuß von vor drei Jahren bezahlt werden, nachdem die Preise der wichtigsten Güter, auf deren Verkauf hin die Zinsen zu bezahlen sind, auf die Hälfte gesunken sind, und zwar ohne Dazutun der Schuldner? Mit anderen Worten, das Donaubecken fragt: »Warum sollen wir heute hundert Scheffel Weizen im Jahre für die Nutznießung eines Darlehens zahlen, bei dessen Erteilung im Jahre 1929 wir uns verpflichteten, fünfzig Scheffel Weizen jährlich zu bezahlen?«

Nicht nur die kleinen Schuldnernationen, und nicht nur die Donaustaaten stellen die Überlegung an, daß Privatschuldner heute zwei Auswege aus einer derartigen Situation haben: entweder ein Abkommen mit ihren Gläubigern zum Herabsetzen des Zinsfußes zu treffen, oder bankrott zu machen und nichts zu zahlen. Die Parallele ist verlockend, und jede Betrachtung zeigt den Vorteil, der für den Gläubiger bei der Zustimmung zu einer Schuldherabsetzung zu gewinnen ist. Denn wenn eine Eisenbahn in die Hände von Konkursverwaltern übergeht, können jedenfalls die Inhaber vorberechtigter Forderungen befriedigt werden. Wenn aber ein Land bankrott macht, sich physisch außerstande sieht, seinen Auslandsverpflichtungen nachzukommen, gibt es keinen Konkursverwalter, und wer Schuldtitel des betreffenden Landes besitzt, kann alles verlieren, was er in ihm angelegt hat.

Es ist also gewiß, daß der Plan zur Rekonstruktion des Donaubeckens ein Herabsetzen der jetzigen Schulden und einen neuen Kredit zur Ermöglichung der Wiederherstellung der Donauwährungen in sich begreifen wird. Wahrscheinlich ist auch, daß zu ihm eine Völkerbundskontrolle über die Anwendung des Kredits gehören wird. Die Arten dieser Anwendung erklären sich aus den Resultaten, die man sich von dem Plan erhofft. Würde ein Abkommen zur Reduzierung des Schuldendienstes erreicht, und würde den Donauländern von den Mächten ein auf 400 bis 800 Millionen Reichsmark geschätzter kurzfristiger Kredit gewährt werden, der gegebenenfalls prolongiert werden kann, und über den unter der Kontrolle von Völkerbundskommissaren zu verfügen ist – für diesen Fall werden von den Förderern des Plans folgende Schritte und Ergebnisse vorausgesehen:

Die Donauländer heben sofort bei Empfang des Kredites alle Beschränkungen des freien Austausches ihrer Valuten auf. Gleichzeitig verzichten sie auf das jetzige künstliche, mit Polizeimitteln gehaltene Währungsniveau, lassen ihre Währungen auf ein vereinbartes, auf Grund des Sturzes der Warenpreise berechnetes Niveau absinken und wieder zur Goldbasis zurückkehren, das heißt sie nehmen auf einem Punkt, auf dem ihre Währungen mit den Preisen im Einklang stehen, die Stabilisierung vor. Dieser Punkt würde, so nimmt man schätzungsweise an, 30 bis 40 Prozent unter der alten Parität liegen.

Eine Rückkehr zur Goldbasis auf einem neuen, natürlichen Niveau müßte nach der Meinung der Förderer dieses Programms automatisch die Exportpreise in Begriffen fremder Währungen senken und so die Verkäufe ins Ausland fördern, gleichzeitig die Exportpreise in Begriffen der Donauwährungen ein wenig erhöhen und damit den Exporteuren eine größere Verdienstspanne in ihrem eigenen Gelde ermöglichen. Sie müßte nicht nur den Export anregen, sondern auch die Einfuhr herabmindern und einen Exportüberschuß herbeiführen, der für jedes fremde Land, das seine Verpflichtungen zu liquidieren gedenkt, unerläßlich ist. Gleichzeitig müßten diese Maßregeln die Löhne und Gehälter herabdrücken, zu einer Balancierung der Budgets beitragen und die innere Schuldenlast in einem Ausmaß herabsetzen, das ungefähr der Geldentwertung entspräche, vorausgesetzt daß die Regierungen stark genug wären, alle unmittelbaren Lohnsteigerungsbewegungen, die auf einen Ausgleich der Geldentwertung abzielten, zu verhindern.

Sobald es so weit wäre, würde der wahre Wert des Völkerbundskommissars ersichtlich werden. Er wäre nicht so sehr dazu da, die Regierung zu kontrollieren und zu gängeln, als vielmehr dazu, die Regierung gegen den politischen Druck ihrer Wähler zu schützen. Die Völkerbundserfahrung hat gelehrt, daß Schuldnerregierungen im allgemeinen den Wunsch haben, Kreditbedingungen loyal zu erfüllen. Regierungen stehen aber unter beständigem Druck von seiten ihrer Bürokratien und der von ihnen regierten Völker, und gerade gegen diesen Druck erweist sich der Völkerbundskommissar als überaus nützlich. Wenn nach Lohnerhöhungen geschrien und gegen Kürzungen der Beamtengehälter protestiert wird, weist die Regierung mit einer bedauernden Geste auf den Völkerbundskommissar und erklärt: »Er ist schuld daran.« Der Kommissar kann das ertragen. Er ist nicht von Wahlergebnissen abhängig. Die Situation ist in den meisten Donaustaaten heute so, daß weitere Kürzungen der Regierungsausgaben für die Ausbalancierungen des Budgets wesentlich, aber praktisch unmöglich, weil politisch unmöglich sind. Mit einem Völkerbundskommissar würde sogar eine 30 bis 50 prozentige Kürzung, wie sie bei der Geldentwertung in Betracht gezogen wird, durchzuführen sein.

In diesem Programm, das vielleicht bald vor der Weltwirtschaftskonferenz öffentlich angeregt werden wird, lassen sich mannigfache riskante Punkte entdecken. Keiner von ihnen stellt jedoch ein so ernsthaftes Risiko dar wie das, was den Gläubigernationen bevorsteht, wenn nichts dazu getan wird, den Circulus vitiosus des wirtschaftlichen Abwürgungsprozesses zu unterbrechen, in dem das Donaubecken begriffen ist. Die Verheißungen des Programms sind größer als die möglichen Risiken. Wenn gleichzeitig mit der Durchführung dieser Maßnahmen zu einer weiteren Bedingung gemacht würde, daß die Donauländer untereinander jene individuellen, gegenseitigen Handelsabkommen treffen, die Präsident Masaryk als annehmbar bezeichnet, und wenn diese gegenseitigen, nicht allgemeinen Abkommen gleichfalls zumindest auf Deutschland und Italien ausgedehnt würden, könnte das Programm die belebenden Wirkungen haben, die seine Schöpfer von ihm erhoffen.

Es läßt sich denken, daß dies zu einer Wiederbelebung des Handels im Donaubecken führen könnte. Jedenfalls ist es so gut wie gewiß, daß damit die Zahlung des herabgesetzten ausländischen Schuldendienstes der Donauländer ermöglicht würde. Wahrscheinlich ist, daß damit eine verhältnismäßig rasche Rückzahlung des in Betracht gezogenen Stabilisierungskredits ermöglicht würde. Und es ist denkbar, daß aus der Wiederherstellung der Wirtschaft im Donaubecken entscheidende Impulse zur Erholung Europas und der Welt kommen könnten.

Das in seinen Grundzügen geschilderte Programm bringt ein Risiko von vielleicht 800 Millionen Reichsmark mit sich; das wäre die Höhe des Darlehens für die Rücknivellierung der Donauwährungen. Heute jedoch verlieren Frankreich, England, Italien, Deutschland, Polen und die Schweiz mehr als 800 Millionen Reichsmark jährlich an ihrer Ausfuhr in die Donauländer. Im Jahre 1928 verkauften diese sechs Länder Waren im Werte von 1724 Millionen Reichsmark nach Österreich, Ungarn, Rumänien, der Tschechoslowakei und Jugoslawien; heute hat sich ihr Absatz auf weniger als 800 Millionen Reichsmark im Jahr gesenkt. Überdies werden, wenn gar nichts unternommen wird, viele, wenn nicht alle Donaustaaten ganz bestimmt den Staatsbankrott erklären, und dann werden ihre Gläubiger nichts bekommen.

Der unsicherste Faktor in den Aussichten, die das Donaubecken auf Hilfe dieser Art hat, ist die Haltung Frankreichs. Direkt ist Frankreich wirtschaftlich am Donaubecken als Ganzem weniger interessiert als alle anderen europäischen Mächte. Indirekt, im letzten Grunde, ist Frankreich am Schicksal des Donaubeckens ebenso interessiert wie am Schicksal Europas, da es nun einmal mit den eisernen Banden wechselseitiger wirtschaftlicher Abhängigkeit gefesselt ist. Aber das ist einer Wählerschaft schon schwerer klar zu machen, und das Donaubecken kaufte im Jahre 1928 von Frankreich Waren im Werte von nur 216 Millionen Reichsmark, 1931 im Werte von nur 128 Millionen Reichsmark; in beiden Fällen handelt es sich um nicht mehr als 3,5 Prozent der Gesamteinfuhr des Donaubeckens.

Deutschland andererseits ist in wirtschaftlicher Hinsicht die interessierteste Macht. Es verkaufte 1928 Waren im Werte von 1332 Millionen Reichsmark nach dem Donaubecken, und 1931 im Werte von 912 Millionen Reichsmark, wobei es seinen tatsächlichen Anteil an der Gesamteinfuhr des Donaubeckens von 21,1 Prozent im Jahre 1928 auf 24,7 Prozent im Jahre 1931 erhöhte. So würde eine Unterstützung des Donaubeckens als Ganzen viel mehr einer Besserung des deutschen Absatzes als einer Besserung des französischen gleichkommen. Wieder einmal ist das Problem von Europas wirtschaftlicher wie politischer Zukunft auf die Kernfrage der französisch-deutschen Beziehungen zurückgeführt.

Und Frankreich besitzt 12 Milliarden Reichsmark in Gold; Deutschland nennt nicht mehr als 400 Millionen sein eigen. Frankreich mag sich dafür entschließen, ausschließlich seine Protegés Tschechoslowakei, Jugoslawien und Rumänien zu begünstigen, oder es mag darauf hoffen, aus den anderen durch Gewährung von Krediten politische Vasallenstaaten zu machen. Aber vielleicht hat Frankreich, da es jetzt 1 Million Arbeitslose hat und die Gesetze der Wirtschaft unerbittlich darauf hinarbeiten, auch Frankreich in den die ganze Welt umfassenden Zirkel des Elends einzubeziehen, mittlerweile einen neuen Sinn für weltwirtschaftliche Solidarität entwickelt. Lausanne zeigte so etwas wie eine Verheißung, ganz gleichgültig, wie das endgültige Schicksal der dort getroffenen Vereinbarung aussehen mag, denn in Lausanne wurde Frankreich »wirtschaftsbewußt«.

Das Schicksal des Donaubeckens hängt von Europa ab. Es ist im wesentlichen Europas Problem. Die Haltung, die dieser Kontinent gegenüber dem Donaubecken einnimmt, wird einen lehrreichen Vergleich liefern zu der Haltung, die Europa gegenüber Amerika einnimmt. Die Europäer erwarten von Amerika die »Rettung Europas« durch eine Herabsetzung oder Streichung der Schulden und durch die Gewährung weiterer Kredite. Wird Europa mit gutem Beispiel vorangehen, indem es dem Donaubecken hilft?

Wenn das geschieht, dann mag die Erholung selbst für die Bewohner der Donauländer, für das am schwersten getroffene Achtel der 400 Millionen Europäer des Kontinents, schon in greifbarer Nähe sein.


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