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Die sechste Vision: Von der Eucharistie und Buße.

1. Hierauf sah ich den Sohn Gottes am Kreuze hängen, und die weibliche Gestalt schritt wie ein heller Glanz näher heran und wurde durch göttliche Macht zu ihm geführt. Sie wurde von dem Blute, das aus seiner Seite floß und sich in die Höhe hob, übergossen, ward durch den Willen des himmlischen Vaters in glückseliger Verlobung mit ihm verbunden und beschenkt mit seinem edlen Fleisch und Blut. Und ich hörte ihm vom Himmel eine Stimme zurufen: »Diese, o Sohn, sei deine Braut, um mein Volk wiederherzustellen, dessen Mutter sie sein soll, indem sie die Seelen durch die Erlösung im Geiste und Wasser wiedergebiert.« Und während diese Gestalt in ihren Kräften so fortschritt, sah ich eine Art Altar, zu dem sie oft hinzutrat, ihre Gaben fromm besah, sie dem himmlischen Vater und seinen Engeln demütig zeigte. Auch näherte sich dann ein Priester in heiligen Gewändern dem Altar, um das göttliche Sakrament zu feiern. Und ich sah plötzlich ein sehr heiteres Licht mit Engeln vom Himmel kommen, das den Altar umglänzte und so lange blieb, bis der Priester die sakramentale Feier beendet hatte und den Altar verließ. Nach der Verlesung des Friedensevangeliums dort und nachdem die zu konsekrierende Opfergabe auf den Altar gestellt worden war, sang der Priester das Lob des allmächtigen Gottes: »Heilig, heilig, heilig ist der Herr, Gott Sabaoth« und begann so die Geheimnisse des unaussprechlichen Sakramentes, als sofort vom offenen Himmel unermeßliche Klarheit über die Opfergabe herniederstieg und sie ganz mit ihrer Klarheit übergoß, so wie das Sonnenlicht das Ding erleuchtet, das es mit seinem Strahl durchbohrt. Und während das Licht sie so bestrahlte, hob es diese unsichtbar zu den Geheimnissen des Himmels empor und senkte es wieder auf den Altar hernieder, wie der Mensch seinen Atem einzieht und wieder ausstößt, so geschah mit dem wahren Fleisch und wahren Blut, das dem Menschen wie Brot und Wein erschien. Als ich dies anschaute, erschien mir auch sogleich wie in einem Spiegel das Zeichen der Geburt, des Leidens, des Begräbnisses, der Auferstehung und Himmelfahrt unseres Erlösers, des Eingeborenen Gottes, wie auch, da der Sohn Gottes in der Welt war, alles in ihm erfüllt war. Als der Priester den Gesang vom unschuldigen Lamm: »Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünden der Welt« sang und sich anschickte, die hl. Kommunion zu empfangen, zog sich der Feuerglanz zum Himmel zurück. Und ich hörte aus dem verschlossenen Himmel eine Stimme rufen: »Esset und trinket den Leib und das Blut meines Sohnes, um Evas Übertretung zu tilgen, damit ihr in die richtige Erbschaft wieder eingesetzt werdet!« Und als nun die Menschen sich dem Priester näherten, um das Sakrament zu empfangen, konnte ich fünf verschiedene Gruppen unter ihnen beobachten. Die ersten hatten leuchtende Körper und brennende Seelen. Andere schienen bleiche Körper und eine dunkle Seele zu haben. Wieder andere waren behaart, und ihre Seele war beschmutzt von unreiner menschlicher Befleckung. Der anderen Körper war wie mit Dornen besetzt, und ihre Seele schien aussätzig. Schließlich wieder andere trugen Blut an ihrem Körper, und ihre Seele erschien wie ein faulender Leichnam. Sie alle empfingen das Sakrament, während einige von einem feurigen Glanz umgössen wurden, wurden andere von einer dunklen Wolke überschattet. Als nach der Feier des Sakramentes der Priester vom Altare fortschritt, wurde das heitere Licht, das, vom Himmel kommend, den ganzen Altar umglänzt hatte, wieder zu den himmlischen Geheimnissen emporgezogen. Da hörte ich wieder eine Stimme von Himmelshöhen mir zurufen: »Als Jesus Christus, der wahre Gottessohn, am Holze des Leidens hing, wurde ihm die Kirche geheimnisvoll in himmlischen Mysterien verbunden und ward beschenkt mit seinem purpurnen Blut.« Das zeigt sie, da sie oft zum Altare schreitet und ihr Brautgeschenk zurückverlangt, und mit welcher Andacht ihre Söhne die göttlichen Mysterien empfangen, betrachtet sie sorgfältigst.

2. Daher siehst du den Sohn Gottes am Kreuze hängen, und wie die weibliche Gestalt einem leuchtenden Glänze gleich, aus dem alten Ratschluß hervorgehend, durch göttliche Macht zu ihm geführt wurde, weil durch die Erhöhung des unschuldigen Lammes auf dem Kreuzaltare für das Heil der Menschen die Kirche in der Reinheit hell strahlenden Glaubens und der übrigen Tugenden plötzlich durch tiefstes göttliches Geheimnis am Himmel erscheint und durch höchste Majestät dem eingeborenen Sohne Gottes verbunden wurde. Was heißt das? Als aus der verwundeten Seite meines Sohnes Blut herausströmte, war die Erlösung der Seelen wirklich geworden. Jene Herrlichkeit, die dem Teufel und seinen Gefährten nicht mehr zustand, wurde dem Menschen gegeben, als mein Eingeborener den Tod am Kreuze in der Zeit erlitt, und er die gläubigen Seelen von der Hölle befreite und zum Himmel führte. In seinen Schülern und allen, die ihm aufrichtig nachgefolgt waren, begann der Glaube sich noch zu vermehren lind zu stärken, damit sie Erben des Himmelreiches würden. Darauf wurde jene Gestalt mit dem Blute, welches aus seiner Seite floß und sich aufwärts erhob, übergössen und ihm durch den Willen des himmlischen Vaters in segensvoller Verlobung verbunden, weil sie durch die Leidenskraft des Gottessohnes heftig überströmt zur Höhe der himmlischen Geheimnisse sich wunderbarerweise erhob, wie der Duft guter Spezereien nach oben verströmt; die Kirche ward so aus weißschimmernden Erben des ewigen Lichts gestärkt und dem Eingeborenen Gottes auf Anordnung des himmlischen Vaters getreulich verbunden. Wie die Braut ihrem Bräutigam durch die Gabe der Unterwerfung und des Gehorsams Untertan ist und das Geschenk der Fruchtbarkeit mit der Liebe des Bündnisses von ihm zur Erzeugung von Kindern annimmt, um sie zu ihrem Erbteil zu führen, so ist auch die Kirche dem Sohne Gottes in Demut und Liebe verbunden und geleitet sie zum Himmel, nachdem sie durch die Wiedergeburt aus dem Geiste und Wasser zur Erlösung der Seelen die Wiederherstellung des Lebens annahm. Mit seinem Fleische und Blute ward sie hochedel beschenkt. Der eingeborene Sohn Gottes selbst gab seinen Leib und sein Blut in größter Herrlichkeit seinen Gläubigen, die die Kirche und die Söhne der Kirche sind, auf daß sie das Leben der himmlischen Stadt durch ihn besitzen.

2. Die Gestalt schreitet oft zum Altar, wo sie ihre Gabe demütig betrachtend dem himmlischen Vater und seinen Engeln zeigt, weil die Kirche sich vergrößert an seligsten und stärksten Tugenden, durch Eingebung des hl. Geistes.

3. Du siehst auch, wenn der Priester mit den hl. Gewändern bekleidet an den Altar tritt, um das göttliche Sakrament zu feiern, daß plötzlich ein großes heiteres Licht mit Engelsgefolge vom Himmel kommt, das den ganzen Altar umglänzt; der Seelenanwalt hat sich mit heiligem Gürtel umwunden und naht sich dem lebenspendenden Tisch zur Opferung des unschuldigen Lammes. Sofort vertreibt große Helligkeit der himmlischen Erbschaft das dichte Dunkel, es erglänzt mit der Sendung der himmlischen Geister aus dem Himmelsgeheimnis. Die Kirche fordert durch die Stimme des Priesters ihre Gabe zurück, welche der Leib und die Vergießung des Blutes meines Sohnes ist, damit sie für das Heil der Seelen zu glücklicher Zeugung geeignet sei, denn durch die Vergießung des kostbaren Blutes erhielt sie Zuwachs in großer Menge, und ich, das nicht abnehmende Licht, bestrahle den Ort der Heiligung zur Ehre des Leibes und des Blutes meines Eingeborenen mit meiner Heiligkeit.

4. Wenn der Priester anfängt, mich bei der Heiligung des Altares anzurufen, damit ich schaue, daß mein Sohn Brot und Wein bei seiner Todesmahlzeit mir dargebracht hat, als er aus der Welt ging, so sehe ich jetzt, was mein Sohn selbst in seiner Leidens stunde mir zeigte, als er am Kreuzesholz starb, indem er mir zeigte, daß sein Leiden stets vor meinem Angesichte und es nicht bei meiner schärfsten Schau zu zerstören sei, so oft mir die glückbringende Opfergabe des hochheiligen Opfers durch priesterliches Amt dargebracht wird. Er selbst brachte mir bei der Vergießung seines Blutes das Brot und den Kelch dar, trieb den Tod von dannen und richtete den Menschen wieder auf.

5. Und du siehst, daß die Heiterkeit am Altare so lange andauert, bis das Sakrament beendet und der Priester den Altar verläßt. Sind die Mysterien des hochheiligen Dienstes beendet, dann möge jener, der der Verwalter jener Geheimnisse ist, nachdem er sich vom Opfer zurückgezogen hat, in seinem Innern die Geheimnisse ausgestalten.

6. Nach Verlesung der Botschaft des Friedens und nachdem die zu konsekrierende Opfergabe auf den Altar gelegt wurde, und der Priester den Lobgesang des allmächtigen Gottes: »Heilig, heilig, heilig ist der Herr Gott Sabaoth« gesungen hat, und damit die Geheimnisse des unaussprechlichen Sakraments begannen, steigt plötzlich ein feuriges Leuchten von nicht zu beschreibender Helligkeit vom geöffneten Himmel über die Opfergabe herab, denn durch die Kraft des lebendigen Hauches, die hervorgebracht wird durch die Liebe des Königs und die Frucht der Kraft des Lebens (Gott Sohn), die durch die Heiligung der Konsekration verklärt werden muß, und die den Wänden des Gebäudes Gottes aufgelegt ist, indem eben jener Bote der Wahrheit den süßen Klang zum Lobe des Schöpfers aller Dinge das Heer desselben Herrschers nach dreimaliger Anrufung seiner Salbung (des hl. Geistes) aussendet, damit beginnt er die Geheimnisse des Glanzes der Morgenröte, nämlich des aus der Jungfrau geborenen Sohnes Gottes. Nunmehr neigt sich die Güte der unbegreiflichen Majestät über die Geheimnisse des hochheiligen Sakramentes, nachdem sich das helleuchtende Zelt geöffnet hat und durchdringt sie ganz mit seiner Klarheit, wie das Sonnenlicht irgendeinen Gegenstand erhellt, den es mit seinen Strahlen durchdringt. Denn die hochheilige Wärme durchdringt den rötlich schimmernden Kreis der Opfergabe so in der Kraft des Vaters, wie die strahlende Helligkeit einen Gegenstand durchdringt, auf dem sie ruht, und über den sie sich ausgießt. Die Braut meines Sohnes opfert Brot und Wein auf meinem Altar in demütigster Gesinnung. Durch die Hand ihres Priesters mahnt sie mich mit gläubiger Erinnerung, daß ich die Opfergabe in das Fleisch und Blut meines Sohnes verwandeln möge.

7. Während die gesagte Helligkeit jene Opfergabe so bestrahlt, hebt sie sie unsichtbar zu den Geheimnissen des Himmels. Dann läßt es sie wieder auf den Altar heruntergleiten, gleichsam als wenn der Mensch seinen Atem einzieht und wieder herausläßt. So ist diese Opfergabe zum wahren Fleisch und Blut geworden, wenn es auch den Menschen wie Brot und Wein erscheint, denn wie beim wahrhaftigen Gott keine Täuschung ist, so ist auch jene Erhabenheit des Sakramentes unerschütterlich fest. Wie das blinde Auge Gott nicht vollkommen sehen kann, so vermag auch der Mensch diese Geheimnisse, weil er körperlich ist, nicht anzublicken. Die Helligkeit, welche über dem Leichnam des Sohnes Gottes im Grabe erschien und ihn vom Todesschlaf auferweckte, die ist es auch, die auf dem Altare über dem Sakrament seines Leibes und Blutes leuchtet. Sie bedeckt ihn vor dem Angesicht der Menschen, weil sie den Anblick seiner Heiligkeit nicht sehen können, wenn nicht unter der Gestalt von Brot und Wein, unter der jene Opfergabe auf dem Altare liegt. So war es auch mit der Menschheit des Sohnes Gottes, die seine Gottheit vor den Menschen verhüllte, so daß sie ihn nur als Menschen unter den Menschen sehen konnten, aber dennoch keine Sünde an ihm gewahrten. Ich erschuf alles und nehme die Kirche, die mir durch ihres Priesters Hand die Opfergabe darbringt, gnädig auf.

8. Während die Opfergabe unsichtbar himmelwärts wie in einem Punkte durch die Kraft Gottes emporgezogen wird und wieder heruntergleitet, wird in der Wärme der göttlichen Majestät das Fleisch und Blut des eingeborenen Sohnes Gottes daraus. Unter dem Salböl erhellt, daß mein Sohn von der Jungfrau geboren wurde und mit kostbarstem Salböl gesalbt ward. Denn er bekleidete sich mit der heiligen Menschheit, welche ein kostbares Salböl ist. Im Saphir aber erscheint die Gottheit, welche auch in meinem Sohne ist, der als Eckstein sanftmütig und demütig ist. Sein Fleisch ging nicht aus dem Mann und Weib hervor, sondern wunderbarerweise in meiner Glut aus der lieblichsten Jungfrau.

9. Wie der junge Vogel aus dem Ei schlüpft und der Schmetterling aus einem geringen Körnchen hervorgeht, wo nach dem Ausschlüpfen des Lebewesens das zurückbleibt, woraus es gebildet ist, so ist auch in dieser Opfergabe wahrhaft im Glauben festzuhalten, daß das Fleisch und Blut meines Sohnes vorhanden ist, wenn sie auch dem Menschen nur wie Brot und Wein erscheint.

10. Du erblickst auch die Geheimnisse der Geburt, des Leidens und Begräbnisses, der Auferstehung und Himmelfahrt des Heilands und eingeborenen Sohnes Gottes wie in einem Spiegel. Die Geheimnisse der Geburt aus der Jungfrau und seines Leidens am Kreuze, des Begrabenen im Grabe und der Auferstehung von den Toten, des zum Himmel Auffahrenden, was bedeutet: daß er zum Heile der Menschen auf die Erde kam. Vor meinen Augen erscheint, was mein Sohn aus Liebe zum Menschen in der Welt litt; die Geburt, das Leiden und die Grablegung, die Auferstehung und Himmelfahrt meines Eingeborenen haben den Tod des Menschengeschlechts vernichtet. Deshalb erstrahlen sie auch im Himmel vor mir. Sie werden erscheinen bis zum Ende der Zeiten wie die Morgenröte vor mir mit großer Klarheit.

11. In jenen Leiden sah ich alle bis zum Ende der Welt, die an mich glauben werden, und die ihn verneinen.

12. Daher zeige ich auch auf wunderbare Weise alle seine Geheimnisse in der Opfergabe, da, wenn sie auf dem Altare erscheinen, auch das Fleisch und Blut meines Sohnes dieselbe Opfergabe wird, obgleich sie den Augen der Menschen als Brot und Wein gilt.

13. Daher siehst du auch, während der Priester den Gesang des unschuldigen Lammes: »Lamm Gottes, das du hinwegnimmst die Sünden der Welt« singt, und sich anschickt, die heilige Kommunion zu empfangen, wie das feurige Leuchten sich in den Himmel zurückzieht, weil, wenn eben dieser Priester das Lob dessen, der in Unschuld und Sanftmut die Sühne der Menschen auf sich nahm, verkündet und das Innere seiner Brust mit äußerer Demut zu demselben Sakrament öffnet, zieht sich jene unbesiegte Klarheit, die dort ihre Stärke zeigt, zu den himmlischen Geheimnissen empor.

14. Als der Gottessohn zusammen mit seinen Jüngern das letzte Abendmahl feierte, nahm er in tiefer Ehrerbietung für das Heil der Menschen das Brot zur Erinnerung an seine Liebe, indem er mit ganzer Sehnsucht seinen Vater bewog, daß wie er von ihm ausging, und wie er zu ihm zurückkehren wollte, so auch er, wenn es möglich wäre, verfügen sollte, daß infolge der Gebrechlichkeit seines Fleisches jener Kelch, den er trinken sollte, an ihm vorübergehen möchte, obwohl dies nicht geschehen sollte. Daher segnete er auch jenes Brot in Erinnerung des Angstschweißes seines Leibes und übergab sein Blut seinen Jüngern. Auch in der Absicht, daß sie nicht vergessen sollten, daß er ihnen dies als Beispiel gegeben hatte. Und er gab sein Fleisch und Blut im Sakrament der Opferung auch zum wahren Heile seinen Jüngern und befahl, daß sie es in seinem Namen vollbrächten, wie auch er es aus Liebe zu ihnen vollbracht hatte, indem er mit sanftester Stimme sprach: »Ihr, die ihr mir in Demut folgen wollt, nehmt mit glühender Liebe dieses Beispiel an, das ich euch hinterlasse, nämlich mein Leiden und meine Werke, die ich auf das Geheiß meines Vaters vollbracht habe, denn er sandte mich zu lehren und sein Reich zu offenbaren. Und esset gläubig, was ich euch gebe, denn es ist mein Leib!« Darauf nahm der Sohn Gottes zum Heile den Kelch des Heiles, dankte seinem Vater und bat ihn, daß wenn aus seiner Seite das Blut sanft strömte, dies den Gläubigen als Gnade angerechnet würde, die so stark war, daß sie auch die alte Schlange überwand und den verderbten Menschen befreite und die ganze Kirche getreulich stärkte. Derselbe Erlöser gab sein kostbarstes Beispiel in der Süßigkeit seiner Liebe seinen Gläubigen, indem er ihnen mit der sanften Eingebung seiner Ermahnungen sagte: »Trinket gläubig alle aus diesem Kelch des Heiles, die ihr mir gläubig folgen wollt. Dadurch, daß ihr euren Körper in der Angst züchtigt und euer Blut im Schweiße von der Sünde fern haltet, um meiner Liebe willen zur Stärkung der Kirche und euch dadurch verleugnet, wie auch ich mich dem Leiden unterwarf und mein Blut für eure Erlösung ausgoß, ohne dabei auf die Zartheit meines Fleisches Rücksicht zu nehmen, sondern nur euer Heil wirkend. Denn dieses Blut, das für euch vergossen wurde, ist nicht jenes Blut, das im Alten Testament vorbedeutend ausgesprengt wurde, sondern mein Blut ist das Blut des Neuen Testamentes, das zum Heile der Völker hingegeben ist. Ich, der ich der Eingeborene meiner Mutter bin, nämlich der Sohn der unversehrten Jungfrau, habe mein Blut am Kreuze für die Erlösung der Menschen ausgegossen, die mich im Glauben anschauen. Und wie ich es damals für die Befreiung des Menschengeschlechtes hingab, so opfere ich es auch jetzt noch am Altar für die Menschen, nämlich zur Erinnerung derer, die es gläubig empfangen.

Nun will ich euch die Wahrheit offenbaren und sage euch, die ihr mir treu gefolgt seid, von nun an werde ich nicht mehr den Kelch des Leidens in jener Trübsal, die ich jetzt von den Juden erdulde, trinken bis zu jenem Tage, wenn ich nach meiner Auferstehung vom Tode, nach Niederwerfung des Todes, den Tag des Heiles heraufziehen lasse, wo ich eben jenen Kelch eurer Erlösung mit euch trinken werde, die ihr mein seid, indem ich euch eine neue Freude offenbare, denn die Verderbnis der alten Schuld wird abgelegt werden, wenn euch jenes Reich eröffnet ist, das mein Vater denen bereitet hat, die ihn lieben. Durch meinen Tod am Kreuze werdet ihr das Heil der Seele fühlen. Auch werdet ihr nach meiner Auferstehung und Himmelfahrt den Geist, den Tröster, empfangen und eine wahrhaftige neue Lehre erfahren; ihr werdet ferner um meines Namens willen viele Trübsale auszustehen haben, die auch ich mit euch ertragen werde. Ich werde von nun an keinerlei Leiden körperlicherweise erdulden, wie ich sie vordem erduldet habe, als ich mit meinem Körper auf der Welt weilte, sondern weil ihr sie in meinem Namen ertragt, werde ich sie mit euch ertragen. Denn ihr seid in mir und ich in euch, und so werdet ihr, wie gesagt, den Leib und das Blut meines Sohnes empfangen, ihr, die ihr getreu an mich glaubt, zur Reinigung von euren Sünden, so daß ihr, durch dieses Geheimnis gereinigt, die Kraft der Tröstung von oben erlangt.«

15. Du, o Mensch, bemerkst, wenn die übrigen Menschen zu diesem Sakramente zu dem Priester herantreten, fünf Arten in diesen, weil diejenigen, die den Empfang des göttlichen Geheimnisses vom Priester wünschen, die fünf Sinne ihres Körpers von dem Schmutz der Sünden reinigen und sie vor schleichender Unreinigkeit würdig und löblich bewahren, damit sie es um so heilbringender empfangen.

16. Daher sind auch unter denen, die du zu diesem Sakramente herantreten siehst, die einen am Körper leuchtend und an der Seele glänzend, da sie die Klarheit des Glaubens an dieses Sakrament besitzen. Und sie werden in ihrer Seele durch die feurige Gabe des hl. Geistes durchtränkt und erleuchtet, so daß sie von dieser Erleuchtung durchstrahlt, das Irdische verachten und nach dem Himmlischen begehren.

17. Wieder andere erscheinen am Körper leuchtend und an der Seele verfinstert, weil sie lau im Glauben, keinen festen Glauben an dieses Sakrament haben, sondern schwerfällig sind, die Weisheit zu begreifen, wie ein Knabe, dessen Werke Torheit sind. Sie hören äußerlich mit den Ohren, begreifen aber nicht in der Langsamkeit ihres Herzens, was ihnen über dieses Sakrament gesagt wird. Deshalb sind sie auch im inneren Menschen von Finsternis umgeben. Das sind Kämpfe, die sich zwischen dem Körper und der Seele abspielen, weil die Seele über den Leib herrschen will. Was heißt das? Was tot ist, verlangt nach dem Tode, und was lebt, liebt das Leben? Wie ein Knabe ohne Arbeit und ohne Einsicht seines Verstandes groß und genährt wird, so werden auch diese Menschen durch dieses Sakrament gleichsam durch Unwissenheit belebt. Denn sie verachten es weder durch Schmähung noch durch Geringschätzung, sondern empfangen es in Einfalt.

18. Wieder andere sind an ihrem Körper rauh und schmächtig an der Seele und von großer Unreinigkeit menschlicher Befleckung durchdrungen. Sie sind in ihrem Fleische häßlich und unrein, ohne Scham beflecken sie sich mit dem Schmutz der Laster. Und wenn diese, schmutzig in diesen Lastern, sich nicht scheuen, zum Sakramente des Leibes und Blutes meines Sohnes so ungewaschen heranzutreten, müssen sie durch harte Prüfung wegen dieser Anmaßung gereinigt werden. In dieser Reinigung verweigere ich ihnen jedoch nicht meine Barmherzigkeit, denn ich sehe voraus, wie in ihrem Herzen eine würdige Buße Platz greift.

19. Wieder andere sind am Körper mit ganz spitzen Dornen umgeben und erscheinen an ihrer Seele aussätzig, weil sie in ihrem Herzen von Zorn, Haß und Neid umgeben sind und Sanftmut, Milde und Liebe durch diese Dornen der Ungerechtigkeit von sich fernhalten. Daher machen sie ihre Seele wie mit widerwärtigen Geschwüren unrein. Wer auf diese Art zum göttlichen Geheimnis hinzutritt, der verletzt sich schwer; aber trotzdem lenke ich mein Auge auf sie, wenn sie in Bitterkeit Buße tun und nachher meine Gnade durch Sühne nachsuchen.

20. Wieder andere sind an ihrem Körper blutig und erscheinen übelriechend an der Seele wie ein verfaulter Leichnam, da sie mit blutiger Hand Spaltungen unter den Menschen hervorrufen und ihre Seele übelriechend machen durch die faulende Seuche grausamster Verkehrtheit. Sie mißachten meine Furcht und zerstören so durch ihre Grausamkeit, was ich im Menschen gebaut habe. Wenn sie daher mit dieser Befleckung verunreinigt, sich nicht scheuen, den Leib und das Blut meines Sohnes zu empfangen, so schädigen sie sich durch schwere Verletzung, da sie so ungewaschen dieses Sakrament zu berühren wagen. Aber trotzdem wird sie der Quell der Rettung nochmals durchfließen, wenn sie sich bestreben, sich durch würdige Buße von dieser Schlechtigkeit zu waschen.

21. Aber von all diesen, die das Sakrament empfangen, werden die einen wie von einem feurigen Leuchten durchgossen, andere dagegen von einer dunklen Wolke beschattet. Denn wer, wie gesagt, ungewaschen zu dem heiligen Leib und Blut meines Sohnes hinzutritt und so jenes Sakrament empfängt, der nimmt es sich zum Gericht.

22. Wenn jemand aus sich nicht Widerstand leisten kann, so suche er mich in demütigster Gesinnung und zeige mir die Wunden seines Herzens mit demütigster Offenheit; nämlich durch demütigstes Bekenntnis vor dem Priester eröffne er sie mir, und warum dies? Weil eine aufrichtige Beichte eine zweite Auferstehung ist. Wieso? Durch den Fall des alten Adam wurde das Menschengeschlecht getötet, das der neue Adam durch seinen Tod auferweckte. Deshalb ist auch in dem Tod des neuen Adam die Auferstehung der Seelen begründet, weil der Mensch seine Sünden bekennen muß. Was der alte Adam nicht tat, als er seine Übertretung mehr bedeckte als sie bekannte. Er hat sie nicht in Buße bekannt, sondern sie bedeckt und die Frau angeklagt. Das Bekenntnis ist eingesetzt, damit die Menschen, nachdem sie gefallen sind, durch dasselbe von ihrem Falle wieder auferstehen. Und daher steht jeder vom Tode zum Leben auf, der in reinem Bekenntnis dem Priester in meiner Liebe seine Sünden bekannt hat.

23. Dieses Heilmittel der Reinigung ist lange in den alten Vätern vorgebildet. Wieso? Vor dem Gesetz der Gnade waren die Patriarchen und Propheten der Menschen Trost, und unter dem Gesetz gereichten die Hohenpriester und Priester ihnen zur Belehrung; als dann die Apostel kamen, brachten sie wahre Gerechtigkeit in meinem Sohne, so daß viele Menschen zu ihnen eilten und ihre Hilfe demütig anriefen. Und so gab es von Adam bis zur Sendung der Apostel immer solche, die durch Eingebung, Trost und Unterweisung den armen Menschen zu Hilfe kamen. Auch die Apostel zeigten den Menschen durch ihre Predigt und viele Wunder, daß der Mensch durch teuflische Verführung dem Tode verfallen, sich niemals aufrichten konnte, aber durch meinen Sohn dem Tode entrissen ward. Wieso? Da er in der Welt weilte, ertrug er viele Mühsal an seinem Körper, wurde schließlich für die Erlösung der Welt ans Kreuz geheftet. Dieses müssen die gläubigen Menschen für ihr Heil mit ihren Priestern nachahmen. Sie werden ihre Sünden dem Priester, der der Diener meines Sohnes ist, mit ganz demütigem Herzen und Munde bekennen. Und dann bringt ihnen der Priester das Heilmittel in ihrer Buße und begräbt so ihre Sünden in dem Tode meines Eingeborenen. Die auf diese Weise zum Leben wieder auferstehen, werden auch die Auferstehung meines Sohnes verherrlichen.

24. Wenn jemand in seiner Todesstunde das Heilmittel für die Wunden seiner Sünden sucht und dennoch einen Priester, dem er seine Sünden bekennen will, nicht haben kann, dann eröffne er sie einem anderen geeigneten Menschen. Wenn er aber so plötzlich keinen Menschen haben kann, so eröffne er sie mir vor den Elementen mit innigster Leidenschaft seines Herzens. Und ich, die Demut seines Herzens erblickend, verwerfe seine Buße nicht.

25. Daher soll niemand an der Last seiner Sünden verzweifeln, da er, wenn er an meiner Barmherzigkeit verzweifelt, zum Leben nicht auferstehen kann.

26. Aber wer die Buße für seine Sünden vollenden will, lege sich ein Almosen zu Hilfe auf. Wieso? Da der Körper die Menschen durch seine Schwäche in der Mühsal der Buße verließ, möge ihm das Almosen helfen. Da es dem Menschen schwer ankommt, daß er, wie es gerecht ist, bereut, daher mag er sich das Almosen als Mutter hinzunehmen, da er mit ihm das vollbringt, was seinem Körper mühsam ist.

27. In gerechter und williger Betrachtung nimm von deinem Gelde, was du materiell und in deinem Herzen besitzest und teile es nach dem Gebote jenes, der über allen steht. Gott hat befohlen, daß du dich vom Übel abwendest und das Gute tust. Und daher mußt du in deinem Innern an gutem Willen so überfließen, auf daß du nicht zu den verlorenen Schafen gehörst.

28. Wie ich euch meine Gnade schenke, so müßt auch ihr den Armen Almosen spenden. Aber die Almosen empfangen, mögen sie nicht umsonst annehmen, noch habgierig sein.

29. Die aber freiwillig um meines Namens willen Armut erleiden, sind mir sehr teuer. Die aber weltlichen Reichtum gern hätten, obgleich er ihnen nicht zuteil werden kann, verlieren den Lohn ihrer Mühsal. Die aber nach Reichtum gelüstet, um meinen Willen zu tun und nicht ihrer Begierde zu willfahren, die werden für ihren guten Willen Ehrenruhm bei mir gewinnen.


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