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Vorbemerkung des Herausgebers

Ich lernte Albert Zell, der in den nachfolgenden Blättern die erotischen Erlebnisse seiner Jugendzeit erzählt, während des Feldzuges 1870/71 kennen, den wir als blutjunge Pennäler in demselben Regiment mitmachten. Gleiche Neigungen und Interessen schlangen bald das Freundesband um uns, das erst durch seinen Tod zerrissen wurde. Wenn wir auch jahrelang örtlich getrennt waren, geistig standen wir immer in Verbindung. Zell besaß alle Eigenschaften, die das weibliche Geschlecht anziehen und fesseln. Mit einem sehr ansprechenden Äußern verband sich ein lebhaftes, heißblütiges Temperament, viel Phantasie und warmes Gefühl. Wie er die Frauen, so zog auch ihn die Weiblichkeit unwiderstehlich an. Dabei war er durchaus keine leichte, oberflächlich angelegte Natur; er war keineswegs ein allzeit lustiger, fröhlicher Gesell, der das Leben von der heiteren Seite nahm. Im Gegenteil, die Grundzüge seines Charakters waren Ernst und Schweigsamkeit, ja, er neigte schon in jungen Jahren zur Melancholie. Eben diese Mischung seines Wesens war es wohl, die so sehr auf die Mädchen und Frauen wirkte, mit denen ihn seine etwas außergewöhnlichen Schicksale in Verbindung brachten. Einige seiner Beziehungen zu dem weiblichen Geschlecht sah ich entstehen und sich weiter entwickeln. Die meisten seiner erotischen Erlebnisse habe ich jedoch erst durch seine hier verzeichneten Bekenntnisse kennen gelernt. Wenn er wiederholt in den nachfolgenden Blättern das Typische seines Liebeslebens betont, so wird mancher Leser zweifelnd den Kopf schütteln. Man möge aber bedenken, daß sich diese erotischen Abenteuer, die hier in der Erzählung gewissermaßen Schlag auf Schlag folgen, in der Wirklichkeit sich auf viele Jahre verteilten. Wer das Leben kennt, wird wissen, daß ein so ungebundenes Liebesleben bei unserer Jugend die Regel bildet, bei der heutigen vielleicht noch mehr, als bei der, der mein Freund und ich angehörten. Welche Motive ihn bei seinen sehr offenherzigen Aufzeichnungen leiteten, wird der Leser aus seinen eigenen Erklärungen ersehen. Sie waren sicherlich keine unedlen, und wer vorurteilslos liest und die Schlußfolgerungen prüft, die er aus alledem zieht, wird zugeben, daß diesen sehr menschlichen Dokumenten ein kulturgeschichtlicher Wert nicht fehlt und daß die Absichten des Verfassers durchaus sittliche, kulturfördernde waren.

Mein Freund starb im Jahre 1917, nachdem er noch einen zweiten Band, der von seinem Eheleben berichtet und der den Titel: »In der Ehe, Bekenntnisse eines Ehemannes« führt, niedergeschrieben hatte. Er starb keines natürlichen Todes. Der große Weltkrieg hat auch ihn zu Fall gebracht, nachdem er ihm seine beiden Söhne und seine aufs innigste geliebte Frau, die den Tod ihrer Lieblinge nicht verwinden konnte, geraubt hatte. In seinem Testament hat er mir diese seine beiden letzten Manuskripte vermacht und mich beauftragt, sie zu sichten, eventuell zu überarbeiten und herauszugeben. Er selbst mochte bei der Durchsicht empfunden haben, daß er zuweilen doch allzu rückhaltlos verfahren, und daß manches nicht so der Öffentlichkeit übergeben werden konnte, als er es in seinem rücksichtslosen Wahrheitsdrang, der immer einer der Hauptzüge seiner Natur gewesen, kritiklos auf das Papier geworfen hatte.

Arthur Zapp.


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