Ernst von Wolzogen
Vom Peperl und von andern Raritäten
Ernst von Wolzogen

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Der Raritätenliabhaber

»Ja, grüaß Eahna Gott, Freunderl!«

»Xaverl is wahr? bis du's a wirkli? Ja da legst di nieder, wie schaugst denn du aus?«

»Ja, Eahna hätt' i bald nimma wieder kennt; ma sollt moana, ös hätt's die ganzen vier Monat als Einsiedel im Wald g'lebt und Eahna von Wurzeln und Schwammerln g'nährt!«

Also riefen drei gewichtige Herren, die in der Leberwurstküch am Platzl tarockend beisammensaßen, einem vierten entgegen, der eben hereingetreten und mit verlegener Miene, fast schüchtern grüßend, an ihren Tisch gekommen war. Und die Kathi, die alte Kellnerin, riß erstaunt ihre Augen auf und betrachtete sich den neuen Gast schier ängstlich vom Kopf bis zu den Füßen, bevor sie sich die Hand am Schurz abwischte und ihm zum Gruß entgegenstreckte. »Jesmariandjosef! Wie schaugens denn nur aus, Herr Niederhuber!? Eahna is wohl d' eigene Haut z' weit worn? Jessas, daß oan 's Heiraten aso runterbringen kann! No, setzen Eahna nur nieda und stärkens Eahna. A Maß, geltens Herr Niederhuber?«

Herr Niederhuber nahm schwerfällig Platz und nickte der Kathi zu. Er getraute sich kaum, seinen alten Freunden ins Gesicht zu schauen.

Die legten ihre Karten aus der Hand und fuhren fort, ihn mitleidig zu betrachten. »Ja, is denn wirkli wahr,« redete ihn der Herr Privatier Dimpfl, ehemaliger Bäckermeister an, »is denn wirkli wahr, daß d' verheirat' bist? I hob' eh scho so was g'hört. Aber i hob' mer denkt, dees kannt ja do net mögli sei'; sonst hätt'st uns ja do zu der Hochzeit eing'laden.«

Sein Nachbar zur Linken, der Kramer Herr Michael Obermeier, griff in seine Schnupftabaksdose und sagte, indem er mit der Prise zwischen Daumen und Zeigefinger um seine Nase herum vorbereitende Kreise beschrieb: »Ah naa, meine Herren, da kennts 'n Herrn Niederhuber schlecht; mir san a vüll zu g'ringe G'sellschaft für so an großen Herrn; dees müaßt do sölber sag'n, so Leit' wia mir passeten freili net in so a G'schlooß, als wia si's der Herr Niederhuber jetzt baut hat. O mei, a Pracht is dees! 's reinste Rokoko wia ma's hoaßt. Und inwendig erscht! I hob's g'hört vom Hafnermeister Jodl, der bei eam d' Öfen hat ausschmiern derfen, dees war aso fein beim Herrn Niederhuber, wie bei an Grafen. Von die ersten Künstler hat er sich alles malen und tapezieren lassen.«

»Herrgott Sakra!« rief da der Herr Niederhuber, indem er auf den Tisch schlug und wild um sich blickte. »Laßt's mi aus mit die verdammten Künstler! Von dene kimmt ja 's ganze Unglück. Jessas, Jessas! I war heit noch a z'fried'ner Mensch, bal mir die Bagage net a Loch in Bauch g'redt hätt'. O mei, o mei, Freunderln, wie's mir ganger is! Dees is aso zwider – ins Wasser mecht i glei gehn!«

»Ja, was is denn? Wo fehlt's denn nacha? – Uns kenne S' es ja verzählen, Herr Niederhuber. – Giftens Eahna net so sehr, 's könnt Eahna schaden.« So riefen die drei Herren durcheinander und beugten sich neugierig weit über den Tisch vor, was ihnen der alte Tarockgenosse wohl zu berichten haben möchte.

Herr Niederhuber hatte sich nur deshalb nach so langer Unterbrechung dazu entschlossen, die Gesellschaft seiner alten Freunde in der Leberwurstküch wieder aufzusuchen, weil es ihn drängte, sich durch eine offene Aussprache vor gleichgestimmten Seelen das Herz zu erleichtern. Und so ließ er sich denn nicht lange bitten, sondern begann, sobald ihm die Kellnerin seine Maß Hofbräubier vorgesetzt und er sich durch einen gehörigen Schluck gestärkt hatte, also zu berichten:

»Jetzt paßt's amal auf, Freinderln, jetzt will i enk amal was sag'n; wenn unseroaner sich in seine besten Jahr ins Privatleben zurückziag'n tuat, nacha will a doch a bisserl a Beschäftigung ham. Also, hab' i mer denkt: ›mei liaba Xaver, jetzt wirst amal an Hausherrn spüln; aber mit kloane Leit', wo net zahl'n kinna und wo ma aus'm Ärger und aus'm Spektakel net aussakommt, dees war mer scho z' fad. Du willst nur mit feine Leit' was z' tuan ham. No, da hab' i mer dees Haus baut, und dadrin hat alles müassen so nobel wer'n, daß i hob' für'n ersten Stock glei dreitausend Mark und für'n dritten a no zweitausendvierhundert Mark Zins verlanga kenna. Über zwoa Stiag'n bin i aufizog'n, und dees hab' ich so herrichten lass'n woll'n, daß d' Leit' nur g'rad aso hätten schaugen müassen; wissens aso, daß d' Leit' hätten sag'n soll'n: der Niederhuber, Respekt, do feit si nix'n, der hat net bloß a Göld, der hat a a Büldung und an nobeln G'schmack. No und do hat mer der Architekt, der wo mer dees Prachthaus baut hat, an jungen Künstler rekomendiert. Zu dem hob' i g'sagt: »Herr Denglberger,« hob' i g'sagt, »jetz'n schaffens mer an nobeln G'schmack; was kost', is mer wurscht, i zahl's.« »Recht hab'ns, Herr Niederhuber« hot er g'sagt, der Herr Denglberger, »Reichtum verpflichtet. Sie müassen fei die Kunst unterstützen.« »No 's is recht,« hob' i g'sagt. Do san mer nacha mitanand rumg'stiagn in dene Ateliers, un bei die Tandler, de wo die feinsten Raritäten und die allerältesten Altertümer ham. A rechter kommoder Herr is g'we'n, [...]mie Künstler. Und bal er mi aso dene Leit' vorg'stellt hat als den berihmten Kunstkenner und Raritätenliabhaber Niederhuber, da war mir dees scho recht. Aufs Diridari wissens, da hob' i weiters net g'schaugt, i hob' halt zahlt, was 's kost hat. Aber wissens, wia dees halt allaweil weiter ganger is, da is mer die G'schicht doch z' dumm worn. Gar ka Ruah hams mer mehr g'lass'n, die Herrn Maler und Büldhauer und Tandler und Antiquar' und was woaß i. Die Bülder, wo i hob' kafen müass'n, di war'n dir do scho so a G'schmier – uijekerl, daß ei'm glei 's G'sicht aus'm Leim ganger is! Bei die meisten hat mer sie garnet auskennt, was' eign'tli vorstell'n soll. Und wiar i dees dene Kerl g'sagt hab', nacha haben's es die feine Stimmung g'hoaß'n. Wissens, i hätt' gern so was zum Lachen g'habt, an dicken Kapuziner mit a Maßkrüagerl, oder so was von der Alm. Aber da hat's g'hoaß'n, dees war a plebejischer G'schmack. Nix hab' i kafen derfen, wo i an Gusto drauf g'habt hätt', b'sunders was die Raritäten anlangt. Und g'rad für solchene Sachen hob' i scho immer a starke Liabhaberei g'habt. Wissens, so die Folterkammer und die berühmten Rauber, dees war mei Freid', und die Mißgeburten un was ma sonst'n no auf der Wias'n und im Panoptikum seg'n tuat. A richtige, amtlich beglaubigte eiserne Jungfrau hätt' i kafen kenna, und gar net z' teier, aber naa, da hat's g'hoaß'n, dees tät si net schicken für unseroans. Wißt's, was s' mer ham aufhänga woll'n, die Luderkerl? A nackets Weibsbüld von Stoa! Und die hätt' net mehra wie zehntausend Mark'ln kost'n soll'n! Und dees war die AnnaSoll heißen »Diana«. Man sagt oberbayrisch Ahna, nicht Anna. hat der Herr Künstler g'sagt. Do bin i aber do granti worn. »Was geht no mi Eahnere Anna an?« hob' i g'sagt; »pfui Teifi, schamens Eahna! A Schand' is dees, a rechte G'meinheit, aso an armes Madel in an solchen unbegleiteten Zustand hinz'stellen, daß d' Leit' nur so mit di Finger drauf deuten kenna.« Wiar i dees g'sagt hab', hat a mi an ungebüldeten Protz'n g'hoaß'n, weil i die Anna net kennt hob'! No un nacha war's gar mit uns zwoa. Sei Freind, mei Leibkünstler, hat a no woll'n aufbegehrn. Aber da bin i erst recht fuchtig worn und hob' 'na a paar Komplimenter ins G'fries einig'schmissen, daß eahm glei ganz anders worn is. No, mir war's g'nua, mi aso verhonackeln z' lassen von solchene fade Lapp'n, von solchene Kerl, de ma glei vors Schwurgericht bringa kennat zwegen Sittlichkeit! Do koast ja glei in Huat einisteig'n!«

Er stärkte sich durch einen tiefen Trunk, bevor er mit düsterem Stirnrunzeln also fortfuhr: »Jetzt aber derft's erst spanna – jetzt kimmt's, Freinderln. Also: Wia dees ganz G'lump, wo i z'sammkaft hob', herg'richt g'we'n is, wia die Bülder an die Wand g'hängt und die diversen Raritäten aufg'stellt g'we'n san, do hab' i zu mir sülber g'sagt: »Xaverl, hob' i g'sagt, du bist a rechter Lakl; dei scheens Göld hast aussag'schmiss'n und aa net an oanziges Stuck hast, dem ma's ansiacht, was kosten thuat. Denn dees muaßt do selber sag'n, net umsonst mechtst es ham, dees ganze G'schlamp, bal dir's oaner schenken tat. Jetzt beweis' amal, daß d' selber an Verstand hast. Ganz was B'sunders, was extra Rares hab' i no woll'n anschaffn. Wißt's, so was, wia mer in der ganzen Münchner Stadt sonst nirgends z' seg'n kriaget. So was Rares, daß s' es in alle Zeitungen einrucken müaßten. Habt's ös nix g'les'n?«

»Was?«

Herr Niederhuber kaute ingrimmig an seiner Zigarre. Eine ganze Weile schwieg er. Dann schaute er mißtrauisch um sich, ob an den Nachbartischen auch keine unberufenen Lauscher säßen, und holte endlich aus seinem Taschenbuch einen bereits arg defekt gewordenen Zeitungsausschnitt hervor. Die drei Freunde rückten näher heran und steckten ihre Köpfe zusammen, und da las er ihnen mit gedämpfter Stimme das Folgende vor:

»In dem anatomischen Museum und Kunstkabinett von Lailich, Bude Nr. 27, dürfte eine Merkwürdigkeit allerersten Ranges die Aufmerksamkeit des Publikums in hervorragendem Maße auf sich lenken. Es ist dies der mumifizierte Körper der berühmten Mexikanerin Miß Pastrana, welche in den fünfziger Jahren auch in Deutschland sich sehen ließ und durch ihre geradezu phänomenale Häßlichkeit ein mit Grauen gemischtes Staunen hervorrief. Die Mexikanerin gehört zu den merkwürdigsten Naturspielen, die je bekannt geworden sind. Die Bildung des Kopfes, den man nicht ohne Grauen anschauen kann, ist wahrhaft überraschend abweichend von jeder sonst nur denkbaren Möglichkeit eines solchen. Bis auf die schönen, schwarzen Haare weist der Kopf nichts auf, was dazu berechtigen könnte, ihn für den eines menschlichen Wesens zu halten. Wir würden auch daran zweifeln, wenn wir nicht wüßten, daß dieses Wesen einst wirklich gelebt hat und aus diesem salva venia Maule sowohl die spanische, als auch die englische Sprache einst verständlich und vernünftig ertönte. Das ganze Gesicht ist nicht nur behaart, sondern auch mit einem vollständigen, langen Backen-, Schnurr- und Kinnbart geziert.«

»Kruziteufi, Kruzitürken, da legst di nieda! – Ma sollt's bal net glaub'n –« unterbrachen ihn die Freunde durcheinander rufend. »Is mögli? Hams die Mißgeburt wirkli mit die eigne Aug'n g'seg'n, Herr Niederhuber?«

»G'seg'n?« fuhr jener auf; »kaft hab' i mer's!« Und er schlug mit der Faust auf den Tisch. »Glei bin i hin zu dem Herrn Lailich, 'vor er noch sei' Museum aufg'sperrt hat, 's letzte Jahr drauß'n auf der Wias'n. So, mei Liaber, hob' i g'sagt, i bin a Raritätenliabhaber, un a Göld hammer a. Was kost jetz'n die schöne Leich'? – Zwanzigtausend Mark, hat er g'sagt. Naa, mei Liaber, pfüat di Gott, hob' i g'sagt und bin aussi. Achtzehntausend, hat er g'sagt. – Zehn, hob' i g'sagt. – Auf d' letzt' hob' i's um zwölftausend Mark'ln kriagt. Jetz'n hob' i da a Rarität wia in der ganz'n Münchner Stadt ka zwoate z' seg'n is. Mei Freid' und mei Stolz war dees, die Freilein Julia Pastrana. In an gläsernen Sarg is g'leg'n und a rotsamtnes Klüftl hat's ang'habt, dees grad' bis an die Wadeln g'reicht hat und mit rote Saffianstieferln an die Füaß. A Mordsfreid' hob' i g'habt, daß de jetzt koaner hat seg'n könna von alle die vülltausend Leit', de af d' Oktoberwias'n aussig'rennt san. In mei'm Salon hob' i an alte g'schnitzte Kist'n g'habt, da hab' i' 's Pastranerl aufig'stellt. Un mit an seidnen Teppich zudeckt. Un in die Nei'sten is aa g'standen, daß ein kunstsinniger Münchner Bürger die merkwürdige Mumieh für sein Raritätenkabinett erworben hätt'. Gift aber hat mi bloß dees oane, daß s' mein Nama net a dazuag'setzt ham. No, ös wißt's, Freunderln, wia das Sprichwort sagt: »Des Lebens ungemischte Freude wert' koan Sterblichen z'teil'. – 's Stubenmadl is glei fort und d' Köchin hat an solchen Schreck kriagt, daß 's ihr auf die innern Teile g'schlag'n is, und i hab's müassen auf meine Kosten a Vierteljahr lang verpfleg'n lassen. I hob' überhaupts ka Weibsbüld mehr ins Haus kriagt, und 's ganze Haus hams mer in Verruaf bracht von zweng dem, daß i d' Leich' von meiner söligen Alten im Wohnzimmer aufig'stellt hätt'. A solche G'meinheit! Im Wirtshaus hab' i essen müassen, weil i koa Köchin net g'funden hab', de unter oam Dach mit Freilein Julia hätt' schlafen mög'n. An Bedienten hab' i mer anschaffen müassen – was sagt's dazua!? – und a Zugeherin, de so dumm war, daß s' glaabt hat, dees war die heilige Pastrana, de tät an Haarwuchs befördern, balst fleißig zu ihr beten tuast! Wißt's, weil i halt a do scho a bisserl a kahle Platt'n hab'. – Aber wissen's, dees is a bloß für a Woch'n ganga mit dera Person. Nacha hat's mer aufg'sagt, weil s' d' Leit' im Haus verhetzt ham, I hab' g'moant, mi z'reißt's, aso hab' i mi gift'n müass'n über de damischen Weibsbülder überanand! No, i hab' mer denkt, woaßt, Xaverl, 's g'scheitst wär', du tätst heiraten. – Do kennt's leicht seg'n, daß i scho a bisserl zum Spinnen ang'fangt hab'. A Kerl in meine Jahr' mit erwachsene Söhn' und Schwiegersöhn'! Die hätt'n mi glei unter Kuratel stell'n mög'n, wann i no amal anfanget, so kloane Bamsen in d' Welt z' setzen und sie ums Erbteil z' bringa. Xaverl, hob' i zu mir sölber g'sagt, jetzt gib fei Obacht, daß d' net narret wirst. I hob' mir sölber mit ernsthaftige Wort' zuag'redt, aber 's G'wissen hat mi do allaweil z'wickt von z'wengn meiner sündhaftigen Gedanken, un nacha bin i zur Beicht ganga, daß i mir an geistlichen Beistand anschaffet. Der Herr Pfarrer, der hat mir in allen Punkten recht geben müass'n. I sollt mir solchene unzukömmliche Gedanken fei aus'm Sinn schlag'n. Und bei mei'm Alter und meine Neigungen zu apokleptische Zuständ' vüllmehr auf das Heil von meiner Söll bedacht sein. Und eh' sollt' ich scho den Überfluß von de vüllen Moneten, bals mi goar so arg drucketen, zu fromme Zweck' verwenden. Oha, mi stimmst! Hab' i mer denkt; an Fischikas, mei liaba Herr Pfarrer! – – No, derweilen is 's Okloberfest so stad fortganga. Mi hat goar nix'n mehr g'freit, weil i do g'wißt hab', daß aaf der ganzen Wias'n ka solchene Rarität net z'seg'n war, als wia bei mir dahoam. Am letzten Sunnta hat mi aber do der Deixel trieb'n, daß i 'nausganga bin, bloß um daß i amal nachschaug'n mocht', was der Herr Dingda mit sei'm anadamischen Museum für a G'schäft machet ohne mei herzigs Pastranerl. No, also, i kimm hin und z' erschte, was i derblick drauß' außer der Bud'n, dees war a kloans Tischerl, und aaf den Tischerl die obere Hälft' von an wunderscheen' Madel. Aso schee wia mas oanzig in die Frisörauslag'n siacht. Rot und weiß wia von Bluat und von Mülli un a Haut wia von Wachs und Haar so schön goldblond wias gar koa natürliche Haar net gibt. I sag' Eahna, meine liaben Freunde, so was Wundernetts wia dees war, dees hat's ja scho gar nimmer geb'n! – Ja, was is denn jetzt dees? sag' i ganz laut. Wo hat denn jetzt dees Madel ihre Füaß und Boana g'lassen? Ja mei, Herr Nachbar, sagt a freindlicher Herr neben mir, wissen's denn dees net? Dees is ja die Dame ohne Unterleib. Himmelherrgottsakra, do is mer aaf amol in mei'm Schädel a so hell worn, wia an an lichten Tag! So oane balst heiraten tätst, do könnt'n deine Söhn' und Schwiegersöhn' fei nix eiz'wend'n ham, Hab' i mei denkt. Und mit mei'm Pastranerl tät's famos zammpass'n. Do hätt' i amal zwoa Raritäten beianand und in Baedeker müaßt a eini, daß ma bein Herrn Privatier Niederhuber solchene b'sundern Sachen segn kann, wiar in der ganzen Welt nimmer. Also i bin amal hinauf und bin droben herumspaziert und hob mer dees Ding ang'schaut von alle Seiten. Und dees hat wirkli sei Richtigkeit g'habt, dees is g'wiß nur die bessere Hälfte von an schöneren G'schlecht g'we'n. Und wiar i no dees Madel so anschaug, do schaugts mi wieder an, und i lach und do lachts aa, und do lach i wieder; no – und sie lacht aa wieder – und do stupf i s' a ganz a kloans bisserl mit'n Finger obn an Arm und sag zu eahm: – hahaha! – woaßt, Madel, du tatst mer g'fall'n! Wannst leicht aus dei'm ledigen Stand raustreten mechtst, di nehmet i glei. – Warum denn net? sagt's: mir is eh scho z' fad, do auf dem Tischerl z' stehn. Balds eine Frau anständig ernähren kennts, wars mir am End' scho recht. – Do feit si nixn, sag' i, i bin der Privatier Niederhuber, von dem wern S' eh scho was g'hört ham. – I hätt' gern noch a bißl mit dem Madel diskuriert, aber do san aso vüll Leit drumrumg'standen, hab'n g'lacht und eahnere Witz g'macht, und die Bedienung von dem anadamischen Museum hat a aufbegehrt – no, und kurz und guat – aussig'schmiss'n hab'ns mi. – Nacha bin i in die nächste Bierbud'n g'stieg'n und hob mi fei stad an an Tisch g'setzt, hob a Maß trunken und drei Paar Schweinswürst' gessen. Un nacha hob i a Vüsitenkart von mir g'nomma und hob draufg'schriab'n: Bitte ergebenst um Rangdewuh nach Schluß der Ausstellung in meiner Wohnung. Achtungsvoll der Bewußte. Diskretzion Ehrensache. Dees gibt a Mordsgaudi, hob i mer denkt. Un nacha hob i no a Maß trunk'n und bin wieder hin nach dera Bud'n. Und so pfifft hab' i dees ang'stellt, daß gar neambd g'segn hat, wiar i dem Madel dees Briaferl in d' Hand praktiziert hab'. – No und was g'laabts Freunderln, was g'schegn is? – Am andern Tag is richti kemma. Aber wanns moant' s', daß s' am End zwoa Packträger unter an Glassturz daherbracht hätt'n, nacha seids am Holzweg. Mei Franzi, dees is mei Bedienter, wißt's, der is herei zu mir ins Zimmer, wiar i grad nachm Essen so a bisserl duselt hob; sei Maul hat der Lali glei nimmer z'sammbracht, wiar er's ang'meld hat: ,Gnä Herr, die Dame ohne Unterleib laßt bitten. So hättens zur Beaugenscheinigung daherb'stellt, sagt's.' No dös kennts Enk denken, wiar i g'sprunga bin! Obacht, Obacht, hob i g'schrieg'n, daßts mei dees Freilein net kaput schmeißts! – Un no geht die Tür aaf, und do kommt's reinspaziert ganz gmüetli aaf ihre zwoa Füaß! Z'erscht do hätt' i scho glei bald koan Tropfen Bluat mehr geb'n, so an Schreck hab' i kriagt. Und dees Weibsbüld, dees is glei so recht grüebi worn, hätt' mer d' Back'n g'strich'n und hätt' mi an herzigen Schneck und an zuckrigen Fratz g'hoaß'n! Do hat mi aber do d' Wut packt. Himmelherrgottsakra, hob i g'schrien, wanns mi dablecka woll'n, nacha sans fei an an Unrecht'n kemma. Sö san überhaupts a ganz ordinäre Person in meine Aug'n. Sö da, san Eahna vülleicht gar über Nacht dö zwoa Hax'n g'wachs'n? Schaugns, daß weiterkemma, sans so guat, ja? – Aber Freinderln, bald's moant 's, daß s' do ganga war, war's g'fehlt! Aaf mein feinsten Fotöl hat se si g'setzt und hat a no aafdraht, Dees war net ihre Schuld, wann i a so a Trottel war und glaabet dees von zwegn ohne Unterleib. I geh als optische Täuschung, hat's gesagt, dees is mei G'schäft, und wann Sö so dumm san und glaaben dees ... weiter hobi's gar net reden lassen. Dees hat mi doch gift glei zum Hinwern, daß mi dees Madel an Trottel g'schimpft hat! Was fallt Eahna denn eigentli ein? hab' i g'schrien. I tät a solchene Dummheit glaab'n? I hob bloß an G'spaß macha woll'n. Und wann Sö a richtige reelle optische Täuschung sein woll'n, nacha g'hört sich's aa, daß S' dees Optischerl zum Rangdewuh fei mitbringa! Und was sagt mir dees Weibsbüld dadrauf? – Sonst nix? Schaugns, Herr Niederhuber, wenn dees Ihr Ernst is, daß S' mi heiraten woll'n, nacha bring i Eahna dees Optischerl zur Ausstattung in die Eh'.«

»Was, Deixel noch amal!« unterbrach der Herr Obermeier den immer lauter und eifriger gewordenen Erzähler: »Do hams dees Madel nacha wirkli g'heirat?«

»O naa, mei Liaber,« versetzte Herr Niederhuber, etwas verlegen lächelnd. »So g'schwind net. Aber wissen's, wia dees halt aso geht. Bal mer amal so a bißl zünfti worn san, – 's Madel war halt do recht sauber und poussierli – und wann i g'sagt hab', dees war bloß a G'spaß g'we'n mit'n Heiraten, no hat's ang'fangt zun flenna und dees hat mi aso vüll barmt, segns. I bin halt a zugänglicher Mensch, und mit dö alten Hecht tuan sich halt dö saubern Madeln leicht, – o mei, o mei!« Er seufzte rief auf. »So is's halt kemma, segn Se's. Aber kirchlich ham mer uns in Rosenheim kopulieren lassen. Do kennt mi neambt, wissen's. Und nacha samma nach Idalien – büs nach Venedig! O mei, o mei!«

»Ja was hams denn, Herr Niederhuber?« fragte Herr Dimpfl teilnehmend. »Was schnaufen 's Eahna denn allaweil so schwer? Is Eahna denn amend die Reis' do nunter net recht guat bekommen?«

»Was woaß i! 's Idalien war scho recht, aber was mi dees kost hat – Jessas, Jessas! Alles, was g'segn hat in die Auslag'n, hat's hab'n woll'n. D' Moneten san mer ausganga wias Korn aus'n Sack, der a Loch hat. Und wia si dees Roserl herg'richt hat mit seidene G'wandeln und Brülianten und so Deixelszeig! No, ich sag, d' Idaliener ham mer aso g'schaugt! Dö feinsten Herrn und dö schensten Offizier san allaweil hinter uns hertappt. Aber net zweg'n meiner, dees kennt's mer glaab'n. Ka ruhige Stund' hab' i nimmer g'habt an ganzen Tag und iber der Nacht a net. Nervios bin i worn, un mei g'sund's Fett, dees hat's nur so schen langsam abitrieben! No hob i g'moant, bal mer amal wieder dahoam san, nacha wer i mei Ruah ham. O ja, an Schmarrn! Do is dö richtige Gaudi erst losganga. Wißt's ös, meine lieben Freunde, was s' g'sagt hat, bal mei hoamkemma san? Xaverl, hat's g'sagt, entweder d' Leich oder i! Mit dera Leich hat s' es Pastranerl g'moant. Roserl, Hab' i g'sagt, dees is ka Leich, dees is fei a Mumieh! – Is mer ganz wurscht, hat's g'sagt. Unter meim Dach duld i ka Muh und ka Miau und ka Mumieh a net! – Roserl, hab' i g'sagt, dir mangelt das höhere Kunstverständnis! Dees is a Rarität, a so a Rarität gibt's leicht in der ganzen Wölt net noch amal. Is recht, hat's g'sagt, balst du dei Rarität net aussatuast, tuar i mir aa a Rarität anschaff'n. Der Steirerhansl, der Ries' vom letzten Oktoberfest, is eh an alter Freind von mir! – Und so is des Ding fortganga. Koa Ruah hat de Person geb'n, net um a Roß! Alle Tag hat s' denselben Spruch herbracht: d' Leich oder i; bis i z'letzt im Zorn g'sagt hab: Also is recht, nacha geh du! – Wissen's, was da g'sagt hat? – Recht is, hat s' g'sagt: i geh, aber z'vor laß i an Bader kommen und 's Pastranerl rasiern!«

Herr Niederhuber hielt inne, um zu verschnaufen. Dann trank er einen mächtigen Schluck und blickte in sichtlicher Aufregung seine drei Freunde der Reihe nach an.

»No, und was is nacha passiert?« drängte Herr Obermeier.

»Aus is!« stöhnte der unglückliche Niederhuber und schlug sich vor die Stirn.

»Hast es aussig'schmiss'n?«

»Wen?«

»'s Roserl, dei Wei–?«

»Naa.«

»Also 's Pastranerl?«

»Ja.« Herr Niederhuber wischte sich eine Träne aus dem linken Auge. »Verkaaft hob' i's um zwölf hundert Markln!«

»Und dei Wei? Gibt's jetz a Ruah?«

»Kennt's ös schweigen, meine Freunde?« flüsterte Niederhuber geheimnisvoll, indem er die beiden Zunächstsitzenden am Arm packte. »I bin a glücklicher Mensch! Heit nachmittag is mers Roserl durchbrennt! Und wißt's mit wem? – Mit demsölbigen narreten Engländer, der mir die Mumieh abkauft hat! Wißt's, dees hob' i do glei g'spannt, daß 's der Lakel mehr aafs Roserl wie aafs Pastranerl abg'segn g'habt hat. Drum hat er's a so büllig kriagt. Pfiffi muaß mei san! Herrgottsakrakruziteufitürken! Jetz zahl i no a Maß.«


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