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XIII.
Die Sitzung.

Welch' Gedränge vor dem Rathhaus!
Schulter standen sie an Schulter
Auf dem Marktplatz, Männer, Weiber,
Junge Burschen, muntre Dirnen;
Die Trabanten hatten Mühe,
Eine Gasse frei zu halten
Für die Herrn vom Rath und Umstand,
Die daher mit sehr verschiednem
Vorgefühl zur Sitzung kamen.
Wie die Stille vorm Gewitter
Lag's auf der vielköpf'gen Menge,
Nur ein halbgedämpftes Brausen
Von Gemurmel und Geflüster
War in weitem Kreis vernehmbar.
Manchmal aus den einzeln Gruppen
Drang hervor ein lauter Wortstreit,
Wenn mit heftigen Geberden
Einer von den Zünftlern suchte,
Seine Meinung zu verfechten;
Eine helle Lache tönte
Wieder von der andern Seite,
Und des Schneiders Furian Stimme
Hörte man von ferne krähen.
Kam nun einer von den Rathsherrn,
Einer von den Stadtgeschlechtern,
Lüpfte in den vordern Reihen
Mancher höflich seine Mütze,
Doch dahinter gab's dann wieder
Manche scharfe Stichelrede,
Von Gelächter stets begleitet,
Und das Scheltwort »Fladenfresser«
Fiel dem edlen Rath zum Hohne.
Aber kam ein Hudemeister,
Von den Vierundzwanzig Einer,
Streckten sich ihm Händ' entgegen,
Und es fehlte nicht an Zuruf:
»Haltet fest! laßt Euch nicht kirren!
Immer Daumen auf den Beutel!
Laßt Euch nicht zum Narren haben!
Gebt es ihnen! redet, Meister,
Von der Leber frisch herunter,
Wir sind All' auf Eurer Seite!«
Jetzt sprang Wulf auf einen Eckstein:
»Brüder! rief er, werthe Männer!
Nieder mit dem Rattenfänger!«
Und die argen Worte fanden
Stürmisch Echo und Gejohle.
»Bringt ein Hurra auf die Zünfte!«
Und nun hurra! hurra! klang es
Brüllend, brausend übern Markt hin
Von dem einen End' zum andern.
»Wollt ihr Heil dem Rath! auch rufen?«
Nur ein wieherndes Gelächter
War die Antwort, und vom Steine
Sprang der kecke Schmied herunter
Grade auf den Rathstuhlschreiber,
Der im Augenblick vorbeikam.
»Gottes Blut! schrie Ethelerus,
Mensch, wo habt Ihr denn die Augen!?«
»That's denn weh, Herr Secretarius?
Freut mich, – daß Ihr wieder munter,
Sprach mit übermüth'gem Spotte
Wulf, doch gebt den Tritt nur weiter
Oben in dem Rathhaussaale,
Sagt, es wär' ein Gruß der Zünfte!«
Und schon wieder auf des Rathes
Und des Rathstuhlschreibers Kosten
Ward gelacht im nächsten Umkreis.

In des Amtes Schmuck und Würde,
Ihm voran zwei Stadttrabanten,
Nahte jetzt der Bürgermeister;
Fest und ruhig schritt Herr Wichard
Wie ein Mann, der seiner Sache
Sicher, keinen Gegner fürchtet.
Stille ward es, Niemand fand sich,
Ihn mit einem Wort zu kränken.
Die Trabanten präsentirten,
Und er stieg empor die Stufen.
Jetzt kam Hunold; wie ein Sieger
Ließ er kalt und stolz die Blicke
Durch die bunte Menge schweifen,
Die er musterte, wie wenn er
Unter Allen Einen suchte.
Ob sie auch mit lautem Pfeifen
Ihn empfingen, keine Miene
Regte sich in seinem Antlitz,
Keinen Fuß auch setzt' er schneller
Vor den andern; Niemand wagte,
Gegen ihn die Hand zu heben;
Wie ein Herrschender bezwang sie
Seine Haltung und sein Auge;
Haß und Furcht umgab den Fremden,
Doch im knappgeschnürten Mieder
Schlug manch Mädchenherz ihm sehnend.
War das wirklich nur ein Spielmann,
Der allein die Rathhaustreppe
Wie ein Fürst und Held emporstieg
Und die erzbeschlagne Thüre
Donnernd hinter sich in's Schloß warf?

Oben schon im Saal geordnet
Nach dem Rang und alten Brauche
Auf den hochgelehnten Stühlen
Saßen Rath und Bürgermeister;
Auf dem Tisch lag der Donat,
Hameln's codex statutorum,
Und die Vierundzwanzig standen
Gegenüber weit im Bogen;
Mitten in den Kreis trat Hunold.
Als die Sitzung dann eröffnet,
Sprach der Bürgermeister also:
»Ehrenfeste und Fürsicht'ge,
Günst'ge, liebe Herrn Collegae
Und der Stadt getreue Bürger
Von der Vierundzwanz'ger Umstand!
Eh' wir Antrag und Beschwerden
Unsrer treuen Zünfte prüfen,
Laßt uns dieses Mannes Sache
Kurzer Hand zum Austrag bringen.«
»Gebt mir's Wort, Herr Bürgermeister!«
Rief der Brauer Wendehake.

»Sollt es haben, doch zuvörderst
Laßt den Fremden selber reden.
Hunold Singuf, was begehrt Ihr?«
»Edler Herr, begann der Spielmann,
Meinen freundlichen und will'gen
Dienst und Gruß zuvor Euch Allen!
Ihr erinnert Euch des Paktes,
Den vor Wochen Eure Weisheit
Mit wohledlen Rathes Beistand
Unter städt'schem Brief und Siegel
Feierlich mit mir geschlossen.
Meinerseits ist er erfüllet;
Ich befreit' Euch von der Plage,
Die das leid'ge Ungeziefer
Euch schon Jahre lang bereitet;
Todt sind alle Langgeschwänzten,
Keine Maus und keine Ratte
Giebt es mehr in Hameln's Mauern,
Und ich komme, meinen Sold mir,
Den bedungnen auszubitten.«
Tiefes Schweigen herrscht' im Saale.
»Singuf, nahm das Wort Herr Wichard,
Seid Ihr sicher, daß sie alle,
Alle todt, die Langgeschwänzten?
Daß nicht eine sich gerettet?«

»Herr, nicht eine! sicher bin ich,
Fragt die Lachse in der Weser,
Welche feiste Atzung jüngst ich
Den Gefräßigen bescheeret
In den monderhellten Nächten.«
Hu! die Lachse! in die Glieder
Fuhr's den Rathsherrn, und ein Schütteln
Ging da plötzlich durch die Reihen;
Lachse hatten sie ja gestern
Bei dem frohen Schmaus des Probstes
Noch gegessen, und die waren
Ungewöhnlich fett gewesen.
Jetzt nun wollte sich der Magen
Ihnen schier vor Ekel wenden,
Dachten sie, womit die Lachse,
Die sie speisten, sich gemästet;
Spielmann, jetzt hast du verspielet!
Der jedoch sprach ruhig weiter:
»Habe keinen Eideshelfer,
Doch ich nehm's auf mein Gewissen,
Diese Hand mit diesem Dolche
Hat das Herz der letzten Ratte
Scharf und ohne Fehl durchstochen.
Könnt Ihr mir nicht Maus noch Ratte
Heute mehr lebendig zeigen,
Gilt der Pakt von mir erfüllet,
Und ich fordre meine Zahlung.«

»Stadtknecht, führt herein die Zeugen
Meine Tochter, die Regina,
Dorothea und den Lorenz.«
Lächelnd sprach's der Bürgermeister,
Und herein zum Saale traten
Vor die Schranke jetzt Regina,
Hoch erröthend und die Wimpern
Tief gesenkt, sich still verneigend,
Dorothea, ängstlich knixend,
Und auch Lorenz, sehr verlegen.
Diese also ist es, dachte
Hunold, als ihm gegenüber
Nun Regina stand, von welcher
Dort im Wald die Tauben girrten,
Des Herrn Steinmetz stolze Liebste!
Seine Blicke ruhten lange
Sinnend auf der schönen Jungfrau,
Und im Saale stieg die Spannung
Höher noch auf jedem Antlitz.

»Mann, ich stell' Euch hier drei Zeugen
Sprach Herr Wichard, und behaupte:
Nicht sind todt schon alle Ratten;
Eine lebt noch oder fünfe,
Wenn's der Böse nicht gewesen,
Der mit Euch im schlimmen Bunde,
Und den diese Zeugen sahen,
Und das Eine wie das Andre
Wär' für Euch von schlimmer Deutung.
Dorothea, sprich die Wahrheit,
Da du es zuerst gesehen,
Aber bitte! kurz und bündig.«
»Ach Gestrengen! Euer Weisheit
Kann ich nicht genug betheuern,
Wie mir's alle Glieder lähmet,
Wenn ich nur daran gedenke,
Sprach die gute Alte zitternd;
Rechter Hand in unserm Keller,
Grade bei dem Zuber, drin ich
Eingepökeltes zum Winter
Aufbewahre und oft nachseh',
Um mit frischer Sole Bötel,
Ribbespeer und Speck und Eisbein
Regelmäßig zu begießen,
Da – da saß es dicht am Zuber
Wie ein Wagenrad an Umfang,
Hatte an die zwanzig Köpfe,
Richt'ge, spitze Rattenköpfe,
Hundert Beine, und die Schwänze
Waren all' in dickem Knäuel
Wie ein Knoten fest verschlungen,
Sah mich an mit Feueraugen,
Fauchte auf mich los und zischte,
Fletschte Zähne, hob die Krallen,
Wüthend auf mich los zu fahren,
Wär' ich nicht in Eil' entflohen.«
»Ja so ist es, sprach Regina,
Doch ich zählte nur fünf Köpfe,
Mir ist's anders nicht erschienen,
Als wenn fünf gemeine Ratten,
Jede mit dem Kopf nach außen,
Sich im Kreis zusammen stellen.«
»Als ich mit der Pike zukam,
Um's zu spießen, sagte Lorenz,
Da entwich es und kroch fürbaß
Wie 'ne große, garst'ge Spinne.«
»Also das ist's! lachte Hunold;
Ihr wohledlen, weisen Herren,
Diesmal war's noch nicht der Böse,
's ist ein echter Rattenkönig;
Festgewachsen aneinander
Bei den kleinen, nackten Jungen
Sind die Schwänzlein schon im Neste,
Können nicht mehr auseinander,
Müssen so ihr ganzes Leben
Wie an meiner Hand die Finger
Immer fest zusammen bleiben.
So ein armer Rattenkönig
Kann sich langsam nur bewegen,
Muß vom Mitleid sich der Andern
Lebenslänglich füttern lassen,
Kann nicht wie ein Rattenjüngling
Aus dem Kellerlochs springen.
Als die andern Ratten alle
Nun durch mich vernichtet waren,
Trieb ihn Hunger aus dem Loche.
Ihm auch hätt' ich leichter Mühe
Den Garaus gemacht und hätt' ihn
In der letzten Nacht getödtet,
Wenn nicht gegen unsre Abkunft –
Jetzt erhebe ich die Klage –
In der siebenten der Nächte
Mir ein Unbekannter böslich
In den Weg getreten wäre,
Der des Zaubers Kraft mir störte;
Sucht ihn nur, im raschen Streite
Hab' ich kenntlich ihn gezeichnet.
Lasset mich, Herr Bürgermeister,
Eine Nacht in Euren Keller,
Ich gelob' Euch: mit dem Frühroth
Bring' ich Euch den Rattenkönig,
Wie er leibt und lebt, gefangen,
Könnt dann über ihn beschließen,
Welche Todesart dem Fünfling
Ihr verhänget, ob die Lachse
Ihn zum Imbiß haben sollen,
Oder ob ich ihn an's Hofthor
Soll Euch zum Gedächtniß nageln.
Gültig aber bleibt der Handel,
Holt hervor Eu'r kupfern Zahlbrett
Und die hundert Mark bezahlt mir
Hamelenscher Witt' und Wichte.
Jetzt auch nenn' ich jene Klausel
Die geheime Fordrung, wißt Ihr,
Die ich mir im Brief bedungen,
Die ich aber damals selber
Noch nicht anzugeben wußte:
Von den frischen, rothen Lippen
Eures Töchterleins Regina
Fordr' ich einen Kuß als Badgeld.«
»Unverschämter! rief Herr Wichard,
Keinen Albus sollt Ihr haben,
Wenn Ihr meint, Ihr könntet straflos
Rath und Bürgerschaft verhöhnen
Und ein ehrbar züchtig Mädchen
Frech in's Angesicht beleid'gen;
Hier liegt Euer Brief zerrissen,
Und im Keller sitzt die Ratte;
Habt den Pakt uns nicht erfüllet,
Fahrt zum Teufel! wir sind fertig!«
Aus der Vierundzwanz'ger Reihen
Tönte Jubelruf und Beifall.
»Ha! Ihr tapfern Zünfte, lachte
Zornroth Hunold, Ihr erkanntet
Im verzwickten Rattenkönig
Wohl Eu'r Ebenbild zu deutlich?«
Drohend Murren war die Antwort,
Und es ballten sich die Fäuste.
»Euch, Herr Gruwelholt, zu kränken,
Sprach er weiter, lag mir ferne;
Was in Ehren ich gefordert,
Kann in Ehren mir auch werden;
Wird mir's auch so abgestritten
Wie der Sold für meine Arbeit,
So verfahrt nach Macht und Müge.
Euren Rattenkönig tilg' ich
Aus dem Leben noch trotz Eurer,
Weil ich mal mein Wort gegeben,
Und in Eurer Stadt verweilen
Werd' ich ferner nach Belieben.«
Also Hunold; stolz sich neigend
Kehrte er dem Rath den Rücken,
Schritt zum Saal hinaus und schlüpfte
Durch das kleine Hinterpförtchen
Aus dem Rathhaus auf die Gasse,
Wandte sich zum nächsten Thore
Und stieg dann empor den Basberg.

Auf dem Rathhaus war der Umstand
Mit der Wendung ganz zufrieden.
Eitelkeit und Schadenfreude
Kitzelten die braven Zünftler,
Daß durch ihren Druck erreicht war,
Jenen Fahrenden zu prellen,
Geld zu sparen und dem Rathe
Ihre Macht gezeigt zu haben.
Diese Anwandlung benutzte
Wendehake rasch zur Schwenkung.
Während Unruh und Entrüstung
Sich des Rathes noch bemächtigt,
Machte er den Vierundzwanzig
Ihre Lage klar und zeigte,
Angesichts der sehr entschloßnen
Haltung ihres Bürgermeisters,
Die sehr dringende Besorgniß,
Ob sie bei der überstürzten
Zweiten Fordrung ihres Antrags
Nicht vielleicht den Kürzern ziehen
Und nach ihrem kaum errungnen
Siege eine doppelt schwere
Niederlage in dem Kampfe
Mit dem Rath erleiden würden,
Die wohl gar am letzten Ende
Ihren alten Privilegien
Manchen Stoß versetzen könnte.
Das schlug freilich durch, sie steckten
Ihre Köpfe nun zusammen,
Tuschelten und brummten, nickten
Schüttelten und stimmten endlich
Ihrem Führer zu mit Seufzen,
Denn sie dachten an die draußen.
Da erhob sich der Proconsul:
»Jetzt zu Euch, Ihr Herrn vom Umstand!«
Leise bebte ihm die Stimme,
Und wie ein gereizter Löwe
Stand er drohend und gewaltig,
Aus den Augen sah man's blitzen:
Nun mal 'ran! bin just in Stimmung!
Höflich nahm das Wort der Brauer:
»Edle und großgünst'ge Herren!
Nach gepflog'ner Unterredung
Ziehen wir der Zünfte Antrag
Auf gemeine Rechnungslegung
Heut' zurück; in seiner Gilde
Wird ein Jeder dafür sorgen,
Daß man zu der Stadt Verwaltung
Allerseits Vertrauen hege
Und die Einigkeit in Hameln
Zwischen Rath und Bürgerschaft
Immerdar erhalten bleibe.«
Aus dem Kreis des Rathes jetzo
Kam der Beifall, und die Sitzung
Ward in allerschönster Eintracht
Von Herrn Gruwelholt geschlossen.

Einen triumphirend schlauen
Und verständnißvollen Blick nur
Wechselte der Bürgermeister
Schweigend mit dem Oldermanne.
Ihrer Klugheit war's gelungen,
Eine drohende Empörung,
Unabsehbar in den Folgen,
Noch im Anfang zu ersticken.
Freilich kostet' es ein Opfer,
Das man dem erregten Volke
Zur Beschwicht'gung bringen mußte.
Kürzesten Prozeß drum machte
Wichard mit dem Rattenfänger,
Stieß ihn jäh aus seinem Rechte,
Warf ihn hin der blinden Menge,
Die ihn, durch das Zugeständniß
Sehr geschmeichelt, gierig auffing.
Nun des Brauers Sache war es,
Als des Rufers in dem Streite,
Das Gefecht hier abzubrechen
Und den Frieden herzustellen.
So geschah es Zug um Zug,
Und ihr Spiel gewannen Beide.
Sicher saß der Rath nun wieder
Auf den hochgelehnten Stühlen,
Glorreich standen da die Zünfte,
Und das Opfer war der Spielmann.

Auf dem Rückweg von dem Rathhaus,
Wo die Herren ja bekanntlich
Klüger sind, als auf dem Hinweg,
Sah man manchen Hudemeister
Von der Vierundzwanz'ger Umstand
An der Seite manches Rathsherrn
Friedlich im Gespräche wandeln,
Und die Menge, die die Neugier
Bis zur Stund' am Platz gehalten,
Ging auf Wendehake's Zuspruch
Ruhig, doch nur halb befriedigt
Vom Erfolge, aus einander.
Nur die Frauen und die Mädchen
Hatten Mitleid mit dem Spielmann,
Hätten gern ihn noch gesehen,
Nannten hochmuthsvoll Regina,
Weil sie ihm den Kuß verweigert.
Aber Schneider Furian keifte:
»Sagt' ich's nicht? die Rappelköpfe!
Reißen's Maul auf in den Stuben,
Aber kommt es dann zum Klappen,
Duckt sich das und kriecht zu Kreuze,
Vierundzwanzig Hasen sind es!
Aber das ist nur die Folge,
Daß man nicht die rechten Männer
Damals in den Umstand wählte!«
Dabei schlug er auf die Brust sich.
»Schneider, sprach der Rathstuhlschreiber,
Eßt ja auch wohl gerne Lachse?
Sind jetzt fett, fragt nur den Spielmann,
Werden auch wohl billig werden;
Seht, so hat doch All' sein Gutes,
Aber laßt Euch nicht ertappen,
Wenn Ihr wieder heimlich angelt.«

Hunold warf sich auf dem Basberg
In das Gras mit tiefem Unmuth.
»Leicht im Liegen sinnt sich List,
Heißt's im alten Liede,« sprach er;
Innen kocht' es ihm, und brütend
Sann er Wette und Vergeltung.
»Willst es ihnen zeigen, knirscht' er,
Ob du nach der Herrn Belieben
Mit dir spaßen läßt und spielen;
Mögen sie in Teufels Namen
Doch ihr lumpig Geld behalten,
Doch den Hochmuth will ich brechen.
Zwing' ich das Geschlechterfräulein,
Schlage ich der ganzen Sippschaft
In's Gesicht; sie sollen sehen,
Daß die Bürgermeistertochter
An den Hals sich wirft dem Spielmann.
Bin auf einen Kuß nicht eben
Sehr versessen, aber diesen,
Diesen grade muß ich haben!
Und ich weiß ihn schon zu kriegen,
Kann verlocken und verführen
Andres noch, als dumme Ratten.«
Kam ein Wiedehopf geflogen,
Lief im Grase hin und wieder,
Mit dem Kopfe mit dem Schwanze
Wippt' er wie zum Gruß und schnellte
Seinen Federbusch nach vorne,
Rief dann: »Hup! hup! hup! Herr Spielmann
Wünsch' Euch Glück zum Habedank,
Hup! hup! Habedank im Rathhaus!
Habt die Ratten brav gefangen,
Kriegt doch keinen hup! hup! Heller,
Doch Geduld nur! laßt Euch trösten,
Habt wohl heute mehr gefangen,
Als den alten Rattenkönig.
Hup! hup! hup! Herr Heribert
Hat nicht Ursach, Euch zu lieben,
Denn ich weiß ein Mägdlein sitzen
Mit ganz seltsamen Gedanken,
Sah heut' in zwei dunkle Augen,
Spielmannsaugen, Zauberaugen,
Und die liegen ihr im Sinne,
Denkt an Euch, Herr Hunold, hup!«
In den Wald dann flog der Bunte.
»Desto besser! halbe Arbeit!«
Sagte Hunold und erhob sich,
Schritt in's Dickicht, sucht' und suchte,
Bis er fand, was er gebrauchte.
Bilsenkraut war's, das er aushob
Aus der Erde; mit dem Messer
Schnitzt' er aus der starken Wurzel
Einen Menschenleib und ritzte
Auf die Brust verschlungne Zeichen,
Murmelte geheimen Segen
Auf's Gebild und steckt' es zu sich.
»So, schön Jüngferlein, nun wahr' dich,
Wenn du kannst, vor Zaubers Walten!
Wird sich bald ein süßes Gift dir
In die blauen Adern schleichen,
Wirst dein Herzchen pochen hören,
Wirst dich heimlich nach mir sehnen,
Und ein wonnig heiß Verlangen
Wird dir wie ein lüstern Schlänglein
Schmeichelnd um den Busen spielen,
Hihihi!« so lacht' er teuflisch.


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