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Als die gute Witwe Bolte Sich von ihrem Schmerz erholte, Dachte sie so hin und her, Daß es wohl das beste wär', Die Verstorbnen, die hienieden Schon so frühe abgeschieden, Ganz im stillen und in Ehren Gut gebraten zu verzehren. Freilich war die Trauer groß, Als sie nun so nackt und bloß Abgerupft am Herde lagen, Sie, die einst in schönen Tagen Bald im Hofe, bald im Garten Lebensfroh im Sande scharrten. – |
Ach, Frau Bolte weint aufs neu, Und der Spitz steht auch dabei. Max und Moritz rochen dieses. »Schnell aufs Dach gekrochen!« hieß es. |
Durch den Schornstein mit Vergnügen Sehen sie die Hühner liegen, Die schon ohne Kopf und Gurgeln Lieblich in der Pfanne schmurgeln. |
Eben geht mit einem Teller Witwe Bolte in den Keller, Daß sie von dem Sauerkohle Eine Portion sich hole, Wofür sie besonders schwärmt, Wenn er wieder aufgewärmt. |
Unterdessen auf dem Dache Ist man tätig bei der Sache. Max hat schon mit Vorbedacht Eine Angel mitgebracht. Schnupdiwup! Da wird nach oben Zwar der Spitz sah es genau, |
Aber schon sind sie ganz munter Fort und von dem Dach herunter. Na! Das wird Spektakel geben, |
Alle Hühner waren fort. – »Spitz!!« – Das war ihr erstes Wort. |
»O du Spitz, du Ungetüm! Aber wart! Ich komme ihm!« |
Mit dem Löffel groß und schwer Geht es über Spitzen her; Laut ertönt sein Wehgeschrei, Denn er fühlt sich schuldenfrei. |
Max und Moritz im Verstecke Schnarchen aber an der Hecke, Und vom ganzen Hühnerschmaus Guckt nur noch ein Bein heraus. Dieses war der zweite Streich, Doch der dritte folgt sogleich. |
Jedermann im Dorfe kannte Einen, der sich Böck benannte. Alltagsröcke, Sonntagsröcke, Lange Hosen, spitze Fräcke, Westen mit bequemen Taschen, Warme Mäntel und Gamaschen, Alle diese Kleidungssachen Wußte Schneider Böck zu machen. Oder wäre was zu flicken, Abzuschneiden, anzustücken, Oder gar ein Knopf der Hose Abgerissen oder lose, Wie und wo und was es sei, Hinten, vorne, einerlei, Alles macht der Meister Böck, Denn das ist sein Lebenszweck. Drum so hat in der Gemeinde Jedermann ihn gern zum Freunde. Aber Max und Moritz dachten, Wie sie ihn verdrießlich machten. Nämlich vor des Meisters Hause |
Übers Wasser führt ein Steg, Und darüber geht der Weg. |
Max und Moritz, gar nicht träge, Sägen heimlich mit der Säge, Ritzeratze! voller Tücke, In die Brücke eine Lücke. Als nun diese Tat vorbei, |
»He, heraus! Du Ziegen-Böck! Schneider, Schneider, meck, meck, meck! Alles konnte Böck ertragen, Ohne nur ein Wort zu sagen; Aber wenn er dies erfuhr, Ging's ihm wider die Natur. |
Schnelle springt er mit der Elle Über seines Hauses Schwelle, Denn schon wieder ihm zum Schreck Tönt ein lautes: »Meck, meck, meck! |
Und schon ist er auf der Brücke, Kracks! Die Brücke bricht in Stücke; |
Wieder tönt es: »Meck, meck, meck!« Plumps! Da ist der Schneider weg! Grad als dieses vorgekommen, |
Welches Böck in Todeshast Krampfhaft bei den Beinen faßt. |
Beide Gänse in der Hand, Flattert er auf trocknes Land. |
Übrigens bei alledem Ist so etwas nicht bequem; |
Wie denn Böck von der Geschichte Auch das Magendrücken kriegte. |
Hoch ist hier Frau Böck zu preisen! Denn ein heißes Bügeleisen, Auf den kalten Leib gebracht, Hat es wiedergutgemacht. |
Bald im Dorf hinauf, hinunter, Hieß es: »Böck ist wieder munter!« Dieses war der dritte Streich, Doch der vierte folgt sogleich. |
Also lautet ein Beschluß, Daß der Mensch was lernen muß. Nicht allein das Abc Bringt den Menschen in die Höh'; Nicht allein in Schreiben, Lesen Übt sich ein vernünftig Wesen; Nicht allein in Rechnungssachen Soll der Mensch sich Mühe machen, Sondern auch der Weisheit Lehren Muß man mit Vergnügen hören. Daß dies mit Verstand geschah, War Herr Lehrer Lämpel da. Max und Moritz, diese beiden, Nun war dieser brave Lehrer Max und Moritz, unverdrossen, |
Einstens, als es Sonntag wieder Und Herr Lämpel, brav und bieder, In der Kirche mit Gefühle Saß vor seinem Orgelspiele, Schlichen sich die bösen Buben In sein Haus und seine Stuben, Wo die Meerschaumpfeife stand; Max hält sie in seiner Hand; |
Aber Moritz aus der Tasche Zieht die Flintenpulverflasche, Und geschwinde, stopf, stopf, stopf! Pulver in den Pfeifenkopf. – Jetzt nur still und schnell nach Haus, Denn schon ist die Kirche aus. – |
Eben schließt in sanfter Ruh Lämpel seine Kirche zu; Und mit Buch und Notenheften Nach besorgten Amtsgeschäften |
Lenkt er freudig seine Schritte Zu der heimatlichen Hütte, |
Und voll Dankbarkeit sodann Zündet er sein Pfeifchen an. |
»Ach!« – spricht er – »Die größte Freud Ist doch die Zufriedenheit!!« |
Rums!! – Da geht die Pfeife los Mit Getöse, schrecklich groß. Kaffeetopf und Wasserglas, Tobaksdose, Tintenfaß, Ofen, Tisch und Sorgensitz Alles fliegt im Pulverblitz. – |
Als der Dampf sich nun erhob, Sieht man Lämpel, der gottlob Lebend auf dem Rücken liegt; Doch er hat was abgekriegt. |
Nase, Hand, Gesicht und Ohren Sind so schwarz als wie die Mohren, Und des Haares letzter Schopf Ist verbrannt bis auf den Kopf. Wer soll nun die Kinder lehren |
Mit der Zeit wird alles heil, Nur die Pfeife hat ihr Teil. Dieses war der vierte Streich, Doch der fünfte folgt sogleich. |