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Alberich, Wanderer, Fafner
Alberich
In Wald und Nacht vor Neidhöhl' halt' ich Wacht:
es lauscht mein Ohr, mühvoll lugt mein Aug'.
Banger Tag, bebst du schon auf?
Dämmerst du dort durch das Dunkel auf?
Welcher Glanz glitzert dort auf?
Näher schimmert ein heller Schein;
es rennt wie ein leuchtendes Roß,
bricht durch den Wald brausend daher.
Naht schon des Wurmes Würger?
Ist's schon, der Fafner fällt?
Das Licht erlischt,
der Glanz barg sich dem Blick:
Nacht ist's wieder.
Wer naht dort schimmernd im Schatten?
Der Wanderer
Zur Neidhöhle fuhr ich bei Nacht:
wen gewahr' ich im Dunkel dort?
Alberich
Du selbst läßt dich hier sehn?
Was willst du hier?
Fort, aus dem Weg!
Von dannen, schamloser Dieb!
Wanderer
Schwarz-Alberich, schweifst du hier?
Hütest du Fafners Haus?
Alberich
Jagst du auf neue Neidtat umher?
Weile nicht hier, weiche von hinnen!
Genug des Truges tränkte die Stätte mit Not.
Drum, du Frecher, laß sie jetzt frei!
Wanderer
Zu schauen kam ich,
nicht zu schaffen:
wer wehrte mir Wandrers Fahrt?
Alberich
Du Rat wütender Ränke!
Wär' ich dir zulieb
doch noch dumm wie damals,
als du mich Blöden bandest,
wie leicht geriet' es,
den Ring mir nochmals zu rauben!
Hab acht! Deine Kunst kenne ich wohl;
doch wo du schwach bist,
blieb mir auch nicht verschwiegen.
Mit meinen Schätzen zahltest du Schulden;
mein Ring zahlte der Riesen Müh',
die deine Burg dir gebaut.
Was mit den trotzigen einst du vertragen,
des Runen wahrt noch heut
deines Speeres herrischer Schaft.
Nicht du darfst, was als Zoll du gezahlt,
den Riesen wieder entreißen:
du selbst zerspelltest deines Speeres Schaft;
in deiner Hand der herrische Stab,
der starke, zerstiebte wie Spreu!
Wanderer
Durch Vertrages Treuerunen
band er dich Bösen mir nicht:
dich beugt' er mir durch seine Kraft;
zum Krieg drum wahr' ich ihn wohl.
Alberich
Wie stark du dräust in trotziger Stärke,
und wie dir's im Busen doch bangt!
Verfallen dem Tod durch meinen Fluch
ist des Hortes Hüter:
wer wird ihn beerben?
Wird der neidliche Hort
dem Nibelungen wieder gehören?
Das sehrt dich mit ew'ger Sorge!
Denn fass' ich ihn wieder einst in der Faust,
anders als dumme Riesen
üb' ich des Ringes Kraft:
dann zittre der Helden ewiger Hüter!
Walhalls Höhen stürm' ich mit Hellas Heer:
der Welt walte dann ich!
Wanderer
Deinen Sinn kenn' ich wohl;
doch sorgt er mich nicht.
Des Ringes waltet, wer ihn gewinnt.
Alberich
Wie dunkel sprichst du,
was ich deutlich doch weiß!
An Heldensöhne hält sich dein Trotz,
die traut deinem Blute entblüht.
Pflegtest du wohl eines Knaben,
der klug die Frucht dir pflücke,
die du nicht brechen darfst?
Wanderer
Mit mir nicht, hadre mit Mime:
dein Bruder bringt dir Gefahr;
einen Knaben führt er daher,
der Fafner ihm fällen soll.
Nichts weiß der von mir;
der Niblung nützt ihn für sich.
Drum sag' ich dir, Gesell,
tue frei, wie dir's frommt!
Höre mich wohl, sei auf der Hut!
Nicht kennt der Knabe den Ring;
doch Mime kundet ihn aus.
Alberich
Deine Hand hieltest du vom Hort?
Wanderer
Wen ich liebe, lass' ich für sich gewähren;
er steh' oder fall',
sein Herr ist er:
Helden nur können mir frommen.
Alberich
Mit Mime räng' ich allein um den Ring?
Wanderer
Außer dir begehrt er einzig das Gold.
Alberich
Und dennoch gewänn' ich ihn nicht?
Wanderer
Ein Helde naht, den Hort zu befrein;
zwei Nibelungen geizen das Gold;
Fafner fällt, der den Ring bewacht:
wer ihn rafft, hat ihn gewonnen.
Willst du noch mehr?
Dort liegt der Wurm.
Warnst du ihn vor dem Tod,
willig wohl ließ' er den Tand.
Ich selber weck' ihn dir auf.
Fafner, Fafner! Erwache, Wurm!
Alberich
Was beginnt der Wilde?
Gönnt er mir's wirklich?
Fafner
Wer stört mir den Schlaf?
Wanderer
Gekommen ist einer,
Not dir zu künden:
er lohnt dir's mit dem Leben,
lohnst du das Leben ihm
mit dem Horte, den du hütest?
Fafner
Was will er?
Alberich
Wache, Fafner! Wache, du Wurm!
Ein starker Helde naht,
dich heiligen will er bestehn.
Fafner
Mich hungert sein.
Wanderer
Kühn ist des Kindes Kraft,
scharf schneidet sein Schwert.
Alberich
Den goldnen Reif geizt er allein:
laß mir den Ring zum Lohn,
so wend' ich den Streit;
du wahrest den Hort
und ruhig lebst du lang!
Fafner
ich lieg' und besitz',
laßt mich schlafen!
Wanderer
Nun, Alberich, das schlug fehl.
Doch schilt mich nicht mehr Schelm!
Dies eine, rat' ich, achte noch wohl!
Alles ist nach seiner Art,
an ihr wirst du nichts ändern.
Ich lass' dir die Stätte, stelle dich fest!
Versuch's mit Mime, dem Bruder,
der Art ja versiehst du dich besser.
Was anders ist, das lerne nun auch!
Alberich
Da reitet er hin, auf lichtem Roß;
mich läßt er in Sorg' und Spott.
Doch lacht nur zu,
ihr leichtsinniges, lustgieriges Göttergelichter!
Euch seh' ich noch alle vergehn!
Solang das Gold am Lichte glänzt,
hält ein Wissender Wacht.
Trügen wird euch sein Trotz!
Mime, Siegfried, Fafner, Waldvogel
Mime
Wir sind zur Stelle! Bleib hier stehn!
Siegfried
Hier soll ich das Fürchten lernen?
Fern hast du mich geleitet:
eine volle Nacht im Walde
selbander wanderten wir.
Nun sollst du, Mime, mich meiden!
Lern' ich hier nicht,
was ich lernen soll,
allein zieh' ich dann weiter:
dich endlich werd' ich da los!
Mime
Glaube, Liebster!
Lernst du heut und hier das Fürchten nicht,
an andrem Ort, zu andrer Zeit
schwerlich erfährst du's je.
Siehst du dort den dunklen Höhlenschlund?
Darin wohnt ein greulich wilder Wurm:
unmaßen grimmig ist er und groß;
ein schrecklicher Rachen reißt sich ihm auf;
mit Haut und Haar auf einen Happ
verschlingt der Schlimme dich wohl.
Siegfried
Gut ist's, den Schlund ihm zu schließen;
drum biet' ich mich nicht dem Gebiß.
Mime
Giftig gießt sich ein Geifer ihm aus:
wen mit des Speichels Schweiß er bespeit,
dem schwinden wohl Fleisch und Gebein.
Siegfried
Daß des Geifers Gift mich nicht sehre,
weich' ich zur Seite dem Wurm.
Mime
Ein Schlangenschweif schlägt sich ihm auf:
wen er damit umschlingt und fest umschließt,
dem brechen die Glieder wie Glas!
Siegfried
Vor des Schweifes Schwang mich zu wahren,
halt' ich den Argen im Aug'.
Doch heiße mich das:
hat der Wurm ein Herz?
Mime
Ein grimmiges, hartes Herz!
Siegfried
Das sitzt ihm doch,
wo es jedem schlägt,
trag' es Mann oder Tier?
Mime
Gewiß Knabe, da führt's auch der Wurm.
Jetzt kommt dir das Fürchten wohl an?
Siegfried
Notung stoß' ich dem Stolzen ins Herz!
Soll das etwa Fürchten heißen?
He, du Alter! Ist das alles,
was deine List mich lehren kann?
Fahr deines Weges dann weiter;
das Fürchten lern ich hier nicht.
Mime
Wart es nur ab!
Was ich dir sage, dünke dich tauber Schall:
ihn selber mußt du hören und sehn,
die Sinne vergehn dir dann schon!
Wenn dein Blick verschwimmt,
der Boden dir schwankt,
im Busen bang dein Herz erbebt:
dann dankst du mir, der dich führte,
gedenkst, wie Mime dich liebt.
Siegfried
Du sollst mich nicht lieben!
Sagt' ich dir's nicht?
Fort aus den Augen mir!
Laß mich allein:
sonst halt' ich's hier länger nicht aus,
fängst du von Liebe gar an!
Das eklige Nicken und Augenzwicken,
wann endlich soll ich's nicht mehr sehn,
wann werd' ich den Albernen los?
Mime
Ich lass' dich schon.
Am Quell dort lagr' ich mich;
steh du nur hier;
steigt dann die Sonne zur Höh',
merk auf den Wurm:
aus der Höhle wälzt er sich her,
hier vorbei biegt er dann,
am Brunnen sich zu tränken.
Siegfried
Mime, weilst du am Quell,
dahin lass' ich den Wurm wohl gehn:
Notung stoß ich ihm erst in die Nieren,
wenn er dich selbst dort mit weggesoffen.
Darum, hör meinen Rat,
raste nicht dort am Quell;
kehre dich weg, so weit du kannst,
und komm nie mehr zu mir!
Mime
Nach freislichem Streit dich zu erfrischen,
wirst du mir wohl nicht wehren?
Rufe mich auch,
darbst du des Rates,
oder wenn dir das Fürchten gefällt.
Fafner und Siegfried, Siegfried und Fafner,
O, brächten beide sich um!
Siegfried
Daß der mein Vater nicht ist,
wie fühl' ich mich drob so froh!
Nun erst gefällt mir der frische Wald;
nun erst lacht mit der lustige Tag,
da der Garstige von mir schied
und ich gar nicht ihn wiederseh'!
Wie sah mein Vater wohl aus?
Ha, gewiß, wie ich selbst!
Denn wär' wo von Mime ein Sohn,
müßt' er nicht ganz Mime gleichen?
Grade so garstig, griesig und grau,
klein und krumm, höckrig und hinkend,
mit hängenden Ohren, triefigen Augen,
Fort mit dem Alp!
Ich mag ihn nicht mehr sehn.
Aber, wie sah meine Mutter wohl aus?
Das kann ich nun gar nicht mir denken!
Der Rehhindin gleich glänzten gewiß
ihr hellschimmernde Augen,
nur noch viel schöner!
Da bang sie mich geboren,
warum aber starb sie da?
Sterben die Menschenmütter
an ihren Söhnen alle dahin?
Traurig wäre das, traun!
Ach, möcht' ich Sohn meine Mutter sehen!
Meine Mutter, ein Menschenweib!
Du holdes Vöglein!
Dich hört' ich noch nie:
bist du im Wald hier daheim?
Verstünd' ich sein süßes Stammeln,
gewiß sagt' es mir was,
vielleicht von der lieben Mutter?
Ein zankender Zwerg hat mir erzählt,
der Vöglein Stammeln gut zu verstehn,
dazu könnte man kommen.
Wie das wohl möglich wär'?
Hei, ich versuch's, sing' ihm nach:
auf dem Rohr tön' ich ihm ähnlich!
Entrat' ich der Worte, achte der Weise,
sing' ich so seine Sprache,
versteh' ich wohl auch, was es spricht.
Es schweigt und lauscht:
so schwatz' ich denn los!
Das tönt nicht recht;
auf dem Rohre taugt
die wonnige Weise mir nicht.
Vöglein, mich dünkt, ich bleibe dumm:
von dir lernt sich's nicht leicht!
Nun schäm' ich mich gar
vor dem Schelmischen Lauscher:
er lugt und kann nichts erlauschen.
Heida! So höre nun auf mein Horn.
Auf dem dummen Rohre gerät mir nichts.
Einer Waldweise, wie ich sie kann,
der lustigen sollst du nun lauschen.
Nach liebem Gesellen lockt' ich mit ihr:
nichts Beßres kam noch als Wolf und Bär.
Nun laß mich sehn,
wen jetzt sie mir lockt:
ob das mir ein lieber Gesell?
(Siegfrieds Hornruf)
Haha! Da hätte mein Lied
mir was Liebes erblasen!
Du wärst mir ein saubrer Gesell!
Fafner
Was ist da?
Siegfried
Ei, bist du ein Tier,
das zum Sprechen taugt,
wohl ließ sich von dir was lernen?
Hier kennt einer das Fürchten nicht:
kann er's von dir erfahren?
Fafner
Hast du Übermut?
Siegfried
Mut oder Übermut, was weiß ich!
Doch dir fahr' ich zu Leibe,
lehrst du das Fürchten mich nicht!
Fafner
Trinken wollt' ich:
nun treff' ich auch Fraß!
Siegfried
Eine zierliche Fresse zeigst du mir da,
lachende Zähne im Leckermaul!
Gut wär' es, den Schlund dir zu schließen;
dein Rachen reckt sich zu weit!
Fafner
Zu tauben Reden taugt er schlecht:
dich zu verschlingen, frommt der Schlund.
Siegfried
Hoho! Du grausam, grimmiger Kerl!
Von dir verdaut sein, dünkt mich übel:
rätlich und fromm doch scheint's,
du verrecktest hier ohne Frist.
Fafner
Pruh! Komm, prahlendes Kind!
Siegfried
Hab acht, Brüller! Der Prahler naht!
(Er zieht sein Schwert, springt Fafner an, stößt sein Schwert bis an das Heft hinein.)
Da lieg, neidischer Kerl:
Notung trägst du im Herzen!
Fafner
Wer bist du, kühner Knabe,
der das Herz mir traf?
Wer reizte des Kindes Mut
zu der mordlichen Tat?
Dein Hirn brütete nicht,
was du vollbracht.
Siegfried
Viel weiß ich noch nicht,
noch nicht auch, wer ich bin.
Mit dir mordlich zu ringen,
reiztest du selbst meinen Mut.
Fafner
Du helläugiger Knabe,
unkund deiner selbst,
wen du gemordet, meld ich dir.
Der Riesen ragend Geschlecht,
Fasolt und Fafner,
die Brüder, fielen nun beide.
Um verfluchtes Gold, von Göttern vergabt,
traf ich Fasolt zu Tod.
Der nun als Wurm den Hort bewachte,
Fafner, den letzten Riesen,
fällte ein rosiger Held.
Blicke nun hell, blühender Knabe;
der dich Blinden reizte zur Tat,
berät jetzt des Blühenden Tod!
Merk, wie's endet! Acht auf mich!
Siegfried
Woher ich stamme, rate mir noch;
weise ja scheinst du, Wilder, im Sterben;
rat es nach meinem Namen:
Siegfried bin ich genannt.
Fafner
Siegfried...
(Er stirbt.)
Siegfried
Zur Kunde taugt kein Toter.
So leite mich denn mein lebendes Schwert!
Wie Feuer brennt das Blut!
(Er führt unwillkürlich die Finger zum Munde, um das Blut von ihnen abzusaugen. Wie er sinnend vor sich hinblickt, wird seine Aufmerksamkeit immer mehr von dem Gesange der Waldvögel angezogen.)
Ist mir doch fast,
als sprächen die Vöglein zu mir!
Nützte mir das des Blutes Genuß?
Das seltne Vöglein hier,
horch, was singet es mir?
Stimme des Waldvogels
Hei! Siegfried gehört nun der Niblungen Hort!
O, fänd' in der Höhle den Hort er jetzt!
Wollt' er den Tarnhelm gewinnen,
der taugt' ihm zu wonniger Tat:
doch wollt' er den Ring sich erraten,
der macht' ihn zum Walter der Welt!
Siegfried
Dank, liebes Vöglein, für deinen Rat!
Gern folg' ich dem Ruf!
Alberich, Mime, Siegfried, Waldvogel
Alberich
Wohin schleichst du eilig und schlau,
schlimmer Gesell?
Mime
Verfluchter Bruder, dich braucht' ich hier!
Was bringt dich her?
Alberich
Geizt es dich, Schelm, nach meinem Gold?
Verlangst du mein Gut?
Mime
Fort von der Stelle! Die Stätte ist mein:
was stöberst du hier?
Alberich
Stör' ich dich wohl im stillen Geschäft,
wenn du hier stiehlst?
Mime
Was ich erschwang mit schwerer Müh,
soll mir nicht schwinden.
Alberich
Hast du dem Rhein das Gold zum Ringe geraubt?
Erzeugtest du gar den zähen Zauber im Reif?
Mime
Wer schuf den Tarnhelm,
der die Gestalten tauscht?
Der seiner bedurfte,
erdachtest du ihn wohl?
Alberich
Was hättest du Stümper
je wohl zu stampfen verstanden?
Der Zauberring
zwang mir den Zwerg erst zur Kunst.
Mime
Wo hast du den Ring?
Dir Zagem entrissen ihn Riesen!
Was du verlorst,
meine List erlangt es für mich.
Alberich
Mit des Knaben Tat
will der Knicker nun knausern?
Dir gehört sie gar nicht,
der Helle ist selbst ihr Herr!
Mime
Ich zog ihn auf;
für die Zucht zahlt er mir nun:
für Müh und Last
erlauert' ich lang meinen Lohn!
Alberich
Für des Knaben Zucht
will der knickrige schäbige Knecht
keck und kühn wohl gar König nun sein?
Dem räudigsten Hund
wäre der Ring geratner als dir:
nimmer erringst du, Rüpel, den Herrscherreif!
Mime
Behalt ihn denn, und hüt ihn wohl,
den hellen Reif!
Sei du Herr: doch mich heiße auch Bruder!
Um meines Tarnhelms lustigen Tand
tausch' ich ihn dir:
uns beiden taugt's, teilen die Beute wir so.
Alberich
Teilen mit dir?
Und den Tarnhelm gar?
Wie schlau du bist!
Sicher schlief' ich
niemals vor deinen Schlingen!
Mime
Selbst nicht tauschen?
Auch nicht teilen?
Leer soll ich gehn?
Ganz ohne Lohn?
Gar nichts willst du mir lassen?
Alberich
Nichts von allem!
Nicht einen Nagel sollst du dir nehmen!
Mime
Weder Ring noch Tarnhelm
soll dir denn taugen!
Nicht teil' ich nun mehr!
Gegen dich doch ruf' ich Siegfried zu Rat
und des Recken Schwert;
der rasche Held,
der richte, Brüderchen, dich!
Alberich
Kehre dich um!
Aus der Höhle kommt er daher!
Mime
Kindischen Tand erkor er gewiß.
Alberich
Den Tarnhelm hält er!
Mime
Doch auch den Ring!
Alberich
Verflucht! Den Ring!
Mime
Laß ihn den Ring dir doch geben!
Ich will ihn mir schon gewinnen.
Alberich
Und doch seinem Herrn
soll er allein noch gehören!
Siegfried
Was ihr mir nützt, weiß ich nicht;
doch nahm ich euch
aus des Horts gehäuftem Gold,
weil guter Rat mir es riet.
So taug eure Zier als des Tages Zeuge,
es mahne der Tand,
daß ich kämpfend Fafner erlegt,
doch das Fürchten noch nicht gelernt!
Stimme des Waldvogels
Hei! Siegfried gehört
nun der Helm und der Ring!
O, traute er Mime, dem treulosen, nicht!
Hörte Siegfried nur scharf
auf des Schelmen Heuchlergered'!
Wie sein Herz es meint,
kann er Mime verstehn:
so nütz ihm des Blutes Genuß.
Mime
Er sinnt und erwägt der Beute Wert.
Weilte wohl hier ein weiser Wandrer,
schweifte umher, beschwatzte das Kind
mit listiger Runen Rat?
Zwiefach schlau sei nun der Zwerg:
die listigste Schlinge leg' ich jetzt aus,
daß ich mit traulichem Truggerede
betöre das trotzige Kind.
Willkommen, Siegfried!
Sag, du Kühner, hast du das Fürchten gelernt?
Siegfried
Den Lehrer fand ich noch nicht!
Mime
Doch den Schlangenwurm,
du hast ihn erschlagen?
Das war doch ein schlimmer Gesell?
Siegfried
So grimm und tückisch er war,
sein Tod grämt mich doch schier,
da viel üblere Schächer
unerschlagen noch leben!
Der mich ihn morden hieß,
den hass' ich mehr als den Wurm!
Mime
Nur sachte! Nicht lange
siehst du mich mehr:
zum ew'gen Schlaf
schließ' ich dir die Augen bald!
Wozu ich dich brauchte,
hast du vollbracht;
jetzt will ich nur noch
die Beute dir abgewinnen.
Mich dünkt, das soll mir gelingen;
zu betören bist du ja leicht!
Siegfried
So sinnst du auf meinen Schaden?
Mime
Wie, sagt' ich denn das?
Siegfried! Hör doch, mein Söhnchen!
Dich und deine Art
haßt' ich immer von Herzen;
aus Liebe erzog ich dich Lästigen nicht:
dem Horte in Fafners Hut,
dem Golde galt meine Müh.
Gibst du mir das gutwillig nun nicht,
Siegfried, mein Sohn,
das siehst du wohl selbst,
dein Leben mußt du mir lassen!
Siegfried
Daß du mich hassest, hör' ich gern:
doch auch mein Leben muß ich dir lassen?
Mime
Das sagt' ich doch nicht?
Du verstehst mich ja falsch!
Sieh, du bist müde von harter Müh';
brünstig wohl brennt dir der Leib;
dich zu erquicken mit queckem Trank
säumt' ich Sorgender nicht.
Als dein Schwert du dir branntest,
braut' ich den Sud;
trinkst du nun den,
gewinn' ich dein trautes Schwert
und mit ihm Helm und Hort.
Siegfried
So willst du mein Schwert
und was ich erschwungen,
Ring und Beute, mir rauben?
Mime
Was du doch falsch mich verstehst!
Stamml' ich, fasl' ich wohl gar?
Die größte Mühe geh' ich mir doch,
mein heimliches Sinnen heuchelnd zu bergen
und du dummer Bube deutest alles doch falsch!
Öffne die Ohren und vernimm genau:
Höre, was Mime meint!
Hier nimm und trinke dir Labung!
Mein Trank labte dich oft:
tatst du auch unwirsch, stelltest dich arg:
was ich dir bot,
erbost auch, nahmst du's doch immer.
Siegfried
Einen guten Trank hätt' ich gern:
wie hast du diesen gebraut?
Mime
Hei! So trink nur, trau meiner Kunst!
In Nacht und Nebel sinken die Sinne dir bald:
ohne Wach' und Wissen
stracks streckst du die Glieder.
Liegst du nun da,
leicht könnt' ich
die Beute nehmen und bergen:
doch erwachtest du je,
nirgends wär' ich sicher vor dir,
hätt' ich selbst auch den Ring.
Drum mit dem Schwert,
was so scharf du schufst,
hau' ich dem Kind den Kopf erst ab:
dann hab' ich mir Ruh und auch den Ring!
Siegfried
Im Schlafe willst du mich morden?
Mime
Was möcht ich? Sagt' ich denn das?
Ich will dem Kind nur den Kopf abhaun!
Denn haßte ich dich auch nicht so sehr
und hätt' ich des Schimpfs
und der schändlichen Mühe
auch nicht so viel zu rächen:
aus dem Wege dich zu räumen,
darf ich doch nicht rasten:
wie käm' ich sonst anders zur Beute,
da Alberich auch nach dir lugt?
Nun, mein Wälsung, Wolfssohn du!
Sauf und würg dich zu Tod:
nie tust du mehr 'nen Schluck! Hihihihi!
(Siegfried holt mit dem Schwert aus. Er führt, wie in einer Anwandlung heftigen Ekels, einen jähen Streich nach Mime; dieser stürzt sogleich tot zu Boden.)
Siegfried
Schmeck du mein Schwert, ekliger Schwätzer!
Alberichs Stimme
Haha! Haha! Haha!
Siegfried
Neides Zoll zahlt Notung:
dazu durft' ich ihn schmieden.
In der Höhle hier lieg auf dem Hort!
Mit zäher List erzieltest du ihn:
jetzt magst du des wonnigen walten!
Einen guten Wächter geh' ich dir auch,
daß er vor Dieben dich deckt.
Da lieg auch du, dunkler Wurm!
Den gleitenden Hort hüte zugleich
mit dem beuterührigen Feind:
so fandet beide ihr nun Ruh!
Heiß ward mir von der harten Last!
Brausend jagt mein brünst'ges Blut;
die Hand brennt mir am Haupt.
Hoch steht schon die Sonne:
aus lichtem Blau blickt ihr Aug'
auf den Scheitel steil mir herab.
Linde Kühlung erkies' ich unter der Linde!
Noch einmal, liebes Vöglein,
da wir so lang lästig gestört,
lauscht' ich gerne deinem Sange:
auf dem Zweige seh' ich
wohlig dich wiegen;
zwitschernd umschwirren
dich Brüder und Schwestern,
umschweben dich lustig und lieb!
Doch ich bin so allein,
hab' nicht Brüder noch Schwestern:
meine Mutter schwand, mein Vater fiel:
nie sah sie der Sohn!
Mein einziger Gesell war ein garstiger Zwerg;
Güte zwang uns nie zu Liebe;
listige Schlingen warf mir der Schlaue;
nun mußt' ich ihn gar erschlagen!
Freundliches Vöglein, dich frage ich nun:
gönntest du mir wohl ein gut Gesell?
Willst du mir das Rechte raten?
Ich lockte so oft und erlost' es mir nie:
du, mein Trauter, träfst es wohl besser,
so recht ja rietest du schon.
Nun sing! Ich lausche dem Gesang.
Stimme des Waldvogels
Hei! Siegfried erschlug nun den schlimmen Zwerg!
Jetzt wüßt' ich ihm noch das herrlichste Weib:
auf hohem Felsen sie schläft,
Feuer umbrennt ihren Saal:
durchschritt' er die Brunst,
weckt' er die Braut,
Brünnhilde wäre dann sein!
Siegfried
O holder Sang! Süßester Hauch!
Wie brennt sein Sinn mir sehrend die Brust!
Wie zückt er heftig zündend mein Herz!
Was jagt mir so jach durch Herz und Sinne?
Sag es mir, süßer Freund!
Stimme des Waldvogels
Lustig im Leid sing' ich von Liebe;
wonnig aus Weh web' ich mein Lied:
nur Sehnende kennen den Sinn!
Siegfried
Fort jagt's mich jauchzend von hinnen,
fort aus dem Wald auf den Fels!
Noch einmal sage mir, holder Sänger:
werd' ich das Feuer durchbrechen?
Kann ich erwecken die Braut?
Stimme des Waldvogels
Die Braut gewinnt,
Brünnhild' erweckt ein Feiger nie:
nur wer das Fürchten nicht kennt!
Siegfried
Der dumme Knab',
der das Fürchten nicht kennt,
mein Vöglein, der bin ja ich!
Noch heute gab ich vergebens mir Müh',
das Fürchten von Fafner zu lernen:
nun brenn' ich vor Lust,
es von Brünnhild' zu wissen!
Wie find' ich zum Felsen den Weg?
So wird mir der Weg gewiesen:
wohin du flatterst, folg' ich dir nach!