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Zwölftes Capitel.
Noch ein Jahr

Die Briefe, welche Mrs. Branican über den Verlauf der Expedition erhalten hatte, ließen sie kaum noch hoffen, daß dieselbe von Erfolg gekrönt sein werde. Sobald sie erfahren hatte, daß der »Dolly-Hope« in Sicht sei, begab sie sich mit Mr. William Andrew sogleich an Bord desselben, nachdem er Anker geworfen hatte.

Man sah es sofort dem Capitän Ellis und seiner Mannschaft an, daß auch der zweite Theil der Expedition von keinem Erfolge begleitet gewesen war. Mrs. Branican reichte dem Capitän die Hand, trat dann auf die Matrosen zu, die so viel Strapazen erduldet hatten, und sagte:

»Ich danke Ihnen, Capitän Ellis, ich danke Euch, meine Freunde! ... Sie haben Alles gethan, was ich von Ihrer Hingebung erwarten konnte! Sie haben keinen Erfolg gehabt und vielleicht verzweifeln Sie für immer an einem solchen ... Ich verzweifle nie! ... Nein! Ich verzweifle nicht, wir werden John und seine Leute wiederfinden! ... Ich vertraue auf Gott ... Er wird mein Gebet erhören! ...« Diese Worte zeugten von einer seltenen Entschlossenheit und drückten so fest ihre Hoffnung auf Erfolg aus, daß ihre Ueberzeugung alle Herzen mit sich hätte reißen müssen, wenn nicht jeder fest an den Untergang des »Franklin« geglaubt hätte.

Und wäre es doch nicht vielleicht besser gewesen, sich dem Ahnungsvermögen nicht zu verschließen, womit die Natur eine Frau so oft ausstattet? Während der Mann nur auf Thatsachen und deren Folgen sieht, so ist sicher, daß die Frau besser in die Zukunft blickt. Wer weiß, ob Mrs. Branican nicht eines Tages gegen die öffentliche Meinung Recht behalten würde?

Mr. William und sie stiegen dann in die Cajüte hinab, wo der Capitän Ellis ihnen einen genauen Bericht über die Fahrt gab. Die auf dem Tische ausgebreiteten Karten gestatteten, die Routen des Dampfers zu all den Inseln und Inselchen und die Nachforschungen in dem Innern der vielen Länder zu verfolgen. Zum Schlusse sagte er:

»Gestatten Sie mir, Mrs. Branican, Ihre Aufmerksamkeit auf Folgendes zu lenken: Der ›Franklin‹ ist zum letztenmale auf der Südspitze von Celebes am 3. Mai 1875 gesehen worden, also sieben Wochen nach seiner Abfahrt von San-Diego, und seit diesem Tage ist er verschollen. Da er nun nicht nach Singapore gekommen ist, so hat die Katastrophe ohne Zweifel im Javanischen Meere stattgefunden. Auf welche Weise? Da giebt es zwei Muthmaßungen: Entweder ist der ›Franklin‹ untergegangen oder er ist bei einem Zusammenstoße gesunken, ohne eine Spur zurückzulassen. Die zweite Muthmaßung ist, daß er an den Klippen zerschellte oder durch malayische Seeräuber zerstört wurde; in den beiden letzten Fällen wäre es wohl möglich gewesen, einige Trümmer zu finden. Doch trotz der sorgfältigsten Nachforschungen gelang es uns nicht, einen Beweis von der Zerstörung des Schiffes zu erhalten. Aus alledem ergiebt sich logisch, daß wir nur einen Fall der ersten Hypothese ins Auge fassen müssen, nämlich, daß der ›Franklin‹ einem jener furchtbaren Wirbelstürme zum Opfer gefallen ist, die in den malayischen Gewässern so häufig sind. Im zweiten Falle wäre doch früher oder später etwas über den Zusammenstoß zweier Schiffe bekannt geworden. Es bleibt also keine Hoffnung mehr übrig.«

Das sah auch Mr. William Andrew ein und er schlug vor den fragenden Blicken der Mrs. Branican traurig die Augen zu Boden.

»Nein, nein! sagte sie, nein! ... Der ›Franklin‹ ist nicht untergegangen! ... Nein! John und seine Leute leben noch! ...«

So mußte denn der Capitän Ellis die Einzelheiten seiner Expedition immer wieder erklären und auseinandersetzen. Nachdem diese Unterredung drei Stunden gedauert hatte, fragte Capitän Ellis, als sich Mrs. Branican verabschieden wollte, ob sie wünsche, daß man den »Dolly-Hope« abtakle.

»Nein, Herr Capitän, erwiderte sie, ich würde es mit Bedauern sehen, wenn Ihre Mannschaft und Sie die Absicht hätten, sich auszuschiffen. Können nicht neue Angaben uns veranlassen, noch eine zweite Expedition zu unternehmen? Wenn Sie daher gewillt wären, das Commando des ›Dolly-Hope‹ ...

– Sehr gern, Mrs. Branican, aber ich gehöre dem Hause Andrew, und es ist möglich, daß es meiner Dienste bedarf ...

– Das soll Sie nicht abhalten, lieber Ellis, erwiderte Mr. William Andrew. Es freut mich, wenn Sie sich Mrs. Branican zur Verfügung stellen.

– Ich stehe zu Diensten, Herr Andrew. Meine Mannschaft und ich werden den »Dolly-Hope« nicht verlassen.

– Und ich bitte Sie, Herr Capitän, erwiderte Mrs. Branican, darauf zu achten, daß das Schiff stets bereit ist, in See zu stechen.«

Als William Andrew seine Zustimmung gab, da that er es nur, um Mrs. Branican einen Gefallen zu erweisen, denn sowohl er wie der Capitän Ellis zweifelte nicht, daß sie nach den Mißerfolgen der ersten Expedition auf eine zweite wohl verzichten werde. Wenn auch die Zeit nie in ihr die Erinnerung an die Katastrophe auslöschen würde, so würde sie wenigstens schließlich jede Hoffnung vernichten.

So wurde also nach den Befehlen der Mrs. Branican der »Dolly-Hope« nicht abgetakelt. Ellis und seine Leute blieben auf dem Schiffe und erhielten ihren Gehalt ebenso, als wenn sie auf der Fahrt begriffen wären. Uebrigens hatte das Schiff auch mehrfache Ausbesserungen nöthig, da es doch sehr gelitten hatte. Als diese Arbeiten beendigt waren, wurden Lebensmittel und Kohlen eingeschifft, so daß es bei dem ersten Befehle in See stechen konnte.

Mrs. Branican wohnte immer noch im Prospect-House, wo außer Ellis und Mr. William Andrew Niemand Zutritt hatte. Sie lebte ganz in der Erinnerung und Hoffnung, indem sie stets an ihr doppeltes Unglück dachte. Der kleine Wat wäre jetzt sieben Jahre alt, gerade die Zeit, wo das erste Licht den jungen Geist erleuchtet – und der kleine Wat war nicht mehr! Dann dachte sie an Zach Fren, der sie mit Lebensgefahr gerettet hatte und den sie so gerne kennen gelernt hätte, aber er war noch nicht von San-Francisco zurück. Doch das würde nicht mehr so lange dauern, da die Schiffszeitungen schon einigemale über den »Californian« Nachrichten brachten; gewiß würde er gegen Ende des Jahres 1881 zurück sein. Dann würde sie ihn sofort zu sich rufen und ihm ihre große Schuld abtragen.

Auch hörte Mrs. Branican nicht auf, die Familien, welche durch den Untergang des »Franklin« so schwer betroffen worden waren, zu unterstützen, und sie verließ nur ihr Haus, um sich in die armen Viertel der Stadt zu begeben.

Ihr Edelmuth zeigte sich bei den verschiedensten Angelegenheiten. Auch fragte sie Mr. William Andrew wegen der Gründung eines Waisenhauses in San Diego um Rath.

»Herr Andrew, sagte sie, ich will dasselbe zur Erinnerung an unser Kind errichten und es mit allen nothwendigen Hilfsmitteln ausstatten. Ich zweifle nicht, daß John bei seiner Rückkunft das billigen wird, denn welch' besseren Gebrauch könnten wir von unserem Vermögen machen?«

Mr. William Andrew hatte keine Ursache, etwas dagegen einzuwenden und er stellte sich wegen Einleitung der nothwendigen Schritte Mrs. Branican zur Verfügung. Hundertfünfzigtausend Dollars sollten zur Erwerbung eines passenden Hauses und zur Ausführung der nothwendigen Einrichtungen verwendet werden.

Dieses Project ging, Dank dem Gemeinderathe der Stadt, bald seiner Ausführung entgegen. Es wurde ein großes Gebäude, welches in frischer Luft auf den Abhängen von San-Diego stand, gekauft und ein geschickter Baumeister richtete dasselbe für seine Bestimmung ein, indem fünfzig Kinder mit dem genügenden Personal zu ihrer Pflege und Erziehung darin Platz finden sollten. Da sich um dasselbe auch ein großer, schattiger Garten mit stets frischem Wasser befand, so entsprach dieses Haus vollkommen allen modernen Anforderungen.

Am 10. Mai wurde dieses Hospiz, welches den Namen Wat-House erhielt, unter dem Beifalle der ganzen Stadt, die bei dieser Gelegenheit der edlen Gründerin ihre Sympathie ausdrücken wollte, eröffnet. Aber Mrs. Branican erschien nicht zu dieser Feierlichkeit und wollte ihr Haus nicht verlassen. Sobald eine Anzahl Kinder in dem Wat-House aufgenommen waren, kam sie jeden Tag zu ihnen, als wenn sie ihre Mutter gewesen wäre. Die Kinder blieben in diesem Hause bis zu ihrem zwölften Jahre, lernten lesen, schreiben und rechnen und konnten sich ein beliebiges Handwerk wählen. Diejenigen, welche sich dem Seeleben widmen wollten, konnten sich als Schiffsjungen einschiffen, und gerade diese waren der Gründerin am liebsten, gewiß aus Erinnerung an ihren John.

Bis zum Ende des Jahres 1881 war noch immer keine Nachricht über den »Franklin« nach San Diego oder anderswohin gedrungen, obwohl die größten Belohnungen demjenigen in Aussicht gestellt wurden, der die kleinste Spur gefunden hätte. Und doch verzweifelte die Frau nicht. Was ihr das Jahr 1881 nicht gebracht hatte, würde ihr vielleicht das Jahr 1882 bringen ...

Was war denn aus Mr. und Mrs. Burker geworden? Wohin hatte sich dieser Mann geflüchtet, um den Verfolgungen zu entgehen? Die Polizei gab ihre Nachforschungen schließlich auf, und Mrs. Branican mußte verzichten, jemals zu erfahren, was aus Jane geworden war.

Aber sie wunderte sich, daß sie nie von ihr einen Brief erhielt, den sie doch hätte schreiben können, ohne die Sicherheit ihres Mannes auf das Spiel zu setzen. Wußten sie denn Beide nicht, daß Dolly ihren Verstand wiedererlangt, daß sie ein Schiff zur Auffindung des »Franklin« ausgeschickt hatte, und daß diese Expedition ohne Erfolg geblieben war? Hatten denn nicht die Zeitungen beider Halbkugeln lange Artikel über diese Reise gebracht, und konnte man glauben, daß sie dies nie erfahren hätten? Sie mußten sogar von der großen Erbschaft gehört haben, die sie gemacht hatte, und daß sie im Stande war, ihnen zu helfen. Und doch hatte weder Len noch Jane gewagt, ihr zu schreiben, obwohl sie sich in einer traurigen Lage befinden mußten.

Die ersten drei Monate des Jahres 1882 waren verflossen; noch immer hörte man nichts über den »Franklin«. Schon glaubte man, daß auch dieses Jahr so vorüberfließen würde, als etwas eintrat, was ein wenig Licht auf das Verschwinden dieses Schiffes zu werfen schien.

Am 27. März kam der Dampfer »Californian«, auf welchem sich der Matrose Zach Fren befand, nach San-Francisco, nachdem er durch mehrere Jahre die Meere Europas befahren hatte. Sobald Mrs. Branican dies hörte, schrieb sie an Zach Fren, indem sie ihn einlud, sofort zu ihr nach San-Diego zu kommen. Da er selbst die Absicht hatte, seine Vaterstadt zu besuchen, um einige Monate hier auszuruhen, so antwortete er, daß er sich nach der Ausschiffung sofort nach San-Diego begeben und sein erster Besuch dem Prospect-House gelten werde.

In derselben Zeit aber verbreitete sich eine Nachricht, die in allen Zeitungen der Vereinigten Staaten widerhallte. Man erzählte nämlich, daß der »Californian« einen Balken aufgefischt hatte, welcher wahrscheinlich vom »Franklin« herrührte. Eine Zeitung von San-Francisco setzte hinzu, daß der »Californian« dieses Holz im Norden von Australien, in den Gewässern bei der Insel Melville, westlich von der Meerenge Torres, gefunden habe.

Als diese Nachricht nach San-Diego gelangte, eilten Mr. William Andrew und der Capitän Ellis sofort in das Prospect-House. Bei dem ersten Worte erbleichte Mrs. Branican, dann aber sagte sie in jenem Tone, der eine feste Ueberzeugung ausdrückt:

»Nach dem Stück Holze wird man den ›Franklin‹ finden und nach dem ›Franklin‹ John und seine Gefährten.«

In der That war das höchst bedeutungsvoll. Man besaß jetzt einen Ring jener Kette, die die Gegenwart mit der Vergangenheit verband.

Sofort ließ Mrs. Branican eine Karte von Australien bringen, und nun mußten Mr. William Andrew und der Capitän Ellis die Frage einer neuen Seereise studieren, denn sie wollte, daß dieser Entschluß sogleich gefaßt werde.

»So hat der ›Franklin‹ nicht seinen Weg über Singapore genommen, bemerkte zuerst William Andrew.

– Aber das ist unmöglich ... das ist unmöglich, erwiderte der Capitän Ellis.

– Doch, wenn er diesen Weg genommen hätte, wieso hätte man nördlich von der Insel Melville dieses Holz finden können?

– Das kann ich mir nicht erklären, Herr Andrew, erwiderte der Capitän. Ich weiß nur, daß der ›Franklin‹ auf seiner Fahrt südwestlich von der Insel Celebes gesehen worden ist, nachdem er die Meerenge von Mahkassar verlassen hatte. Wenn er durch diese Meerenge gefahren ist, so konnte er nur von Norden und nicht von Osten gekommen sein; er hat daher nicht durch die Meerenge von Torres fahren können.«

... wo der Capitän Ellis einen genauen Bericht über seine Fahrt gab.

Diese Frage wurde lange in Erwägung gezogen, und schließlich mußte William Andrew dem Capitän Recht geben.

Mrs. Branican hörte das Für und das Wider stillschweigend an, aber eine Falte auf ihrer Stirn zeigte, mit welcher Zähigkeit, mit welchem Eigensinn sie sich weigerte, den Untergang Johns und seiner Gefährten zuzugeben. Nein! Sie würde nicht daran glauben, so lange sie nicht einen wirklichen Beweis von ihrem Tode in den Händen hätte.

... kam sie jeden Tag zu ihnen, als wenn sie ihre Mutter wäre.

»Es sei, sagte Mr. William Andrew, ich bin Ihrer Meinung, lieber Ellis, daß der ›Franklin‹ das Javanische Meer durchschneiden mußte, indem er gegen Singapore fuhr ...

– Wenigstens theilweise, Herr Andrew, weil zwischen Singapore und der Insel Celebes der Schiffbruch hat stattfinden können.

– Gut, aber wie konnte das Holz bis nach Australien kommen, wenn der ›Franklin‹ auf einer Klippe jenes Meeres gescheitert ist?

– Das ist mir nur auf eine Weise verständlich, indem nämlich dieses Holz durch die Meerenge der Sundainseln oder eine der anderen Meerengen getrieben wurde, welche diese Inseln von der Timor-See trennen.

– Geht die Strömung nach dieser Seite?

– Ja, Herr Andrew, ich sage sogar, daß, wenn der ›Franklin‹ durch einen Sturm verschlagen worden war, er leicht bis an die nördliche Küste Australiens getrieben werden konnte.

– Wirklich, lieber Ellis, das ist die einzige plausible Hypothese, und wenn ein Stück Holz des Schiffes bei der Insel Melville sechs Jahre nach dem Schiffbruche gefunden wurde, so kann es sich nur von den Klippen losgemacht haben, an denen der ›Franklin‹ gescheitert ist.«

Auf diese Erklärung eines so tüchtigen Seemannes war nichts zu erwidern.

Mrs. Branican, die keinen Blick von der Karte gewendet hatte, sagte dann:

»Da der ›Franklin‹ wahrscheinlich an die Küste von Australien geworfen wurde und die Schiffbrüchigen nicht zurückgekehrt sind, so werden sie bei den Eingeborenen gefangen gehalten ...

– Dolly, das ist nicht unmöglich ... und doch ...« erwiderte Mr. William Andrew.

Mrs. Branican wollte eben gegen jeden Zweifel energisch protestiren, als der Capitän Ellis sagte:

»Jetzt handelt es sich vor Allem darum, ob das aufgefischte Holz wirklich zu dem ›Franklin‹ gehörte.

– Zweifeln Sie daran? fragte Dolly.

– Das werden wir bald wissen, erwiderte Mr. William Andrew, denn ich habe Befehl gegeben, uns diesen Fund zu senden.

– Und ich, fügte Mrs. Branican bei, gebe den Befehl, daß der ›Dolly-Hope‹ sich bereit halte, in See zu stechen.«

Drei Tage später kam der Hochbootsmann Zach Fren, der soeben in San-Diego angelangt war, in das Prospect-House.

Er war ungefähr siebenunddreißig Jahre alt, von kräftiger Gestalt, und hatte in dem wettergebräunten Gesichte jenen offenen Zug, der sofort Vertrauen einflößt.

Mrs. Branican nahm ihn mit so großer Dankbarkeit auf, daß er nicht wußte, was er sagen sollte.

»Mein Freund ... Sie ... Sie haben mir das Leben gerettet ... Sie ... der Alles gethan hat, um mein Kind zu retten ... was kann ich für Sie thun?«

Der Hochbootsmann erklärte, daß er nur seine Pflicht gethan habe ... Ein Matrose, der nicht so handeln würde, wäre kein Matrose ... Er bedauere nur, daß er nicht auch das Kind hätte retten können ... Aber er verdiene dafür nichts ... Er dankte Mrs. Branican für ihre Aufmerksamkeit ... Wenn sie es ihm erlaube ... so würde er sie besuchen, so lange er am Lande wäre ...

»Seit vielen Jahren, Zach Fren, sehe ich Ihrer Rückkehr entgegen und ich hoffe, daß Sie an meiner Seite sein werden, wenn der Capitän John wiederkehren wird ...

– Wenn der Capitän John wiederkehren wird!

– Zach Fren, glauben Sie? ...

– Daß der Capitän John todt ist? ... Nein! ... Nein! ...

– O ... Sie haben auch noch Hoffnung?

– Mehr als Hoffnung, Mrs. Branican ... eine schöne, gute Gewißheit ... Geht ein solcher Capitän, wie Capitän John, in einem Windstoße wie eine Landratte unter? ... Nein! ... So etwas ist noch nicht dagewesen!«

Die Worte des Matrosen regten Mrs. Branican ungemein auf, denn sie sah, daß sie nicht die einzige war, zu glauben, daß John wiedergefunden würde ... Noch ein Mensch theilte ihre Ueberzeugung ... und dieser andere war ihr Lebensretter ... Sie sah dies für ein Zeichen der Vorsehung an.

»Ich danke, Zach Fren, ich danke! ... Sie wissen nicht, wie wohl mir diese Worte thun ... Sagen Sie noch einmal ... sagen Sie noch einmal ... daß der Capitän John den Schiffbruch überlebt hat.

– Allerdings ... allerdings, Mrs. Branican! Der Beweis ist doch da ... und wenn dies noch kein Beweis ist ... so wird man noch einen anderen finden ...«

Dann erzählte Zach Fren, auf welche Weise jenes Stück Holz von dem »Californian« aufgefischt worden war. Endlich sagte Mrs. Branican:

»Ich bin entschlossen, Zach Fren, sofort neue Nachforschungen anstellen zu lassen ...

– Gut ... und diesmal werden Sie Erfolg haben ... und wenn Sie mir erlauben, so fahre ich mit.

– Sie wollen sich dem Capitän Ellis anschließen? ...

– Von Herzen gern!

– Ich danke, Zach Fren! ... Ich glaube, wenn Sie an Bord des Schiffes sein werden, wird das von guter Vorbedeutung sein.

– Ich glaube es auch, Mrs. Branican, sagte Zach Fren, indem er mit den Augen zwinkerte ... ja, ich glaube es auch ... und ich fahre mit.«

Dolly nahm ihn bei der Hand und druckte sie wie die eines Freundes. Die Hoffnung riß sie mit sich – verwirrte sie. Sie wollte glauben, daß der Matrose dort Glück haben würde, wo die Andern Mißerfolg hatten. Aber man wollte doch, wie dies auch der Capitän Ellis bemerkt hatte – obwohl Mrs. Branican fest überzeugt war – die Gewißheit haben, daß das Holz dem »Franklin« gehöre. Dieses Bruchstück, welches ungefähr zehn Meilen von der Küste der Insel Melville aufgefischt worden war, war ein Stück des vorderen Steven oder vielmehr jener Verzierung, der Gallion, die sich gewöhnlich am Vordertheile der Segelschiffe befindet. Dieses Holzstück war schon sehr verwittert, nicht weil es lange im Wasser gelegen hatte, sondern weil es den Einwirkungen der Luft ausgesetzt gewesen war. Daraus konnte man also schließen, daß es lange Zeit auf den Klippen lag, an denen das Schiff scheiterte, und daß es durch irgend eine Ursache – wahrscheinlich durch einen Sturm – losgerissen und mehrere Monate oder Wochen herumgeschwommen war, als es von dem »Californian« aufgefischt wurde. Was nun das Schiff anbelangt, war das wirklich der »Franklin«? ... Ja, denn die Schnitzerei, die auf diesem Holze gefunden wurde, sah der ähnlich, die sich am Vordertheile des »Franklin« befand. Und wirklich verhielt es sich so. Das Stück Holz wurde nach San-Diego gebracht und man erkannte bald, daß es dem verschollenen Schiffe angehörte.

Jetzt konnte man auch der Ansicht des Capitän Ellis zustimmen: Da der »Franklin« im Südwesten von Celebes gesehen wurde, so mußte er einige Tage später durch die Meerenge der Sundainseln oder anderer, die sich gegen die See von Timor öffneten, schwimmen und so an die Küste von Australien gelangen.

Es war daher ganz gerechtfertigt, ein Schiff zur Erforschung der Sundainseln und der Nordküste von Australien auszusenden. Würde diese Fahrt von mehr Erfolg begleitet sein, als die zwischen den Philippinen und den Molukken? Man konnte es wohl hoffen.

Diesmal wollte Mrs. Branican selbst an der Fahrt theilnehmen, aber Mr. William Andrew, der Capitän Ellis und auch Zach Fren überzeugten sie schließlich – wenn auch mit Mühe – daß diese Fahrt sehr lange dauern und die Anwesenheit einer Frau nur störend einwirken würde.

Es ist selbstverständlich, daß Zach Fren als Hochbootsmann aufgenommen wurde, und der Capitän traf nun die letzten Anstalten, um sobald wie möglich abzufahren.


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