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Auf einer Lichtung hauste in jenem Walde ein alter Eremit: seine Klause war so klein, daß ein Kaninchen mit vier Sprüngen alles davon gesehen hätte. Der heilige Mann schlief dort auf einem Bett von dürren Blättern. Er buk sich selbst sein Roggenbrot, zog etwas Gemüse und hielt eine Ziege und ein Dutzend Kücken. Für die schönen Körbchen, die er zu flechten verstand, bekam er dann und wann das wenige, was er sonst noch brauchte, aus einem entlegenen Dorf, und Wallfahrer brachten ihm bisweilen auch Leckerbissen von der Kirmes, etwa weißen und schwarzen Schwartenmagen mit Ohren und Schnuten. Aber des Klausners Seele und all sein Tun waren stets Gott allein zugekehrt. Ihn bewundern und loben in all seinen Werken und versinken in die Betrachtung seiner unerschöpflichen Güte, das war seine Beschäftigung, und das war sein Leben.
Und so geschah es einst, als er am frühen Morgen schon still am Wandeln war und mit dankbarem Staunen das Wunder aller Tage beschaute, den Morgensonnenglanz, der durch den feuchten Wald spielte, daß er einen Mann auf dem Bauche liegend fand, mit ausgestreckten Armen, der leise stöhnte. Der Klausner holte etwas Wasser aus einem Bach, wusch dem Fremdling das Gesicht, und endlich schien dieser aus einem Traum zu erwachen, mit irrem Blick. Er begriff nicht, was der Alte zu ihm sprach, und ließ sich schwankend tragen bis zu dem Blätterbett, wo er dann erschöpft wieder zusammensank.
Ahasverus brannte von dem Fieber, und Visionen durchdüsterten sein Erinnern; die Hölle rief noch hinter ihm, und er klammerte sich fest an den Arm des Klausners, um nicht in jene grausige Tiefe zu fallen, wie ein Stein in einen Abgrund. Und der Alte, um ihn zu beruhigen, klopfte ihm dann leise in die Hände, wie man einem Kinde tut, und dankte im Innersten Gott, der ihn vielleicht als Werkzeug erwählt hatte, um einen armen Sünder zu retten.
Und jedesmal, wenn Ahasverus seine Augen öffnete, sah er den guten Graubart sogleich herbeikommen, und das Lächeln in diesem runzligen Gesicht war so natürlich, daß Ahasverus dann auch matt lächelte, – er fühlte sich so völlig erschöpft …
An diesem Tage sprachen sie beinahe nichts. Von Zett zu Zett bat Ahasverus um einen Trunk; das kühle Quellwasser erfrischte sein Herz für einen Augenblick. Als das Fieber ihn ein wenig losließ, blickte er halb bewußtlos auf das ruhige Treiben des Eremiten, der Kräuter für den Kranken ziehen ließ oder ihm seinen Brei kochte oder still dasaß über den dicken Kugeln seines Rosenkranzes und betete.
Aber als der Abend kam, wurde Ahasverus todesbang: das geheimnisvolle Leben des Waldesdunkels begann wieder zu spuken und über ihn hin zu heulen. Erst als er fühlte, daß der Klausner ihn bei der Hand hielt, konnte er die Nachtmahr von sich abschütteln, und als er das klare Gesicht über sich gebeugt sah, war es ihm auf einmal, als ob seine Mutter vor ihm stünde. So schlief er dann sanft ein.
Als der Hahn ihn wach krähte, war der Wald, den er durch die offene Tür sah, schon blauig von der Frühe des Morgens; ein rosiger Strahl glitt durch das Fensterchen in die Klause, und draußen war ein Gezwitscher und Geflöte von Meisen und Amseln in der Kühle; sogar den alten Eremiten hörte Ahasverus irgendwo singen, etwas wie ein Gebet, auf eine verhaltene und eintönige Weise, die kindlich klang.
So suste Ahasverus noch einen Augenblick vor sich hin, und Erinnerungen von einst, da er ganz klein war, stiegen ungerufen in ihm auf; seine Mutter nahm ihn wieder mit zur Kirche, und er durfte da mitsingen; in der Kirche waren duftende Weihrauchwolken und schöne Lichter, die den ganzen Tag brannten, und goldene Dinge, die im Halbdunkel glommen. Seine Mutter war früh gestorben, sie sah immer so traurig aus … Er schloß von neuem die Augen und träumte von diesem Weihrauch und diesem Gesang, bis der Klausner wieder behutsam hereinkam; er plauderte mit friedvoller Stimme und brachte Ahasverus Milch und Brot und Eier, was ihm sehr gut tat, denn er fühlte wieder das gierige Leben seines Leibes.
»Ich will leben …« – er sagte es mit einer Frage in seinem Blick, und »Gott wird Euch heilen«, sprach der Alte.
Es befremdete Ahasverus selbst, daß seine Stimme so ohne Kraft war. »Gott …« lispelte er, schwieg aber wieder, sobald er dies Wort aus seinem eigenen Munde gehört hatte.
Und als er nun aufrecht saß und umherblickte, sah er dicht beim Fensterchen einen Holzblock, worauf ein gekreuzigter Heiland seine Arme ausstreckte, neben einem schweren Buch und einem Totenschädel. Ahasverus betrachtete das lange und mit schmerzlicher Andacht. Er begriff nicht mehr, was in ihm vorging, es war wie eine geheimnisvolle Scheu, die zauderte: er fühlte es wohl, daß er wie ein Kind dalag, daß er nicht mehr hassen konnte, daß sein Hochmut gebrochen war, und er fühlte das wie den süßen, süßen Schmerz von einer Wunde, aus der sein Blut unsichtbar wegtropfte.
»Frag mich nicht, wer ich bin … Du darfst mich nichts fragen …«
Er ließ sich wieder hintenüber fallen, und seine mageren Hände lagen ohnmächtig da, und in seiner Brust brannte der süße Schmerz.
»Gott hat Euch zu mir gesandt«, sagte der Alte ruhig und ernst.
Ahasverus lächelte wehmütig und schwieg.
An diesem Tage wandelte er mit dem Eremiten durch den Wald. Die Milde des Herbstes lag schon in der Luft; feiner Nebel glitzerte auf den Spinneweben, und der Sonnenschein war eine blonde Röte, die alle Dinge so schön machte wie eine schöne Erinnerung. Und »Ich lebe!« dachte Ahasverus immer nur, mit einer Art von Verwunderung und einfältiger Freude. Er fühlte den Boden unter seinen Füßen, sah das Schauern des reinen Lichtes durch die Bäume, die voller Vögel waren, sog den Duft der Himbeeren ein, und das alles war Leben, Leben, – aber durfte er dieses Leben wohl anrühren? Würde es nicht auf einmal verschwinden in einem Traum? Und er lauschte nach der ruhigen, innigen Stimme des Alten so wie früher nach den Märchen seiner Mutter. Wieviel Jahre war das her? War sein Leben eine einzige lange Krankheit gewesen, aus der er nun erst langsam genas?
Als es Abend wurde, saßen sie zusammen auf einer kahlen Höhe, von wo man, über die Kronen der Bäume blickend, all die Wälder sich dehnen sah wie große Wellen, die endlich ineinander liefen und immer blauer wurden bis hin zur purpurnen Ferne, wo die Sonne sterben ging. Die letzten Strahlen schienen noch da drüben auf dem strengen Antlitz des Waldes, der die Stille umsäumte. Als Ahasverus so neben dem Eremiten saß, war all das böse Grauen verbannt; aber je mehr Friede aus der Welt heraus flüsterte, und je zarter der Himmel über ihm wurde, um so mehr fühlte Ahasverus die alte Unrast wieder in seinem Herzen, fühlte er die Wunde seines Herzens brennen, unerträglich sanft, in dem verlöschenden Lichte des Abends.
Sie schwiegen lange. Das Antlitz des Eremiten war ein unbewegliches Leuchten in der lichten Dämmerung. Er schloß seine Augen, um tiefer in sich selbst die währende Schönheit anzuschauen alles dessen, was er gesehen hatte, und sagte halblaut: »Gott!«
Dies eine Wort war wie die Stimme des großen Schweigens, worin sie da irgendwo saßen, verloren wie in einem Meer.
»Ich habe ihn so lange gesucht …« sagte Ahasverus kurz und dumpf, den Kopf zum Boden gewendet.
»Was könntet Ihr wohl anders auch suchen?« fragte ruhig der Greis. »Alles, was die Menschen tun, es sind Bewegungen hin zu Gott. Aber sie wissen es nicht und liegen im Schlamm.«
»Ich habe ihn niemals gefunden …«
»Wenn Ihr nur ahnt, daß Gott ist, dann könnt Ihr nichts anderes finden. Er ist das Unbegreifliche Licht. So wie alle Flammen nach oben schlagen, so kann Eure Seele nicht anders, als steigen zum Licht.«
»Aber wenn alles nur ein Traum wäre …«
»Alles ist ein Traum, nur nicht dies eine.«
Die unhörbare Flut der Dunkelheit kam langsam herauf: die Wälder standen tiefschwarz gegen den opalglänzenden Himmel. Und Ahasverus fühlte schmerzlicher denn je, daß, was da in ihm brannte, ewig brennen würde, ach! kein Traum war.
Die folgenden Tage schweifte er wieder umher, von seiner Unrast gejagt. Das Bild jenes Abends lebte in ihm fort, eins geworden mit den Worten des Klausners: die schwarzen Wälder und der leuchtende Himmel, der die Welt überwölbte … Da hatte er auf einmal so deutlich begriffen, was er war; – das Unergründliche Licht! dies Wort war bis in sein tiefstes Innere gefallen, und … er fand es so einfach, nun, da es ausgesprochen war, wie wenn es schon lange in ihm läge, unbewußt. War es also doch dieses, wonach er verlangt hatte? Wonach er noch verlangte, – denn die Flamme schlug wieder empor, er hatte sie in den Abgründen des Erdenstaubes nicht auslöschen können … O, diese Abgründe! … Seit er dort gewesen war, fühlte er mehr denn je seine Ohnmacht, und daß er ein armseliges Pünktchen war, verloren im Ewig-Unbegreiflichen: sein ganzes früheres Leben schien ihm zusammengeschrumpft zu einem Nichts – zum Rascheln dürrer Blätter von einem Schritt, der vorübergeht – vor diesem einen, wovon der Eremit gesprochen hatte. Warum sollte er es noch leugnen, sich verkriechen hinter einem Stein? Er suchte dies eine, ach, er suchte dies eine!
Aber … wenn es gar nicht vorhanden wäre? …
Zerrissen von diesem Zweifel, blieb er lange, den Kopfzwischen den Händen, versunken in grausige Nacht, bis endlich wieder eine Klarheit in ihm tagte, und diese Klarheit war wie ein Blick, den er so wohl kannte:
»Etwas von diesem Licht war in den Augen Christi …« grübelte er.
Er lief durch den Wald, strauchelnd, und rief: »Gott! Gott!« als ob das hätte helfen können! Erschöpft lag er dann wieder, die Hände ringend, im Grase und rief: »Gott! Gott!« und auf der freien Höhe blieb er hochaufgerichtet stehen, den Kopf hintenüber gebeugt und die Augen geschlossen, und rief: »Gott! Gott!« – aber er war unabänderlich und ewig allein.
Sein Blick folgte einer Lerche, die singend stieg und stieg, in die Luft, so hoch, daß sie in dem strahlenden Raum verschwand. »Sie wird bald doch wieder hinunter auf die Erde müssen!« lachte Ahasverus. So flogen auch seine Gedanken, aber sie waren wie blinde Vögel, die zum Licht emporstiegen, um dann, vom Blitzstrahl der eigenen Verzweiflung getroffen, auf verbrannten Flügeln wirbelnd wieder in die Finsternis hinabzutaumeln.
Und selbst in der Helle des Tages erschienen alle Dinge der Erde ihm dunkel, wie an jenem Abend; im Walde war es ihm, als ob kaum ein wenig Kellerlicht durch die alten Bäume herabsickerte.
Bisweilen dachte er: »Meine Füße haben in dem Tod gestanden, meine Hände haben den Tod gefühlt, ich kann nichts, ich bin nichts, nimm mich in deine Unendlichkeit, o Gott!«
Und bisweilen, wenn das Blut wieder in ihm stark geworden war, erhob sich auch die Stimme von früher: »Ich werde nicht zerbrechen«, und verbissen irrte er dann durch die Verlassenheit der Wälder, bis er am Abend, hungrig und erschöpft, wieder in der Klause ankam und still sitzen blieb bei dem Eremiten. Sie sprachen wenig; aber Ahasverus fühlte sich dort wohler und sicherer. Denn wenn er auf das friedvolle Gesicht des alten Mannes blickte, sah er, daß dort eine Zuversicht war, die er nicht begriff, aber doch fühlte.
Und Ahasverus glaubte nicht, aber etwas war in ihn hineingeschlüpft, wenn er es auch selbst nicht deutlich wußte, das immer heller brennen würde in der Glut seiner dunkel-öden Seele: die Hoffnung, – die Hoffnung, daß auch er einst seine Ruhe finden würde, – vielleicht …
Der Wald begann allmählich zu rosten, ein großer Palast voll trüben Glanzes.
Auf dem fühlenden Kupferrot und Bernsteingelb der Kronen lag der flüchtige Glanz der Sonne oft so fremd, weil man nicht sah, aus welchem Winkel des Himmels sie scheinen mochte, als wäre sie aus Nebel zu Licht geworden oder ein stilles Leuchten der Dinge selbst.
Aber dann kam der verwesende Herbst, der unaufhörliche, fröstelnde Regen, der die Wälder erschauern macht in einem bleichen und totenstillen Dunst.
Der Eremit wurde krank: sein Leib war so alt! Ahasverus blieb nun fast immer bei ihm; oft schwiegen sie lange, und aus diesem Schweigen erhob sich dann das verzückte Wort des Heiligen wie ein reines Feuer über eine Welt empor, die Ahasverus grauer und elender schien denn je. Weiter zu flüchten ins offene Land, daran dachte er nicht einmal mehr: was konnte das nützen? Es war doch überall dieselbe Erde, dunkel, gebunden in ihrer Verdammnis.
Aber ein kleines Samenkorn von Hoffnung kann so schnell aufschießen, ohne daß man es merkt, da drinnen! Und es schimmerte wohl eine Helligkeit da drinnen, wie das geheimnisvolle Herbstlicht, dessen Ursprung man nicht steht, – ein blasser Widerschein jener Schönheit, die in der Seele des Klausners wie in einem hellen Spiegel lag.
»Wie bin ich doch verändert!« mußte Ahasverus bisweilen bekennen: es wunderte ihn selbst, daß er nun still dasitzen konnte und warten – warten auf das, was er nicht zu ahnen wagte stundenlang, beinahe gelassen denkend an alles, was geschehen war. Die wilde Glut verzehrte ihn dann nicht mehr, die lodernde Flamme verblaßte wie in einem matten Morgenrot.
Und an einem Morgen, da alles in einem silbrigen Nebel schwamm, fühlte er auf einmal, ohne Ursache, eine heitere Gewißheit in sich, eine natürliche Aufwallung seines ganzen Wesens, etwas, das von selbst emporstieg wie ein Gesang, wie eine Welle in der Sonne, und in diesem Augenblick wußte er, wußte er in seinem Herzen, daß das unvergängliche Licht war, es konnte unmöglich sein, daß es nicht war …
Aber auch dieser Tag verlief in Armseligkeit und Ohnmacht … Wie seltsam war es doch! Selbst das Wort des Klausners schien ihm nun dürr, wie tote Worte in einem Buch. Niemals hatte er sich so hilflos gefühlt, so ganz der Kraft beraubt, so jämmerlich lustlos, und er stahl sich in seine Ecke und dachte einfach: »Mach mit mir, was du willst!«
Wieder wartete er, Tage und Tage.
Mit dem heftigen Eintritt des Frostes war der Alte ganz steif geworden; er aß fast gar nicht, rührte sich fast gar nicht mehr und saß aufgerichtet beim Feuer: so schien er mit dem Winter zu erstarren, die mageren Hände auf den mageren Knieen, und all sein Leben war nun zusammengeschrumpft in den Glanz seiner Augen. Darin las Ahasverus deutlich, was er ihm einst gesagt hatte: »Sterben ist geboren werden.« Je weiter der Traum der Ewigkeit in dem Greise aufblühte, um so strenger wurde seine Stimme, unerbittlich wie die Wahrheit selbst, und in dieser Stimme hörte Ahasverus seinen eigenen Groll gegen all das Halbe, das Laue, das Trübe, das Unvollkommene, sein eigenes stürmisches Begehren nach … dem Einzigen, das da mehr war denn alles. In die Klause eingeschlossen, vor dem Eremiten, der still ans Sterben ging, konnte er, ach! an nichts anderes mehr denken. O, hätte er demütig, ganz klein und demütig, jede Stunde zu einem Gebet gemacht zu jenem Licht, das niemand greifen oder denken kann, dann würden Erde und Menschen einst unter ihm versinken wie ein wenig Staub, – und dann: die einzige Wirklichkeit, in Ruhe ohne Ende! … Er betrachtete nur immer gespannt das unbewegliche, gelbe Antlitz des Heiligen, um in seinen Augen den Weg zu ergründen nach diesem Einen, diesem Einen! …
Es fiel dichter Schnee, der knisternd fror, auf diesen großen lichten Fleck, den der nackte Winterwald ganz schwarz umstand. An dem weißblauen Himmel hing eine Sonne ohne Wärme, die Luft und der Schnee glitzerten von klingend rauher Kälte, die beißend war wie Salz. Alles war tot, nur das starre Licht lebte allmächtig und unbeweglich über der Welt. Und die Tage waren nun immer einander gleich, manchmal kam es Ahasverus vor, als ob keine Zeit mehr sei. Der Eremit und er, sie saßen da allein, mit dem Vorgefühl des Unendlichen in ihrer Brust.
Und einmal, als sie so beisammen waren in ein und demselben Traum, schien der Alte, das Haupt hintenüber gebeugt und die Augen weit geöffnet, zu lauschen nach etwas, das nur er allein zu hören vermochte.
»Was siehst du? Was hörst du?« fragte Ahasverus, der hinzusprang.
Aber der Alte sprach kein Wort. Und da geschah es, daß Ahasverus, als er durch das Fenster über den harten, weißen Boden blickte, auf dem die Sonne funkelte, im Winde Gestalten von Licht sah mit schneeigen Flügeln, höher als die Bäume, und eine übernatürliche Musik schwebte und wirbelte mit diesen Gestalten in die Höhe, und dann war nichts mehr als ein ferner Klang dieser Musik im Winde.
Ahasverus schlug seine Hand vor die Augen und lauschte in sich selbst hinein; ihm war, als ob das Leben nun für immer stillstünde. Aber dann hörte er wieder das Klopfen seines Herzens und das Knistern des Feuers, wo einige Kartoffeln zum Rösten in der Asche lagen, – und in der wirklichen Stille, durch die hindurch die gewohnten Geräusche vernehmbar waren, fühlte er noch die unsagbare Süßigkeit der Erinnerung an jene Musik …
»Ist einer meiner undenkbaren Gedanken lebendig geworden? … Sollte mein Ende auch nahe sein? …« jubelte er innerlich, mit einer Freude, die alles an ihm leichter machte. Es war, als ob seine Seele über ihn selbst hinaus entrückt war, so daß sein ungestümes Begehren und das glühende Nagen in seiner Brust eine Winzigkeit wurde, die ihm nichts anhaben konnte, ein Leid, das zufällig das seine war, nun, aber einst verschwinden würde mit dem wenigen, das sein Leben ausgefüllt hatte.
»Das Licht! Das Licht! …« Es war nichts mehr in ihm als ein Gedanke, der nackt und frei emporstieg zu diesem Licht. Die Klause und der Klausner, sie schienen ihm auch plötzlich so seltsam zufällig, eine Wirklichkeit, die keine war, das Bild eines Augenblicks …
Hinaus ins Freie! in die Luft! auf die Höhe! wo er vor nichts anderem mehr stehen würde als vor den durchscheinenden Weiten und dem klaren Abgrund des Himmels, wie inmitten eines großen Kristalls von Licht.
Und seine Seele und dieses Licht waren ein und derselbe Gesang, den er hörte.
Gott schien ihm näher als sein eigener Leib.
Zu seinen Füßen waren die hügeligen Wälder und die ganze Welt nichts mehr als das Bild eines Augenblicks.
Nur eine Regung seiner Seele gab dem allen Leben …
Aber dann gewahrte er doch plötzlich wieder ein seltsames Unbefriedigtsein, wie eine Schwermut, weil er nicht mehr stieg, weil sein Herz nicht weiter und immer weiter sich öffnete, weil alles nun so blieb, unveränderlich schön, und sobald er das gefühlt hatte, stand er wieder allein da, in der Zeit.
»Was fehlt mir denn noch? Was willst du von mir?« flehte Ahasverus, »was willst du von mir? …«
Allerlei Gedanken und Bilder kamen wirr in ihm herauf, und darunter waren solche, die er im stillen fürchtete, und andere, die er nicht greifen konnte, wie eine Erinnerung, die immer entflieht. Aber er wollte sie zwingen: »Ich bin ihr Herr!« rief er und richtete sein Gesicht wieder auf. In dem klaren Licht standen alle Umrisse scharf und deutlich gezeichnet, die Büsche, die alten Bäume mit ihren knorrigen Armen; – die Luft war eine einzige Leere, die Sonne schien unbeweglich auf den Schnee, alles war erstarrt in einer kristallenen, ewigen Pracht, und das funkelnde Licht war überall, – schweigend und regungslos wie der Tod.
»Hoffe ich denn nicht? Glaube ich denn nicht? Was fehlt mir denn noch? Gibt es ein irdisches Verlangen, das ich nicht hinuntergewürgt habe, zermalmt, vernichtet?«
Er kratzte sich mit seinen Nägeln das Blut aus der Brust, aus der Stirn, er wollte seinem jämmerlichen Leibe Schmerz zufügen; und während er über der Welt und über sich selbst stand, so nahe bei seinen höchsten Träumen, blieb er unglücklich, bedrückt, mit einer harten Kruste auf dem Herzen, die er nicht sprengen konnte.
»Warum kann ich das gewaltige Leben nicht fühlen, das ich ahne?« grübelte er. »Warum stehe ich in dem grausamen Glanz dieses Winterlichtes wie in dem Tod?«
Und so irrte er wieder durch die Wälder.
Nach einer Weile kam er auf einen Weg, wo eine Zigeunerbande lagerte, fahrendes Volk von Kesselflickern, Korbflechtern, Pferdebändigern, Wahrsagern und was weiß ich nicht alles. Stramme, schwarze Kerle waren es in Schaffellen, Frauen und Kinder in bunten und grau-verschossenen Lumpen und Fetzen, ein ganzer Stamm abgerissener Landstreicher, die aussahen wie Könige; sie lagen da beim Mittagsmahl um die Feuer herum, auf denen das Fleisch briet; etwas weiter entfernt standen ihre großen überdeckten Wagen. Ahasverus fühlte seinen Magen so wässerig von Hunger: seit wie lange hatte er keine Hammelkeule mehr gesehn! Mit scheu lauerndem Blick bat er um etwas Essen, und sie lachten gutmütig, daß die weißen Beißer in ihren verbrannten Gesichtern blitzten, als sie den mageren Schächer so tapfer an den Knochen nagen und knabbern sahen. Von allen Seiten kamen diese wunderlichen Botokuden herbei, neugierig wie die Kinder, um das Wie und Was zu erfahren. Doch Ahasverus gab nur karge Antwort; seit langer, langer Zeit war er nicht mehr unter Menschen gewesen; es kam ihm vor, als ob er allem so fern stünde, eine unsichtbare Wand zwischen sich und diesen Gestalten, zwischen sich und seinem eigenen Herzen. Er guckte sie verwundert an, diese kecken Gesellen mit Augen wie Gold, die alte Hexe, die den Spieß drehte und dabei fortwährend etwas murmelte in ihrem zahnlosen Mund, und all diese Bären von Kindern und diese Frauen mit ihren kleinen Rotznasen auf dem Rücken: das waren auch für ewig Verstoßene, Wanderer ohne Land und ohne Gott; in ihren schmutzigen Lumpen trugen sie den Geruch der Erde, etwas von der wilden Weite und dem Wind vieler Gegenden, und doch bemerkte Ahasverus keine Unrast in ihrem Blick.
»Wohin geht ihr?« fragte er. Sie wiesen es ihm: nach da hinten zu Dörfern und Städten; sie hatten Reisigbündel gekappt und wollten die verkaufen. Damit hatte Ahasverus sich wieder ausgesprochen. Ihnen folgen? Er wollte nicht daran denken: er kannte das Leben doch und die Trübseligkeit dieses Umherschweifens ohne Ziel; es war zu spät, das süße Heimweh nach dem Himmel würde er niemals wieder aus seiner Seele bannen können …
Nun machten sie sich fertig zum Aufbruch. Überall gab es eine eifrige Geschäftigkeit in dem schmutzigen Schnee. Das Gerät wurde zusammengepackt und die Reisigbündel auf Karren geladen. Kleine Bürschchen rannten hinter den Pferden her, die sich zu weit verirrt hatten, und hängten sich mit fröhlichem Geschrei an ihre Mähnen. Jeder tat seine Arbeit, die Gefährten halfen einander, und so wurde in das Wirrwarr bald Ordnung gebracht, unter der Aufsicht einer Art von Erzvater, eines Mannes wie ein Baum, mit einer großen Pfeife, den Kopf in ein Tuch eingewickelt, das das eine Auge bedeckte, während das andere scharf beobachtete unter den Stoppeln des knochigen Augenbrauenbogens. Und da war auch ein junges Mädchen, das Ahasverus unaufhörlich betrachten mußte, denn auf ihren bloßen, in Schmutz und Schnee wundgelaufenen Füßen glitt sie halb gehend, halb tanzend bald hierhin, bald dorthin wie ein Sonnenstrahl, und ihr frisches Gesichtchen zwischen dem wirren Haar glich wohl einem schönen Traum bei hellem Tag.
Bei all diesem Treiben stand Ahasverus wie verloren. Er lauschte einem Liede, das hinter einem Wagen erklang.
Durch hoch und tief, durch dünn und dick!
Morgen ist morgen, doch der Augenblick
Aus deinem Lachen mir strahlt, mein Frauchen!
Durch Sonnenglühen und Sturm, der droht!
Das Werk von heute, von heute das Brot
Und deines Blickes der Trost, mein Frauchen!
Durch Kampf und Traum, durch Freude und Schmerz!
Doch Brüder mitsammen, und o, mein Herz
Bei deinem liebenden Herz, mein Frauchen!
Ahasverus ging hinter den Wagen: der Sänger war damit beschäftigt, seine Peitsche frisch zu knüpfen, und als wollte er ein heimliches Glück kundtun, winkte er Ahasverus zu dem hin, was da drinnen in dem wohlüberdeckten Wagen war. Ahasverus schlug ein Stück Segeltuch zurück und sah auf einigen Strohbündeln eine Frau liegen, die eben geboren hatte: ihr unschuldiges Würmchen hing an ihrer Brust und trank; ihr totenbleiches, eingefallenes Gesicht wollte, Mut zusprechend, lachen mit einem matten Lächeln. Aber da ließ Ahasverus das Segeltuch wieder fallen, denn in ihrem Blick hatte er etwas gesehen, das er nicht ertragen konnte, ja wahrhaftig, etwas von … jenem anderen …
»Warum befällt mich die Furcht nun wieder?« dachte er.
Der Zug begann abzurücken mit Geschrei und Peitschenknallen und Rädergeknarr. Der Erzvater schritt voran wie ein hochbetagter Kain, der seinen umherschweifenden Stamm führte. Und als sie vorbeizogen, waren die Blicke all dieser Menschen auf Ahasverus gerichtet, und in den Adleraugen der jungen Männer, in den blutunterlaufenen und von Tränen herb gewordenen Augen der alten Weiber, in den Augen jenes wundersamen Mädchens, so einfältig wie Blumen, die sich öffnen, in all diesen Augen sah er die unbegreifliche Frage, die er, an jenem Freitag, gelesen hatte in den Augen des Nazareners …
»Was muß ich tun?« flehte Ahasverus, »was muß ich tun?« Und er rief nach Gott in seiner Einsamkeit.
Der Abend kam herauf, kalt und blau wie Stahl, und der Wind schwirrte durch den toten Wald.
War die Hoffnung gebrochen in ihm? Er hielt den Kopf in seine beiden Hände gesenkt und wollte nichts mehr sehen, nichts hören als die seraphischen Stimmen des Morgens, die er nie wieder vergessen würde; aber hinein in die unaussprechliche Seligkeit der Erinnerung hörte er nun eine andere Melodie, die er nicht bannen konnte, verschwommen klagen; wie das Rauschen eines Meeres, aus dem bisweilen ein Seufzer sich losreißt, oder der Lärm von vielen Menschen, die ganz in der Ferne schwermütig singen. Waren es die Zigeuner auf ihrem Weg da hinten in der Nacht? Oder der Wind in den Bäumen? Oder quoll es auch in ihm selbst auf wie eine Erinnerung?
Wie lastete ihm das Herz doch schwer in seiner Brust!
War dies alles eine Versuchung gewesen? Warum hatte er die Klause vergessen? Er wußte doch, daß dort die Wahrheit war; dort war er nicht der Raub seiner Unrast. Vielleicht war der Eremit tot? … Ahasverus stieg wieder zu der Höhe hinauf, wo das Hüttchen stand, und durch das Laufen nach einem Ziel kam endlich eine gewisse Ruhe in sein Gemüt.
Er betete: »Wärs denn möglich, daß ich noch etwas anderes schmecken könnte als dich, o Gott? Was muß ich tun? Ich werde keinen Willen mehr haben in meinem fleischlichen Leibe, bis er unbeweglich wird wie ein Stein, und werde warten, warten, ohne nur ein einziges Mal nach unten zu blicken, ganz dir zugekehrt, o Unerschaffenes Licht, bis du mich mit Blindheit schlägst und deine blitzende Schönheit mich befreit …«
Er erreichte die Rodung, wo die Klause dunkel stand unter dem beschneiten Dach. »Das Feuer ist aus,« dachte Ahasverus; »er ist gestorben …« Der Gedanke an den Tod verbreitete in ihm ein süßes Gefühl von Heiterkeit und Heimweh zugleich. Aber einen Augenblick blieb er stehn, so wundersam still war der Schnee und diese ganze funkelnde blaue Nacht voll diamantener Sterne, als wäre da überall das Schweigen von Engeln, die ihre Riesenflügel nicht bewegten und lauschten und warteten.
Ahasverus trat in die Klause: in der Klarheit der frostklingenden Nacht sah er das alte Antlitz noch immer hintenüber gebeugt und die Augen weit offen. Doch der Eremit war nicht tot; seine abgemagerte, kalte Hand suchte die von Ahasverus und packte sie fest mit einer unerwarteten Kraft. Das Herz klopfte noch sehr schwach: war es nicht, als hätte er auf Ahasverus gewartet, um zu sterben? Sollte dieser Tod ihm vielleicht das Rätsel des Lebens offenbaren?
»Was siehst du?« rief Ahasverus, »was hörst du? Sag, sag, siehst du Gott? …«
Er beugte sich stammelnd über ihn und forschte in dem Spiegel seiner Augen, ob er dort das Unaussprechliche nicht sehen würde, das der Sterbende sah. »Rette mich! … Was muß ich tun? … Rette mich! Weise mir den Weg! … Nein, nichts! Einen Augenblick noch, und es war zu spät, er blieb da stehn wie vor einer undurchdringlichen Mauer.
»Siehst du das Licht? … Weise mir den Weg! …«
Die Augen waren gebrochen. Ahasverus wagte nicht mehr zu sprechen. Alles schwieg. Er fiel auf die Kniee nieder, und seiner Seele entquoll ein wortloses Gebet; all die Kräfte seines Wesens wurden leichter, wie ein Gebet, das emporsteigt, und es war, als ob er selbst sterben sollte, so sanft wurde er erlöst von allem, was war.
Er fand es nicht wunderbar: »Ist der Tod denn nichts anderes?« dachte er; »wie natürlich und einfach! …« In der schaurigen Öde hielt ihn jemand bei der Hand, und dann schlug er den Blick auf; der ganze Raum, der unsagbar weite Raum zitterte von Flügeln und niedersinkendem Licht. Ein Gefühl seliger Gewißheit überströmte seine Sehnsucht und seine Angst. »Gott! Gott!« Aber sein Atem war aus ihm gesogen, er stieg in schwindelndem Fluge empor, und er sah da oben, wie Windhosen mit ihm zur Höhe wirbelnd, leuchtende Schwärme singender Heerscharen. Aus den Abgründen des Zenits schwebten, schwankten ihm strahlende Antlitze entgegen, triumphierend in Freude ohne Ende, und schossen dann wieder pfeilschnell zu ihren klingenden Sphären. »Licht! Licht!« sangen sie, und dieser Gesang war selbst ein fliegendes Licht, und alle Welten sangen mit in der Reinheit dieses ewigen Morgenrotes, in das sie höher und höher hineinstiegen; und andere Stimmen, höher noch, ganz zart, wie ein Seufzer, und mächtiger doch als die dröhnenden Chöre der Throne und Herrschaften, sangen unaufhörlich »Gloria! Gloria!« in die blendende Unergründlichkeit.
»Leben, das alles Leben ist! Ewig! Ewig! Ewig!«
Die Cherubim und Seraphim waren wie Millionen schneeiger Blüten, getragen vom Frühlingswind; und über alle Gesänge hin rauschte ein Schweigen, das noch tiefer und schöner war. Alle Himmel blühten auf, und nun wußte Ahasverus, daß er dem Reich des Geheimnisses nahte, wo die Worte keine Bedeutung mehr haben, wo nicht Gut und Böse mehr ist, kein Wille, kein Begehren, sondern alles ein Ozean von einfachem und ewigem Sein im Lichte, und die frohe Regung der Liebe nur eine Form der höchsten Ruhe in der unbegreiflichen Wesenheit.
Er schloß seine Augen vor dem Furchtbaren Licht, in dem es keinen Morgen mehr geben würde.
Und in diesem Augenblick tastete er nach einer Erinnerung, hörte er wieder den fernen Klang einer schwermütigen Melodie, die in seinem Herzen eingeschlossen lag, – und er wollte sich umschauen, zum letztenmal. Aber sobald dieser Gedanke ihn durchschimmerte, wankte das Weltall, wie zerrissen durch einen gewaltigen Schrei, die Hand hatte ihn losgelassen, – er war allein, er wußte nicht wo …
»Ewig! Ewig! Ewig!« klang der Gesang der Engel aus dem Abgrund über seinem Haupt.
Aber andere Stimmen riefen wirr zu ihm hinauf wie aus vielen erstickten Kehlen. Und stöhnend blickte Ahasverus nach unten, nach einem Dämmer, woraus verschwommene Gestalten aufstiegen, die ihre Arme nach ihm ausstreckten wie aus einem Grab.
»Hosianna! Hosianna! Gloria in alle Ewigkeit!«
Aber ein langgezogenes Jammern stieg von unten herauf, wo verkrüppelte Gestalten im Schmutze krochen oder sich aufrichteten in dem aufgerissenen Leichenkleid, das sie hinter sich herschleppten.
»Gloria! Gloria! Friede in alle Ewigkeit!«
Aber von unten, wo die Krankheit war und der Gestank, der Widerstreit von Hoffnung und Verzweiflung, das Suchen ohne Ende, der Menschen Leid und der Menschen Liebe, schlug ein Heulen auf wie der Lärm eines Festes. In dem wühlenden Dunkel sah Ahasverus Fäuste, die sich fluchend erhoben, und Augen, in denen die düstere Flamme des Aufruhrs brannte. Waren da nicht die Zigeuner und das wundersame Mädchen mit ihrem Traumgesicht und die bleiche Mutter mit dem Kind an ihrer Brust? Aber ein ganzes Heer war da, es kamen immer, immer neue, soweit man schauen konnte, wie Ströme in einem dunklen Tal, über dem große Raubvögel von Nacht und Licht kreisten: ein Meer von Gesichtern, mit tausend und aber lausend Augen, die auf Ahasverus gerichtet waren, und mitten darin stand Einer, den er wohl kannte, der mit beiden Händen das Blut aus seiner offenen Brust aussprengte nach dem Himmel und über alle, so daß seine Arme jedesmal weit geöffnet waren, wie am Kreuze, und auch er betrachtete ihn still, wie an jenem Tag, da er gerufen hatte: »Vater, warum hast du mich verlassen?« und doch ein unbegreifliches Lächeln aus seinem Antlitz strahlte.
Einen Augenblick noch hörte Ahasverus das orgelnde Dröhnen der Cherubim und Seraphim in dem Licht, – ein Tropfen vom Blute Christi fiel auf sein Herz wie ein feuriger Tau, und die Kruste brach, sein Herz spaltete sich, und mit ausgestreckten Armen stürzte er niederwärts, hin zum Leide und zur ungewissen Dämmerung, vermaledeit, zerrissen, aber weit offen von Liebe.