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Ein Garten.
Friedrich und Isabella sitzen auf einer Rasenbank.
Isabella. Kein Lenz noch hat so innig mich entzückt;
Und seh' ich nicht der Bäume Blütenschmuck,
Der Wiesen junges Grün, der Blumen Schmelz,
Des Himmels Glanz, der sich im Teiche spiegelt,
So ward mir dennoch überschwenglich Glück.
Von linder Luft umhaucht, von Balsamdüften
Umwölkt, von Nachtigallen eingesungen,
Ruh' ich an des Geliebten Brust, die Hand
Des Langentbehrten drück' ich an mein Herz.
Und diese Blindheit, was noch ist sie mir,
Als eine Dämmrung, Liebenden erwünscht?
Jetzt wein' ich Thränen, die nicht brennen, die
Mein Aug' erfrischen, wie der Abendtau,
Und manchmal ist's, als wollt' es sich erhellen,
Als bräch' aus dem Gewölk' ein holder Stern.
Gewiß, mein Friedrich, blickst du dann auf mich
Mit Blicken deiner Liebe. Ja! er wird
Die Nacht noch teilen, dieser Liebesstrahl.
Friedrich. O, Isabella, wünsche nicht zu sehr, 104
Das Licht zu schaun! Erschrecken würdest du,
Wie schmählich man dich blindes Weib getäuscht.
Statt deines Gatten, der ein stolzer Held,
Der ein gekrönter König war, hat man
Dir einen hingeschoben, der vor Scham
Das Haupt muß senken.
Isabella. Senke du das Haupt
Auf meine Brust! Fragt Liebe denn nach Kronen?
Friedrich. Das ist noch Spur von meiner bessern Zeit,
Daß Weibesliebe mich nicht glücklich macht,
Seit unter Männern ich entwürdigt bin.
Isabella. Entwürdigt?
Friedrich. Aller Herrlichkeit entkleidet,
Nicht mehr gefangen, doch darum nicht frei;
Denn frei ist, wer das Höchste darf erstreben,
Ich aber bin der Scholle jetzt verhaftet,
Mein Herzogtum ist meines Wirkens Grenze,
Nur abwärts darf ich steigen, nicht hinan.
Leopold und der Legat kommen den Garten herauf.
O, daß sich jetzt auf meine Augen schnell
Das Dunkel würfe, was die deinen hüllt!
Denn welchen Blicks empfang' ich jene zween,
Die dort sich nahn?
Isabella. Wer sind die beiden? sprich!
Friedrich. Mein Bruder und der päpstliche Legat.
Leopold. Willkommen in der Freiheit! Daß ich spät
Erscheine, Bruder, halt es mir zu gut!
Die Sorge deines Diensts verweilte mich.
Legat. Empfangt, erlauchter Herr und hohe Frau,
Den Glückwunsch des erfreuten Kirchenhaupts!
In dieser schlimmen Zeit hat lange nichts
Des heil'gen Vaters Herz so froh bewegt,
Als die Verkündung dieser Wiederkehr.
Friedrich. So freundliche Gesinnungen sind jetzt
Uns zwiefach dankeswert. Doch, Leopold,
Du scheinst mir krank?
Leopold. Nicht wahr, ich passe schlecht
In diesen Garten, der voll Blüte steht?
Der Winterfeldzug hat mir zugesetzt.
Friedrich. Es bricht nun eine Zeit des Friedens an,
Es kommen Tage, wo die Helden ruhn.
Auch du, mein Teurer, kannst den Harnisch jetzt, 105
Den festgewachs'nen, dir vom Leibe lösen;
Die saft'gen Kräuter, die der Frühling zeugt,
Kannst du auf deine Wunden drücken, kannst
Im warmen Sprudel eines Felsenquells
Die Glieder dir erfrischen.
Leopold. Scherzest du?
War je zum Kampf gelegne Zeit, wie jetzt?
Friedrich. Es scheint, du hast vergessen, was ich schrieb
Von den Bedingungen, woran ich selbst
Die Lösung aus dem Kerker mir geknüpft.
Schon haben unsre Brüder sich gefügt;
Auf deine Ankunft, die wir längst erharren,
Ist des Vergleichs Vollziehung ausgesetzt.
Konnt' ich das Opfer bringen, warum du
Mir widerstreben? Nein, verhindre nicht
Die endliche Befriedung dieses Streits!
Hilf mir erfüllen, was ich zugesagt!
Leopold. Ich weiß nur, daß du frei bist, andres nicht.
Du bist es unbedingt; er mußte dich
Entlassen, auf der Brust stand ihm das Schwert.
Wo keine Wahl ist, ist auch kein Beding.
Drum mutig! Auf des Glücks geschwungnem Rade
Sind wir jetzt wieder oben. Du bist frei,
Der Papst ist dir gewogen; und er wird
Als König dich erkennen; Ludwig ist
Im Bann, und an des Reiches Grenze tobt
Ein neuer Feind: der Polen und der Reußen
Unbänd'ge Scharen fallen in die Mark
Von Brandenburg, der heil'ge Vater selbst
Hat sie berufen; Ludwigs junger Sohn
Schreit dort um Hilf'. In Schwaben hier bin ich.
Hab' ich gesäumet, so geschah es nur,
Damit ich vielfach, tausendarmig dir
Mich stelle; hinter mir schon braust mein Heer,
Die Luft, die mir im Nacken weht, ist schon
Das Schnauben ihrer Rosse. Darum frisch!
Zeuch an den goldnen Harnisch, laß den Hengst
Sich bäumen! Jauchzen hör' ich schon dein Volk,
Die Ritter sind zu Roß, genesen sind
Die Wunden, die Erschlagnen springen auf.
Steig wieder, Sonne, die gesunken war!
Hinab muß Ludwigs bleicher Stern. 106
Friedrich. Du weißt
Mich gut zu fassen, du verstehst den Klang,
Der tief in meiner Seele wiederhallt.
Vergeblich! meine Treue steht zum Pfand.
Legat. Den Zweifel, der Euch das Gewissen drückt,
Vergönnt, daß ich mit sachter Hand ihn löse!
Was Ihr verheißen, war von Anbeginn
Unhaltbar, nichtig, ohne Rechtsbestand.
Durch ungerechten Zwang, durch Drohungen,
Die auch den festen Mann erschüttern –
Friedrich. Nein!
Die Furcht ist's nicht, was zu Entschlüssen mich
Zu drängen pflegt. Mein Wort, ich gab es frei.
Legat. Doch wem habt Ihr's gegeben? Ihm, dem Feinde
Der Kirche, dem Verstoßnen, Fluchbeladnen.
Schon längst erging der päpstliche Beschluß,
Der männiglich von Pflicht und Huldigung,
Selbst von beschworner, gegen ihn entbindet,
Und eben das ist meiner Sendung Zweck,
Von jeglicher Verpflichtung, jedem Eide,
Wodurch Ihr Euch gebunden möchtet glauben,
Im Namen apostolischer Gewalt
Euch loszuzählen, wie andurch geschieht.
Friedrich. Noch hab' ich nicht gebeten, meiner Pflicht
Mich zu entheben, und ich werd' es nie.
Legat. Ob Ihr es bittet, wünschet oder nicht,
Die Kirche darf nicht dulden, daß Ihr dem
Verfangen bleibet, dem sie fluchen muß.
Mißfällig und zu großem Ärgernis
Ersah aus Euren Briefen Papst Johann,
Daß Ihr mit Kirchenfeinden Einung pflegt,
Daß Ihr ihm selber anzusinnen wagt,
Sich dem verworfnen Manne zu versöhnen.
Drum wisset: wenn Ihr dem Vergleiche lebt,
Wenn Ihr, was Gott verhüte! wiederkehrt
In Ludwigs Haft, so fällt auf Euer Haupt
Derselbe Bannstrahl, der auf jenen fiel.
Erwägt es, Herr, und wenn Ihr's wohl erwogen,
Bescheidet mich! Indes gehabt Euch wohl!
Der Himmel lenke gnädig Euern Sinn! ^
Leopold Von diesem hast du Frist gewonnen, ich
Darf keine dir gewähren; augenblicks 107
Muß mir Entscheidung werden, denn gezählt
Sind meine Stunden, Eile thut mir not.
Ja, wiss' es, Bruder! dieser Frühling ist
Mein letzter, wenn es je mir Frühling war,
Und um zu sterben, brauch' ich jetzt nicht mehr
Mein Schwert zu wenden gegen meine Brust.
In meinem Marke wühlt der Tod, die Kraft
Geht mir versiegen, unstät flackert noch
Die Lebensflamm' auf dem verglühten Stoff.
Drum zaudre nicht! Ich fordre jetzt den Sold
Für eine frühverzehrte Jugend, für
Ein Leben, das in deinem Dienste schwand.
Nur diesen Lohn begehr' ich, daß zuletzt
Du noch hintretest vor mein brechend Aug'
Im Glanz der Krone, die ich dir erkämpft.
Friedrich. Was ich dir schuldig bin, ich hab' es nie
Verleugnet, tief und ewig ist mein Dank.
Könnt' ich, was du von deinem Leben mir
Geopfert, aus dem meinen dir erstatten!
Könnt' ich als Leiche vor dir niedersinken,
Damit du blühend ständest und verjüngt!
Doch eines ist, was ich versagen muß:
Der Ehre wank' ich nicht, und wär's dein Tod.
Leopold. Mein Atem, wenn er gleich sich mühsam hebt,
Ist doch so wirksam noch, daß er ein Heer,
Ein mächtiges, beseelet und bewegt;
Noch kann er Sturm erregen, und er wird's.
Du bist mein Feind, denn du bist Habsburgs Feind,
Nicht Ludwigs, mein Gefangner bist du jetzt;
Versuch's, stell' dich zur Wehre, ruf dein Volk
Zu Hilf'! Der Bannstrahl zischt, du stehst allein.
Friedrich. Meint ihr, ihr Thoren, daß ich mir die Kron'
Aufdrängen lasse? Wenn ich eifrig war,
Sie zu erstreben, standhaft werd' ich sein,
Sie abzuwehren. Eile, heb' dich weg!
Noch bin ich Herr, von dir noch unbesiegt.
Leopold. Du sollst mich wiedersehn. Solang mein Puls
Noch zucket, werd' ich dein Verfolger sein;
Wie ich dir diente, werd' ich dich bekämpfen,
Und sink' ich in der Schlacht des Bruderkriegs
Entseelt vom Roß, und wälzen sie auf mich
Den Stein des Feldes, glaube nicht, ich könn' 108
Im Grabe rasten! Rastlos wird mein Geist
Dich suchen und dich quälen.
(Friedrichs Hand krampfhaft fassend.)
Leb' ich noch?
Bin ich nicht Leiche schon? Ist diese Hand
Nicht starr, mein Hauch nicht Grabeshauch, mein Blick
Nicht Hölle?
Friedrich (zurückschaudernd). Weg!
Isabella. Ihr Heil'gen, steht uns bei!
Leopold. Verschling mich, Abgrund! Stürme, reißt mich hin! (Ab.)
Friedrich. Nun, Isabella, hast du selbst gehört,
Ich hab' es mit Verzweifelnden zu thun,
Und rascher That bedarf es. Nimmermehr
Will ich das Werkzeug fremder Plane sein.
Mit jenem Handschlag in des Baiers Hand
Hab' ich mir selbst mein Schicksal festgesetzt,
Und nimmer soll mich dieser Vorwurf treffen,
Daß ich den Zwang, den ich vermeiden konnte,
Zum Vorwand eines Treuebruchs gebraucht.
Noch bin ich frei, noch einen Augenblick;
Noch bin ich nicht vom Bann gezeichnet, noch
Von meines Bruders Scharen nicht umringt;
Und diesen Augenblick der Freiheit nütz' ich,
Zurückzuschreiten in den Kerker.
Isabella. Weh!
Du wolltest?
Friedrich. Ja! ich will. Das ist mein Stolz,
Daß ich noch wollen kann. Ich glaubte mich
Erniedrigt, aus der Freien Zahl getilgt
Und fühle jetzt mit eins mich frei und groß
Und atme leicht und blicke freudig auf,
Daß ich noch Kronen von mir stoßen, noch
Den Kerker kann erwählen statt des Throns.
Leb' wohl, mein Herz! Zu Rosse schwing' ich mich,
Das Thor ist offen und die Straße frei.
Isabella. Treuloser! meiner Blindheit solltest du
Ein Führer sein und läßt mich hilflos stehn!
Du solltest heilen mein verweintes Aug'
Und giebst ihm neue Zähren, heißere!
Du darfst nicht fliehen, nein! ich lass' dich nicht.
Friedrich. Was klammerst du dich fest? Es ist umsonst,
Ich gab mein Wort. 109
Isabella. Nichts weiter, als ein Wort?
Was ist ein Wort denn gegen meine Liebe?
Ein totes Wort, ein Schlag der hohlen Hand,
Was soll das gelten, wo das Leben glüht?
Ein Wort soll in der Fülle deiner Kraft
Hinab dich in das Grab des Kerkers bannen?
Soll aus dem Licht des Frühlings, aus dem Atem
Der Liebe dich in Nacht und Moder ziehn?
Nein, Friedrich, nein! Verfangen bist du mir,
In meiner Liebe Kreisen wandelst du,
Du lebst von meinem Leben, nimmer läßt
Mein Herz das deine –
Friedrich. Bluten, brechen muß
Dein Herz und meines, dazu liebten wir.
Laß mich!
Isabella. Dein Wort hast jenem du verpfändet,
Du gabst auch mir ein Pfand, ein teures Pfand.
Ja, Friedrich! was ein süß Erröten dir
Gestehen sollte, jetzt verzweiflungsvoll
Muß ich's zum Ohr dir schreien: ich bin Mutter!
(Sie wirft sich vor ihm nieder.)
Verlaß mich nicht in dieser finstern Nacht!
Dein Knie umfass' ich, o verlaß mich nicht!
Friedrich. Ich muß, es wird zu spät, ich muß, mich brennt
Der Boden hier. Laß, laß mich! lieg im Staube!
Du bist des unglücksel'gen Friedrichs Weib.
(Ab. Isabella wird von ihren herbeieilenden Frauen aufgehoben und hinweggeführt.)
Saal im Schlosse zu München.
Ludwig tritt auf, setzt sich nieder und blickt nachdenklich in die Galerie hinaus, wo seine Söhne Albrecht, Stephan und Otto Ball spielen.
Ludwig. Dort spielen meine Knaben, lustig fliegt
Der bunte Ball herüber und hinüber.
In meiner Knabenzeit, da schlug ich so
Mit Friedrich und mit Leopold den Ball;
Doch andres Spiel begann uns, ernsteres,
Gewaltig Schicksal warfen wir uns zu,
Und müde bin ich von so strengem Spiel.
Mehrere Bürger von München nähern sich durch die Galerie. 110
Die Bürger kommen. – Seid mir schön gegrüßt,
Getreue Münchner! Laßt mich wissen, was
Euch Anlaß gab, mich um Gehör zu bitten!
Erster Bürger. Wir sind schon fast beruhigt, hoher Herr,
Seit wir nur Euer teures Antlitz schaun.
Es hatte durch die Stadt sich das Gerücht
Verbreitet, daß Ihr plötzlich in der Nacht
Hinausgeritten zu dem Heere, das
Nach Brandenburg bestimmt ist, Eurem
Erlauchten Sohn zur Hilfe. Billig ist's,
Daß dem bedrängten Sohn der Vater helfe;
Doch hier auch drohet neuer Überfall.
Der alte Dränger Baierns, Leopold,
Ist, wie Ihr wißt, mit großem Heereszug
In Schwaben eingerückt.
Zweiter Bürger. Zugleich verlautet,
Daß Friedrich, Eurer Großmut ungedenk,
Von neuem sich als König zeigen will.
Erster. Nun ist Euch wohl bekannt, erhabner Herr,
Daß Euren Bürgern nichts zu kostbar ist
Für Euch und Euer Recht.
Zweiter. Mit Gut und Blut
Sind wir zu jeder Stund' Euch dienstbereit.
Erster. Dagegen ist uns nichts so unentbehrlich,
Als Eure Gegenwart.
Zweiter. Ja, Herr! in Euch
Ist unsre Stärke.
Erster. Darum waren wir
Bestürzt, zu hören, daß Ihr plötzlich uns
Verlassen, um nach Brandenburg zu ziehn.
Wir sind getrost, Euch noch bei uns zu sehn,
Und bitten aus getreuem Herzen: bleibt
Uns gegenwärtig! und wenn Kampf beginnt,
So steht an unsrer Spitze, wie vordem!
Die andern. Das bitten wir. Das bitten alle Baiern.
Ludwig. An jenem Tag, da mich der Fürsten Bote
Zur Königswahl beschied und ich erbangend
Abwehrte den erhabenen Beruf,
Da standet ihr mit andrer Städte Bürgern
In diesem Saal und rieft mir freudig zu
Und drängtet euch ermutigend um mich.
Ihr habt's gewollt, ich stieg auf Deutschlands Thron, 111
Und meine Sorge, die euch eigen war,
Hat fortan unter viele sich geteilt.
Wo immer, sei's an Deutschlands fernster Mark,
Ein Feind sich rühret, dahin muß ich blicken,
Und wo am schwersten dräuet die Gefahr,
Da muß ich sein mit meiner Gegenwart.
Und jetzt, in diesem ernsten Augenblick,
Wo dort und hier nach mir gerufen wird,
Steh' ich noch spähend, wo am dringendsten
Des Königes Erscheinen nötig sei.
Der Burggraf führt das Heer nach Brandenburg,
Es kann geschehn, daß ich ihm folgen muß,
Doch nicht, als ob mich's dorthin stärker ziehe,
Weil dort mein Sohn gefährdet ist; auch hier
Sind meine Kinder, alle lieb' ich gleich.
Herein, ihr Knaben!
(Seine Söhne kommen herbei.)
Stellt euch her zu diesen!
Sie sind die Meinigen, wie ihr es seid,
Und ruft des Reiches Not auch anderwärts,
Ihr bleibt bei ihnen als ein Unterpfand,
Daß euch und ihnen eine Sorge gilt.
Und mehr nicht, wahrlich, können sie verlangen,
Als daß ich so für ihre Sicherheit
Bedacht sei, wie ich's für die eure bin.
Seid ihr zufrieden, Bürger?
Die Bürger. Herr! wir sind's.
Ludwig. Wohlan, so sagt den Euren, was ich sprach!
Es ist ein Schweres, mit gebeugtem Geist
Der andern Mut noch hilfreich aufzurichten.
In Zeiten allgemeiner Drangsal ist
Fürwahr der König der Bedrängteste,
Auf den sich jeder wirft mit seiner Not.
Albrecht. Du bist so traurig, Vater, komm heraus,
Sieh unsrem Spiele zu! Du liebst es sonst.
Stephan. Sei ohne Sorgen, Vater, laß ihn kommen,
Den Leopold! Du hast ja um die Stadt
Die große, neue Mauer lassen baun.
Otto. Bleib du, schick mich dem Bruder in die Mark!
Albrecht (am Fenster).
Ei, welch ein schöner Ritter auf dem Hof! 112
Sein goldfarb Roß ist ganz mit Schweiß bedeckt.
Der muß ja vornehm sein, der Marschalk selbst
Hält ihm den Bügel.
Ludwig. Führt ihn gleich mir her!
(Die Knaben ab.)
Ich wart' auf Botschaft; gute kommt nicht leicht,
Doch wenn das Unheil ganz sich dargelegt,
Kann erst die volle Abwehr wirksam sein.
Friedrich wird von Ludwigs Söhnen durch die Galerie eingeführt.
Die Knaben. Hier ist er.
Friedrich. Ja! hier bin ich.
Ludwig. Täuschet mich
Mein Auge? Friedrich?
Friedrich. Freu' dich nicht, erschrick
Ob meiner Wiederkunft! Sie zeigt dir an,
Daß unversöhnlich deine Feinde sind.
Unmöglich war mir der Bedingungen
Erfüllung, meine Rückkehr selbst ist Flucht.
Ludwig. Bewundern muß ich dich.
Friedrich. Als ich den Bruder,
Der sich mir aufgeopfert, von mir stieß,
Als ich mich losriß von der blinden Gattin,
Damals, im ersten Schmerze, schien mir's wohl,
Als hätt' ich Übermenschliches gethan;
Doch nun ich's recht betrachte, that ich nichts,
Als das Geringste, was ein Mann kann thun:
Ich hielt, was ich versprochen. Größre Thaten,
Ruhmwürdige, die ich mir einst geträumt,
Vereitelte mein feindliches Geschick.
Doch, daß ich mindestens mein Wort gelöst,
So gut ich konnte, davon zeuge dir
Die Krone hier!
(Er deckt die Krone auf, die er unter dem Mantel mitgebracht.)
Sie ist das Einzige,
Was deinen Feinden zu entreißen war.
Es ist die Macht nicht, doch ein Schein der Macht,
An dem sich oft mein kindisch Herz vergnügt.
(Er legt sie von sich.)
Ich selbst bin dein Gefangner wie zuvor.
Laß mich zur Trausnitz führen! Mich verlangt
Nach Einsamkeit, mein Leben ist verlebt.
Ludwig. Du ein Gefangner? Nein! du bist ein Sieger. 113
Bei Mühldorf siegt' ich durch der Waffen Macht,
Jetzt durch die Macht der Treue siegest du.
Vor dir verliert mein Purpur seinen Glanz;
Nicht kann ich König sein, wenn du's nicht bist.
Ja, Friedrich, als du tratst in diesen Saal,
Da hub es sich zu hellen an, und jetzt
Ist mir es klar geworden, wie der Tag.
In welcher Blendung irrten wir, in welcher
Bethörung! Wir, die Enkel eines Ahns,
Die Jugendfreunde, wir verfolgten uns,
Wir trieben uns durch Fluten und durch Flammen,
Durch blut'ge Schlachten, Kerker, Kirchenfluch,
Und mit uns lernten unsre Völker sich
Verkennen, hassen und bekämpfen, sie,
Die einem Stamm entsprossen sind, gleich uns,
Die alle deutschen Bluts Genossen sind.
Und doch so nahe lag die Lösung; nicht
Im Schwertkampf, nicht in List noch Zauberei,
Sie liegt uns einzig in der Kraft des Herzens.
Das Herz nur kann uns retten, das uns stets,
Wann wir zum Kampfe schritten, Warnung gab,
Das oft die Schlacht noch dann vereitelte,
Wann Heer dem Heere schon die Stirne bot.
Als wir noch waren wie die Kinder hier,
Die dich mir eben zugeführt, da wußten
Wir bess're Wege. Damals hatten wir
Die Schüssel und den Becher und das Bett
Gemeinsam – und warum nicht jetzt den Thron?
O hätt' ich dieses längst dir angeboten!
O hättest du es längst von mir begehrt!
Friedrich. Du träumest, Ludwig!
Ludwig. Das ist mehr als Traum;
Es steht mir wahr und wirklich vor dem Geist,
Und wie es vor mir steht, verkünd' ich dir's:
Das Reich mit allen Rechten, allen Würden,
Wir sollen's beide haben als ein Mann
Und als ein Mann uns wider jeden setzen,
Der unser einem feindlich sich erweist.
Wir sollen Brüder heißen, und als Brüder
Uns halten. In dem Siegel unsrer Macht
Soll beider Name sich verschlingen, und
Wir selbst auch sollen fest verflochten sein 114
Und ungeschieden, bis der Tod uns trennt,
Und noch im Tode nehm' ein Grab uns auf!
Die Krone, Friedrich, die du mir gebracht,
Ich setze sie auf dein geweihtes Haupt.
(Er krönt Friedrich.)
Die Stund' ist heilig. Unser großer Ahn,
Der königliche Rudolf, schaut hernieder
Und segnet uns, und hier in diesen Kindern
Grüßt freudig uns das werdende Geschlecht.
Friedrich. Ich fass' es nicht.
Ludwig. Jetzt bin ich hochgemut,
Jetzt bin ich stark, jetzt führ' ich selbst mein Heer
Gen Brandenburg und bin des Siegs gewiß.
Dir, Bruder, übergeb' ich unterdes
Die Pflege meiner Kinder, meines Landes.
Ich kann dir Teureres nicht anvertraun,
Und ihnen kann ich keinen Schutzvogt setzen,
Der so in allem mein Vertreter und
Verweser wäre, so mein andres Selbst.
Wenn Leopold herangezogen kommt,
Mein Baiern zu verwüsten, tritt ihm du
Entgegen in der Königswürde Schmuck!
Und lächeln wird sein finstres Angesicht.
Friedrich. Ich frage nicht mehr, ob es möglich ist,
Ob im feindsel'gen Treiben dieser Erde
So herrlicher Entschluß bestehen kann.
Genug, es ist in dieser großen Stunde,
Es lebt in diesem hehren Augenblick,
Ich fühl's und werfe mich an deine Brust.
(Sie umarmen sich. Die Knaben drängen sich mit Zeichen der Freude an sie.)
Ludwig. In dieser innigen Umarmung sei
Auf ewig ausgesöhnt der Bruderkrieg,
Der uns entzweit hat und das deutsche Volk!