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Meinem Bruder,
dem Bildhauer
Friedrich Tieck
in Berlin.
Dir, meinem geliebtesten Bruder, widme ich dieses jugendliche Werk, das Erzeugniß mancher frohen und begeisterten Stunde, das Resultat und die Wiederholung manches Scherzes, so mancher Ansicht und Meinung, die Dir schon früher bekannt waren, da Dir, als den Gefährten meiner Kindheit und Jugend, meine Seele stets offen da lag. Wir erlebten ja mitsammen die jugendliche Freude an Poesie und Kunst, an Frühling und Natur, und theilten eben so alle Trauer und allen Schmerz. Oft hat uns unsre Lebensbahn getrennt und wieder vereinigt. Für die Liebe, die ich von Dir erfahren habe, größer und reiner als sie unter so vielen Geschwistern sich findet, kann ich Dir nie genug danken. Ungleich der Zeit und jenem allgemeinen Egoismus, der sich oft entschuldigen läßt, und der sich zuweilen selbst den edelsten Eigenschaften beimischt, stehst Du im Gegentheil fast dem Tadel bloß, daß man Deiner aufopfernden Großmuth, die für Freunde, Familie, oder wer sonst Deiner Hülfe bedarf, zu bereitwillig thätig ist, etwas von jenem Eigennutz und jener Selbstliebe wünscht, die Dich gewiß doch niemals beherrschen würde. Auch in der Kunst möchtest Du vielleicht durch etwas mehr Vordringen und Selbstliebe, die bei Großen und Kleinen zuweilen wirken, mehr für Deinen Nutzen gethan haben, wenn dies Deiner bescheidenen Natur nicht zu sehr widerspräche. Ich habe noch niemals die Veranlassung ergriffen, so nahe sie auch liegen mochte, Dein Lob ganz nach meiner Ueberzeugung laut werden zu lassen. Deine Werke verkündigen Dich dem Kenner jetzt, und hoffentlich auch einer kunstliebenden Nachwelt. Wenn ich aber jetzt zum erstenmal einige Worte über Deine Meisterschaft sage, so wird mir derjenige, der Dich nicht kannte, um so lieber glauben, wenn er weiß, daß nicht Partheilichkeit eines Bruders, blinde Vorliebe oder Sucht auch gegen eigne Einsicht den Nahbefreundeten zu loben, aus mir sprechen, denn sonst hätte ich wohl früher die Gelegenheit finden können, und nicht erst das Alter von uns beiden abwarten dürfen. Deine Werke sind in München, Berlin, Weimar und Coppet, einige in Italien. Deine Büsten dürfen sich den besten der neuen und alten Zeit vergleichen, nur stehen viele derselben, meist historische Bildnisse der Vorzeit, schon seit Jahren in München verpackt, und warten noch immer des Gebäudes, das sie an das Licht führen wird. Dies ist für den Künstler ein Unglück, und ein großes. Deine meisterhafte Statue, Dein herrliches Basrelief in Coppet sind auch nie so bemerkt worden, wie beide es verdienten. Deine jugendlichen Arbeiten in Weimar, und die der späteren Zeit in Berlin, Deine Zeichnungen und Entwürfe, dasjenige, was Du noch ausführen kannst, wenn Dir Leben und Gesundheit bleibt, wird ohne Zweifel Deinen Namen, als einen ehrenvollen, der Nachwelt überliefern. Erkennt man dann noch deutlicher Dein großartiges Streben, die Gründlichkeit und Correktheit Deiner Werke, den Geist, den Du zugleich mit dem ansprechenden Leben und der höchsten Wahrheit, die zugleich edel und poetisch ist, Deinen Arbeiten hast einprägen können: so wird diese Nachwelt dann auch vielleicht mit mir bedauern, daß ein solcher ächter deutscher Künstler nicht noch mehr Veranlassung hatte, nicht noch mehr Kunstliebe und Kennerschaft bei seinen Gönnern und der Mitwelt antraf, um in noch größeren Aufgaben die ganze Kraft seines Genius zeigen zu können.