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Korbinian Christl, Sedlbauer von Weidach Rosina Christl, sein Weib Simon, beider Sohn Jakob Elfinger, Schmuser Ursula Geisberger, Bauerntochter von Arnbach Alois Palser, Viehhändler Maria Atzenhofer, Gütlerstochter von Glonn Afra Salvermoser, Gütlerstochter von Zeitlbach Monika Salvermoser, ihre Mutter |
Ort: Im Hause des Sedlbauern in Weidach, einem Dorf der Dachauer Gegend.
Zeit: Gegenwart. Herbst.
Große, reinliche Bauernstube nach alter Art. Rechts im Herrgottswinkel ein viereckiger Tisch, um zwei Seiten desselben Bänke, die in die Wand eingelassen sind und in der Ecke zusammenstoßen. Stühle. Links, mehr nach vorne, ein Kachelofen, um den eine Bank läuft.
Heiligenbilder, ein Gedenkblatt an die Militärzeit, ein Diplom des landwirtschaftlichen Vereins hängen an den Wänden.
In der Rückwand zwei Fenster mit Blick in den Hof, in dessen Mitte ein Taubenkobel steht. Stallungen und Scheunen mit Stroh gedeckt. Rechts eine Tür, die in den Flötz, links eine Tür, die in die Schlafkammer führt.
Wenn sich der Vorhang hebt, ist die Bühne leer. Man hört vor der rechten Tür die scheltende
Stimme der Sedlbäuerin: Und so gang's bei ins allawei, oan Tag für den andern! Und 's Sach geht mit G'walt z' Grund...
Während der letzten Worte hat der Sedlbauer die Tür geöffnet und humpelt herein. Den rechten Fuß hat er wegen der Gicht eingewickelt. Er zieht ihn beim Geben nach und stützt sich auf einen derben Stock. Unmittelbar hinter ihm tritt die Sedlbäuerin ein, immer noch scheltend.
Sedlbäuerin: Is ja wahr aa! Jetzt geht ins da Gaul woaß Good wia lang krumm! Ja, was soll denn dös wern?
Sedlbauer: Was halt sunst aa worn is. Grad geht er wieda, wenn er lang gnua krumm ganga is.
Sedlbäuerin: Ja, wia redst'n na du daher?
Sedlbauer: Plärr no net gar a so! Du bist scho so a müads Weibsbild!
Sedlbäuerin: Da waar mi müad, bal ma d'Wahret sagt.
Sedlbauer: Sagt! Was hab denn i von dein Sag'n?
Sedlbäuerin: Weil's bei ins gar nimma ausgeht, und jed'n Tag feit was anders.
Sedlbauer: Und jed'n Tag machst du an Krach her. Sinscht hast du di wohl it kümmert um an Roßstall.
Sedlbäuerin: Eppa wer muaß si na do kümmern, du hockst da herin bei'n Ofa.
Sedlbauer: Für was is na dei Lapp da, da Simmerl?
Sedlbäuerin: Der hat koa Recht it zu'n o'schaff'n, und wer 's Recht it hat, werd it g'hört.
Sedlbauer hat sich auf die Ofenbank gesetzt: Ja, ja! I hör di scho geh'.
Sedlbäuerin: Is vielleicht it wahr? Er hat koa Recht it, und du hockst da herin bei'n Ofa!
Sedlbauer: Hock i gern da? Moanst d', mir waar's net liaba, du hättst mein Wehdam?
Sedlbäuerin: Jetzt hoscht'n halt amal! Und bal koa Mannsbild net hinter de Deanstbot'n her is, geht's nimma um. Dös sag i.
Sedlbauer gutlaunig und etwas spöttisch: Dös sagst du, und oft gnua. Es werd halt nix mehr, bis i net dein Simmerl an Hof übergib.
Sedlbäuerin: Er is dei Bua so guat wia da mei.
Sedlbauer: Aba i ko mei Liab a bissel bessa z'ruckhalt'n.
Sedlbäuerin: Du haltst so lang z'ruck, bis er auf und davo geht.
Sedlbauer: Der geht net weit.
Sedlbäuerin: Is ja wahr aa! Jetz is da Mensch dreißg Jahr alt und hat no koan Aussegh'n gar it, daß er 's Sach kriagt.
Sedlbauer: Dös lafft eahm net davo.
Sedlbäuerin: Du werst halt aa toa müass'n, was da Brauch is.
Sedlbauer: Amal scho.
Sedlbäuerin: Wann er z'alt is zun heiret'n, gel? Und bal er koa Freud nimma hot und bal's Sach obakemma is.
Sedlbauer gemütlich: Kimmt's oba?
Sedlbäuerin: Vielleicht net, bal d' Deanstbot'n grad Schindluada treib'n!
Sedlbauer gutmütig spöttisch: Es is a Kreuz! 's Troad mag nimma wachs'n bei de alt'n Leut, und 's Viech hat koa Freud mehr mit ins. Derfst as glaab'n, Rosl, deine Henna halt'n aa scho d' Oar zruck für a junge Bäurin.
Sedlbäuerin setzt sich an den Tisch.: Du bist scho so dumm, daß d' no Spaßetln machst.
Sedlbauer: I moan allawei, de Dümmer bist du. Weilst d'as gar net dawart'n kost, daß 's da schlechte geht.
Sedlbäuerin: Es werd bei ins sei, wia's bei ander Leut'n is.
Sedlbauer: Aba wia is bei ander Leut'n? Dös siehgst du z'weni, sinscht tatst net so pressiern.
Sedlbäuerin: A mei!
Sedlbauer: Wart no, bis d' im Austrag hockst un de jung Bäurin blast d' Milli dreimal o, vor's da's hi'schiabt, weil dös schlachtest no z' guat is für de Alt'n.
Sedlbäuerin: Gar so arg werd's it wern, und was amal sei muaß, laßt si net aufhalt'n.
Sedlbauer: No, a wengl hab i's aufg'halt'n.
Sedlbäuerin: Wia lang geht's denn no? Du redst, als wannst d' da allerbest waarst, und dawei seit dir allbot was.
Sedlbauer: Feit ma was. Sell scho. Aba schaug, es is halt aa wieda schö, wia ma si jetzt um mi kümmert. Alle Damma lang wer i g'fragt: Wia geht's da denn, Vata? Und moanst do, du werst wieda? Und moanst net, es geht da heunt schlechte? Bal i amal im Austrag hock, schaugt mi koa Katz nimma o...
Simon tritt von rechts ein. Hemdärmelig, die Schürze vorgebunden, in Stallpantoffeln. Er geht ohne Gruß mürrisch durch die Stube gegen die linke Tür. Die Mutter schaut ihm bekümmert, der Vater spöttisch nach. Vor er zur linken Tür kommt, ruft der Sedlbauer, so wie man Pferde zum Stehen bringt.
Sedlbauer: Ö – i! Heb staad!
Simon bleibt stehen, mürrisch: Han?
Sedlbauer: Was tuast d' denn?
Simon kurz: A Schmier'm hol i.
Sedlbauer: Wia geht's denn an Gaul?
Simon barsch: Vo mir aus, wia's mog.
Sedlbauer: A so! Dös bekümmert di nix?
Simon: I bi grad da Knecht.
Er geht links ab und wirft die Tür hinter sich zu.
Sedlbauer gutmütig spöttisch lachend: Host d'n g'sehg'n, dein künftig'n Herrn Sedlbauern?
Sedlbäuerin: Ja no! Er is halt vadross'n.
Sedlbauer: Der werd scho no vadrossner, bal er amal Herr is, und du willst was von eahm. Paß auf, wia der nacha erscht d' Tür'n zuaschmeißt.
Sedlbäuerin: Da waar all's anderst.
Sedlbauer: Waar's, wia's möcht, mir müaßt'n 's hamm, aba jetzt derf i halt no's Mäu aufmacha.
Sedlbäuerin: Geh! Du werst na do scho koan Krach it macha!
Sedlbauer gemütlich: Braucht's ja net. An Krach macht ma, bal ma sunst nix macha ko. Aba jetzt hab i 's Recht in Händ'n, und bal mi's freut, leg i eahm etla Monat zua, de er wart'n muaß.
Sedlbäuerin: Jessas na! Mit enk Mannsbilder kunnt oan d' Freud scho vageh.
Simon kommt von links zurück mit einer Flasche.
Sedlbäuerin begütigend: Du, Simmerl, an Vata muaßt scho Red und Antwort geb'n!
Simon mürrisch: I ho eahm ja g'sagt, daß i a Schmier'm hol.
Sedlbauer: Z'weg'n was denn, wann's da wurscht is, wia's mit'n Gaul geht?
Sedlbäuerin: Es is eahm ja it wurscht! A so muaßt d' aa net red'n, Vata!
Sedlbauer: Host d'as it g'hört, wia'r as g'sagt hot?
Simon einlenkend: Wei... wei... bei ins gar nix dakennt is. Von in da Fruah bis auf d' Nacht derfst d' arbet'n.
Sedlbauer: I hon aa g'arbet.
Simon: Du host d' do g'wißt, für was. U... und host it zuaschaug'n müaß'n, wia's Sach z'ruckgeht.
Sedlbauer: Ahan! Kennst d'as du aa, daß mir z'ruckhaus'n? Du host mit da Muatta d' Brill'n tauscht.
Sedlbäuerin: Mi sagt it vo dem, daß mi z'ruckhaust.
Simon: Aba des sell is do wahr, daß bei ins neamd o'schafft. Auf mi pass'n d' Leut net auf, und du bist it daußt.
Sedlbauer gutmütig spottend: Waar's d'r liaba, wann i daußt waar und recht reigiern kunnt?
Simon: Dös is amal g'wiß!
Sedlbauer: Na waar aba da Weg no weit bis zun Austragstüberl.
Simon: I woaß net, warum mi da Vata no allaweil hiaselt!
Sedlbäuerin zum Bauern: Des sell brauchat's net!
Simon: Bal ma si an ganz'n Tag schind't von in da Fruah bis auf d' Nacht, und nix ist dakennt.
Sedlbäuerin beschwichtigend: Es is scho dakennt, und jetzt geh zua, Simmerl!
Sedlbauer: Und schmier an Gaul richti ei. Vielleicht g'hört er no dei, vor er umsteht.
Simon: Ja, vor a umsteht...
Sedlbäuerin: Jetzt geh no zua!
Simon im Gehen: Weil's wahr is. Der Erst auf und da Letzt ins Bett, und dakennt is do nix... Geht rechts ab. Man hört ihn noch hinter der Tür brummen: Und grad o'rackern derfst di, und na werst d' no dableckt...
Sedlbäuerin setzt sich seufzend auf einen Stuhl: Na! Da is oans scho net z' neid'n mit selle zwoa Büffeln, wia's ös seid's.
Sedlbauer: Gel? Sagst d'as aa?
Sedlbäuerin: Mi woaß gar it, zu wem daß ma helfa soll.
Sedlbauer gemütlich: No, d' Bruathenn geht allawei mit die Junga.
Sedlbäuerin: Föppeln ko'st, aba sinscht ko'st nix.
Sedlbauer: Na na! Des sell is koa G'spaß. Ös paßt's auf n' Alt'n nimma auf, wenn's amal Junge habt's.
Sedlbäuerin: I bin dir a richtige Hauserin g'wen; da werst d' nix sag'n kinna.
Sedlbauer: Aba jetzt hast d' koa Ruah, bis d' mi von Haus und Hof bringst und bis i da Garnix mehr bi.
Sedlbäuerin gut: Schaug, Vata, mi wern halt alt!
Sedlbauer: I g'spür's no z'weni. Und 's Reigiern tat mi g'freu'n. Woaßt, Rosl, in Auswarts mit'n Pfluag außi schleppern bei'n Hof und grad umarbet'n... Seufzt: Ah was!
Sedlbäuerin: Geh! Host di lang gnua plagt.
Sedlbauer: Plag'n is leb'n, und des ander is nix. Lustiger. Und du nacha, Muatta! Was werst d' na du sag'n, bal di de jung Bäurin aus da Kuchl außi schafft?
Sedlbäuerin seufzt: Dös sell werd's na it toa.
Sedlbauer: Mach, daß d' außi kimmst, werd s' sag'n, du gehst da im Weg um!
Kleine Pause
Sedlbäuerin seufzt wieder: Amal muaß 's ja do sei. Na is g'scheidta bei Zeit'n, daß da Simmerl no a richtige Heiret macht.
Sedlbauer gutmütig: Ja – ja.
Sedlbäuerin eifriger: Woaßt scho, Vata, es geit it gar so viel, de mi braucha ko auf an sellan Hof. A Geld muaß sie hamm und an Vastand zua da Arbet und an Fleiß, und haus'n muaß s' kinna und a brav's Leut muaß s' sei... und...
Sedlbauer unterbricht sie: Wia hoaßt sie denn?
Sedlbäuerin: Wer »sie«?
Sedlbauer: No, de halt, wost d' so lobst. B'steh's no, du host oani.
Sedlbäuerin: Na, hamm tua i koani.
Sedlbauer schlau blinzelnd: Net?
Sedlbäuerin: Na, mi sagt g'rad...
Sedlbauer: Siehgst, da bin i wieda da besser...
Sedlbäuerin: Was nacha?
Sedlbauer: I hätt oani.
Sedlbäuerin: Du? Geh zua, du hättst mi grad für'n Narrn!
Sedlbauer: Bal a da's sag! Reibt den Daumen am Zeigefinger. Und koa schlechte.
Sedlbäuerin: Wer waar na de sell?
Sedlbauer: Sagst d' ma ja du de dei aa net!
Pause.
Die Sedlbäuerin ist nachdenklich geworden; sie streicht sich die Schürze glatt. Er kneift ein Auge zu und schaut ihr belustigt zu.
Sedlbäuerin hat einen Entschluß gefaßt: Du, Vata!
Sedlbauer: Was nacha?
Sedlbäuerin: Paß auf, i... i... hätt aa oani.
Sedlbauer: Gel! Hab i di außi kitzelt bei'n Loch wia'r a Grill'n!
Sedlbäuerin: Ja no, des sell ko'st da denka, daß i mi über dös bekümmert hab, und überhaubs... net?
Sedlbauer: Freili. Und wia hoaßt's nacha?
Sedlbäuerin: Sag ma z'erscht du de dei!
Sedlbauer: Naa! Aba dös werd a langs G'spiel, Alte, bald koans an Trumpf auskart'n mag.
Sedlbäuerin: Woaßt d', i kenn s' a no gar it.
Sedlbauer: Net?
Sedlbäuerin: Sie is mi grad varrat'n.
Sedlbauer: So?
Sedlbäuerin: Von an Schmusa. Vom Elfinger Jackl.
Sedlbauer: Mei Liabi, was dir der Spitzbua o'draht...
Sedlbäuerin: Do ko er nix betrüag'n. Ihra Geld muaß sie aufweis'n, und des ander laßt si dafrag'n. Zögert etwas. Sie is vom Leitner vo Arnbach. Geisberger schreibt sie si.
Sedlbauer: Is ma nix bekannt.
Sedlbäuerin resolut: Und daß a da's glei sag, sie kimmt heut zu ins her.
Sedlbauer: De dei?
Sedlbäuerin: Ja, und da Elfinga damit.
Sedlbauer lacht: Jetzt werd's recht! Jetzt hamma's guat troffa!
Sedlbäuerin: Was lachst d' denn a so?
Sedlbauer: Paß auf, laß da sag'n... mei Schmusa kimmt aa, der Palser Alisi.
Sedlbäuerin: Waar ja net aus!
Sedlbauer: Der werd wahrscheinli aa de sei mitzieahg'n.
Sedlbäuerin: A so a Dummheit!
Sedlbauer: Dös kimmt vo deiner Hoamlichkeit, siehgst...
Sedlbäuerin: Ja, Hoamlichkeit! De ganz Zeit tuast it dergleicha und hört ma nix und auf oamal rennat'n oan d' Weibsbilder 's Haus ei.
Sedlbauer: Von mir is bloß oane.
Sedlbäuerin: Und de Dummheit mag i überhaupts gar it sehg'n. I geh zu da Schuasterin ummi.
Sedlbauer gemütlich: Dös tuast. Oda gehst d' in Kella obi. Mir tean scho eppas dawei.
Sedlbäuerin: Du moanst allawei, du bist da allerg'scheidtest, aber dös host ganz dumm g'macht.
Sedlbauer: De ander Hälft vo dera Dummheit trifft di, Muatta.
Sedlbäuerin: Jessas! Jessas na!
Sedlbauer lacht gemütlich.: Mir is ganz recht a so. Es rührt si allaweil mehra bei'r an Handel, wann zwoa bieat'n.
Simon tritt von rechts ein.
Sedlbäuerin lebhaft: Simmerl, was sagst d' denn du dazua? Jetzt hot er aa oani herb'stellt!
Simon sehr gleichmütig: So?
Sedlbäuerin ärgerlich: »So« sagst d'! De von Leitner kimmt aa!
Simon: Na kemman halt zwoa.
Sedlbauer: So hab's i aa ausg'rechent.
Sedlbäuerin: Aba weita denkt's ös all zwoa it!
Simon setzt sich auf die andere Seite der Ofenbank: Ich möcht wiss'n, zweg'n was de Weibsbilder kemma? Bal da Vata net übageb'n will!
Sedlbauer: Vielleicht b'sinn i mi anderst.
Simon grob: Ja – – vielleicht – und vielleicht net. Zu so was g'hört na do scho an Ernst her!
Sedlbäuerin zu Simon: Jetzt fang net scho wieder zun mammsen o! Bal's d' siehgst, daß er überhaupts auf dös denkt!
Sedlbauer ohne auf Simon zu achten, deutet mit dem Daumen zum Fenster hin. Zur Sedlbäuerin: Da schaug außi!
An den Fenstern geht Elfinger vorbei. Hinter ihm Ursula Geisberger, deren rotwollenes Kopftuch auffällig sichtbar ist.
Sedlbauer: Is dös de mei oder de dei?
Sedlbäuerin: Seid's no grad staad! Es is scho de mei, weil da Elfinga Jackl dabei is.
Sedlbauer: Na geht ja d' Gaudi scho o!
Sedlbäuerin: I bi ganz vazagt. Hättst d'no grad geschting g'red't mit mir!
Sedlbauer: Oder hättst du vorgeschting was g'sagt.
Sedlbäuerin horcht: Pscht!