Bernardin de Saint-Pierre
Die indische Hütte
Bernardin de Saint-Pierre

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Während sie mit einander rauchten und dazu tranken, sagte der Doctor zu dem Indier: »Ich halte Euch für einen der glücklichsten Menschen, die ich je getroffen habe, und somit auch für einen der reichsten. Erlaubt mir, einige Fragen an Euch zu richten. Wie könnt Ihr bei einem so furchtbaren Sturm so ruhig seyn? Ihr seyd ja nur durch einen Baum geschützt und Bäume ziehen den Blitz an.« – »Noch nie,« antwortete der Paria, »hat der Blitz in einen Paradies-Feigenbaum geschlagen.« – »Das ist sehr merkwürdig,« versetzte der Doctor; »ohne Zweifel weil dieser Baum eine negative Elektricität hat, wie der Lorbeerbaum?« – »Ich verstehe Euch nicht,« erwiderte der Paria; »aber mein Weib glaubt, es komme daher, weil der Gott Brama eines Tags unter seinen Blättern Schutz fand. Ich für meine Person denke, daß Gott in diesen stürmischen Gegenden dem Paradies-Feigenbaume dazu ein sehr dichtes Laubwerk und Wölbungen gegeben hat, damit die Menschen sich vor Stürmen schützen können, und deßwegen läßt er auch nicht zu, daß sie unter diesen Bäumen vom Blitze getroffen werden.« – »Eure Antwort zeugt von vieler Frömmigkeit,« sagte der Doctor. »Also ist es Euer Vertrauen auf Gott, was Euch beruhigt. Das Gewissen ist ein weit besserer Halt, als das Wissen. Sagt mir doch, wenn ich fragen darf, von welcher Sekte Ihr seyd, denn Ihr gehört keiner der indischen Sekten an, da kein Indier mit Euch etwas gemein haben will. Auf der Liste der gelehrten Kasten, die ich auf meiner Reise befragen sollte, habe ich die der Parias nicht gefunden. In welchem Kanton Indiens ist Eure Pagode?« – »Ueberall,« antwortete der Paria; »meine Pagode ist die Natur. ich bete ihren Schöpfer an beim Aufgang der Sonne, und preise ihn bei ihrem Untergang. Durch das Unglück belehrt, verweigere ich meine Hülfe nie Einem, der noch unglücklicher ist, als ich. Ich bemühe mich, meine Frau, mein Kind, ja selbst meine Katze und meinen Hund glücklich zu machen. Am Ende meines Lebens erwarte ich den Tod, wie einen sanften Schlaf am Ende des Tags.« – »Aus welchem Buche habt Ihr diese Grundsätze geschöpft?« fragte der Doctor. – »Aus der Natur,« antwortete der Indier; »ich kenne kein anderes.« – »Ach ja, das ist ein großes Buch,« sagte der Engländer; »aber wer hat Euch darin lesen gelehrt?« – »Das Unglück,« erwiderte der Paria; »da ich zu einer Kaste gehöre, die in meinem Lande für verrucht gilt, und kein Indier seyn konnte, so habe ich einen Menschen aus mir gemacht; von der Gesellschaft zurückgestoßen, habe ich mich in die Natur geflüchtet.« – »Aber Ihr habt doch wenigstens etliche Bücher in Eurer Einsiedelei?« fragte der Doctor weiter. – »Kein einziges,« erklärte der Paria; »auch kann ich weder lesen, noch schreiben.« – »Da habt Ihr Euch manche Zweifel erspart,« sagte der Doctor, sich die Stirne reibend. »Ich dagegen wurde von England, meinem Vaterlande, ausgesandt, um die Wahrheit bei den Gelehrten gar mancher Nationen zu suchen; aber nach vielen vergeblichen Nachforschungen und schweren Disputationen bin ich endlich auf den Schluß gekommen, daß das Forschen nach Wahrheit eine Narrheit ist: denn wenn man sie auch fände, so wüßte man immer noch nicht, wem man sie sagen dürfte, ohne sich eine Menge Feinde zuzuziehen. Sagt mir einmal aufrichtig, denkt Ihr nicht auch wie ich?« – »Obgleich ich nur ein unwissender Mensch bin,« antwortete der Paria, »so glaube ich doch, da Ihr mir erlaubt, meine Meinung zu sagen, daß Jedermann verpflichtet ist, zu seinem eigenen Glück die Wahrheit zu suchen; sonst würde er habsüchtig, ehrgeizig, abergläubisch, boshaft, ja selbst ein Menschenfresser werden, je nach den Vorurtheilen oder Interessen Derer, die ihn erziehen.«

Der Doctor, der beständig an die drei Fragen dachte, die er dem Obersten der Pandekten vorgelegt hatte, war hocherfreut über diese Antwort des Paria. »Da Ihr also,« sagte er zu ihm, » glaubt, daß Jedermann verbunden sey, die Wahrheit zu suchen, so sagt mir vor Allem, welches Mittels man sich bedienen muß, um sie zu finden; denn unsere Sinne täuschen uns, und unsre Vernunft führt uns noch weit mehr in der Irre herum. Die Vernunft ist fast bei allen Menschen verschieden; ich glaube, daß sie im Grund weiter nichts ist, als das besondere Interesse jedes Einzelnen: deßhalb ist sie auch auf der ganzen Erde so veränderlich. Es gibt nicht zwei Religionen, zwei Völker, zwei Stämme, zwei Familien, was sage ich? nicht einmal zwei Menschen, die ganz auf dieselbe Art dächten. Mit welchem Sinn soll man also die Wahrheit suchen, wenn der Verstand nicht dazu behilflich ist?« – »Ich glaube, mit einem einfältigen Herzen,« antwortete der Paria. »Die Sinne und der Verstand können sich täuschen, aber ein einfältiges Herz täuscht nie, wenn es auch getäuscht werden kann.«

»Vollkommen wahr,« sagte der Doctor, »und tief gedacht. Die Hauptsache also ist, daß man die Wahrheit mit dem Herzen suchen muß, und nicht mit dem Verstand. Die Menschen fühlen alle auf eine und dieselbe Art, allein sie urtheilen verschieden, weil die Grundsätze der Wahrheit in der Natur beruhen, die Schlüsse aber, die sie daraus ziehen, in ihren Interessen. Also mit einem einfältigen Herzen muß man die Wahrheit suchen; denn ein einfältiges Herz stellt sich nie, als ob es verstände, was es nicht versteht, und glaubte, was es nicht glaubt. Es hilft nicht dazu, sich selbst, und in Folge davon die Andern zu täuschen: ein einfältiges Herz ist also nicht schwach, wie die Herzen der meisten Menschen, die sich durch ihre Interessen verführen lassen, sondern stark und tüchtig, die Wahrheit zu suchen und zu bewahren.« – »Ihr habt meinen Gedanken weit besser aus einander gesetzt, als ich selbst gethan haben würde,« erwiderte der Paria. »Die Wahrheit ist wie der Thau des Himmels; um sie rein zu erhalten, muß man sie in reinem Gefäße sammeln.«

»Sehr wahr, aufrichtiger Mann!« versetzte der Engländer, »aber die schwierigste Frage ist noch nicht gelöst. Wo muß man die Wahrheit suchen? Ein einfältiges Herz hängt von uns selbst ab; die Wahrheit aber hängt von den andern Menschen ab. Wo soll man sie finden, wenn diejenigen, die uns umgeben, sich von ihren Vorurtheilen verführen, oder von ihren Interessen bestechen lassen, wie es bei den meisten Menschen der Fall ist? Ich bin bei vielen Völkern herumgereist: ich habe ihre Bibliotheken durchwühlt, bin mit ihren Doctoren zu Rathe gesessen und habe überall nichts als Widersprüche, Zweifel und Ansichten gefunden, die noch tausendmal verschiedener sind, als ihre Sprachen. Wenn man also die Wahrheit in den berühmtesten Aufbewahrungsorten des menschlichen Wissens nicht findet, wo wird man sie dann suchen müssen? wozu wird ein einfältiges Herz helfen unter Menschen, die eine falsche Denkungsweise und ein verdorbenes Herz haben?« – »Auch mir,« erwiderte der Paria, »wäre die Wahrheit verdächtig, wenn sie uns nur vermittelst der Menschen zukäme; nicht unter ihnen muß man sie suchen, sondern in der Natur. Die Natur ist die Quelle alles dessen, was ist; ihre Sprache ist nicht unverständlich und veränderlich, wie die Sprache der Menschen und ihrer Bücher. Die Menschen machen Bücher, die Natur aber macht Dinge. Die Wahrheit auf ein Buch gründen zu wollen, ist nicht anders, als wenn man sie auf ein Gemälde oder auf eine Bildsäule gründete, die nur einem einzigen Lande wichtig seyn kann, und tagtäglich unter den Einflüssen der Zeit leidet. Jedes Buch ist das Kunstwerk eines Menschen; die Natur aber ist die Kunst Gottes.«

»Vortrefflich!« antwortete der Doctor; »die Natur ist allerdings die Quelle der natürlichen Wahrheiten; aber aus welcher Quelle soll man zum Beispiel die geschichtlichen Wahrheiten schöpfen, außer einzig und allein aus Büchern? Wie soll man sich heutzutage der Wahrheit einer Thatsache versichern, die sich vor zweitausend Jahren zugetragen hat? Waren diejenigen, die sie uns überlieferten, vielleicht ohne Vorurtheile, ohne Parteigeist? Hatten sie ein einfältiges Herz? Und diese Bücher selbst, worin wir sie finden, mußten sie nicht durch die Hände von Abschreibern, Druckern, Erklärern und Uebersetzern gehen? und entstellen nicht alle diese Leute mehr oder weniger die Wahrheit? Ihr habt sehr richtig bemerkt, daß ein Buch nur das Werk menschlicher Kunst sey. Demnach müßte man also auf alle geschichtliche Wahrheit verzichten, da sie nur vermittelst der Menschen zu uns gelangen kann, deren keiner frei vom Irrthum ist.« – »Wozu,« sagte der Indier, »brauchen wir aber auch die Geschichte der vergangenen Dinge? Die Geschichte dessen, was ist, ist die Geschichte dessen, was war und was seyn wird.«

»Fürwahr,« versetzte der Engländer, »ich kann nicht mit Euch streiten; aber das werdet Ihr doch zugeben, daß die sittlichen Wahrheiten zum Glück des Menschengeschlechtes notwendig sind. Wie soll man nun aber diese in der Natur finden? Die Thiere bekriegen, zerfleischen und tödten einander; selbst die Elemente kämpfen wider Elemente; sollen die Menschen unter sich eben so handeln?« – »O nein,« antwortete der ehrliche Paria; »aber jeder Mensch wird die Richtschnur seines Handelns im eigenen Herzen finden, wenn sein Herz einfältig ist. Die Natur hat das Gesetz hineingelegt: Was du nicht willst, daß dir die Leute thun sollen, das thue ihnen auch nicht.« – »Es ist wahr,« versetzte der Doctor, »sie hat das Wohl des ganzen Menschengeschlechts durch das Wohl jedes Einzelnen bedingt; aber die religiösen Wahrheiten, wie soll man diese herausfinden unter so vielen Ueberlieferungen der Völker und ihren verschiedenen Arten, Gott zu verehren?« – »Eben aus der Natur,« antwortete der Paria; »wenn wir sie mit einem einfältigen Herzen betrachten, so werden wir darin Gott in seiner Macht, seiner Weisheit und seiner Güte sehen; und da wir schwach, unwissend und elend sind, so ist dies für uns Grund genug, ihn zu verehren, zu ihm zu beten und ihn unser ganzes Leben lang zu lieben, ohne uns lange darüber herumzuzanken.«

»Ausgezeichnet!« rief der Engländer; »aber,« fuhr er fort, »sagt mir einmal, wenn man eine Wahrheit entdeckt hat, muß man sie dann den andern Menschen auch mittheilen? Wenn man sie bekannt macht, so verfeindet man sich mit einer Masse Menschen, die vom entgegengesetzten Irrthum leben und behaupten, dieser Irrthum sey die Wahrheit, und Alles, was ihn zu zerstören trachte, sey der Irrthum.« – »Allerdings,« antwortete der Paria, »muß man den Menschen die Wahrheit sagen, aber nur denjenigen, die ein einfältiges Herz haben, d. h. den Gutdenkenden, die sie suchen, nicht den Schlechten, die sie von sich stoßen. Die Wahrheit ist eine feine Perle, und der Schlechte ein Krokodil, das sie nicht an seine Ohren hängen kann, weil es keine hat. Wenn Ihr dem Krokodil eine Perle zuwerfet, so wird es sich nicht damit schmücken, sondern sie fressen wollen; es wird sich die Zähne daran ausbrechen und dann in der Wuth auf Euch losstürzen.«

»Jetzt,« sagte der Engländer, »habe ich Euch nur noch eine einzige Einwendung zu machen. Aus Euern Worten folgt nämlich: die Menschen seyen zum Irrthum verurtheilt, obgleich die Wahrheit ihnen notwendig sey; denn wenn sie diejenigen, die ihnen die Wahrheit predigen, verfolgen, woher soll man dann Lehrer bekommen, die Muth genug haben, sie vorzutragen?« – »Derjenige,« antwortete der Paria, »der die Menschen selbst verfolgt, um sie zu belehren, heißt: Unglück.« – »Für dießmal,« erwiderte der Engländer, »glaube ich, daß Ihr Unrecht habt, Mann der Natur. Das Unglück wirft die Menschen in die Arme des Aberglaubens und wirkt gleich schwächend auf Geist und Herz. Je unglücklicher die Menschen sind, um so niederträchtiger, leichtgläubiger und kriechender wird man sie immer finden.« – »Bloß weil sie nicht unglücklich genug sind,« versetzte der Paria. »Das Unglück gleicht dem schwarzen Berge Bember, am äußersten Ende des glühenden Reiches Lahor: so lang Ihr hinaufsteiget, sehet Ihr nichts als unfruchtbare Felsen vor Euch; aber seyd Ihr einmal auf dem Gipfel angelangt, dann erblicket Ihr über Euerm Haupte den Himmel, und zu Euren Füßen das Königreich Kaschmir.«

»Charmant! bei meiner Ehre, eine treffliche Vergleichung!« antwortete der Doctor; »ja wahrhaftig, jeder Mensch muß in seinem Leben einen Berg hinanklimmen. Der Eurige, tugendhafter Einsiedler, muß sehr steil und rauh gewesen seyn; denn Ihr stehet höher als alle Menschen, die ich kenne. Ihr seyd wohl sehr unglücklich gewesen! Aber, sagt mir einmal vor Allem, warum ist denn Eure Kaste in Indien so entsetzlich verachtet, und die der Braminen so hoch geehrt? Ich komme so eben von dem obersten Priester der Pagode Jagarnats, der so wenig denkt, als sein Götze, und sich anbeten läßt, wie ein Gott.« – »Dieß,« versetzte der Paria, »kommt daher, weil die Braminen sagen, sie seyen ursprünglich aus dem Haupte des Gottes Brama hervorgegangen, die Paria's aber aus seinen Füßen. Ferner behaupten sie, Brama habe einsmals auf einer Reise einen Paria um etwas zu essen angesprochen, und dieser habe ihm Menschenfleisch gereicht. Seit dieser Ueberlieferung steht ihre Kaste in hohen Ehren, die unsere aber wird in ganz Indien verflucht. Es ist uns verboten, einer Stadt zu nahen, und jeder Nair oder Reispute kann uns tödten, wenn wir ihm so nahe kommen, daß unser Athem ihn berühren könnte.« – »Beim heiligen Georg!« rief der Engländer, »das nenne ich einmal dumm und ungerecht! Wie haben die Braminen den Indiern eine solche Narrheit aufbinden können?« – »Dadurch,« antwortete der Paria, »daß sie es ihnen schon in ihrer Kindheit einprägen und unaufhörlich wiederholen. Die Menschen lassen sich belehren, wie die Papageie.« – »Unglücklicher!« sagte der Engländer, »wie habt Ihr es angefangen, um Euch aus dem Abgrund von Schande hervorzuarbeiten, in den Euch die Braminen schon bei Eurer Geburt gestürzt haben? Ich kenne nichts Betrübteres für einen Menschen, als wenn man ihn in seinen eigenen Augen verächtlich macht: dadurch beraubt man ihn der ersten aller Tröstungen; denn der sicherste Trost bleibt immer derjenige, den man in seinem eigenen Busen findet.«

»Ich,« antwortete der Paria, »habe vor Allem zu mir gesagt: Ist die Geschichte vom Gotte Brama wohl wahr? Niemand erzählt sie, als die Braminen, und in deren Vortheil liegt es, daß sie sich einen himmlischen Ursprung beimessen. Ohne Zweifel haben sie die Erdichtung, als ob ein Paria den Gott Brama zum Menschenfresser habe machen wollen, bloß aus Rache erfunden, weil die Paria's sich weigerten, Alles zu glauben, was sie ihnen von ihrer Heiligkeit vorschwatzten. Nach diesem sagte ich zu mir: Angenommen, die Sache sey wahr, so ist doch Gott gerecht: er kann nicht eine ganze Kaste für das Verbrechen eines einzigen ihrer Mitglieder strafen, wenn die Kaste keinen Theil daran genommen hat. Wenn aber auch die ganze Kaste der Parias Theil an dieser Missethat genommen hätte, so sind doch ihre Nachkommen unschuldig. Gott straft eben so wenig in den Kindern die Sünden ihrer Väter, die sie niemals gesehen haben, als er in den Vätern die Sünden ihrer Enkel strafen würde, die noch nicht geboren sind. Aber auch für den Fall, daß ich wirklich heute die Strafe eines Paria, der vor Tausenden von Jahren gegen seinen Gott sündigte, mitleiden muß, ohne an seiner Sünde Theil genommen zu haben, so kann doch wohl ein Ding, das von Gott gehaßt wird, nicht bestehen, ohne sogleich zerstört zu werden. Wäre ich in den Augen Gottes verflucht, so würde nichts von dem gedeihen, was ich pflanze. Endlich sagte ich zu mir: Ich will annehmen, ich sey Gott verhaßt, der mir Gutes thut; dann will ich mich aber ihm wohlgefällig zu machen suchen, indem ich nach seinem Beispiel denjenigen Gutes thue, die ich hassen sollte.«

»Mein Gott!« fragte der Engländer, »wie habt Ihr aber Euer Leben fristen können, wenn Ihr so von aller Welt zurückgestoßen wurdet?« – »Vor Allem,« erwiderte der Indier, »sagte ich bei mir selbst in meinem Innern: Wenn alle Welt dein Feind ist, so sey wenigstens du selbst dein Freund. Dein Unglück geht nicht über die Kräfte eines Menschen. So gewaltig auch der Regen seyn mag, ein kleines Vögelein fängt immer nur einen einzigen Tropfen auf einmal auf. Ich ging in den Wäldern und die Flüsse entlang, um Nahrung zu suchen; allein meistens pflückte ich nur wilde Früchte und mußte auch die wilden Thiere fürchten: daraus erkannte ich, daß die Natur für einen einzelnen Menschen fast Nichts gethan, und daß sie mein Dasein an eben dieselbe Gesellschaft geknüpft hatte, die mich aus ihrem Schooße verstieß. Ich streifte auch auf den öden unbebauten Feldern umher, deren es in Indien eine so große Menge gibt, und fand dort immer irgend eine eßbare Pflanze, die den Untergang derer, welche sie gepflanzt, überlebt hatte. So reiste ich von Provinz zu Provinz, in der festen Ueberzeugung, überall in den Trümmern des Landbaus meine Nahrung zu finden. Erblickte ich Samenkörner von nützlichen Gewächsen, so säete ich sie wieder mit den Worten: Ist's nicht für mich, so ist's doch vielleicht für Andere. Ich fühlte mein Unglück weniger, wenn ich sah, daß ich irgend etwas Gutes thun konnte. Mein sehnlichstes Verlangen war, in einige Städte kommen zu können. Ich bewunderte aus der Ferne ihre Wälle und ihre Thürme, die erstaunliche Masse Schiffe auf ihren Flüssen, und die waarenbeladenen Karavanen, die von allen Enden der Welt hier zusammenströmten, auf ihren Straßen; ferner die Kriegsschaaren, die aus dem Innern der Provinzen berufen wurden, um von hier aus die Ruhe des Reichs aufrecht zu erhalten, die stattlichen Aufzüge und das zahlreiche Gefolge der Gesandten, die aus fernen Landen kamen, um glückliche Ereignisse anzukündigen oder Verbindungen anzuknüpfen. Ich näherte mich, so weit es mir erlaubt war, ihren Thoren, betrachtete verwunderungsvoll die langen Staubsäulen, welche die Masse der Wanderer aufsteigen machte, und zitterte vor Verlangen bei dem verworrenen Getöse der großen Städte, das in den nahen Feldern dem Gemurmel der Wogen gleicht, die sich am Ufer des Meeres brechen. Da sprach ich zu mir: Eine Vereinigung von Menschen aus so viel verschiedenen Staaten, die ihren Fleiß, ihre Reichthümer und ihre Freuden gemeinschaftlich mit einander theilen, muß eine Stadt zum Wohnort seliger Freude machen. Aber wenn es mir auch nicht erlaubt ist, mich bei Tag daselbst blicken zu lassen, wer hindert mich denn, Nachts hineinzugehen? Eine schwache Maus, die so viele Feinde hat, geht im Schatten der Dunkelheit aus und ein, wo sie will, und wandert aus der Hütte des Armen nach dem Palaste der Könige. Um das Leben zu genießen, genügt ihr das Licht der Sterne: wozu bedarf ich des Lichts der Sonne? Diese Betrachtungen stellte ich in der Umgebung von Delhi an, und sie machten mir so viel Muth, daß ich mit Anbruch der Nacht durch das Lahorthor zur Stadt hineinschlüpfte. Im Anfang kam ich durch eine lange, einsame Straße, wo die Häuser sämmtlich Terrassen und Wölbungen haben, in denen sich die Buden der Kaufleute befinden. Von Zeit zu Zeit stieß ich auch auf wohlverschlossene große Karawansereien und sehr geräumige Marktplätze, wo die tiefste Stille herrschte. Indem ich mich nunmehr dem Innern der Stadt zuwandte, durchstreifte ich das prachtvolle Stadtviertel der Omrahs, das voll von Palästen und Gärten ist, die der Gemna entlang herrlich daliegen. Hier ertönte Alles von Musik und den Gesängen der Bajaderen, die bei Fackelschein am Ufer des Flusses tanzten.

Ich stellte mich an eine Gartenthüre, um diesen lieblichen Anblick zu genießen; allein es wurde mir von Sklaven entleidet, welche die Unglücklichen mit Stockschlägen wegjagten. So entfernte ich mich dann von den Wohnungen der Großen und kam an mehreren Pagoden meiner Religion vorbei, wo eine große Menge Unglücklicher auf dem Boden lag und sich in Thränen ergoß. Beim Anblick dieser Denkmäler des Aberglaubens und Schreckens entfloh ich eilig. Nachdem ich eine Strecke weiter zurückgelegt, ersah ich aus dem durchdringenden Geschrei der Mollahs, die von hohem Thurme herab die Stunden der Nacht verkündigten, daß ich mich am Fuße der Minarets einer Moschee befand. Unweit davon waren die Factoreien der Europäer mit ihren Fahnen und Wachposten, die unaufhörlich Kaberdar! (gebt Acht!) riefen.

Sofort kam ich an einem großen Hause vorbei, das ich aus dem Gerassel der Ketten und den Klagetönen, die herausdrangen, für ein Gefängniß erkannte.

Bald darauf hörte ich das Jammergeschrei in einem geräumigen Hospital, aus dem man Wägen voll Leichname herausführte. Auch Räuber sah ich auf meinem Wege, welche die Straße entlang flohen und von der Streifwache verfolgt wurden.

Ferner Gruppen von Bettlern, die trotz aller Peitschenhiebe an den Thoren der Paläste um einige Ueberbleibsel von den Festschmäusen ihrer Bewohner flehten, und überall Frauen, die sich öffentlich preisgaben um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Endlich, nachdem ich lange auf einer und derselben Straße fortgegangen war, gelangte ich an einen unermeßlichen Platz, der die von dem Großmogol bewohnte Feste einschließt. Er war mit Zelten der Rajahs oder Nabobs seiner Leibwache und ihrer Schaaren bedeckt, die sich durch Fackeln, Fahnen und lange mit Schwänzen von thibetanischen Kühen sich endigende Rohre von einander unterschieden. Unmittelbar um die Feste zog sich ein mit Geschütz bepflanzter, breiter und voller Wassergraben. Ich betrachtete beim Schein der Wachfeuer die Thürme des Schlosses, die sich bis in die Wolken erhoben, und die Länge seiner Wälle, die sich in dunkler Ferne verloren. Wie gerne wäre ich hineingetreten, allein gewaltige Korahs oder Peitschen, die an Pfosten aufgehängt waren, benahmen mir alle Lust dazu. Ich duckte mich also in eines der äußersten Enden des Schloßplatzes, wo einige schwarze Sklaven mir erlaubten, neben ihnen an ihrem Feuer auszuruhen. Von da aus betrachtete ich mit Bewunderung den kaiserlichen Palast, und sprach bei mir selbst: »Hier also wohnt der glücklichste aller Menschen! Daß ihm gehorcht werden müsse, predigen so viele Religionen; zu seiner Verherrlichung kommen so viele Gesandte; für seine Schatzkammern erschöpfen sich so viele Provinzen; für seine Wollüste reisen so viele Karavanen, und für seine Sicherheit wachen so viele Bewaffnete in der Stille der Nacht!«

Paradiesisch erschien mir das Glück des Beherrschers der Welt. Während ich aber noch in diese Betrachtungen versunken war, erhob sich auf dem Platze ein großes Freudengeschrei, und ich sah acht mit Wimpeln geschmückte Kameele vorbeikommen. Man sagte mir, sie überbringen Köpfe von Rebellen, welche die Feldherren des Mogols ihm aus der Provinz Decan schicken, wo einer seiner Söhne, den er zum Statthalter daselbst ernannt, schon seit drei Jahren die Fahne des Aufruhrs aufgepflanzt habe. Bald darauf kam auf einem Dromedar ein Courier mit verhängtem Zügel angesprengt; er hatte den Verlust einer indischen Gränzstadt zu melden, die durch Verrath eines der Befehlshaber dem König von Persien überliefert worden war. Kaum war dieser Courier vorbei, als ein anderer vom Statthalter von Bengalen gesandter mit der Nachricht ankam, die Europäer, denen der Kaiser aus Handelsrechten eine Waarenniederlage am Ausflusse des Ganges gestattet, haben daselbst eine Festung erbaut und sich der Schifffahrt auf dem Flusse bemächtigt. Einige Augenblicke nach der Ankunft dieser beiden Couriere sah man einen Offizier an der Spitze einer Abtheilung von der Leibwache aus dem Schlosse ziehen. Der Mogol hatte ihm Befehl gegeben, in's Stadtviertel der Omrahs zu gehen und drei der Angesehensten, die eines Einverständnisses mit den Feinden des Staats bezüchtigt waren, in Ketten vor ihn zu führen. Tags zuvor hatte er einen Mollah verhaften lassen, der in seinen Predigten den König von Persien gelobt und laut erklärt hatte, der Kaiser von Indien sey ein Ungläubiger, weil er dem Gesetz Mahomeds zuwider Wein trinke. Endlich versicherte man, er habe so eben eine seiner Frauen und zwei Hauptleute von seiner Leibwache, die einer Theilnahme an dem Aufruhr seines Sohnes überwiesen worden seyen, erdrosseln und in die Gemna werfen lassen. Während ich über diese traurigen Ereignisse nachdachte, erhob sich auf einmal eine lange Feuersäule aus den Küchen des Serails. Rauchwirbel stiegen bis zu den Wolken empor, und ihr rother Schein erhellte die Thürme der Feste, ihre Gräben, den Platz, die Minarets der Moscheen und Alles, so weit das Auge reichte.

Alsbald wurde mit den kupfernen Kesselpauken und den Karnas oder großen Hoboen das Feuerlärmzeichen gegeben, dessen gräßliches Getöne mir durch Mark und Bein drang; Schaaren von Reiterei sprengten in die Stadt, stießen in den Häusern zunächst beim Schlosse die Thüren ein und nöthigten ihre Bewohner mit grausamen Peitschenhieben, löschen zu helfen. Ich selbst erfuhr an meiner eigenen Person, wie gefährlich die Nähe der Großen für die Kleinen ist. Die Großen sind wie das Feuer, das selbst diejenigen, die Weihrauch hineinwerfen, versengt, sobald sie ihm zu nahe kommen. Ich wollte entfliehen, allein alle Pässe waren mir versperrt. Es wäre mir unmöglich gewesen, hinauszukommen, wenn nicht durch die göttliche Vorsehung die Seite, wo ich mich befand, diejenige nach dem Serail zu gewesen wäre. Da nun die Verschnittenen die Frauen auf Elephanten hinausführten, so erleichterte dieß meine Flucht; denn wenn die Wächter überall durch Peitschenhiebe die Leute nöthigten, dem Schloß zu Hülfe zu kommen, so zwangen die Elephanten sie vermöge ihrer Rüssel, zurückzutreten.

So entkam ich, bald von den Einen verfolgt, bald von den Andern zurückgetrieben, endlich aus diesem schrecklichen Gemenge, und erreichte beim hellen Schein des brennenden Schlosses das andere Ende der Vorstadt, wo das Volk, fern von den Großen, in seinen Hütten friedlich von den Arbeiten des Tags ausruhte. Hier fing ich erst an, wieder Athem zu schöpfen. Dann aber sprach ich zu mir: So habe ich denn einmal eine Stadt gesehen! ich habe die Wohnung der Herren der Völker gesehen! O! wie vielen Herren müssen nicht sie selbst als Sklaven dienen! sie fröhnen, selbst zur Zeit, wo andere Menschen ruhen, den Wollüsten, dem Ehrgeiz, dem Aberglauben, der Habsucht; ja, auch im Schlaf müssen sie eine Menge unglücklicher und übelgesinnter Wesen fürchten, mit denen sie sich umgeben haben: Diebe, Bettler, Buhlerinnen, Mordbrenner, selbst ihre Soldaten, ihre Großen und ihre Priester. Wie mag es wohl bei Tag in einer Stadt aussehen, wo die Nächte so unruhig sind! Die Widerwärtigkeiten, die den Menschen treffen können, vermehren sich mit seinen Genüssen; wie sehr muß also der Kaiser zu beklagen seyn, dem diese Genüsse alle insgesammt zu Gebote stehen! Er hat auswärtige und Bürgerkriege zu fürchten; ja selbst vor seinen natürlichen Tröstern und Vertheidigern, vor seinen Feldherren, seinen Wachen, seinen Mollahs, seinen Weibern und seinen Kindern muß ihm bange seyn. Die Gräben um seine Feste vermögen die Gespenster des Aberglaubens nicht abzuhalten; seine wohlabgerichteten Elephanten die schwarzen Sorgen nicht von ihm zu verscheuchen. Ich aber habe von all dem nichts zu fürchten: kein Tyrann hat Gewalt über mich, weder über meinen Leib, noch über meine Seele. Ich kann Gott nach meinem Gewissen dienen und habe von keinem Menschen Etwas zu fürchten, wenn ich mich nur nicht selbst quäle: fürwahr, ein Paria ist weniger unglücklich, als ein Kaiser. Indem ich so sprach, traten mir die Thränen in die Augen; ich fiel auf meine Kniee und dankte Gott, der, um mich meine Leiden ertragen zu lehren, mir noch unerträglichere gezeigt hatte, als die meinigen.

Damals und seitdem nie bin ich über die Vorstädte von Delhi hinausgekommen. Von hier aus sah ich, wie die Sterne die Wohnungen der Menschen beleuchteten und sich mit ihren Feuern vermischten, gleich als ob der Himmel und die Stadt ein und dasselbe Gebiet wären. Wenn der Mond aufstieg, um die Landschaft zu bescheinen, so bemerkte ich andere Farben, als bei Tage. Ich bewunderte die Thüren, Häuser und Bäume, die silberschimmernd und zugleich florbedeckt fernhin in den Wellen der Gemna sich spiegelten. Ungestört durchstreifte ich die einsamen und stillen Gegenden der Stadt, und da war es mir, als ob die ganze Stadt mir gehörte. Und gleichwohl hätte sich keine menschliche Seele hier gefunden, die mir eine Handvoll Reis geboten hätte; so sehr hatte mich die Religion verhaßt gemacht! Da ich nun bei den Lebenden nichts finden konnte, um mein Leben zu fristen, so suchte ich es bei den Todten; ich ging auf die Kirchhöfe und aß die Speisen, die von der Frömmigkeit der Verwandten auf ihre Gräber gestellt wurden. An diesen Orten überließ ich mich gern meinen Betrachtungen. Hier, sprach ich bei mir selbst, ist die Stadt des Friedens; Macht und Stolz sind hier verschwunden, Unschuld und Tugend in Sicherheit. Hier enden alle Befürchtungen des Lebens, selbst die Furcht vor dem Tode; hier ist die Herberge, wo der Fuhrmann auf immer ausgespannt hat, und wo der Paria zu seiner Ruhe gelangt. Wenn ich so dachte, da erschien mir der Tod wünschenswerth, und ich fing an, die Erde zu verachten. Ich schaute nach dem Aufgang, von wo jeden Augenblick eine Menge Sterne hervortauchte. Obgleich ihre Schicksale mir unbekannt waren, so fühlte ich doch, daß sie mit denen der Menschen in Verbindung standen: denn die Natur, die so viele unsichtbare Dinge für die Bedürfnisse derselben geschaffen hat, mußte doch wenigstens diejenigen, die sie ihren Blicken darbietet, in Beziehung zu ihnen setzen. Dann erhob sich meine Seele mit den Gestirnen zum Firmament, und wenn die Morgenröthe über diese freundlichen, ewigen Lichter ihre Rosenfarben ausgoß, so glaubte ich mich vor den Pforten des Himmels. Wenn aber ihre Feuer die Gipfel der Pagoden vergoldeten, so verschwand ich wie ein Schatten; ich entfernte mich von den Wohnungen der Menschen, um auf den Feldern am Fuße eines Baumes Ruhe zu suchen, wo ich beim Gesang der Vögel einschlief.

»Ja! mein gefühlvoller unglücklicher Freund!« rief der Engländer; »Eure Erzählung hat mich sehr gerührt. Glaubt mir, die meisten Städte verdienen nur bei Nacht gesehen zu werden. Uebrigens hat die Natur auch nächtliche Schönheiten, die zu ihren ansprechendsten gehören; ein berühmter Dichter meines Vaterlandes hat keine andere gefeiert. Aber, sagt einmal, wie habt Ihr es angefangen, um auch beim Tageslicht glücklich zu werden?«

»Es war schon viel, bei Nacht glücklich zu seyn,« antwortete der Indier; »die Natur gleicht einer schönen Frau, welche den Tag über nur die Schönheiten ihres Gesichtes öffentlich zeigt, bei Nacht aber dem Geliebten auch ihre geheimen Schönheiten enthüllt. Wenn übrigens die Einsamkeit ihre eigentümlichen Genüsse hat, so hat sie auch ihre Entbehrungen; sie erscheint dem Unglücklichen als ein ruhiger Hafen, von wo aus er die Leidenschaften der andern Menschen dahinstürmen sieht, ohne selbst dadurch erschüttert zu werden; aber während er sich zu seiner unzerstörbaren Ruhe Glück wünscht, zieht die Zeit auch ihn in den Strudel hinein. Man kann keinen Anker auswerfen im Flusse des Lebens: er reißt denjenigen, der gegen seinen Lauf kämpft, und denjenigen, der sich ihm überläßt, den Weisen wie den Thoren, auf gleiche Weise mit sich fort, und Beide gelangen an's Ende ihrer Tage: der Eine, nachdem er sie schlecht angewandt, der Andere, ohne daß er sie genossen hat. Ich wollte nicht weiser seyn, als die Natur, und mein Glück nicht außerhalb der Gesetze suchen, die sie den Menschen vorgeschrieben hat. Mein sehnlichstes Begehren war ein Freund, mit dem ich Freude und Leid theilen könnte. Lange suchte ich darnach unter Meinesgleichen, allein ich traf überall nur neidische Gesellen. Endlich gelang es mir, ein gefühlvolles, dankbares, treues und allen Vorurtheilen unzugängliches Geschöpf ausfindig zu machen: freilich nicht unter dem Geschlecht, dem wir Beide angehören, sondern unter den Thieren. Ich meine den Hund, den Ihr hier sehet. Man hatte ihn, noch ganz klein, an einer Straßenecke ausgesetzt, wo er nahe daran war, zu verhungern. Ich erbarmte mich sein und zog ihn auf: er wurde anhänglich an mich, und ich machte ihn zu meinem unzertrennlichen Lebensgefährten. Dieß war mir immer noch nicht genug; ich mußte einen noch unglücklicheren Freund haben, als dieser Hund war, einen Freund, der alle Unbilden der menschlichen Gesellschaft kennen und mir ertragen helfen sollte: ein Wesen, das nur die Gaben der Natur begehrte, und mit dem ich sie genießen könnte. Nur durch Verschlingung in einander vermögen zwei schwache Sträuche dem Sturm zu widerstehen. Die Vorsehung erfüllte meine Wünsche, indem sie mir ein braves Weib schenkte. An der Quelle meines Unglücks fand ich die Quelle meines Glücks. Eines Nachts, als ich auf dem Begräbnißplatze der Braminen war, bemerkte ich beim Mondschein eine junge Braminin, die ihr Gesicht halb mit einem gelben Schleier bedeckt hatte. Beim Anblick einer Frau vom Blute meiner grausamen Unterdrücker schauderte ich entsetzt zurück; als ich aber sah, womit sie sich beschäftigte, so übermannte mich Mitleid, und ich trat näher. Sie stellte nämlich auf einen Hügel, der die Asche ihrer Mutter bedeckte, welche dem Gebrauch dieser Kaste gemäß vor Kurzem mit der Leiche ihres Mannes lebendig verbrannt worden war, etwas zu essen und verbrannte Weihrauch, um ihren Schatten heraufzurufen. Die hellen Thränen traten mir in die Augen, als ich ein Wesen sah, das noch unglücklicher war, als ich. Ach! sprach ich bei mir selbst, ich bin durch die Bande der Ehrlosigkeit gefesselt, du aber durch die Bande der Ehre und des Glanzes. Ich lebe wenigstens ruhig in meinem Abgrund, du aber mußt auf dem Rande des deinigen beständig zittern. Dasselbe Schicksal, das dir deine Mutter entrissen hat, droht auch dich einstens wegzuraffen. Du hast nur Ein Leben empfangen und mußt zwei Tode sterben: wenn dein eigener Tod dich nicht in's Grab hinabführt, so wird dich der Tod deines Gemahls lebendig hineinziehen. Ich weinte und sie weinte gleichfalls: unsre in Thränen gebadeten Augen begegneten sich und sprachen mit einander, wie die Augen der Unglücklichen zu sprechen pflegen: sie wandte die ihrigen ab, hüllte sich in ihren Schleier und ging weg. In der folgenden Nacht kam sie wieder an denselben Ort. Dießmal hatte sie einen größern Vorrath von Lebensmitteln auf das Grab ihrer Mutter gestellt – denn sie dachte, ich werde ihrer bedürftig seyn, und da die Braminen häufig ihre Leichenmahle vergiften, damit die Parias sie nicht essen sollen, so hatte sie, um mich wegen des Gebrauchs ihrer Speisen zu beruhigen, nur Früchte gebracht. Dieser Beweis von menschlichem Gefühl rührte mich, und um ihr meine Hochachtung für ihre kindlich fromme Gabe zu bezeigen, nahm ich ihre Früchte nicht nur nicht, sondern legte noch Blumen hinzu: es waren Mohnköpfe, die meinen Antheil an ihrem Schmerz ausdrücken sollten. In der nächsten Nacht entdeckte ich mit Freuden, daß sie meine Huldigung genehmigt hatte. die Mohnköpfe waren begossen, und sie hatte in einiger Entfernung von dem Grabe einen neuen Korb mit Früchten aufgestellt. Mitleid und Dankbarkeit machten mich kühn. Da ich als Paria nicht wagen konnte, sie anzureden, um sie nicht in Verlegenheit zu bringen, so beschloß ich, ihr als Mensch die Empfindungen auszudrücken, die sie in meinem Herzen hervorrief. Um mich verständlich zu machen, entlehnte ich, indischem Brauche zufolge, die Blumensprache und legte Ringelblumen zu den Mohnköpfen. Nachts darauf fand ich meine Mohnköpfe und meine Ringelblumen begossen. In der folgenden Nacht wurde ich kühner; ich legte zu den Mohnköpfen und Ringelblumen eine Fulsapatte, Blumen, womit die Schuster ihr Leder schwarz zu färben pflegen: hier sollten sie meine demüthige und unglückliche Liebe bedeuten. Am andern Morgen eilte ich mit Aufgang der Morgenröthe nach dem Grabe: allein die Fulsapatte war verdorrt, weil sie nicht begossen worden war. Zitternd legte ich in der folgenden Nacht eine Tulpe hinzu, deren rothe Blätter und schwarzes Herz das Feuer bedeuten sollten, das mich verzehrte: am Morgen fand ich meine Tulpe in demselben Zustand, wie die Fulsapatte. Dieß beugte mich gewaltig nieder; dennoch legte ich zwei Tage nachher eine Rosenknospe sammt ihren Dornen auf das Grab, als Sinnbild meiner mit viel Furcht vermischten Hoffnungen. Aber wie groß war meine Verzweiflung, als ich bei den ersten Strahlen der Sonne meine Rosenknospe weit von dem Grabe weggeschleudert sah! Ich glaubte, ich müsse den Verstand darüber verlieren, beschloß aber doch, sie anzureden, gehe es, wie es wolle. In der folgenden Nacht warf ich mich daher, sobald sie sich zeigte, zu ihren Füßen und bot ihr mit großer Beklommenheit des Herzens meine Rose hin.

Sie ergriff das Wort und sagte zu mir: »Unglücklicher! du sprichst von Liebe, und ich werde bald nicht mehr seyn. Ich muß, wie meine Mutter, meinen Gemahl, der heute gestorben ist, auf den Scheiterhaufen begleiten: er war alt, ich heirathete ihn noch als ein Kind; lebe wohl; entferne dich und vergiß mein.« Sie seufzte, als sie diese Worte sprach. Ich aber antwortete ihr, von Schmerz durchdrungen: »Unglückliche Braminin! die Natur hat die Bande zerrissen, welche die Gesellschaft dir angelegt hatte; zerreiße nun vollends auch die des Aberglaubens: du kannst es, wenn du mich zum Gemahl nimmst.« – »Wie!« versetzte sie weinend, »ich sollte dem Tod entfliehen, um mit dir in Schande zu leben! Ach! wenn du mich lieb hast, so laß mich sterben.« – »Das wolle Gott nicht!« rief ich; »nein, ich will dich nicht bloß deßhalb aus deinem Elend ziehen, um dich dann in das meinige zu stürzen. Geliebte Braminin, laß uns zusammen tief in die Wälder fliehen; besser, wir vertrauen uns den Tigern an, als den Menschen. Der Himmel aber, auf den ich hoffe, wird uns nicht verlassen. Laß uns fliehen. die Liebe, die Nacht, dein Unglück, deine Unschuld, Alles begünstigt uns. Eilen wir, unglückliche Wittwe! schon erhebt sich dein Scheiterhaufen, und dein todter Gemahl ruft dich dahin. Arme, zu Boden gedrückte Liane! stütze dich auf mich, ich werde dein Palmbaum seyn.« Nun warf sie seufzend einen Blick auf das Grab ihrer Mutter, dann gen Himmel; endlich aber ließ sie eine ihrer Hände in die meinige sinken und nahm mit der andern meine Rose. Ich faßte sie sogleich beim Arme, und wir machten uns auf den Weg. Ihren Schleier warf ich in den Ganges, damit ihre Verwandten glauben sollten, sie habe sich ertränkt. Wir wandelten mehrere Nächte hindurch längs des Flusses hin, und den Tag über verbargen wir uns in den Reisfeldern. Endlich gelangten wir in diese Gegend, die vom letzten Kriege her noch sehr menschenarm ist. Ich drang in den Wald, wo ich diese Hütte erbaut und ein kleines Gärtchen angepflanzt habe: hier leben wir sehr glücklich. Ich verehre meine Frau wie die Sonne und liebe sie wie den Mond. In dieser Einsamkeit sind wir einander Alles: wir waren verachtet von der Welt, aber da wir uns gegenseitig hochschätzen, so erscheinen uns die Lobsprüche, die ich ihr ertheile oder von ihr empfange, weit süßer, als der Beifall eines ganzen Volkes.« So sprechend, blickte er sein in der Wiege liegendes Kind und seine Frau an, welche Freudethränen vergoß.

Der Doctor mußte sich gleichfalls die Augen wischen und sagte dann zu seinem Wirth: »Wahrhaftig, was die Leute in Ehren halten, verdient häufig ihre Verachtung, und was sie verachten, verdient häufig in Ehren gehalten zu werden. Aber Gott ist gerecht; Ihr seyd in Eurer Dunkelheit tausendmal glücklicher, als der Oberste der Braminen von Jagarnat im ganzen Glanze seiner Herrlichkeit. Er und seine Kaste sind allen Wechseln des Schicksals ausgesetzt; auf die Braminen fallen die meisten Geißeln der inneren und auswärtigen Kriege, die Euer schönes Land schon seit so vielen Jahrhunderten verwüsten; an sie wendet man sich häufig, um erpreßte Steuern zu bekommen, weil sie auf die Meinung des Volkes so großen Einfluß ausüben. Das Allerbetrübendste aber ist, daß sie selbst die ersten Opfer ihrer unmenschlichen Religion sind. Sie müssen so viel Irrthum predigen, daß sie sich ganz darein versenken, und am Ende allen Sinn für Wahrheit, Gerechtigkeit, Menschlichkeit und Frömmigkeit verlieren. Sie sind selbst gefesselt mit den Ketten des Aberglaubens, womit sie ihre Landsleute fangen wollen; jeden Augenblick müssen sie sich waschen, reinigen und sich eine Menge unschuldiger Genüsse versagen; ja, man kann es nicht ohne Schauder aussprechen: in Folge ihrer unmenschlichen Lehren müssen sie ihre nächsten Angehörigen, ihre Mütter, Schwestern, selbst ihre eigenen Töchter verbrennen sehen. So straft sie die Natur, deren Gesetze sie verletzt haben; Ihr aber könnt nach Herzenslust aufrichtig, gut, gerecht, gastfreundlich und fromm seyn; eben durch Eure Niedrigkeit entgehet Ihr den Schlägen des Schicksals und den Ungerechtigkeiten der öffentlichen Meinung.«

Nach dieser Unterhaltung nahm der Paria Abschied von seinem Gaste, um ihn schlafen zu lassen, und begab sich mit seiner Frau und der Kindswiege in ein anstoßendes kleines Zimmer.

Liebliche Musik erweckte den Doctor mit Aufgang der Morgenröthe: von den Zweigen des indischen Feigenbaums herab sangen die Vögel, und daneben sprachen der Paria und seine Frau laut ihr gemeinschaftliches Morgengebet. Er stand auf, und als der Paria und seine Frau ihre Thüre öffneten, um ihm guten Morgen zu wünschen, bemerkte er zu seinem großen Leidwesen, daß in der ganzen Hütte kein Bett zu finden war, als das Ehebett, und daß sie die ganze Nacht über gewacht hatten, um es ihm abzutreten. Nachdem sie ihm den gewöhnlichen morgenländischen Gruß geboten, beeilten sie sich, ein Frühmahl zu bereiten. Während dieser Zeit machte er einen Gang im Garten, der, wie die Hütte, von den gewölbten Zweigen des indischen Feigenbaums umschlossen war, und zwar waren diese so dicht in einander verschlungen, daß selbst das Auge nicht durchdringen konnte.

Doch entdeckte man über dem Laubwerk die rothen Seiten des Felsen, der das ganze Thal einschloß; von demselben rieselte eine kleine Quelle herab, die den ohne künstliche Ordnung bepflanzten Garten wässerte. Da waren Mangostan- und Orangebäume, Cocosbäume, Litchi, Durian- und Mangobäume, Brodbäume und Pisange, und eine Menge anderer Gewächse, sämmtlich mit Blüthen oder Früchten bedeckt, Alles im bunten Untereinander zu sehen. Selbst ihre Stämme schienen zu blühen: an der Arekapalme rankte sich der Betel hinauf, am Zuckerrohr der Pfefferstrauch. Die Luft war durchduftet von Wohlgerüchen.

Obschon die meisten Bäume noch im Schatten standen, so vergoldeten doch die ersten Strahlen der Morgenröthe bereits ihre Wipfel, auf denen man die Kolibri herumhüpfen sah, glitzernd wie Rubine und Topase, während die Bengali und die Fünfhundertstimmen, unter die feuchten Blätter versteckt, von ihren Nestern aus ihre lieblichen Gesänge ertönen ließen. Der Doctor erging sich unter diesen reizenden Schatten, fern von allen gelehrten und ehrgeizigen Gedanken, als der Paria kam, um ihn zum Frühstück einzuladen. »Euer Garten ist köstlich,« sagte der Engländer zu ihm; »ich habe nichts daran auszusetzen, als daß er zu klein ist. An Eurer Stelle würde ich noch ein Rasenstück dazu nehmen und ihn bis in den Wald ausdehnen.« – »Herr,« antwortete ihm der Paria, »je weniger Platz man hat, um so sicherer ist man: ein einziges Blatt genügt zum Nest des Fliegenvogels.« So sprechend, traten sie in die Hütte, wo sie in einem Winkel die Frau des Paria fanden, die das Frühstück bereits aufgetragen hatte und nun ihr Kind säugte. Nach einem stillen Mahle machte der Doctor Anstalt, aufzubrechen. Da sagte der Indier zu ihm: »Mein werther Gast, die Felder sind noch ganz überschwemmt von den nächtlichen Regengüssen und die Wege unbrauchbar; bleibt noch einen Tag bei uns.« – »Ich kann nicht,« erwiderte der Doctor; »ich habe zu viele Leute bei mir.« – »Ich sehe wohl,« versetzte der Paria, »Ihr eilt, das Land der Braminen zu verlassen und in's Land der Christen zurückzukehren, deren Religion bewirkt, daß alle Menschen als Brüder leben.« – Der Doctor stand seufzend auf. Nun winkte der Paria seiner Frau, die mit niedergeschlagenen Augen, und ohne ein Wort zu sprechen, dem Doctor einen Korb mit Blumen und Früchten überreichte.

Der Paria nahm für sie das Wort und sagte zu dem Engländer. »Herr, entschuldigt unsere Armuth; wir haben weder grauen Ambra, noch Aloeholz, um nach der Sitte Indiens unsre Gäste zu beräuchern. Alles, was wir bieten können, sind Blumen und Früchte; doch hoffe ich, Ihr werdet dieses von den Händen meiner Frau gepflückte Körbchen nicht verschmähen. Es sind weder Mohnköpfe, noch Ringelblumen darin, sondern Jasmin und Bergamotten: ihre andauernden Wohlgerüche mögen Euch ein Sinnbild unserer Freundschaft seyn, deren Andenken uns bleiben wird, selbst wenn wir uns nicht mehr sehen werden.« Der Doctor nahm den Korb und sagte zu dem Paria: »Ich kann Eure Gastfreundschaft nicht genug anerkennen und weiß nicht, wie ich Euch meine ganze Hochachtung bezeigen soll. Nehmt diese goldene Uhr von mir an: sie ist von Graham, dem berühmtesten Uhrmacher in London; man braucht sie nur Einmal im Jahre aufzuziehen.« Der Paria antwortete: »Herr, wir bedürfen keiner Uhren; wir haben eine, die immer geht und nie aus ihrer Ordnung kommt, nämlich die Sonne.« – »Meine Uhr schlägt auch die Stunden,« fuhr der Doctor fort. – »Uns singen sie die Vögel,« entgegnete der Paria. – »So nehmt wenigstens,« sagte der Doctor, »diese Korallenschnüre, um für Eure Frau und Euer Kind rothe Halsbänder daraus zu machen.« – »Meiner Frau,« antwortete der Indier, »und meinem Kinde wird es nie an rothen Halsbändern fehlen, so lange in unserm Garten Angola-Erbsen wachsen.« – »Dann,« sagte der Doctor, »müßt Ihr aber diese Pistolen hier annehmen, um Euch in Eurer Einsamkeit gegen Räuber zu vertheidigen.« – »Die Armuth,« versetzte der Paria, »ist ein Wall, der alle Räuber von uns ferne hält; das Silber, womit Eure Waffen ausgelegt sind, wäre allein schon hinreichend, sie anzulocken. Ich beschwöre Euch bei dem Gott, der uns beschützt und von dem wir unsern Lohn erwarten, entreißt uns nicht den Werth unsrer Gastfreundschaft!« – »Und dennoch,« sagte der Engländer, »wünschte ich gar zu sehr, daß Ihr Etwas von mir behieltet.« – »Nun denn, lieber Gast,« antwortete der Paria, »weil Ihr es durchaus wollt, so will ich es wagen, Euch einen Tausch vorzuschlagen: gebt mir Eure Pfeife und empfangt dagegen die meinige. So oft ich aus der Eurigen rauchen werde, will ich mich erinnern, daß ein europäischer Pandekt nicht verschmäht hat, bei einem armen Paria Gastfreundschaft anzunehmen.« Der Doctor gab ihm sogleich seine Pfeife von englischem Leder, mit einer Mundspitze von grauem Ambra, und empfing dagegen die des Paria, deren Rohr von Bambus war und der Kopf von gebrannter Erde.

Er rief sofort seine Leute, die eine sehr schlimme Nacht gehabt hatten und noch ganz kalt waren; dann umarmte er den Paria und legte sich wieder auf sein Tragbett. Die Frau des Paria blieb weinend, mit ihrem Kind auf dem Arme, unter der Thüre der Hütte stehen; ihr Mann aber begleitete den Doctor bis an's Ende des Wäldchens und wünschte ihm alle Segnungen des Himmels. »Möge Gott Euch belohnen,« sagte er zu ihm, »für Eure Güte gegen die Unglücklichen! möge er mich als Opfer für Euch annehmen! möge er Euch glücklich nach England zurückführen, in dieses Land der Gelehrten und der Freunde, welche zum Wohl der Menschen die Wahrheit auf der ganzen Welt suchen!«

Der Doctor antwortete ihm: »Ich habe die halbe Welt durchreist und überall nur Irrthum und Zwietracht getroffen; Wahrheit und Glück sind mir erst in Eurer Hütte entgegengekommen.« So sprechend trennten sie sich unter Thränen. Der Doctor war schon weit auf dem Felde, als er den ehrlichen Paria immer noch an einem Baume stehen und ihm mit den Händen Lebewohl zuwinken sah.

Als der Doctor nach Calcutta zurückkam, schiffte er sich nach Chandernagor ein, und von da aus nach England. In London angelangt, übergab er seine neunzig Ballen Manuscripte dem Präsidenten der königlichen Gesellschaft, der sie auf dem brittischen Museum niederlegte, allwo die Gelehrten und Journalisten noch heutigen Tags sehr schätzbare Notizen, Stoff zu Uebersetzungen und Flugschriften, zu lobenden und tadelnden Kritiken daraus schöpfen. Was aber den Doctor betrifft, so bewahrte er die drei Antworten des Paria über die Wahrheit in treuem Herzen. Er rauchte oft aus seiner Pfeife, und wenn man ihn nach dem Nützlichsten fragte, was er auf seinen Reisen gelernt habe, so antwortete er: »Man muß die Wahrheit mit einfältigem Herzen suchen; man findet sie nur in der Natur; man soll sie nur rechtschaffenen Menschen sagen.« Dann pflegte er hinzuzusetzen: »Wahrhaft glücklich ist man nur mit einem braven Weibe.«


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