Carl Spitteler
Gedichte
Carl Spitteler

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Der Sturm

            Mir war, als schlichen sie, die alten Kameraden,
Am Abend aus dem Urwald insgeheim,
Machten mir Zeichen durch die Palisaden
Und zischelten: »Komm heim.«
Mit Weib und Kindern trat ich auf die Schwelle:
»Da wo ein Baum gewurzelt, da ist seine Stelle.
Die Gärtner, die ihn pflanzten, unvergessen.
Habs selber oft erwogen und ermessen.
Doch jetzt stehts fest in mir:
Ich bleibe hier.«

»Komm heim!« begehrten sie mit zornigem Befehle
Und rüttelten am Tor die Pfähle.
Da griff ein rasender Orkan
Mein schwaches Blockhaus an.
Als wie mit tausend Händen
Packt ers zugleich an allen Enden.
Den aufgepeitschten Wellen gleich
Im sturmgepeitschten Meer
Schwankte der Boden brüllend hin und her.
Ich aber, stumm und schreckensbleich,
Die Kinder an der Hand, mein Weib an meine Brust gepreßt,
Stand fest.

Und als das Ungewitter endlich sich verzogen
Und lagernd um den Herd am trauten Feuer
Wir grausend die bestandene Gefahr erwogen:
»Das war ein schlimmer Sturm. Nun bin ich euer.«

 


 


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