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Herr von Lindeneck sagte an dem Vormittag: »Es wäre gut, wenn der Kasperlemann bald käme und dich nach Torburg brächte, du armes, kleines Kasperle! Sonst kommt der Herzog gar noch auf den Gedanken, daß du hier bist. Und nein sagen kann ich nicht, wenn er mich fragt; lügen, das geht nicht.«
Kasperle senkte betrübt seine lange Nase, und das Marlenchen sah gleich wieder so traurig aus wie früher. Doch da erhob der alte Diener Eicke Pimperling seine Stimme und sagte ernsthaft: »Aber Kasperle dem Herzog ausliefern geht auch nicht. Sie wollten doch eine Reise unternehmen, gnädiger Herr. Tun Sie es doch heute; wir ziehen dann die Brücke hoch und lassen niemand ein.«
Der Plan schien dem Herrn von Lindeneck gut. Ob er morgen oder heute reiste, war ja schließlich gleich. Er packte geschwinde seine Koffer und Eicke Pimperling mußte ihn bis zur nächsten Poststation fahren. Die alte Bärbe zog inzwischen die Brücke hoch, die noch aus uralter Zeit stammte, und nun konnte einer sehen, wie er nach Lindeneck hineinkam. So leicht ging das keineswegs.
Marlenchen und Kasperle tanzten vergnügt auf dem Schloßhof herum. Die alte Bärbe aber setzte sich ins Turmstübchen, machte dem Kasperle einen dunkelgrünseidenen Kittel und schaute von Zeit zu Zeit ins Land hinaus. Sie sah Burg Himmelhoch liegen und das Schloß des Grafen von Singerlingen. Ganz ferne nach der andern Seite zu lag ein großer Wald, und von da aus ging es nach Rosemaries Schloß. Das war der Weg, den Kasperle zurücklegen mußte. Durch das ganze Herzogtum hatte er zu reisen, um nach Torburg zu gelangen. Der alten Frau tat das lustige Kasperle leid, und sie drehte geschwinde einmal den Kopf nach links, um zu sehen, wie die beiden lustig im Schloßhof herumtanzten. Schade, schade, dachte sie, daß Kasperle nicht immer hierbleiben kann. Meinetwegen könnte er Hösle zerreißen und dumme Streichlein – alle guten Geister. . .! Jetzt hatte Frau Bärbe nach rechts geschaut, – da sah sie drei Wagen daherfahren: der Herzog war es mit seinem Gefolge. Und ganz flink rief sie in den Hof hinab: »Rasch, rasch ins Schloß! Der Herzog kommt.«
So laut muß man etwas nicht rufen, wenn jemand just auf dem Brunnenbecken sitzt und Kasperle heißt. Da wäre der beinahe hineingefallen. Weil er sich aber noch rechtzeitig nach der andern Seite umdrehte, kollerte er über den Schloßhof, rollte und rollte in die Toreinfahrt hinein, und da lag er am Tor und hörte draußen das Wagenrollen. Er wagte nicht, sich zu rühren, denn wenn sich einer im Wagen aufrichtete, dann konnte er den Schloßhof überblicken; in den dunklen Torbogen aber konnte er nicht hineinsehen.
Marlenchen rief mit zitterndem Stimmlein: »Bleib liegen, bleib liegen!« Sie selbst kroch vor Schreck in das leere Brunnenbecken hinein.
Rissel-rassel, da waren die Wagen vor dem Tore draußen angelangt, und der Herzog rief: »Aufmachen, aufmachen!«
Die alte Bärbe machte das Torfensterlein auf und sagte brummig: »Kann ich nicht. Der Herr ist weggefahren und Eicke mit.«
»Ist Kasperle im Schloß?«
»I wo, im Schloß ist der doch nicht!« rief Bärbe barsch. Aber dabei lachte sie heimlich. Nun habe sie dem Herzog doch die Wahrheit gesagt, meinte die alte Schelmin bei sich. Und dann schloß sie klapp! ihr Fensterlein und stellte sich ein bißchen taub, als draußen die Prinzessin Gundolfine zu rufen anfing.
Stumm und still lag das Schloß. Nichts rippelte und reppelte sich, und im Wagen sah niemand das schwarze Glitzeräuglein Kasperles, der durch ein Astloch sah. Ein wenig bange war es ihm doch trotz der heraufgezogenen Brücke, zumal die Prinzessin so sehr zeterte, es sei unerhört, den Herzog und sie nicht einzulassen. »Gib mal das Fernrohr, Veit!« rief sie. »Ich bin sicher, ich sehe das Kasperle.«
Aber in die Torwölbung konnte sie nicht hineinsehen und in das tiefe Brunnenbecken auch nicht.
Just da kam von der andern Seite her ein Wagen gefahren. Der Graf von Singerlingen saß darin.
Knicks! Der alten Bärbe brach die Nähnadel entzwei vor Schreck. Den Grafen von Singerlingen, ihres Herrn besten Freund, durfte sie doch nicht draußen stehen lassen! Sie lief geschwinde das Turmtrepplein hinab und dachte: Nun muß ich erst Kasperle verstecken. Da sah sie den kleinen Schelm unten am Tore hocken. Ja, wohin mit ihm? Seitwärts vom Tor führte ein Pförtlein in den jetzt trockenen Burggraben, der voller Gebüsch und Gerümpel war. »Dort mußt du hinab,« sagte Frau Bärbe und schloß das Pförtlein auf. »Nun verstecke dich in einem Winkel, damit dich niemand sieht.«
Kasperle sah drein, als wäre ihm ein ganzes Schloß auf die Nase gefallen. Aber da ertönte draußen Wagenrollen, und ritsch, ratsch – fuhr die ganze Gesellschaft ab. Der Graf von Singerlingen hatte nämlich flink gesagt, er wolle dem Herzog einen Besuch machen. Darüber freute sich die Prinzessin Gundolfine so, daß sie das Kasperle vergaß. Dies hockte noch ein Weilchen im Torwinkel, und Marlenchen blieb im Brunnenbecken liegen, bis Frau Bärbe rief, nun sei aber kein Pferdebein mehr zu sehen. Da kamen sie hervor, spielten weiter auf dem Hof und dachten alle beide: So könnte es immer zugehen.
Doch als es zu dämmern anfing, kam der Kasperlemann, und Frau Bärbe ließ ihn ins Schloß, nicht zu Kasperles Freude. Der erhob ein solches Gebrüll, daß der Kasperlemann sagte: »Ich glaube, das hört man auf Burg Himmelhoch.«
Flink machte da Kasperle seinen Mund zu, aber dicke, dicke Tränen liefen über seine Backen. Er hatte eine heillose Angst vor der Reise mit dem Kasperlemann durch das ganze Herzogtum. Und als Marlenchen ängstlich fragte: »Kasperle, warum weinst du gar so sehr?« gab Kasperle traurig zur Antwort: »Ich trau' ihm nicht!«
»Meine Güte, er traut mir nicht!« schrie der Kasperlemann. »Dabei habe ich ihm doch aus Dankbarkeit, weil er einmal so für mich gebeten hat, gelobt, ihm immer zu helfen.« Und plötzlich fing auch der Kasperlemann zu weinen an. Reue und Scham waren es, weil er früher das Kasperle so sehr verfolgt hatte.
»Sieh doch, Kasperle, der Kasperlemann meint es gut mit dir,« sagte Frau Bärbe.
»Aber ich mein's nicht gut mit ihm,« jammerte Kasperle. »Ich weiß schon, ein Dummheitle muß ich machen, und dann geht's schief aus.«
»Ein Wagen,« rief Frau Bärbe, »ein Wagen!«
Diesmal rutschte Kasperle ins Brunnenbecken. Aber er wurde bald wieder herausgezogen, denn Herr von Lindeneck war es selbst, der heimkehrte. Er hatte seine Reise nicht unternehmen können, weil die Post nicht fuhr.
»Warum fährt sie denn nicht?« fragte Kasperle.
»Weil eine Brücke kaputt ist. Nun müssen alle an Burg Himmelhoch vorbeireisen, auch die Waldhausleute. Also spute dich, Kasperle, damit du weg bist, ehe sie kommen, sonst wird's schlimm.«
Da kroch denn Kasperle schluchzend in den Kasten des Kasperlemanns. Marlenchen weinte wie ein Gießbächlein, alle nahmen Abschied von Kasperle, und nun ging es wieder einmal hinaus in die weite Welt.
»Hü, hott!« sagte der Kasperlemann. Sein Pferdchen zog an. Kasperle lag in einem Puppenkasten, wie einstmals in Rosemaries Puppenbett, etwas eng, aber ganz weich und gut, und der Kasperlemann ging neben seinem Pferdchen her. Er wollte an diesem Abend noch die Stadt erreichen, über der sich Burg Himmelhoch erhob, damit niemand auf den Gedanken kommen sollte, er wäre auf Lindeneck gewesen.
Rumpelpumpel ratterte das Wäglein die Landstraße entlang. Es schwankte ein wenig, denn es war schon ein uraltes Wäglein, und der Kasperlemann hätte himmelgern ein neues gehabt und ein neues Budchen dazu. Wie in einer Wiege schaukelte Kasperle hin und her. Und weil er müde und es dunkel um ihn her war, schlief er bald ein. Er schlief und schlief; rissel-rassel schnarchte er.
Der Kasperlemann hörte es, er hörte aber etwas anderes nicht und erschrak, als er plötzlich dicht neben sich Pferdegetrappel hörte. Kasperle zu wecken, war es zu spät.
»Hollahe, Kasperlemann!« rief es hinter ihm. »Hast du ein Kasperle gesehen?«
»Freilich, freilich, in meinem Wagen liegen welche!« gab der zur Antwort.
»Schafskopf!« Ein Landjäger ritt neben den Wagen und erklärte: »Ich meine ein lebendiges in einem grasgrünen Kittel.«
»Ih, meine Kasperles sind auch lebendig!« Vom Kittel sagte er nichts, er grinste nur. Kasperle trug doch das dunkelgrüne Röcklein, das Frau Bärbe in aller Eile für ihn genäht hatte.
Durch das Reden aber erwachte Kasperle in seinem Kasten. Die Dunkelheit, die fremden Stimmen machten ihm Angst, und just wollte er losbrüllen, da sagte plötzlich jemand: »Du hast aber einen schnurrigen Wagen, Kasperlemann! Der rasselte eben so, nun ist er ganz still.«
»Ja, er hat so seine Gewohnheiten,« brummte der Kasperlemann, und dann fragte er ganz laut, damit es innen Kasperle hören konnte: »Was ist denn das mit dem Kasperle, das ihr sucht? Meint ihr das in dem Waldhaus?«
»Dort ist es ja eben nicht mehr!« rief der Wachtmeister, und dabei rasselte er grimmig mit dem Säbel. »Dies Blitzpotzwetterkasperle! Wenn ich das finde! Ausgerissen ist es, entwischt. Du kriegst eine hohe Belohnung, Kasperlemann, wenn du es findest.«
»Ei, das könnte mir schon gefallen!« sagte der Kasperlemann. »Wenn ich das Kasperle finde, wo ihr es nicht findet, dann hole ich mir meine Belohnung.«
»Topp!« rief der Wachtmeister. »Wir wollen dich auch beschützen. Wo soll's denn noch hingehen?«
»Na, in die Stadt,« sagte der Kasperlemann. »Aber glaubt ihr, Kasperle läuft euch hier gerade in die Arme? Das wird er nicht. Wer suchen will, muß die Augen offen halten. Ich will jetzt recht langsam fahren und aufpassen.«
Das Langsamfahren fanden die Landjäger richtig und gut. Sie dachten: Ach, wenn der Kasperlemann hier aufpaßt, brauchen wir es nicht zu tun! Dann nahmen sie Abschied und ermahnten den Kasperlemann, ja recht gut aufzupassen. Der versprach: »Wenn mir das Kasperle in den Weg läuft, dann fange ich es gewiß.«
»Ist recht,« schrien die Landjäger und ritten fort.
Als sie ein Stücklein entfernt waren, redete der Kasperlemann in den Wagen hinein: »Kasperle, jetzt kannst du weiterschlafen. Wenn wir in die Stadt hineinkommen, wecke ich dich. Aber schrei' nicht!«
Kasperle schlief aber nicht wieder ein. Er schaute jetzt ein wenig aus dem Wagen heraus und sah die Sterne am Himmel aufglänzen, erst noch blaß, dann wurden sie heller und heller. Und dabei mußte er an das Waldhaus denken, an die Heimat, die er verloren hatte, und plötzlich fing er bitterlich zu weinen an.
»Kasperle, weine nicht!« sagte der Kasperlemann. »Ich will dir auch etwas erzählen.« Und er begann dem Kasperle von der Insel im fernen Ozean zu erzählen, auf der nur Kasperles wohnen sollten, und wo die schönsten Blumen blühten.
Kasperle hörte still zu. Er wußte von der Insel; es war aber nur wie ein Traum, den er einmal geträumt hatte. Und auf einmal sagte er laut und patzig: »Ich mag nicht!«
»Was magst du nicht?«
»Auf die Insel, weil dann Marlenchen nicht mitgeht.«
Und kuller, kuller! liefen dem Kasperle schon wieder die Tränen über die Backen. Es war gut, daß dem Kasperlemann einfiel, Kuchen sei gut gegen Tränen. Er holte ein dickes Stück Kuchen aus seiner Vorratskiste, und damit ließ sich Kasperle auch trösten; ein paar Minuten später schwatzte und lachte er und trieb die tollsten Narrenpossen. Und weder Kasperlemann noch Kasperle sahen an dem Stadttor, dem sie sich nahten, Wächter stehen. Erst im letzten Augenblick erblickte sie Kasperle, und schwapp! verschwand er im Wagen.
»Nanu,« fragte einer der Wächter, als der Kasperlemann erschrocken auf sein Rößlein einhieb, »mit wem hast du denn da gesprochen?«
»Na, mit meinem Kasperle!« brummte der Mann. »Das muß ich doch; ich will doch morgen Vorstellung geben.«
»Ach so!« Der Wächter rieb sich an der Nase. »Hm, ich muß jeden Wagen untersuchen,« sagte er; »zeig' mal deine Kasperles her!«
Da zog der Kasperlemann flink ein hölzernes Kasperle hervor, fing mit ihm an zu reden wie vorher, und die Wächter begannen zu lachen. Einer nahm sein Gewehr, schob damit die Plane zurück und sah Kasperle liegen. »Da ist noch einer,« rief er, »zeig' den mal her!«
»Morgen,« rief der Kasperlemann erschrocken. »Der kann's kaspern noch nicht, der ist noch neu.«
»Na, dann meinetwegen!«
Weil der Kasperlemann flink Kasperle eine Decke überwarf und den hölzernen Kasper darüber, meinten die Wächter wirklich, es seien zwei hölzerne Kasperles, und sie ließen den Mann durch das Tor fahren.
Der Wagen rasselte und hopste tüchtig auf dem Pflaster. Die wenigen Leute, die noch auf der Straße waren, riefen: »Ein Kasperlemann, ein Kasperlemann!«
Kasperle aber lag stocksteif im Wagen. So hielt er seinen Einzug in die Residenzstadt seines Feindes, des Herzogs August Erasmus.
Straßen kamen und Gäßlein, und beinahe am andern Ende der Stadt hielt der Kasperlemann endlich still. Hier war ein kleines Gasthaus, in dem bescheidene Leute abstiegen. Viele Gäste gab es selten, und das war dem Kasperlemann gerade recht. »Hier wird dich niemand verraten,« sagte er leise, als er seinen kleinen Schützling in ein Tuch gewickelt in sein Zimmer schleppte, »hier ist niemand, der dich kennt.«
»Ei, guten Tag, Kasperlemann! Wir haben uns aber lange nicht mehr gesehen!« rief da eine schrille Stimme, und beinahe purzelte der Kasperlemann mit dem Kasperle vor Schreck die Treppe wieder hinab, denn da stand – die Base Mummeline aus Waldrast.
»Wart, ich helf dir,« sagte sie und wollte Kasperle anfassen.
»Laß los!« schrie der Kasperlemann. »Sonst machst du mir meine beste Puppe kaputt, und ich muß morgen kaspern.«
»Na, nur nicht gleich so grob!« Die Base Mummeline schüttelte den Kopf. Als vor Jahren der Kasperlemann in Waldrast Kasperle gesucht hatte, da war er gar gut mit ihr gewesen. Warum war er jetzt nur so barsch? Ich muß mal horchen; das ist doch, als ob der Kasperlemann redet, dachte sie und hielt das Ohr an das Schlüsselloch.
»Sie horcht,« flüsterte innen Kasperle ängstlich und kroch ganz tief ins Bett hinein. Sein Beschützer legte flink ein hölzernes Kasperle auf das Bett. Dann tuschelten sie beide zusammen, wie sie die neugierige Base verjagen könnten, und auf einmal schlich der Kasperlemann leise zur Türe und – au pardauz! – da flog die Türe der neugierigen Base an den Kopf.
»Jemine!« rief der Kasperlemann. »Aber Base Mummeline, warum kommt Ihr nicht herein? Jetzt habe ich mein Kasperle aufs Bett gelegt; doch rührt es ja nicht an!«
Damit ist was los, dachte die Base, lief an das Bett, faßte das Kasperle an, und schwipp, schwapp! schlug ihr das hölzerne Bein um die Ohren.
»Es lebt, es lebt!« schrie die Base.
»Freilich, es lebt!«
Der Kasperlemann lachte und beklopfte das hölzerne Kasperle. Stumm und steif lag es da. »Wißt Ihr, Base,« sagte der Kasperlemann geheimnisvoll, »in dem Kasperle steckt ein Zauber. Der ist nach dem richtigen, lebendigen Kasperle im Waldhaus geschnitzt worden, und er haut allemal um sich, wenn er Leute sieht, die es böse mit dem –«
Klatsch! bekam die Base Mummeline eins an die Nase, und der Kasperlemann lachte. ». . . Kasperle meinen,« schloß er.
»Hach!« Da flog ein hölzernes Kasperlebein der Base Mummeline vor den Magen, und die rannte schreiend aus der Stube und erzählte es unten allen Leuten, oben habe der Kasperlemann ein verzaubertes Kasperle.
»Das ist fein!« riefen die. »Dann gehen wir morgen alle zur Vorstellung.«
»Kasperle,« flüsterte oben der Mann seinem kleinen Schützling zu, »morgen früh, ehe die Sonne aufgeht, müssen wir abreisen. Hier können wir nicht bleiben. Die Base Mummeline hat eine Freundin auf dem Schloß, und wenn sie der erzählt, was geschehen ist, wird die Prinzessin neugierig und –«
Bums! klopfte es an die Türe, und herein trat ein Landjäger. »Kasperlemann,« sagte der streng, »du sollst so ein wunderfitziges Kasperle haben, das um sich haut. Ich will es sehen.«
»Da liegt es,« sagte der Kasperlemann und deutete auf das hölzerne Kasperle auf dem Bett.
Der Landjäger neigte sich darüber; steif und hölzern blieb Kasperle liegen.
»Hm, es haut ja nicht!«
»Dann hat es dich gewiß gern, Landjäger.«
»Haha, ist fein!« Der Landjäger grinste. »Aber die Base Mummeline hat es doch gehauen!«
»Ja, die kann es nicht leiden.«
»Hahaha!« Der dicke Landjäger tippte das hölzerne Kasperle an, lachte laut, und dann ging er sehr zufrieden aus der Stube. Unten sagte er zur Base Mummeline: »Sie ist eben ein Kasperleschreck.«
Da lief die Base fuchswild auf das Schloß. Die Sache mit dem Kasperlemann kam ihr gar nicht geheuer vor, die mußte die Prinzessin erfahren.
Und in der Nacht, Kasperle und Kasperlemann lagen just im besten Schlafe, klopfte es bum, bum! an die Türe, und jemand rief draußen: »Morgen früh um zehne will die Prinzessin Gundolfine etwas vorgekaspert haben.«
Jemine, erschraken die beiden!
»Kasperle, es hilft nichts,« sagte der Kasperlemann, »du mußt gleich ausreißen. Ich zeige dir den Weg, und morgen treffe ich dich wieder.«
Da mußte das arme Kasperle in der Nacht heimlich entweichen. An den Häusern schlich es entlang bis an eine große Brücke; unter der sollte es warten, bis morgen der Kasperlemann käme.
Dabei regnete es draußen; ein Gewitter ging nieder, und pitsch-patschnaß saß das Kasperle unter dem Brückenbogen und weinte sich vor Kummer und Herzeleid leise in den Schlaf.