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Zwölftes Kapitel

Es geistert im Schloß

So friedlich wie der Abend war der Morgen, der ihm folgte, nicht. Das gab gleich in aller Herrgottsfrühe ein lautes Rennen, Rufen und Klingeln im Schloß. Sogar in seinem Turm hörte es Kasperle. Der witschte ein paarmal durch den Schrank, lauschte hinaus, flitzte ängstlich wieder zurück, wenn er jemand kommen hörte, aber immer verhallten die Schritte in der Ferne. Endlich, endlich, Kasperle dachte schon, er hätte hundert Jahre nichts gegessen, kam Veit und brachte ihm das Frühstück.

Der gutmütige Bursche sah sehr verdrießlich drein, und als ihn Kasperle ängstlich ansah, brummte er: »Nun kommt sie doch schon wieder!«

»Wer denn?« fragte Kasperle und sah nach der Türe; er dachte, irgend jemand müßte da anspaziert kommen.

»Die Prinzessin Gundolfine,« brummte Veit. »Na, du armes Kasperle, da nimm dich nur in acht!«

Kasperle sah nun wirklich drein, als sei ihm nicht allein seine Milchtasse, sondern sein Zubrot, sein Wämslein und sonst etwas in den Brunnen gefallen. Er vergaß sogar das Frühstück.

»Ja, ja,« knurrte Veit, »da staunste! Zum Vergnügtsein ist’s auch nicht, und ich glaube, der Herzog wünscht seine liebe Base auch ins Pfefferland, heute mittag kommt sie schon. Nun flink, nimm dein Frühstück und laufe in den Park! Wer weiß, ob du es morgen noch darfst.«

Da schluckte Kasperle selbst für ein Kasperle ungeheuer geschwinde alles hinab, was Veit gebracht hatte, und dann flitzte er die Treppe hinab in den Park hinein. Niemand sah ihn, und als er am Bächlein anlangte, saß wirklich das traurige Marlenchen schon da.

»Die Prinzessin kommt,« schrie Kasperle.

Marlenchen wurde totenbleich, und ehe sich Kasperle noch auf ein zweites Wort besonnen hatte, rannte sie schon weg. Sie flog mehr, als sie ging, und Kasperle blieb nichts weiter übrig, als hinter ihr her Purzelbäume zu schlagen, um sie einzuholen. Er schrie zwar immer: »Bleib doch, bleib doch!« aber Marlenchen hörte in ihrer Angst vor der Prinzessin gar nicht darauf.

Endlich erwischte Kasperle sie an einem Zipfel ihres weißen Kleides, und da sank das traurige Marlenchen wie eine kleine, blasse Blume ins Gras. Kasperle dachte wirklich, sie wäre gestorben, und er erhob ein lautes Zetergeschrei.

Zum Glück hörte es niemand, und das blasse Marlenchen öffnete nach einigen Minuten wieder ihre Augen. Sanft bat sie: »Mußt nicht so schreien, Kasperle!«

Gleich war der muckstill. Er sah Marlenchen mit seinen schwarzen Glitzeräuglein aber so traurig an, daß die Kleine ihm sanft über den Kopf strich. »Die Prinzessin, die böse Prinzessin!« Und sie seufzte tief.

»Aber sie kommt doch erst mittags!«

Marlenchen richtete sich verwundert auf. Sie hatte gemeint, die Prinzessin liefe hinter Kasperle drein, und sie sagte sanft: »Warum hast du denn dann so geschrieen?«

»Aber sie kommt doch!« rief Kasperle kläglich.

Ja, sie wollte kommen. Trübselig genug war es den beiden zumute. Sie gingen langsam über die weite Wiese nach dem Bächlein zurück und Marlenchen sagte traurig: »Wenn sie kommt, darf ich nicht mehr am Bach sitzen.«

»Ich vergraule sie,« schrie Kasperle und machte sein Teufels- und Hexengesicht zu gleicher Zeit.

Das sanfte Marlenchen erschrak. Ganz leise sagte sie: »Du mußt nicht schlimm sein, Kasperle.«

»Ich vergraule sie doch!« schrie Kasperle zornig.

»Wie denn?«

Da schwieg der kleine Schelm. Er wußte noch nicht wie, aber er wußte, etwas fiel ihm schon ein, und trotzdem die sanfte Freundin ein paarmal mahnte, keine Dummheiten zu machen, blieb er doch dabei: »Ich vergraule sie.«

Und dann saßen die beiden ungleichen Kameraden lange am Bächlein, erzählten sich dies und das, sprachen wieder vom Waldhaus, und viel zu früh ertönte des Haushofmeisters Pfeife.

»Jetzt ist sie vielleicht schon da,« flüsterte Marlenchen scheu.

»Ich geh’ nicht!« Kasperle blieb auf seinem Stein sitzen. Die Pfeife grillte und schrillte, er rührte sich nicht.

»Geh doch!« mahnte Marlenchen.

»Nä!« knurrte Kasperle wie ein kleiner Bär.

»Tirillili, tirillili!« tönte die Pfeife. Kasperle rührte sich nicht.

Da endlich kam Veit angelaufen. »Kasperle, Kasperle, wo bleibst du denn?«

»Ich komme nicht,« schrie Kasperle patzig.

Aber da hatte er sich doch in Veit verrechnet. Der kam mit langen Schritten herbei, packte das Kasperle und trug es ohne weiteres dem Schlosse zu. Nicht einmal recht Abschied nehmen konnte er von dem traurigen Marlenchen.

Das verdiente in dem Augenblick seinen Namen wirklich. Tief traurig sah es dem lustigen kleinen Kameraden nach, bis sie ihn nicht mehr erblicken konnte. Und als sie heimging mit gesenktem Kopf, da sagten die Wiesenblumen zueinander: »Wie seltsam, Regentropfen fallen und der Himmel ist so blau.« Die Regentropfen aber waren des traurigen Marlenchens bittere, bittere Tränen.

Inzwischen gelangte Kasperle noch rechtzeitig in das Schloß. Und just als sich der Herzog zum Mittagessen setzen wollte, rumpelte und rasselte es draußen, die Prinzessin kam angefahren. Ein paar Minuten lang lief und rief alles durcheinander. Der Herzog seufzte erschrecklich tief, denn ihm gefiel der Besuch gar nicht. Das Kasperle stand ganz verdattert herum, da schüttelte ihn jemand und raunte ihm zu: »Marsch, lauf in deinen Turm! Sonst gibt es gleich Zank und Streit, wenn dich die Prinzessin erblickt.«

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Der Haushofmeister war es. Kasperle ließ sich das nicht zweimal sagen. Er rannte davon und kam dabei durch das Anrichtezimmer. Dort standen allerlei schön verzierte Speisen, Schüsseln mit Kuchen und dergleichen, und Kasperle dachte: Davon bekomme ich nun nichts. Plötzlich blieb er stehen, eine feine rosenrote Torte hatte es ihm angetan, und eins, zwei, drei, nahm er die Torte und trug sie in seinen Turm hinauf. Er war beinahe oben, da traf ihn jemand; der gute, dicke Oberstallmeister war es. »Potzwetter!« rief der, »wo willst du denn mit der Torte hin? Bist du Küchenjunge geworden?«

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»Nä!« stammelte Kasperle und schielte den freundlichen Herrn scheu an. »Ich – ich will sie essen!«

»Die ganze Torte?«

Kasperle sah den Oberstallmeister an, sah die Torte an und dachte: Sie langt schon für beide. Er sagte das auch ganz treuherzig und der dicke Herr lachte herzhaft darüber. Weil er aber auch schon einen rechtschaffenen Hunger hatte und wußte, nun würden noch viele Minuten vergehen bis zum Mittagessen, rief er: »Kasperle, du bist ein Schlauerchen. Aber meinetwegen, wir essen die Torte zusammen.«

Und dann setzten sie sich auf die Turmtreppe, der Oberstallmeister nahm seinen Säbel, schnitt die Torte mittendurch, und dann schmausten sie höchst einträchtig zusammen. Danach war Kasperle pumpelsatt, der Oberstallmeister halbsatt, und als sie sich trennten, hatte Kasperle einen neuen Freund im Schloß gewonnen.

Kasperle stieg sehr vergnügt in seinen Turm hinauf, kletterte auf das Fensterbrett und sah sich die Welt von oben an. Dabei sah er zwei Stockwerke tiefer zur Seite eine Anzahl Fenster offen stehen, die sonst geschlossen waren. Und wie er so hinsah, steckte aus dem einen jemand seinen Kopf heraus und das – war die Prinzessin Gundolfine. Kasperle purzelte vor Schreck in seinen Turm zurück. Eine ganze Weile lag er da und schnappte nach Luft, so arg war er erschrocken.

Aber Kasperle war eben ein zu dummen Streichen und Schabernack aufgelegtes Kasperle. Das dachte den ganzen langen Nachmittag an weiter nichts, als daran, der Prinzessin als ein Gespenstlein zu erscheinen. Niemand kümmerte sich um den Kleinen; zu Tisch wurde er nicht geholt, der Herzog wollte ihn am liebsten seiner Base nicht zeigen. Zu essen brachte ihm auch niemand etwas, weil der Oberstallmeister dem Haushofmeister von der verschwundenen Torte erzählt hatte. Da dachte der: Das reicht bis zum Abendessen.

Hunger hatte Kasperle auch nicht, aber Langeweile. Er flitzte immer wieder zu seinem Schranktürchen hinaus, und da alles ganz, ganz still blieb unten, wagte er sich endlich weiter und geriet bei seinem Herumsuchen auf den Schloßboden. Da gab es Türe an Türe, gab weite, offene Kammern. Kasperle steckte überall seine Nase hinein, und als er einmal aus einer Fensterluke blickte, sah er, daß er gerade über dem Zimmer der Prinzessin war.

»Hach!« Kasperle kreischte ganz laut, und dann sah er sich erschrocken um. Der weite, leere Raum gab das Echo zurück, und Kasperle fürchtete sich ein paar Augenblicke schrecklich. Dann merkte er aber, es war niemand da, nur ein Mäuslein huschte eilig an ihm vorbei. Der kleine Schelm sah sich um. In einer Ecke entdeckte er eine Anzahl Stäbe, aber als er einen zum Fenster hinaussteckte, merkte er wohl, die reichten nicht bis an die Zimmer der Prinzessin. Er flitzte in allen Winkeln und Ecken herum, und da fand Kasperle endlich eine lange, lange Waschleine. Gerade als er die gefunden hatte, meinte er von ferne Schritte zu hören. Er lief also eiligst in seinen Turm zurück und war kaum ein paar Minuten darin, als Veit kam.

Kasperle saß ganz brav und bieder auf dem Fensterbrett und schaute hinaus, und Veit hatte rechtes Mitleid mit dem kleinen Kerl. »Armes Kasperle,« sagte er »gelt, das ist ein langweiliges Leben?«

Kasperle nickte eifrig, aber als Veit in seine Glitzeräuglein sah, sagte er plötzlich: »Kasperle, mach’ keine Streichlein! Du schaust recht wie ein Bruder Unnütz und Vetter Dummheitenmacher drein.«

Da glitt Kasperle vom Fenstersims herab und hängte sich schmeichelnd an Veits Arm, und der streichelte den Schelm, versprach ihm allerlei gute Dinge zum Abendessen und sagte, heute dürfe er noch nicht herabkommen, der Herzog habe Angst, die Prinzessin Gundolfine könnte ihm etwas antun. »Also sei brav!« mahnte Veit noch.

Kasperle gab keine Antwort, er dachte mehr ans Unnütz- als ans Bravsein und Veit dachte: Na, der stellt doch noch etwas an! Freilich, zum Turm kam er nicht hinaus. Von dem geheimen Türlein, das der gute alte Haushofmeister dem Schelm verraten hatte, ahnte Veit nichts.

Ein wenig später brachte er wirklich Abendbrot. Kasperle schmauste und legte sich in sein Bett. Veit deckte ihn noch zu, und dann verschloß er sorgfältig die Türe, brachte den Schlüssel dem Herzog, und der zeigte ihn seiner Base und sagte: »Nun siehst du, jetzt ist Kasperle im Turm eingeschlossen. Du brauchst dich also nicht zu fürchten.«

»Ein Kasperle ist ein halbes Gespenst,« brummte die Prinzessin, »wer weiß, was der noch anstellt! Ich wollte, er läge unten im Schloßbrunnen.«

Nach dem feuchten, tiefen Schloßbrunnen hatte Kasperle gar keine Sehnsucht. Der lag in seinem Bett, strampelte vor Vergnügen und schielte immer wieder hinaus, ob es nicht bald dunkel werde. Als Dämmerung draußen über dem Lande lag, wuschelte er sein Bett zusammen, nahm das Kopfkissen unter den Arm, flitzte durch das verborgene Türlein und huschte durch die Bodenkammer. Dort nahm er die längste Stange, band das Kopfkissen daran und versuchte damit das offene Fenster der Prinzessin zu erreichen. Es langte gerade, weiter nicht. Da zog Kasperle das Kopfkissen wieder hinauf, setzte sich auf die Fensterbrüstung und dachte vergnügt: Nun kann es losgehen.

Das Warten wurde ihm freilich lang, denn die Prinzessin blieb bis spät in die Nacht beim Herzog. Da wurde Kasperle schließlich müde, er kroch in die Kammer zurück, kauerte am Boden nieder und schlief ein.

Als er erwachte, war es tiefstill ringsum, nirgends ein Laut zu hören. Kasperle schaute zum Fenster hinaus. Unzählige Sterne glänzten am Himmel. Es war eine helle, klare Nacht. Ein paar Fledermäuse huschten lautlos am Bodenfenster vorbei, sonst rührte und regte sich nichts. Da stopfte Kasperle flugs noch etliche Kieselsteine zwischen Kopfkissen und Bezug, und dann steckte er seine Stange zum Fenster hinaus.

Die Prinzessin schlief noch nicht. Sie lag wach und dachte allerlei; freundliche Gedanken hatte sie nicht, sie wollte den Grafen von Singerlingen recht kränken und sann nach, durch was. Auf einmal rauschte etwas Weißes an ihrem Fenster vorbei, klapp, schlug es an, – weg war es.

Die Prinzessin rief erschrocken und sehr laut nach ihrer Kammerfrau, und das unnütze Kasperle hörte das Rufen, denn das Fenster stand halb offen. Es zog flugs sein Kopfkissen hinauf und lauschte. Unten sah jemand hinaus und sagte: »Es ist nichts zu sehen.«

»Schließe das Fenster!« schrie die Prinzessin. Das Fenster klirrte, es war wieder alles still.

Da fing plötzlich die Schloßuhr zu schlagen an, zwölfmal, die Geisterstunde begann.

»Es ist unheimlich,« sagte die Prinzessin unten gerade. Da rauschte draußen etwas Weißes an ihrem Fenster vorbei, klappte heftig an, und sie schrie laut um Hilfe. Die Kammerfrau sah erschrocken hinaus, und da sah sie gerade über sich das Kopfkissen schweben.

»Ein Gespenst, ein Gespenst!« kreischte sie, und ein paar Augenblicke später hallte durch das Schloß Schreien und Hilferufen, und Kasperle nahm sein Kopfkissen, so schnell er konnte, und witschte in seinen Turm.

Er kam gerade noch hinein, da klirrten draußen Schritte, und er mußte den langen Stock mit ins Bett nehmen, weil er nicht schnell genug die Stricke davon losbekam. Da wuschelte er sich so in sein Bett, daß nur die Nase heraussah, und er tat, als schliefe er ganz fest. Er hörte draußen ein paar Diener sich über die Gespensterfurcht unterhalten, hörte sie auf den Boden gehen und wieder zurückkommen. Wieder war alles still.

Die Prinzessin Gundolfine zeterte und schrie zwar noch eine Weile in ihrem Bett, und die arme Kammerfrau, die vor Angst bebte, mußte noch dreimal zum Fenster hinaussehen; es war aber nichts zu erblicken.

Der Herzog lag in seinem Bett und schalt, Haushofmeister und Diener schalten, und zuletzt schliefen alle ein.

Nur Kasperle schlief nicht. Der kugelte sich lachend in seinem Bett herum und hörte draußen die Uhr schlagen: halb, dreiviertel; da kletterte er wieder zum Turme hinaus, schleppte aber noch seinen Wasserkrug mit und schlich sich wieder in die Bodenkammer.

Die Prinzessin war halb eingeschlafen, da ging es draußen klapp, klapp, etwas Weißes rauschte am Fenster entlang. Diesmal sprang die Prinzessin selbst auf und riß das Fenster auf. Es klirrte und krachte, dumpf dröhnte die Uhr, und schwapp! bekam

die Prinzessin so ein Güßlein, daß sie pustend und stöhnend in das Zimmer zurücktaumelte.

Wieder tönten Hilferufe, Jammern, Kreischen; Türen klappten, Schritte hallten und Kasperle lag gerade in seinem Bett, als er draußen des Herzogs Stimme hörte. Der wollte selbst dem Gespenst zu Leibe gehen. »Kasperle kann es nicht sein, der ist ja eingeschlossen, aber nachsehen will ich doch,« hörte der kleine Schelm ihn sagen.

Der bekam einen argen Schreck. Er zog sich das Bett so fest über die Ohren, daß nur seine Nase herausschaute, und tat, als ob er ganz fest schliefe.

Der Herzog kam in den Turm, sah Kasperle liegen, ließ ihm ins Gesicht leuchten und murmelte: »Nein, nein, der kann es nicht gewesen sein, aber – ich glaube, der denkt sogar im Schlaf an unnütze Dinge. Hm, hm, merkwürdig!«

Illustration 134

Der Herzog ging, der Haushofmeister drehte sich aber noch einmal um, und als Kasperle ein bißchen blinkerte, sah er, wie sein alter Freund ihm drohte.

Auf dem Boden, nirgends wurde etwas gefunden, nur einer bückte sich rasch und hob etwas auf, die andern sahen es nicht, es war der Haushofmeister.

Und wieder gingen alle in ihre Betten. Bei der Prinzessin mußten aber außer der Hofdame und der Kammerfrau noch drei Mädchen wachen, und alle graulten sie sich schrecklich. Alle schliefen sie aber ein, und plötzlich wachten alle von einem Zetergeschrei auf, das aber rasch verstummte.

»Jetzt hat das Gespenst geschrien.« Die Prinzessin sah käseweiß aus und ihre Wächterinnen sahen ebenso käseweiß aus. Sie horchten alle zitternd, aber alles blieb still. Daß Kasperle oben in seinem Bett lag und bitterlich weinte, dies konnten sie nicht hören.

Kasperle hatte eben gespürt, daß der gute alte Haushofmeister auch einmal einen unnützen Schelm tüchtig verwichsen konnte. Er war gerade eingeschlafen, da hatte er unversehens klatsch, klatsch! gespürt, wie weh Schläge tun. Darob hatte er so mörderlich gebrüllt. Er verstummte aber gleich, als ihm der Haushofmeister ein Hosenknöpflein vor die Nase hielt und sagte: »Kasperle, soll ich das dem Herzog zeigen und sagen, das hat das Gespenst verloren?« O lieber Himmel, es ist schon schlimm, wenn einer immerzu Hosenknöpfle verliert! Arg schlimm!

Kasperle schluchzte in sein Bett hinein und der alte gute Haushofmeister fragte traurig: »Kasperle, warum bist du nur so unnütz?«

»Sie ist böse,« knurrte Kasperle zornig wie ein kleiner wütender Hund.

»Ja, das ist sie. Denk’ aber an den Keller, Kasperle, und an – die Fässer!«

»Ich will’s nicht wieder tun,« murmelte Kasperle bedrückt. Daß der gute Haushofmeister aber auch alles herausbekam! Es wurde ihm ordentlich etwas bange vor ihm, und scheu blinzelte er den alten Mann an.

Der mußte ein wenig lachen. »O Kasperle, du Strick!« sagte er, »du machst doch sicher noch eine Dummheit, solange die Prinzessin da ist! Jetzt sperre ich aber das Schranktürchen zu, sonst geisterst du noch einmal herum.«

Der Haushofmeister wollte gehen, da griff Kasperle bittend nach seiner Hand, und der alte Mann strich ihm linde über den Kopf. »Armer kleiner Kerl,« sagte er, »warum hat dich unser Herzog nicht in deinem Waldhaus gelassen!«

Kasperle seufzte tief, tief, danach drehte er sich um und schlief wie ein Rätzlein, schlief bis zum sonnigen Morgen. Und als er aufwachte, dachte er an keine Gespensterei, nichts, nur daran, wie er wohl heute das traurige Marlenchen sehen könnte.


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