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Leonato, Hero, Beatrice und ein Bote treten auf
Leonato.
Ich sehe aus diesem Briefe, daß Don Pedro von Arragon diesen Abend in Messina eintrifft.
Bote.
Er kann nicht mehr weit sein: er war kaum drei Meilen von der Stadt entfernt, als ich ihn verließ.
Leonato.
Wieviel Edelleute habt ihr in diesem Treffen verloren?
Bote.
Überhaupt nur wenig Offiziere, und keinen von großem Namen.
Leonato.
Ein Sieg gilt doppelt, wenn der Feldherr seine volle Zahl wieder heimbringt. Wie ich sehe, hat Don Pedro einem jungen Florentiner, namens Claudio, große Ehre erwiesen.
Bote.
Die er seinerseits sehr wohl verdient und Don Pedro nicht minder nach Verdienst erkennt. Er hat mehr gehalten, als seine Jugend versprach, und in der Gestalt eines Lammes die Taten eines Löwen vollbracht; ja, wahrlich, es sind alle Erwartungen noch trefflicher von ihm übertroffen, als Ihr erwarten dürft, von mir erzählt zu hören.
Leonato.
Er hat einen Oheim hier in Messina, welchem diese Nachricht sehr lieb sein wird.
Bote.
Ich habe ihm schon Briefe überbracht, und er scheint große Freude daran zu haben; so große Freude, daß es schien, sie könne sich nicht ohne ein Zeichen von Schmerz bescheiden genug darstellen.
Leonato.
Brach er in Tränen aus?
Bote.
In großem Maß.
Leonato.
Eine zärtliche Ergießung der Zärtlichkeit. Keine Gesichter sind echter, als die so gewaschen werden. Wieviel besser ist's, über die Freude zu weinen, als sich am Weinen zu freuen.
Beatrice.
Sagt mir doch, ist Signor Schlachtschwert aus dem Feldzug wieder heimgekommen? oder noch nicht?
Bote.
Ich kenne keinen unter diesem Namen, mein Fräulein. Es wird keiner von den Offizieren so genannt.
Leonato.
Nach wem fragt Ihr, Nichte?
Hero.
Meine Muhme meint den Signor Benedikt von Padua.
Bote.
Oh, der ist zurück und immer noch so aufgeräumt als jemals.
Beatrice.
Er schlug seinen Zettel hier in Messina an und forderte den Cupido auf den befiederten Pfeil heraus; und meines Oheims Narr, als er die Aufforderung gelesen, unterschrieb in Cupidos Namen und forderte ihn auf den stumpfen Bolzen. Sagt mir doch, wie viele hat er in diesem Feldzug umgebracht und aufgegessen? Oder lieber, wie viele hat er umgebracht? Denn ich versprach ihm, alle aufzuessen, die er umbringen würde.
Leonato.
Im Ernst, Nichte, Ihr seid unbarmherzig gegen den Signor Benedikt. Aber Ihr werdet Euren Mann an ihm finden, das glaubt mir nur.
Bote.
Er hat in diesem Feldzug gute Dienste getan, mein Fräulein.
Beatrice.
Ihr hattet verdorbnen Proviant, und er half ihn verzehren, nicht wahr? Er ist ein sehr tapfrer Tellerheld und hat einen unvergleichlichen Appetit.
Bote.
Dagegen, Fräulein, ist er auch ein guter Soldat.
Beatrice.
Gegen Fräulein ist er ein guter Soldat: aber was ist er gegen Kavaliere?
Bote.
Ein Kavalier gegen einen Kavalier, ein Mann gegen einen Mann. Er ist mit allen ehrenwerten guten Eigenschaften ausstaffiert.
Beatrice.
Ausstaffiert! O ja! Aber die Staffage ist auch danach. – Ei nun, wir sind alle sterblich.
Leonato.
Ihr müßt meine Nichte nicht mißverstehn, lieber Herr. Es ist eine Art von scherzhaftern Krieg zwischen ihr und Signor Benedikt. Sie kommen nie zusammen ohne ein Scharmützel von sinnreichen Einfällen.
Beatrice.
Leider gewinnt er niemals dabei. In unsrer letzten Affäre gingen ihm vier von seinen fünf Sinnen als Krüppel davon, und seine ganze Person muß sich seitdem mit einem behelfen. Wenn er noch Sinn und Witz genug zurückbehalten hat, sich warmzuhalten, so mag man ihm das als ein Abzeichen gönnen, das ihn von seinem Pferde unterscheidet, denn sein ganzer Vorrat beschränkt sich jetzt darauf, daß man ihn für ein menschliches Wesen hält. Wer ist denn jetzt sein Unzertrennlicher? Denn alle vier Wochen hat er einen neuen Herzensfreund.
Bote.
Ist's möglich?
Beatrice.
Sehr leicht möglich: denn er hält es mit seiner Treue wie mit der Form seines Huts, die immer mit jeder nächsten Mode wechselt.
Bote.
Wie ich sehe, Fräulein, steht dieser Kavalier nicht sonderlich bei Euch angeschrieben.
Beatrice.
Nein, wenn das wäre, so würde ich alles, was ich schrieb, verbrennen. Aber sagt mir doch, wer ist jetzt sein Kamerad? Gibt's keinen jungen Raufer, der Lust hat, in seiner Gesellschaft eine Reise zum Teufel zu machen! –
Bote.
Man sieht ihn am meisten mit dem edlen Claudio.
Beatrice.
O Himmel! Dem wird er sich anhängen wie eine Krankheit. Man holt ihn sich schneller als die Pest, und wen er angesteckt hat, der wird augenblicklich verrückt. Tröste Gott den edlen Claudio; wenn er sich den Benedikt zugezogen, wird er nicht unter tausend Pfund von ihm geheilt.
Bote.
Ich wünschte Freundschaft mit Euch zu halten, Fräulein.
Beatrice.
Tut das, mein Freund.
Leonato.
Ihr werdet niemals verrückt werden, Nichte!
Beatrice.
Nein, nicht eh ein heißer Januar kommt.
Bote.
Don Pedro nähert sich eben.
(Geht ab.)
Don Pedro, Balthasar, Don Juan, Claudio und Benedikt treten auf.
Don Pedro.
Teurer Signor Leonato, Ihr geht Eurer Unruhe entgegen. Es ist sonst der Welt Brauch, Unkosten zu vermeiden, und Ihr sucht sie auf.
Leonato.
Nie kam Unruhe unter Eurer Gestalt in mein Haus, mein gnädiger Fürst. Wenn uns die Unruhe verließ, bleibt sonst die Behaglichkeit zurück: wenn Ihr dagegen wieder abreist, wird die Trauer verweilen und das Glück von mir Abschied nehmen.
Don Pedro.
Ihr nehmt Eure Last zu willig auf. – Das ist Eure Tochter, wie ich vermute?
Leonato.
Das hat mir ihre Mutter oft gesagt.
Benedikt.
Zweifeltet Ihr daran, Signor, daß Ihr sie fragtet?
Leonato.
Nein, Signor Benedikt, denn damals wart Ihr noch ein Kind.
Don Pedro.
Da habt Ihr's nun, Benedikt: wir sehn daraus, was Ihr jetzt als Mann sein müßt. In der Tat, sie kündigt selber ihren Vater an. – Ich wünsche Euch Glück, mein Fräulein, Ihr gleicht einem ehrenwerten Vater.
Benedikt.
Wenn auch Signor Leonato ihr Vater ist, sie würde nicht um ganz Messina seinen Kopf auf ihren Schultern tragen wollen, wie sehr sie ihm auch gleicht.
Beatrice.
Mich wundert, daß Ihr immer schwatzen müßt, Signor Benedikt; kein Mensch achtet auf Euch.
Benedikt.
Wie, mein liebes Fräulein Hochmut! Lebt Ihr auch noch?
Beatrice.
Wie sollte wohl Hochmut sterben, wenn er solche Nahrung vor sich hat, wie Signor Benedict? – Die Höflichkeit selbst wird zum Hochmut werden, wenn Ihr Euch vor ihr sehen laßt.
Benedikt.
Dann ist Höflichkeit ein Überläufer; aber soviel ist gewiß, alle Damen sind in mich verliebt, Ihr allein ausgenommen; und ich wollte, mein Herz sagte mir, ich hätte kein so hartes Herz; denn wahrhaftig, ich liebe keine.
Beatrice.
Ein wahres Glück für die Frauen; Ihr wäret ihnen ein gefährlicher Bewerber geworden. Ich danke Gott und meinem kalten Herzen, daß ich hierin mit Euch
eines Sinnes bin. Lieber wollt ich meinen Hund eine Krähe anbellen hören, als einen Mann schwören, daß er mich liebe.
Benedikt.
Gott erhalte mein gnädiges Fräulein immer in dieser Gesinnung! So wird doch ein oder der andre ehrliche Mann dem Schicksal eines zerkratzten Gesichts entgehn.
Beatrice.
Kratzen würde es nicht schlimmer machen, wenn es ein Gesicht wäre wie Eures.
Benedikt.
Gut, Ihr versteht Euch trefflich drauf, Papageien abzurichten.
Beatrice.
Ein Vogel von meiner Zunge ist besser als ein Vieh von Eurer.
Benedikt.
Ich wollte, mein Pferd wäre so schnell als Eure Zunge und liefe so in eins fort. Doch nun geht und der Himmel sei mit Euch, denn ich bin fertig.
Beatrice.
Ihr müßt immer mit lahmen Pferdegeschichten aufhören; ich kenne Euch von alten Zeiten her.
Don Pedro.
Kurz und gut, Leonato; – ihr, Signor Claudio und Signor Benedikt; – mein werter Freund Leonato hat euch alle eingeladen. Ich sage ihm eben, wir werden wenigstens einen Monat verweilen, und er bittet den Himmel, daß irgendeine Veranlassung uns länger hier aufhalten möge. Ich wollte schwören, daß er kein Heuchler sei, sondern daß ihm dies Gebet von Herzen geht.
Leonato.
Ihr würdet nicht falsch schwören, mein gnädiger Herr. Laßt mich Euch willkommen heißen, Prinz Juan; nach Eurer Aussöhnung mit dem Fürsten, Eurem Bruder, widme ich Euch alle meine Dienste.
Don Juan.
Ich danke Euch. Ich bin nicht von vielen Worten, aber ich danke Euch.
Leonato.
Gefällt's Euer Gnaden, vorauszugehn?
Don Pedro.
Eure Hand, Leonato, wir gehn zusammen.
(Leonato, Don Pedro, Don Juan, Beatrice und Hero gehn ab.)
Benedikt und Claudio.
Claudio.
Benedikt, hast du Leonatos Tochter wohl ins Auge gefaßt?
Benedikt.
Ins Auge habe ich sie nicht gefaßt, aber angesehn habe ich sie.
Claudio.
Ist sie nicht ein sittsames, junges Fräulein?
Benedikt.
Fragt Ihr mich wie ein ehrlicher Mann um meine schlichte, aufrichtige Meinung? Oder soll ich Euch nach meiner Gewohnheit als ein erklärter Feind ihres Geschlechts antworten?
Claudio.
Nein, ich bitte dich, rede nach ernstem, nüchternem Urteil.
Benedikt.
Nun denn, auf meine Ehre: mich dünkt, sie ist zu niedrig für ein hohes Lob, zu braun für ein helles Lob, zu klein für ein großes Lob; alles, was ich zu ihrer Empfehlung sagen kann, ist dies: wäre sie anders, als sie ist, so wäre sie nicht hübsch, und weil sie nicht anders ist, als sie ist, so gefällt sie mir nicht.
Claudio.
Du glaubst, ich treibe Scherz: nein, sage mir ehrlich, wie sie dir gefällt.
Benedikt.
Wollt Ihr sie kaufen, weil Ihr euch so genau erkundigt?
Claudio.
Kann auch die ganze Welt solch Kleinod kaufen?
Benedikt.
Jawohl, und ein Futteral dazu. Aber sprecht Ihr dies in vollem Ernst? Oder agiert Ihr den lustigen Rat und erzählt uns, Amor sei ein geübter Hasenjäger und Vulkan ein trefflicher Zimmermann? Sagt doch, welchen Schlüssel muß man haben, um den rechten Ton Eures Gesanges zu treffen?
Claudio.
In meinem Aug ist sie das holdeste Fräulein, das ich jemals erblickte.
Benedikt.
Ich kann noch ohne Brille sehn, und ich sehe doch von dem allem nichts. Da ist ihre Muhme. wenn die nicht von einer Furie besessen wäre, sie würde Hero an Schönheit so weit übertreffen, als der erste Mai den letzten Dezember. Aber ich hoffe, Ihr denkt nicht daran, ein Ehemann zu werden: oder habt Ihr solche Gedanken? –
Claudio.
Und hätt ich schon das Gegenteil beschworen, ich traute meinem Eide kaum, wenn Hero meine Gattin werden wollte.
Benedikt.
Nun wahrhaftig, steht es so mit Euch? Hat die Welt auch nicht einen einzigen Mann mehr, der seine Kappe ohne Verdacht tragen will? Soll ich keinen Junggesellen von sechzig Jahren mehr sehn? Nun, nur zu; wenn du denn durchaus deinen Hals unters Joch zwängen willst, so trage den Druck davon und verseufze deine Sonntage. Sich, da kommt Don Pedro und sucht dich.
Don Pedro kommt zurück.
Don Pedro.
Welch Geheimnis hat euch hier zurückgehalten, daß ihr nicht mit uns in Leonatos Haus gingt?
Benedikt.
Ich wollte, Eure Hoheit nötigte mich, es zu sagen.
Don Pedro.
Ich befehle dir's bei deiner Lehnspflicht.
Benedikt.
Ihr hört's, Graf Claudio: ich kann schweigen wie ein Stummer, das könnt Ihr glauben; aber bei meiner Lehnspflicht – seht Ihr wohl, bei meiner Lehnspflicht – er ist verliebt. In wen? (so fragt Eure Hoheit jetzt) und nun gebt acht, wie kurz die Antwort ist: in Hero, Leonatos kurze Tochter.
Claudio.
Wenn dem so wäre, wär es nun gesagt.
Benedikt.
Wie das alte Märchen, mein Fürst: es ist nicht so und war nicht so, und wolle Gott nur nicht, daß es so werde!
Claudio.
Wenn meine Leidenschaft sich nicht in kurzem ändert, so wolle Gott nicht, daß es anders werde.
Don Pedro.
Amen! wenn Ihr sie liebt, denn das Fräulein ist dessen sehr würdig.
Claudio.
So sprecht Ihr nur, mein Fürst, mich zu fangen.
Don Pedro.
Bei meiner Treu, ich rede, wie ich's denke.
Claudio.
Das tat ich ebenfalls, mein Fürst, auf Ehre.
Benedikt.
Und ich, bei meiner zwiefachen Ehre und Treue, mein Fürst, ich gleichfalls.
Claudio.
Daß ich sie liebe, fühl ich.
Don Pedro.
Daß sie es wert ist, weiß ich.
Benedikt.
Und daß ich weder fühle, wie man sie lieben kann, noch weiß, wie sie dessen würdig sei, das ist eine Überzeugung, welche kein Feuer aus mir herausschmelzen soll; darauf will ich mich spießen lassen.
Don Pedro.
Du warst von jeher ein verstockter Ketzer in Verachtung der Schönheit.
Claudio.
Und der seine Rolle nie anders durchzuführen wußte, als indem er seinem Willen Gewalt antat.
Benedikt.
Daß mich ein Weib geboren hat, dafür dank ich ihr; daß sie mich aufzog, auch dafür sag ich ihr meinen demütigsten Dank: aber daß ich meine Stirn dazu hergebe, die Jagd darauf abzublasen, oder mein Hifthorn an einen unsichtbaren Riem aufhänge, das können mir die Frauen nicht zumuten. Weil ich ihnen das Unrecht nicht tun möchte, einer von ihnen zu mißtrauen, so will ich mir das Recht vorbehalten, keiner zu trauen; und das Ende vom Liede ist (und zugleich gewiß auch das beste Lied), daß ich ein Junggesell bleiben will.
Don Pedro.
Ich erlebe es noch, dich einmal ganz blaß vor Liebe zu sehen.
Benedikt.
Vor Zorn, vor Krankheit oder Hunger, mein Fürst; aber nicht vor Liebe. Beweist nur, daß ich jemals aus Liebe mehr Blut verliere, als ich durch eine Flasche Wein wieder ersetzen kann, so stecht mir die Augen aus mit eines Balladenschreibers Feder, hängt mich auf über der Tür eines schlechten Hauses und schreibt darunter: «Zum blinden Cupido».
Don Pedro.
Nun ja, wenn du je von diesem Glauben abfällst, so mach dir keine Rechnung auf unsre Barmherzigkeit.
Benedikt.
Wenn ich das tue, so hängt mich in einem Faß auf wie eine Katze und schießt nach mir; und wer mich trifft, dem klopft auf die Schulter und nennt ihn Adam.
Don Pedro.
Nun wohl, die Zeit wird kommen, «Wo sich der wilde Stier dem Joche fügt».
Benedikt.
Das mag der wilde Stier; wenn aber der verständige Benedikt sich ihm fügt, so reißt dem Stier seine Hörner aus und setzt sie an meine Stirn, und laßt mich von einem Anstreicher abmalen, und mit so großen Buchstaben, wie man zu schreiben pflegt: «Hier sind gute Pferde zu vermieten», setzt unter mein Bildnis: «Hier ist zu sehn Benedikt, der Ehemann.»
Claudio.
Wenn das geschähe, so würdest du hörnertoll sein.
Don Pedro.
Nun, wenn nicht Cupido seinen ganzen Köcher in Venedig verschossen hat, so wirst du in kurzem für deinen Hochmut beben müssen.
Benedikt.
Dazu müßte noch erst ein Erdbeben kommen.
Don Pedro.
Gut, andre Zeiten, andre Gedanken. Für jetzt, lieber Signor Benedikt, geht hinein zu Leonato, empfehlt mich ihm und sagt ihm, ich werde mich zum Abendessen bei ihm einfinden; denn wie ich höre, macht er große Zurüstungen.
Benedikt.
Diese Bestellung traue ich mir allenfalls noch zu, und somit befehle ich Euch – –
Claudio.
«Dem Schutz des Allerhöchsten: gegeben in meinem Hause (wenn ich eins hätte) – –
Don Pedro.
Den sechsten Juli: Euer getreuer Freund Benedikt».
Benedikt.
Nun, spottet nicht, spottet nicht: der Inhalt Eurer Gespräche ist zuweilen mit Lappen verbrämt und die Verbrämung nur sehr schwach aufgenäht: eh Ihr so alte Späße wieder hervorsucht, prüft Euer Gewissen, und somit empfehle ich mich Euch.
(Benedikt ab.)
Claudio.
Eur Hoheit könnte jetzt mich sehr verpflichten.
Don Pedro.
Sprich, meine Lieb ist dein: belehre sie,
Und du sollst sehn, wie leicht sie fassen wird
Die schwerste Lehre, die dir nützlich ist.
Claudio.
Hat Leonato einen Sohn, mein Fürst?
Don Pedro.
Kein Kind, als Hero, sie ist einzge Erbin.
Denkst du an sie, mein Claudio?
Claudio.
O mein Fürst,
Eh Ihr den jetzt beschloßnen Krieg begannt,
Sah ich sie mit Soldatenblick mir an,
Dem sie gefiel: allein die rauhe Arbeit
Ließ Wohlgefallen nicht zur Liebe reifen.
Jetzt kehr ich heim, und jene Kriegsgedanken
Räumten den Platz; statt ihrer drängen nun
Sich Wünsche ein von sanfter, holder Art
Und mahnen an der jungen Hero Reiz,
Und daß sie vor dem Feldzug mir gefiel.
Don Pedro.
Ich seh dich schon als einen Neuverliebten,
Und unser Ohr bedroht ein Buch von Worten.
Liebst du die schöne Hero, sei getrost,
Ich will bei ihr und ihrem Vater werben,
Du sollst sie haben: war es nicht dies Ziel,
Nach dem die feingeflochtne Rede strebte?
Claudio.
Wie lieblich pflegt Ihr doch des Liebeskranken,
Des Gram Ihr gleich an seiner Blässe kennt.
Nur daß zu plötzlich nicht mein Lieben schiene,
Wollt ich durch längre Rede es beschönen.
Don Pedro.
Wozu die Brücke breiter als der Fluß?
Die Not ist der Gewährung bester Grund.
Sieh, was dir hilft, ist da: feststeht, du liebst,
Und ich bin da, das Mittel dir zu reichen.
Heut abend, hör ich, ist ein Maskenball,
Verkleidet spiel ich deine Rolle dann,
Der schönen Hero sag ich, ich sei Claudio,
Mein Herz schütt ich in ihren Busen aus
Und nehm ihr Ohr gefangen mit dem Sturm
Und mächtgen Angriff meiner Liebeswerbung.
Sogleich nachher sprech ich den Vater an,
Und dieses Liedes End ist, sie wird dein.
Nun komm und laß sogleich ans Werk uns gehn. –
(Beide ab.)
Leonato und Antonio treten auf
Leonato.
Nun, Bruder! wo ist mein Neffe, dein Sohn? – Hat er die Musik besorgt?
Antonio.
Er macht sich sehr viel damit zu tun. Aber, Bruder, ich kann dir seltsame Neuigkeiten erzählen, von denen du dir nicht hättest träumen lassen.
Leonato.
Sind sie gut?
Antonio.
Nachdem der Erfolg sie stempeln wird: indes die Hülle ist gut, von außen sehn sie hübsch aus. Der Prinz und Graf Claudio, die in einer dicht verwachsnen Allee in meinem Garten spazierengingen, wurden
so von einem meiner Leute behorcht: der Prinz entdeckte dem Claudio, er sei verliebt in meine Nichte, deine Tochter, und willens, sich ihr heut abend auf dem Ball zu erklären: und wenn er finde, daß sie nicht abgeneigt sei, so wolle er den Augenblick beim Schopf ergreifen und gleich mit dem Vater reden.
Leonato.
Hat der Bursche einigen Verstand, der das sagte?
Antonio.
Ein guter, ein recht schlauer Bursch: ich will ihn rufen lassen, dann kannst du ihn selbst ausfragen.
Leonato.
Nein, nein, wir wollen es für einen Traum halten, bis es an den Tag kommt. – Aber ich will doch meiner Tochter davon sagen, damit sie sich besser auf eine Antwort gefaßt machen kann, wenn es von ohngefähr wahr sein sollte. Geht doch und erzählt ihr's.
(Verschiedene Personen gehn über die Bühne.) Vettern, ihr wißt, was ihr zu tun habt? – – O bitte um Verzeihung, lieber Freund, Ihr müßt mit mir gehn, ich bedarf Eures guten Kopfs. – Lieber Vetter, geht nur in dieser geschäftigen Zeit zur Hand.
(Alle ab.)
Andres Zimmer in Leonatos Hause
Don Juan und Konrad treten auf
Konrad.
Was der Tausend, mein Prinz, warum seid Ihr denn so übermäßig schwermütig?
Don Juan.
Weil ich übermäßig viel Ursache dazu habe, deshalb ist auch meine Verstimmung ohne Maß.
Konrad.
Ihr solltet doch Vernunft anhören.
Don Juan.
Und wenn ich sie nun angehört, welchen Trost hätt ich dann davon?
Konrad.
Wenn auch nicht augenblickliche Hilfe, doch Geduld zum Leiden.
Don Juan.
Ich wundre mich, wie du, der, wie du selbst sagst, unterm Saturn geboren bist, dich damit abgibst, ein moralisches Mittel gegen ein tödliches Übel anzupreisen. Ich kann nicht verbergen, wer ich bin; ich muß ernst sein, wenn ich Ursache dazu habe, und über niemands Einfälle lachen; essen, wenn mich hungert, und auf niemands Belieben warten; schlafen, wenn mich schläfert, und um niemands Geschäfte mich anstrengen; lachen, wenn ich lustig bin, und keinen in seiner Laune streicheln.
Konrad.
Ei ja; aber Ihr solltet Euch nicht so zur Schau tragen, bis Ihr's ohne Widerspruch tun könnt. Erst neulich habt Ihr Euch mit Eurem Bruder überworfen, und jetzt eben hat er Euch wieder zu Gnaden aufgenommen; da könnt Ihr unmöglich in seiner Gunst Wurzel schlagen, wenn Ihr Euch nicht selbst das gute Wetter dazu macht. Ihr müßt Euch notwendig günstige Witterung für Eure Ernte schaffen.
Don Juan.
Lieber wollt ich eine Hundsrose im Zaun sein, als eine edle Rose in seiner Gnade: und für mein Blut schickt sich's besser, von allen verschmäht zu werden, als ein Betragen zu drechseln und jemands Liebe zu stehlen. Soviel ist gewiß, niemand wird mich einen schmeichlerischen Biedermann nennen, niemand soll mir's aber dagegen absprechen, daß ich ein aufrichtiger Bösewicht sei. Mit einem Maulkorb trauen sie mir, und mit einem Block lassen sie mich laufen: darum bin ich entschlossen, in meinem Käfig nicht zu singen. Hätt ich meine Zähne los, so würd ich beißen: hätt ich meinen freien Lauf, so täte ich, was mir beliebt. Bis dahin laß mich sein, was ich bin, und such mich nicht zu ändern.
Konrad.
Könnt Ihr denn von Eurem Mißvergnügen keinen Gebrauch machen?
Don Juan.
Ich mache allen möglichen Gebrauch davon, ich brauche es eben. Wer kommt denn da? Was gibt's Neues, Borachio? –
Borachio kommt.
Borachio.
Ich komme von drüben von einem großen Abendschmaus: der Prinz, Euer Bruder, wird von Leonato königlich bewirtet, und ich kann Euch vorläufig erzählen, daß eine Heirat im Werke ist.
Don Juan.
Könnte mir das nicht ein Fundament werden, irgendein Unheil drauf zu bauen? Wer ist denn der Narr, der sich an ewige Unruhe verloben will?
Borachio.
Ei, es ist Eures Bruders rechte Hand.
Don Juan.
Wer? der höchst ausbündige Claudio?
Borachio.
Eben der.
Don Juan.
Ein schmuckes Herrchen! Und wer? und wer? Was sein Absehn? –
Borachio.
Nun Hero, Leonatos Tochter und Erbin.
Don Juan.
Das kaum flügge Märzhühnchen? Wie kommst du dazu? –
Borachio.
Ich habe das Ausräuchern der Zimmer zu besorgen; und als ich eben in einem dumpfigen Saal damit beschäftigt bin, kommen der Prinz und Claudio Hand in Hand, in sehr ernsthafter Unterredung. Ich duckte mich hinter die Tapete, und da hört ich, wie sie Abrede nahmen, der Prinz solle um Hero für sich werben, und wenn er sie bekomme, sie dem Grafen Claudio geben.
Don Juan.
Komm, komm, laß uns hinüber; das kann meinem Grimm Nahrung werden. Dieser junge Emporschößling hat den ganzen Ruhm meiner Niederlage; kann ich den nur auf
einem Wege kreuzen, so will ich mich allerwegen glücklich schätzen. Ihr seid beide zuverlässig und steht mir bei? –
Konrad.
Bis in den Tod, gnädger Herr.
Don Juan.
Gehn wir zu dem großen Gastmahl! Ihre Fröhlichkeit ist desto größer, weil ich zugrunde gerichtet bin. Ich wollte, der Koch dächte wie ich! Wollen wir gehn und sehn, was zu tun ist? –
Borachio.
Wir sind zu Euerm Befehl, mein gnädiger Herr.
(Alle ab.)