Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Das Haus des Antipholis von Ephesus.
Adriana und Luciana treten auf.
Adriana.
Weder mein Mann noch mein Sclave kommt zurük, den ich doch so eilfertig seinem Herrn entgegen geschikt habe? ganz gewiß, Luciana, es ist schon zwey Uhr.
Luciana.
Vielleicht ist er vom Markte weg, mit irgend einem Kauffmann, der ihn eingeladen hat, zum Mittag-Essen gegangen; meine liebe Schwester, wir wollen essen, und uns nicht deßwegen grämen. Ein Mann ist Herr über seine Freyheit, und hat keinen andern Herrn als seine Gelegenheit; sie kommen und gehen, je nachdem es ihnen gelegen ist; und da es nun einmal so ist, so seyd geduldig, Schwester.
Adriana.
Warum sollen sie mehr Freyheit haben, als wir?
Luciana.
Weil ihre meisten Geschäfte ausser dem Hause ligen.
Adriana.
Seht, wenn ich ihn auf diesen Fuß bedienen will, nimmt er's übel.
Luciana.
Oh, ihr müßt wissen, daß er der Zaum euers Willens ist.
Der Zusammenhang ligt hier in den Reimen, worinn dieser Dialogus im Original geschrieben ist.
Adriana.
Nur Esel werden sich gutwillig so zäumen lassen.
Luciana.
Es ist nichts unter dem Himmel, das nicht in der Erde, in der See, oder in der Luft einem andern unterworfen sey. Die Fische, die Thiere und die Vögel sind ihren Männlein unterworfen, und stehen unter ihrem Gebott; der göttlichere Mensch, Herr über sie alle, Beherrscher dieser weiten Welt und des Oceans, der sie umströmt, mit einer denkenden Seele begabt, die ihn über alle andern Thiere hinaufsezt, wird nicht in diesem einzigen Stük weniger als sie seyn; er ist Herr über sein Weib, und ihr rechtmäßiger Gebieter; laßt euch's also nicht verdriessen, euern Willen nach dem seinigen zu stimmen.
Adriana.
Und doch ist es bloß diese Dienstbarkeit, die euch bewegt unverheurathet zu bleiben.
Luciana.
Nicht diese Unterwürfigkeit, sondern die Unruhen und Sorgen des Ehebetts.
Adriana.
Aber wenn ihr verheurathet wäret, so wolltet ihr doch auch etwas zu befehlen haben.
Luciana.
Eh ich die Liebe kennen lerne, will ich mich in der Kunst zu gehorchen üben.
Adriana.
Aber wie, wenn euer Mann sich gerne ausser dem Hause verweilte?
Luciana.
Ich würde Geduld haben, bis er wieder heim käme.
Adriana.
Eine ungereizte Geduld kan leicht geduldig seyn; es ist keine Kunst gut zu seyn, wenn man keine Ursache zum Gegentheil hat; wir wollen haben, daß der Unglükliche, den sein Kummer quält, ruhig bleiben soll, weil uns sein Geschrey beunruhiget; aber drükte uns die nemliche Bürde, wir würden eben so viel oder noch mehr klagen als er. Du, die du keinen unzärtlichen Ehegatten hast, der dich kränkte, weißst mir keinen andern Trost zu geben, als daß du mich zu hülfloser Geduld anweisest; aber wir wollen sehen, wie lange du diese alberne Geduld behalten wirst, wenn du's erlebst, mein Schiksal zu erfahren.
Luciana.
Gut, ich will mich einmal auf einen Tag verheurathen um ein Probe zu machen. Aber hier kommt euer Sclave, sein Herr wird also nicht weit weg seyn.
Dromio von Ephesus zu den Vorigen.
Adriana.
Sag', ist dein zaudernder Herr nun bey der Hand?
Dromio von Ephesus.
Nein, er ist mit zwo Händen bey mir, und davon sind meine zwey Ohren Zeugen.
Adriana.
Sag', redtest du mit ihm? Sagt' er dir seine Meynung?
Dromio von Ephesus.
Ja, ja, er sagte mir seine Meynung auf mein Ohr; Dank seiner Hand; es wurde mir sauer sie zu begreiffen.
Luciana.
Sprach er so zweydeutig, daß du seine Meynung nicht fassen konntest?
Dromio von Ephesus.
Nein, er schlug so gerade zu, daß ich seine Ohrfeigen nur gar zu gut faßte; und doch sprach er so zweydeutig, daß ich kaum verstehen konnte, was sie bedeuten sollten.
Adriana.
Aber sag', ich bitte dich, wird er heim kommen? Es scheint, er bekümmert sich viel darum, seinem Weib gefällig zu seyn.
Dromio.
Versichert, Frau, mein Herr ist nicht recht gescheidt; das hat seine Richtigkeit; wie ich ihn bat, er möchte heim zum Mittag-Essen kommen, so fragt' er mich nach tausend Mark an Gold; es ist Essenszeit, sagt' ich; mein Gold, sagt' er; euer Essen verdorrt, sagt' ich; mein Gold, sagt' er; wollt ihr heim kommen, sagt' ich; mein Gold, sagt' er; wo sind die tausend Mark, die ich dir gab, Galgenschwengel? Das Ferkel, sagt' ich, ist ganz verbraten; mein Gold, sagt' er. Meine Frau, sagt' ich; an den Galgen mit deiner Frau! Ich weiß nicht wer deine Frau ist; zum Henker mit deiner Frau!
Luciana.
Sagte wer?
Dromio.
Sagte mein Herr. Ich weiß nichts, sagt' er, von keinem Haus, und von keinem Weib und von keiner Frau, sagt' er; so daß ich also meine Commißion, die meiner Zunge aufgegeben werden sollte, Dank sey ihm! auf meinen Schultern heimtrage; denn mit einem Wort, er gab mir Schläge.
Adriana.
Geh wieder zurük du Sclave, und hol' ihn heim.
Dromio.
Geh wieder und laß dich noch einmal prügeln? Ich bitt' euch schönstens Frau, schikt einen andern Abgesandten.
Adriana.
Zurük, Sclave, oder ich will dir den Schädel entzweyschlagen.
Dromio.
Und er wird den Bruch mit andern Schlägen wieder ganz machen; das wird gut gehen.
Adriana.
Pake dich, du wortreicher Schlingel, hohl deinen Herrn heim.
Dromio.
Bin ich dann so rund mit euch als ihr mit mir, daß ihr mich so wie eine Kugel vor euch her stoßt? Ihr stoßt mich fort, und er wird mich wieder zurükstossen; wenn ich in einem solchen Dienst ausdauren soll, müßt ihr ein ledernes Futteral über mich machen lassen.
(Er geht ab.)
Luciana.
Fy, wie entstellt diese Ungeduld euer Gesicht!
Adriana.
Er kan seinen Liebling seiner angenehmen Gesellschaft nicht berauben, und ich muß indeß daheim sizen, und zum Verhungern nach einem freundlichen Blik schmachten. Hat denn das Alter die anziehende Schönheit schon von meiner armen Wange genommen? Wenn es ist, so hat Er sie verderbt. Ist mein Gespräch troken, und mein Wiz stumpf? Seine Unfreundlichkeit ist der harte Marmor, woran er seine Schärfe verlohren hat. Gefallen ihm andre besser, weil sie schöner aufgepuzt sind? Das ist nicht mein Fehler; er ist Herr über mein Vermögen. Was für Ruinen können an mir gefunden werden, die er nicht gemacht hat? Würde nicht ein einziger sonnichter Blik von ihm, meine verwelkte Schönheit wieder herstellen? Aber ach! er verschmäht ein Weib, von der er ohne Maaß geliebt wird, und sucht, ausser seinem Haus, ein Vergnügen – –
Luciana.
Sich selbst peinigende Eifersucht! Fy, jagt sie fort.
Adriana.
Nur gefühllose alberne Tröpfe können bey solchen Beleidigungen gleichgültig bleiben; ich bin gewiß, seine Augen haben irgendwo einen andern Gegenstand den sie anbeten. Warum würd' er sonst nicht hier seyn? Schwester, ihr wißt, er versprach mir eine goldne Kette. Wollte der Himmel, es wäre nur das was er mir vorenthielte – – Ich sehe wol, ein Kleinod, so schön es immer gefaßt seyn mag, verliehrt endlich seine Schönheit, wenn wir's immer tragen; und so wie das Gold selbst, ungeachtet seiner Dauerhaftigkeit, durch beständiges Berühren sich endlich abnuzt, so ist kein Gemüth so edel, das nicht durch langwierige Untreu und Falschheit endlich seinen Glanz verliehre. Wenn meine Schönheit in seinen Augen keinen Reiz mehr hat, so will ich ihren Rest wegweinen, und weinend sterben.
Luciana.
Was für alberne Geschöpfe kan nicht die Eifersucht aus diesen verliebten Seelen machen!
(Sie gehen ab.)
Verwandelt sich in eine Strasse.
Antipholis von Syracus tritt auf.
Antipholis.
Das Gold, das ich dem Dromio gab, ist im Centaur sicher verwahrt; und der allzu sorgfältige Tropf ist weggegangen, um mich zu suchen, aus Besorgniß, es möchte mir etwas zugestossen seyn. Wenn ich die Umstände der Zeit und meines Wirths Erzählung mit einander vergleiche, so kan ich den Dromio nicht gesprochen haben, seitdem ich ihn zuerst vom Markte fortschikte. Ha, hier kömmt er eben recht.
Dromio von Syracus tritt auf.
Wie gehts, junger Herr? Seyd ihr noch so spaßhaft? Wenn ihr Liebhaber von Ohrfeigen seyd, so treibt wieder den Narren mit mir. Ihr wißt nichts vom Centaur? Ihr habt kein Gold empfangen? Eure Frau schikte euch, mich zum Mittag-Essen nach Hause zu ruffen? Mein Haus war zum Phönix? Warst du toll, daß du mir so unsinnige Antworten gabst?
Dromio von Syracus.
Was für Antworten, Herr? Wenn sagt' ich dergleichen?
Antipholis.
Nur eben, nur eben, es ist noch keine halbe Stunde.
Dromio von Syracus.
Hab ich euch doch bis izt mit keinem Auge gesehen, seitdem ihr mich mit dem Golde, so ihr mir gabt, in den Centaur schiktet.
Antipholis.
Galgenschwengel, du leugnetest ja, daß du das Gold empfangen habest, und redtest mir von einer Frau, und von einem Mittag-Essen; doch ich hoffe, du hast gefühlt, wie wohl es mir gefallen hat.
Dromio von Syracus.
Es erfreut mich, euch in so gutem Humor zu sehen. Was soll dieser Scherz bedeuten, ich bitte euch, Herr, sagt mir's?
Antipholis.
Wie, du spottest mir noch ins Gesicht? denkst du ich spasse? Halt, nimm das, und das.
(Er giebt ihm Schläge.)
Dromio von Syracus.
Haltet ein, Herr, ums Himmels willen, izt fühl' ich's, daß aus euerm Spaß Ernst wird, aber warum gebt ihr mir diese Schläge, wenn man fragen darf?
Antipholis.
Weil ich zuweilen vertraulich genug mit dir umgehe, dich für meinen Lustigmacher zu gebrauchen, und Spaß mit dir treibe, so treibst du die Unverschämtheit so weit, meine Gütigkeit zu mißbrauchen, und mir deine Possen auch in meinen ernsthaften Stunden aufzudrängen. Wenn die Sonne scheint, mögen gaukelnde Müken ihre Kurzweile treiben; aber sie sollen in Spalten kriechen, wenn sie ihre Stralen verbirgt: Wenn du mit mir spassen willst, so sieh erst wie ich aussehe, und richte dein Betragen nach meinen Bliken ein; oder ich will dir diese Methode auf eine andre Art einpleuen.
Hier sind im Original einige Wortspiele, die man lieber weggelassen hat, da sie an sich selbst frostig genug sind; und wenn sie auch noch das Verdienst des Doppelsinns, den sie nur in der Original-Sprache haben, verliehren, unerträglich werden. Man hat es mit dem grösten übrigen Theil dieser Scene eben so gemacht, wo Dromio alle seine ungeheure Menge Wiz in Wortspielen ausläßt, die seinen Herrn, und vermuthlich auch die Zeitgenossen unsers Poeten eben so sehr belustigten, als sie unserm verwöhnten Geschmak albern und ekelhaft vorkommen.
Dromio.
Ich will euch diese Mühe gern ersparen, wenn ihr mir nur in gutem Ernst sagen wollt, warum ihr mich geschlagen habt.
Antipholis.
Weist du's noch nicht?
Dromio.
Nichts, Herr, als daß ihr mich geschlagen habt.
Antipholis.
Soll ich dir sagen warum?
Dromio.
Ja, Herr, und weßwegen? Denn man pflegt zu sagen, jedes Warum hat sein Weßwegen.
Antipholis.
Für's erste, Warum, weil du meiner gespottet hast; und dann Weßwegen, weil du es mir das zweyte mal weggeläugnet hast.
Dromio von Syracus.
Ich begreiffe weder euer Warum noch euer Weßwegen, noch eure Ohrfeigen – – Nun gut, Herr, ich danke euch.
Antipholis.
Du dankst mir? Wofür?
Dromio von Syracus.
Mein Six, Herr, für das Etwas so ihr mir um Nichts gegeben habt.
Antipholis.
Ich will es mit nächsten wieder gut machen, und dir Nichts für etwas geben. Aber sag', ist es Mittagessens-Zeit?
Dromio von Syracus.
Nein, Herr, ich glaub', es fehlt dem Essen etwas das ich habe.
Antipholis.
Mit Erlaubniß, was mag das seyn?
Dromio von Syracus.
Daß es nicht genug beträuft ist.
Der Einfall ligt im Original in der Zweydeutigkeit des Worts
basting, welches zugleich eine Tracht Schläge, und das Beträuffen, dessen was am Spieß gebraten wird, bedeutet.
Antipholis.
Gut, Bursche, so wird es troken seyn.
Dromio von Syracus.
Wenn es so ist, so bitt' ich euch, esset nichts davon.
Antipholis.
Warum?
Dromio von Syracus.
Weil es euch cholerisch machen, und mir noch eine andre Tracht Schläge zuziehen würde.
Antipholis.
Gut, junger Herr, lernt eure Zeit wol in Acht nehmen, wenn ihr spassen wollt; ein jedes Ding hat seine Zeit.
Adriana und Luciana zu den Vorigen.
Adriana.
Ja, ja, Antipholis, sieh nur fremde und verdrieslich aus, eine andre Gebieterin hat deine zärtlichen Blike: ich bin nicht mehr Adriana, noch dein Weib. Es war eine Zeit, da du ungeheissen schwurest, daß keine Worte Musik in deinem Ohr seyen, als die ich rede; daß kein Gegenstand dein Aug entzüke, als mein Anblik; daß keine andre Berührung deiner Hand willkommen sey, als die meinige – – Wie kommt es dann izt, mein Gemal, o sage wie kommt es, daß du so fremde gegen dich selbst worden bist – – Gegen dich selbst nenn' ich es, da du es gegen mich bist, die auf eine so unzertrennliche Art dir einverleibt bin, daß ich mehr bin als der größre Theil von dir selbst. Eher könntest du einen Tropfen Wassers in die tieffe See fallen lassen, und unvermengt mit andern eben diesen Tropfen wieder zurüknehmen; als dich von mir losreissen, ohne mich mitzunehmen. Wie sehr würd' es dich bis in die Seele kränken, wenn du nur hören würdest, daß ich ausgelassen sey, und daß dieser dir allein geheiligte Leib durch unkeusche Lust besudelt würde! Würdest du mich nicht anspeyen, nicht mit Füssen stossen, und mir den Namen eines Ehmanns ins Gesicht werfen, und die beflekte Haut von meiner Huren-Stirne reissen, und von meiner treulosen Hand den Trauring abhauen, und ihn mit einem auf ewig uns scheidenden Gelübde zerbrechen? Ich weiß du kanst es, also thu es auch – – ich bin mit einem ehebrecherischen Fleken beschmizt; mein Blut ist mit dem Schmuz der Unzucht vermengt; denn wenn wir beyde eins sind, und du untreu wirst, so theilst du mir das Gift mit, das in deinen Adern schäumt, und machst mich durch Anstekung zur Hure. O so kehre dann zu deiner Pflicht zurük, und bleibe deinem keuschen Bette getreu, damit ich unbeflekt lebe, und du unentehrt.
Antipholis.
Klagt ihr über mich, schönes Frauenzimmer? Ich kenne euch ja nicht. Ich bin in Ephesus kaum zwoo Stunden alt, und mit eurer Stadt so unbekannt als mit euern Reden. Ich strenge allen meinen Wiz vergeblich an, nur ein Wort von allem dem was ihr mir sagtet, zu verstehen.
Luciana.
Fy, Bruder, was für eine Veränderung ist das bey euch? Wenn wart ihr gewohnt, meiner Schwester so zu begegnen; Sie schikte den Dromio, euch zum Mittag-Essen heim zu holen.
Antipholis.
Den Dromio?
Dromio von Syracus.
Mich?
Adriana.
Ja dich, und du brachtest uns zurük, daß er dir Maulschellen gegeben, und unter den Maulschellen mein Haus und mich als sein Weib verläugnet habe.
Antipholis.
Habt ihr mit diesem Frauenzimmer gesprochen? Was für ein Verständniß habt ihr mit ihr, und was soll die Absicht davon seyn?
Dromio von Syracus.
Ich, Herr, ich habe sie meine Tage nie gesehen als izt.
Antipholis.
Du lügst, du Galgenschwengel; denn du brachtest mir ihre eigensten Worte auf den Markt.
Dromio von Syracus.
Ich habe sie in meinem Leben nie gesprochen.
Antipholis.
Woher kan sie uns denn bey unsern Namen nennen, es wäre dann, daß sie einen Wahrsager-Geist hätte?
Adriana.
Wie übel steht es euerm Character an, eine so niederträchtige Comödie mit euerm Sclaven zu spielen, um meiner auf eine grobe Art ins Gesicht zu spotten? Ich bin beleidigt genug, daß ihr so entfremdet von mir seyd; häuffet euer Unrecht nicht noch durch einen solchen Grad von Verachtung. Komm, laß mich um deine Schläfe mich winden; du bist eine Ulme, mein lieber Mann, und ich eine schwache Rebe, die mit deinem stärkern Stamm vermählt, an deiner Stärke Antheil nimmt, ohne sie zu vermindern; alles was dich von mir trennen will, ist Unkraut, diebischer Epheu und unnüzes Mooß, das sich, wenn es nicht bey Zeiten abgeschnitten wird, bis zu deinem Mark einfrißt, und von deinem Verderben seine Nahrung zieht.
Antipholis.
(bey Seite.) Sie spricht mir so ernstlich zu, daß ich nicht weiß, was ich denken oder sagen soll. Bin ich im Traum mit ihr vermählt worden? Oder schlaf ich izt, und bilde mir ein, daß ich alles diß höre? Was für ein Irrthum bethört unsre Augen und Ohren? Bis ich erfahren kan, was ich aus dieser unbegreiflichen Sache machen soll, wird das sicherste seyn, den günstigen Betrug zu unterhalten.
Luciana.
Dromio, geh, sage den Bedienten, daß sie anrichten.
Dromio von Syracus.
(bey Seite.) Nun, bey meinem Rosenkranz! Ich will das Kreuz machen; Gott sey bey uns! wir sind im Feen-Land, wir reden mit lauter Kobolten, Gespenstern und Nacht-Frauen; wenn wir nicht thun was sie haben wollen, so werden sie uns den Athem aussaugen, und uns braun und blau zwiken.
Luciana.
Was plauderst du da mit dir selber, und antwortest nicht? Dromio, du Hummel, du Schneke, du träger Kerl, du Sot!
Dromio von Syracus.
Ich bin verwandelt, Herr, nicht wahr?
Antipholis.
Ich denke du bist's am Gemüth, wie ich selbst.
Dromio von Syracus.
Nein, Herr, an beydem, an Seel und Leib.
Antipholis.
Du hast deine eigne Gestalt.
Dromio.
Nein, ich bin ein Affe.
Luciana.
Wenn du in etwas verwandelt bist, so ist's in einen Esel.
Dromio.
Das ist es; sie reitet mich, und es hungert mich nach Gras; es ist so, ich bin ein Esel, sonst könnt' es unmöglich seyn, daß ich sie nicht so gut kennte, als sie mich.
Adriana.
Kommt, kommt, ich will nicht länger ein Narr seyn, und den Finger in die Augen steken und weinen, indeß daß Herr und Knecht meines Kummers lachen. Kommt, mein Herr, zum Mittag-Essen; Dromio, hüte die Thüre. Mein lieber Mann, ich will heut oben mit euch zu Mittag essen, und ihr sollt mir alle eure kleinen Schelmereyen beichten – – Kerl, wenn jemand nach deinem Herrn fragt, so sag', er ißt ausser dem Haus, und laß keinen lebendigen Menschen herein. Kommt, Schwester; Dromio, sey du ein guter Thürhüter.
Antipholis.
Bin ich auf der Erde, im Himmel oder in der Hölle? Schlafend oder wachend, verrükt oder bey Sinnen? Diesen Leuten bekannt, und mir selbst verborgen? Ich will sagen was sie sagen, und es darauf ankommen lassen, was aus diesem Abentheuer werden mag.
Dromio von Syracus.
Herr, soll ich hier Thürhüter seyn?
Adriana.
Ja, laß niemand herein, oder ich breche dir den Hals.
Luciana.
Kommt, kommt, Antipholis, wir werden spät zu Mittag essen.
(Sie gehen ab.)