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IV.
Der Stumpf-Redner

Mir ist so wohl! ich fühle, wie das junge Roß, das aus dem Karren ausgespannt, auf die frische duftende Wiese hinauskapriolt. Über uns der Himmel so tiefblau auf goldigem Grunde ruhend, die Lüfte so elastisch! Sie zittern, flimmern vor euren Augen, ein scintillierendes Schillern, das gleich elektrischen Funken euer ganzes Wesen aufregt, euch mit frischer Lust, neuem Leben erfüllt. Wunderbar schön flimmern und spielen die bis zu den Ufern vorspringenden Palmettos und Urwälder in den glühenden, ineinander verschmelzenden Tinten. Jeder Stoß der Maschine, jede neue Umwälzung der Räder bringt euch neue Schönheiten. Links ein Pekan-Nußwald, dessen hellgrünes Laub bereits in das Orange- und Purpurkolorit übergeht, – es ist die Grenze meiner Besitzung; rechts ein Anflug von Papaws und Magnolien, letztere wie Lords auf ihren Häuptern die Coronets, die sie umgebende Pflanzenwelt überragend; ihre Wipfel erheben sich kronenartig über die rot und blau und golden ineinander schillernden Papaws und Katalpas; die in Festons geschlungenen Blätter umwallen wie Draperien die majestätischen Naturkronen, und Millionen Blumen spielen wie bunte Edelsteine heraus und verbreiten Düfte, so balsamisch, daß ihr den Mund weit öffnet, um den frischen, belebenden Odem eines indianischen Sommertages in vollen Zügen zu schlürfen. Wie der Dampfer dem Busen oberhalb des Pekan-Nußwaldes zurundet, tanzt euch fröhlich ein Bruchstück eines Urwaldes von Kotton- und Immergrün-Eichbäumen entgegen, aber so zerrissen, daß ihr beim ersten Anblicke schwören möchtet, ihr nähert euch einer hundert Fuß hohen mit Efeu bekleideten schroffen, losgerissenen Felsenwand. Die Windungen unseres Red-River, der jetzt seeartig sich ausbreitet, wieder schneckenartig zusammenschrumpft, sind ungemein lieblich zu schauen; sie fesseln Augen und Gemüt, ziehen beide sehnsüchtig mit sich in die Tiefe der Urwälder, die säuselnden Haine der Palmettos versetzen euch so unmerklich in einen halb träumerischen Zustand, daß ihr euch und andere vergeßt. So hatte ich im Anschauen der lieblichen Flußpartien, die wieder zu Zeiten durch die großartig sich heranwälzenden Waldesmassen einen so ungemein imposanten Charakter gewannen, ganz meine Umgebungen vergessen; Luise mahnt, daß wir nicht allein sind, gerade als Doughby den Mund öffnet, und sie mit den Worten unterbricht:

»Bei Jingo! Hätte nicht vermutet, daß euer Red-River –«

»Ein so herrlicher Fluß ist, meint Ihr, nicht wahr, Doughby?«

»Nun, herrlich, das wollte ich eben nicht sagen, aber doch nicht so ganz uneben; freilich kein Mississippi.«

»Gott sei Dank, das ist er nicht, aber ein so liebliches Wasser, als in diesen unsern Vereinten Staaten gefunden wird, just die gehörige Breite, einen Kottonbaum von einer Baumwollenstaude zu unterscheiden; freilich hat er nicht das Kühne unserer virginischen und Neuyorker Flüsse, aber –«

»Gebe kein Five penny bit für ein Wasser, das nicht Winter und Sommer Dampfschiffe von fünfhundert Tonnen trägt,« meint Doughby, »aber euer Red-River trägt sie ja bis zu den Rapides, höre ich.« – Ich nickte lachend über die Konzession eines Mississippi-Mannes, unserem Red-River getan. »Eure Mississippi-Männer sind auf den Ruhm ihres Stromes eifersüchtiger, als die alten Kaisergardisten auf den ihres kleinen Korporals, – sehen auf alle andern Ströme der Erde mit wegwerfender Geringschätzung herab, und diese in eine Parallele mit ihrem Vater Mississippi zu bringen, ist nicht jederzeit ratsam.«

»Gebe kein Five penny bit für einen Fluß,« rasselt es hinter uns aus einer Kehle, die mit den Worten zugleich einen starken Toddygeruch von sich gibt, »der euch jahraus, jahrein euer Leben nicht ruhig genießen läßt und euch zwingt. Tag und Nacht wie Biber an euern Dämmen zu schaffen und zu wachen Die Pflanzungen am Mississippi stoßen durchgängig an das Stromufer, die sogenannte Levee, und laufen 40 Arpens (Acker) landeinwärts; diese Levee (Stromdamm) muß von den Pflanzern im Stande gehalten werden, und die Vernachlässigung einer unbedeutenden Öffnung, durch die sogenannten Landkrebse eingebohrt, hat häufig furchtbare Verheerungen angerichtet., auf daß die Landkrebse kein faustgroßes Loch hineinbohren, euch so eine gute Gelegenheit offerieren, nach Pensacola Seehafen und Arsenal der Vereinigten Staaten in Westflorida. hinübergeflutet zu werden.«

Die Personage, die uns so unzeremoniös in die Rede fällt, ist angetan mit einem Zwilchkittel, hat einen starken Ledergurt um den Leib, einen Strohhut auf dem Kopfe, dem jedoch die Hälfte des Randes fehlt, und Schuhe an den Füßen, an deren einem ein Sporn angeschnallt ist; ein gewaltiger Dolch steckt in seinem Ledergürtel. Wie er trotzig auf seiner sechs Fuß hohen Rifle lehnt, läßt sich aus den wild launig leuchtenden Eulenaugen die Lust zu einem Rough und Tumble Ein tüchtiges Boxen, Raufen. nicht undeutlich herauslesen; bald sieht er mich an, bald Dougbhy, steht aber unbeweglich.

Dieser richtet einen scharfen Seitenblick auf den Hinterwäldler und wirft ihm dann, ohne seine Stellung zu verändern, die Worte hin:

»Werdet doch nicht sagen wollen, daß der Mann, der ein Gill Gill = eine viertel Pinte. Whisky mit einem Zug leert, nicht mehr vermag als das Gill. Euer Red-River ist just das Gill, das unser Mississippi so leicht zu sich nimmt, wie ich es tue.«

»Gibt's aber wieder von sich, Mann! Ist ihm zuviel geworden, das Gill, Mann Bekanntlich öffnet sich, ungefähr eine Lieue unter der Mündung des Red-River in den Mississippi, dieser in einen Ausfluß durch das Atchafalaya-Bayou in den Golf von Mexiko.!« repliziert der gerade gut gelaunte Hinterwäldler trocken.

»Pah, euer Red-River! Wäre sein Wasser nicht gar so schlecht, glaube, ich könnte ihn selbst leeren.«

Der Hinterwäldler maß auf diese Worte Doughby einige Augenblicke mit verbissenen Lippen vom Kopf zu den Füßen und schrie dann einem weiter zurückstehenden Lederwamse mit dem eigentümlich hinterwäldlerischen Kopfrucke zu:

»Tom, hörst du? Wollen mit dem Manne da kein Pulver mehr verschießen, sehe, der trifft das Ziel mit einem Schusse zweimal. Der frißt die große Seeschlange, von der die Yankees schwätzen, zum Frühstücke und säuft den Red-River dazu aus. Laßt ihn doch laufen, unsern Red-River,« wandte er sich an Doughby, »könnte euch sonst noch Magenweh verursachen.«

Ein brüllendes Gelächter erschallt zugleich mit diesem hinterwäldlerischem Ergusse.

»Will es, Mann, will ihn laufen lassen, euern Red-River,« versetzt Doughby gravitätisch, beinahe gnädig, »will ihn laufen lassen, den armen Teufel von Red-River, ist ohnedem bloß für Alligatoren und snapping turtles.« –

»So wie euer Mississippi für das gelbe Fieber«, lacht der andere.

»Holla! Was sagt Ihr? Unser Mississippi für das gelbe Fieber – sage euch, unser Mississippi ist gut für alles, nur nicht für solche Laternengesichter, wie ihr seid. Unser Mississippi ist ein gutes Wasser, ein heilsames Wasser, ein befruchtendes Wasser, das erste, beste Wasser in der Welt.«

»Doughby!« mahnte ich; »keine Eurer wilden Treibjagden – vergeßt nicht, daß Mistreß Doughby und Eure Freunde zugegen sind, denen eigentlich Eure Aufmerksamkeit zugewendet sein sollte.«

»Vergesse es nicht, Schwager,« raunt mir Doughby zu – »aber mein Land, unsern Mississippi«, verbessert er sich, »kann ich doch nicht auf eine solche Weise schmähen lassen.«

Ich schüttelte unwillig den Kopf, während er näher auf den Sporenmann zutritt, um den sich bereits ein Knäuel brüllender, lachender, halb Pferd- halb Alligatorengesichter gereiht, den Mann zu schauen, der den Red-River auszutrinken sich getraut. Jedes Wort, das gesprochen wird, ist von schallendem Roßlachen begleitet. Auf dem Verdeck schwirrt es wie in einem Bienenschwarme: Pflanzer von Avoyelles-, Rapides-, Cane-River-Stationen Die bedeutendsten Niederlassungen am Red-River werden schlechtweg Stationen genannt, als Vakers, Avoyelles, Rapides, Gaillards, Cane River, Natchitoches, Bayon Pierre usw., mit ihren Frauen und Töchtern, Amerikaner und Kreolen, Franzosen und Spanier, bekannte und unbekannte Gesichter; der besser aussehende Teil der zeitweiligen Bevölkerung, worunter einige prachtvolle Damen-Exemplare, scheint beflissen, die möglichst große Distanz zwischen sich und die Hinterwäldler zu legen. Luise beginnt gleichfalls nachzuziehen. Mehrere Kreolen, wie sie uns erkennen, kommen auf uns zu und begrüßen uns mit kreolischem Empressement. – Ich stand noch zwischen Luise, die hin-, und Julie, die herzog; Le Blanc, Bontemps, Devaux Rilieu vor mir, alle uns auf einmal bestürmend und ganz Freude und Frohlocken, uns so wohl zu sehen und das Vergnügen unserer Gesellschaft zu haben.

»Doughby, die Messieurs wünschen Eure Bekanntschaft zu machen, sind Freunde unseres Schwiegervaters.«

Doughby hört nicht.

»Vermute,« schreit er dem Sporenmanne zu, »seid so eine Yankeebrut, ein Tarifmann, habe wenigstens keinen, der diesseits Masons und Dixons Linie Eine imaginäre Linie, die die Sklaven haltenden Staaten von denjenigen trennt, in denen die Sklaverei gesetzlich aufgehoben ist; sie läuft von Virginien den Ohio hinab. das Licht der Welt erblickt, den Vater der Ströme lästern gehört.«

Doughby, indem er so spricht, tritt abermals einen Schritt näher auf den Mann zu, den er halb trotzig, halb launig anschaut.

»Doughby,« sage ich, »Messieurs Le Blanc L'Estaing, Rideau, Rilieu, alle die Herren wünschen das Vergnügen Eurer Bekanntschaft –«

» Monsieur Doffby!« schreien die Kreolen – » Un petit moment, nous vous saluons« –

» Un petit moment,« gibt Doughby zurück, » nous vous salivons aussi. – Will es nur zuerst mit dem Sporenmanne da ausmachen, bin im Augenblick bei Ihnen.«

Der Sporenmann lächelt höhnisch – um ihn herum Squatters, Jäger, Viehhändler, et hoc genus omne. Die Spannung wird immer größer, doch hat Doughbys Weigerung, ihre Gesellschaft aufzugeben und sich an die der Kreolen anzuschließen, ihn augenscheinlich um einige Prozente in ihren Augen gehoben. Die schneidend und nichts weniger als lieblich verzogenen scharfen Gesichter beginnen etwas wie Achtung für den Mann auszudrücken, der gute Gesellschaft zu schätzen weiß, selbst auf die Gefahr hin, einen Rough und Tumble als Zugabe mitzunehmen.

Der Sporenmann steht noch immer unbeweglich, in all der trotzigen Würde eines seiner Kraft sich bewußten Herausforderers.

»Sage Euch,« schreit Doughby, »kein reeller Amerikaner lästert den Vater Mississippi, so wenig als den alten Hickory.«

»Und wer hat den alten Hickory gelästert?« versetzt der Sporenmann scharf. »Wer wird den alten Hickory lästern? Wollte ihm seine Zunge ölen, ihm das Lästermaul stopfen.«

»Kommt der Wind von dieser Seite hergepfiffen?« lachte Doughby, den Kopf lustig aufwerfend. »Wußte es doch gleich, mit wem ich zu tun hatte. Glaubt Ihr, Sporenmann, hätte mich da mit Euch abgegeben, konnte ich auch nur im leisesten vermuten, Ihr habet das schmutzige Adamspanier auf Euern Mast genagelt, hätte Euch erlaubt, Euern Spaß mit mir zu treiben? Will erschossen sein, wenn ich's getan hätte. Bin ein reeller Demokrat, Mann. Bin kein Aristokrat, bin ein Mann aus dem alten Kentuck«, schrie er fröhlich und wild dem Manne zu, ihm huldreich seine Bärentatze als Friedensunterpfand hinstreckend.

»Von oben oder unter den Fällen Die Ohiofälle bei Louisville.?« fragt lakonisch der Hinterwäldler, der nicht minder würdevoll, aber um vieles bedächtiger seine Hand entgegenreicht und die Doughbys erfaßt, den andern Arm noch immer auf die Rifle gestützt.

»Von Cumberland Bend, von unter den Fällen, Mann«, spricht Doughby.

»Von Cumberland Bend!« gellt der Sporenmann, »da müßt Ihr ja den Dick Blows kennen?«

»Werde doch den Dick Blows kennen, den Nachbar von meiner Mutter Sohne, der keine fünfzehn Meilen von meiner Mutter Dache wohnt.«

»Da seid Ihr also der wilde Ralph, wie Euch die Umgegend auf fünfzig Meilen getauft,« schreit der Sporenmann, die Hand des wilden Ralph stärker erfassend – »und erinnert Euch nicht mehr an Ben Blows?«

»Ben Blows!« johlt Doughby; »Ben Blows! Und seid Ihr es wirklich? Und sehen meine Augen den Bärentöter Ben Blows? Und welcher Nordoster bringt denn Euch herab nach Louisiana, Ben Blows? Dachte mir Euch drüben in Colonel Austins Niederlassung in Texas. Ei, Ben Blows!«

»Bin ein Louisiana-Mann, Ralph, zwischen dem Red-River und Monroetown, Ralph! – Konntet es merken, Ralph! sowie ich die Partei des Red-River nahm. Was ginge mich sonst der Red-River an, aber als halber Red-River-Mann konnte ich ja nicht anders, wäre ja unpatriotisch gewesen, seine Partei nicht zu nehmen.«

Und der neue patriotische Zug ist ein wahrer Zug, ein scharf ausgeprägter Zug in unserem Nationalcharakter. Unser Patriotismus fängt nämlich richtig nicht so sehr bei uns selbst an, als vielmehr dem Erdflecke, den wir soeben inne haben, über diesen lassen wir absolut nichts kommen, der ist unserem Herzen das Teuerste, das Nächste auf der lieben Gotteswelt – daneben steht in gehöriger Distanz das County, das uns seinen integrierenden Bestandteil zu nennen das Glück hat, in weiterer mäßiger Entfernung der Staat, in dem wir leben, und zuletzt umschließt das Ganze die weite Union, über die sich die Wärme unserer patriotischen Glut oft recht matt hinbreitet. –

»Und glaubtet Ihr,« schreit nun Ben Blows, »erkannte Euch nicht, wußte nicht, wen ich vor mir habe? Glaubt, hätte Euch so an mich heranprotzen lassen, und Euer keckes Schwadronieren so mir nichts dir nichts eingesteckt? – Wußte es, Ralph, wen ich vor mir hatte – soll mich Lynchs Law Standrecht findet zuweilen in den Hinterwäldern jenseits des Mississippi statt, wenn Verbrecher auf der Tat ergriffen werden. am Halse fassen, so ich Euch sonst durch die Finger gesehen hätte.«

»Sage Euch,« schreit ihm wieder Doughby seinerseits zu, »habe Euch, ehe wir an meines Schwagers Pflanzung ausstiegen, mächtig haarscharf aufs Korn genommen, schienet mir der Mann und doch wieder nicht, freut mich jedoch, daß Ihr der Mann seid, freut mich, alte Bekannte und Countys-Genossen zu sehen, zu hören, wie es geht und steht. Ben Blows, bin froh, Euch zu sehen.«

Die Erkennungsszene wird jetzt rührend, – zart – zum Bersten. Ben Blows hält die Hand Doughbys in der seinigen, rollt seine Nachteulenaugen triumphierend über die Gruppen hin; Doughby, nicht minder ergriffen, hält ihn mit der Linken bei der Schulter – obwohl ein aufmerksamer Beobachter einen starken Zug kentuckischer Ironie um seine Lippen spielen sehen kann.

Nun geht es über Julie her, ohne Zweifel wird sie der Ehre teilhaftig, dem horriblen Ben Blows und Kompagnie aufgeführt zu werden. Luise scheint derselben Besorgnis Raum zu geben, denn sie redet angelegentlich mit Bontemps und L'Estaing, Freunden der Familie, die zugleich hinüberrufen:

»Misthere Doughby, einen Augenblick, wenn es beliebt!«

»Sogleich, sogleich«, schreit ihnen Doughby zu. »Sage Euch,« fährt er zu Ben Blows gewendet fort, »freut mich, Euch zu sehen, zu hören, wie es steht und geht in unsern Landesteilen, was man vom alten Hickory sagt.«

»Und was soll man vom alten Hickory sagen, als Gutes? Wer wird etwas anderes als Gutes sagen? Wollte ihn sehen!«

»So sollte man wenigstens,« versetzt Doughby gravitätisch, »aber daß nicht alle Zungen dasselbe sagen, Ben Blows, das wißt Ihr so gut wie ich.« –

»Und was sagen sie?« fragt Ben Blows.

»Mehr als ich wieder sagen kann«, versetzte Doughby; »obwohl ihr Geschwätz das Gerade nicht mehr krumm, das Gleiche nicht mehr ungleich machen kann. Der alte Hickory steht in seinen eigenen Schuhen, Mann!« versichert er ihm mit der Miene eines Gerichtspräsidenten.

»Freut mich, das zu hören, Kapitän Doughby«, versetzt Ben Blows.

»Major Doughby, Ben Blows! Major Doughby von New-Feliciana-County. Es ist Major Doughby von New-Feliciana, der es Euch sagt, und mögt es wieder sagen: der alte Hickory steht gut, hat einen guten Stand. Wie kann er anders als einen guten Stand haben? – Ein guter Stand, sage ich, ein herrlicher Stand, ein guter, prächtiger Stand, den der alte Hickory hat. Sage Euch, der Stand des alten Hickory ist immer ein guter Stand, ein kernsolider Stand, steht immer in seinen Schuhen, gleichviel, ob er Rotröcke oder Rothäute sich gegenüber hat, schlägt alle aufs Haupt, hat alle in die Pfanne gehauen.«

»Wollen nur sehen, wo das wieder hinaus will; er fällt bereits in seinen weiten und breiten Hinterwäldler-Jargon.«

»Das wirst du bald sehen,« flüsterte mir Richard zu – »ist dir ein schlauer Teufel.«

»Pah! Eine seiner gewöhnlichen Herzensergießungen.«

Richard aber schüttelt das Haupt und seine Miene wird bedenklich.

Während Ben Blows und Kompagnie Viktoria brüllen, treten mehrere Pflanzer aus den Mittelstationen, die sich in einiger Entfernung gehalten hatten, näher.

»Also entschieden, Major Doughby?« fragt Kapitän Johns.

»Gruß Euch, Kapitän Johns«, schreit ihm Doughby zu; »sehr erfreut, Euch zu sehen, Kapitän Johns. Entschieden, fragt Ihr? Und könnt noch zweifeln – zweifeln, ob der aufgeklärte Westen, die old Dominion Die alte Herrschaft, eine Benennung, die sich Virginien beilegte, als der älteste Staat, der früher den bedeutendsten Einfluß auf die Leitung der öffentlichen Geschäfte ausübte., Nord- und Süd-Karolina, Georgia, Alabama und so fort, sich von den erfrornen Yankees länger bei der Nase herumführen lassen werden? Sage Euch, der Westen ist der Herr der Union, wenn er zusammenhält; vor ihm muß sich jedes Panier senken. Entschieden, fragt Ihr?« fährt Doughby fort, der in seiner Brusttasche nach seinem Portefeuille hascht, es aufreißt und eine Menge gedruckter Blättchen zum Vorschein bringt. »Entschieden, fragt Ihr?« ruft er triumphierend. – »Will Euch's sagen, ob es entschieden ist. Neuyork gibt ihm zwei Drittel, sage vierundzwanzig, Pennsylvanien sein ganzes General Ticket Die Art und Weise der Präsidentenwahl ist verschieden in den verschiedenen Staaten; einige wählen durch General Ticket , wo die Majorität der Stimmen dem Kandidaten alle Wahlstimmen, zu denen der Staat berechtigt ist, zubringt; andere durch Distrikte, wo die Wahlstimmen des Staates oft zwischen mehrere Kandidaten geteilt sind. In beiden Fällen wählt das Volk seine Mandatäre mit der ausdrücklichen Verpflichtung, diesem oder jenem seine Stimme zu geben. So erhielt bei der Wahl, von der hier die Rede ist, General Jackson von Neuyork 24 Stimmen, Adams die übrigen 12; von Pennsylvanien hingegen fielen A. Jackson alle 28 Stimmen zu, obwohl mehrere Distrikte sich für Adams erklärten. In einigen Staaten werden die Wahlmänner, die den Präsidenten erwählen, von dem gesetzgebenden Körper ernannt., achtundzwanzig Stimmen; Virginien seine vierundzwanzig Stimmen, Nord- und Süd-Karolina, Georgia und Alabama sind für ihn, sage Euch, eine glänzende, eine mächtige, eine ungeheure Majorität. Der Feind ist unser.«

»Viktoria!« brüllte es abermals aus dreißig Kehlen.

»Es ist entschieden«, fährt Doughby mit dem Gewichte eines Sprechers des Hauses der Repräsentanten fort; »der alte Hickory hat den Tag gewonnen, der Held des Westens den Sieg errungen; aber Männer, Mitbürger, Freunde! Der Sieg ist schön, sage ich, glorreich, sage ich, ein schöner Sieg, ein glorreicher Sieg, aber was hilft mir ein schöner Sieg, ein glorreicher Sieg, und sei er noch so glorreich, wenn ich nicht Anteil daran habe? Was hilft Louisiana der Sieg, so Louisiana zu seiner Erringung nichts beigetragen? Kann, frage ich, unser Louisiana, wenn es nichts beigetragen zum Siege, auf die Siegesbeute Anspruch machen? Antwortet mir darauf, Männer, Bürger, Freunde!«

Und die Männer, Bürger, Freunde schauen den Wildfang mit großen, mit leuchtenden Augen an, man sieht ihnen die Begierde nach der Siegesbeute an, aber sie schweigen.

Doughby fährt fort: »Soll der Sieg unser Herz erfreuen, müssen wir ihn auch erfochten haben, sollen wir auf die Beute Anspruch machen können, müssen wir sie auch dem Feinde abgenommen haben!«

»Das sagen wir auch«, schreien zehn Stimmen.

»Laßt hören, Major«, zehn andere.

»Wollen vernehmen, wie die Siegesbeute zu verdienen ist«, eine dritte Schar.

»Gesprochen, wie wahre Demokraten sollen«, bekräftigt Doughby, feierlich die Hand erhebend; »sage euch, unser Louisiana ist zur Siegesbeute so gut berechtigt wie das alte Neuyork und Massachusetts und Pennsylvanien und die alte Dominion obendrein. Kann die Trophäen so wohl brauchen als diese. Louisiana, sage ich, ist das Emporium des westlichen Handels, die Krone des Westens; aber es darf nicht länger am Karren des Föderalismus ziehen, muß sein eigenes Panier, das demokratische, das wahre, an den Mast nageln.«

»Sein eigenes Panier, das wahre, das demokratische, an den Mast nageln«, schrie die Mehrzahl des Haufens.

»Keine Föderals!« lassen sich andere hören.

»Weg mit den Föderals, den Blue lights Werden die Anhänger des englischen Interesses nach dem Umstande genannt, daß sie während der Blockade des Kommodore Decatur durch das englische Geschwader (in Connecticut) blaue Leuchtkugeln aufsteigen ließen, so oft Decatur es versuchte, dem Blockadegeschwader zu entwischen.!« eine dritte Schar.

»V–t seien die Aristokraten, die Föderals!« beschließen alle.

»Gesprochen, wie es aufgeklärten Bürgern des Südwestens ziemt«, bekräftigt Doughby. »Sagt mir neulich General Forbes: ›Major Doughby‹, sagt er, ›gebt acht, Major, unser Louisiana macht einen dummen Streich, wählt unglücklicherweise bei Distrikten, ist imstande, unser Louisiana, und verschleudert seine fünf Stimmen für nichts und wieder nichts, und wir gehen leer aus, wenn es auf die Verteilung der Brote und Fische ankommt; in den westlichen Counties spukt es.‹ ›Was‹, sage ich, ›General, der Westen Louisianas einen dummen Streich machen, und seine Stimmen den Tarifmännern geben, den Koalitionsmännern geben; den Männern, die der Nation eine Nase drehten und schacherten, und die Stimmen des Volkes zusammenkneteten in einen Teig, aus dem sie sich fette Stollen buken? Glaubt das nicht, General Forbes, sind zwar meistenteils Kreolen in den Stationen am Red-River, aber auch Amerikaner darunter, die Grundsätze im Leibe haben, und verabscheuen das Mäkeln mit den souveränen Rechten des Volkes, und nimmermehr geschehen lassen werden –«

»Habt recht, Major Doughby, verabscheuen die Koalition der Johnnys und Harris, wollen sie bestrafen«, fielen die meisten strenge ein.

»Ganz, wie ich es von den tüchtigen Red-River-Männern erwartet habe«, fährt Doughby mit einer sehr tiefen Rundverbeugung fort. »Wie ich es von den Männern des Red-River erwartet habe«, wiederholt er. »Sagt' es auch dem General. ›General‹, sag' ich ihm, ›sind tüchtige Männer, treffliche Späne, unsere Mitbürger in den Stationen am Red-River, und hinauf gegen den Quachitta; sind keine Narren, die sich um ihre angebornen Rechte prellen lassen; wissen, daß der alte Hickory Demokraten braucht, um seine Administration zu bilden; braucht Männer, General Forbes‹, sagt' ich, ›braucht Männer, die die Ämter, die die Föderals innegehabt, tüchtig auszufüllen imstande sind; braucht tüchtige Gesellen zu Staatssekretären, zu Kriegssekretären, zu Marinesekretären, zu Finanzsekretären, zu Agenten bei auswärtigen Potentaten, bei unsern Indianerstämmen; zu Postmeistern, Kollektoren, Surveyors Zolleinnehmer – Kontrolleure. in den Seehäfen. Hört ihr, so eine Kollektorstelle mit fünftausend Dollars per annum ist euch gar kein übler Bissen, bürg' euch dafür; so eine Gesandtenstelle bei einem auswärtigen Potentaten mit neuntausend per annum, und neuntausend anderen zur Ausstattung als Handgeld. – Und laßt euch nur sagen, diese Stellen hatten unter dem Johny die Föderals alle, – alle hatten sie sie.«

»V–t seien sie dafür!« brüllten alle mit einer Einmütigkeit, die ungemein musikalisch klang.

»Wüßte nicht, warum ein echter Demokrat nicht auch so eine Gesandtenstelle haben sollte«, meint der Sporenmann Ben Blows, während er sich vom Kopf zu den Füßen mit nicht geringem Wohlgefallen besieht; »gäbe viel darum, so eine Stelle zu haben; habe immer viel Lust verspürt, die Welt zu sehen.«

»Oder so eine Marinesekretärsstelle, das wäre etwas für dich, Tom, warst ja zwei Jahre auf dem Walfischfang in der Südsee, wenn du nur den Gänsekiel besser handhaben könntest«, schrie ein zweiter Bill oder Jack.

»In der Nantucket Polly Trimmings«, versichert Tom treuherzig. – »In der Polly Trimmings von Nantucket; verstehe es, einen Knoten zu drehen, kann euch ein Topseil vom Royalseil unterscheiden, und was den Gänsekiel betrifft, so dürfte sich ja auch noch jemand finden –«

»Der ihn für Euch in Bewegung setzt«, fällt ihm Doughby, ohne eine Miene zu verziehen, ein. – »Wird sich finden, Mann«, versicherte er ihm trostreich. »Bürge Euch dafür, findet sich.«

»Bin gerade nicht skrupulös,« entgegnet Tom zuvorkommend, »gar nicht skrupulös, Major! Könnt' es dem alten Hickory geradezu sagen; wenn es nur der Mühe wert ist. Sagt an, Major! Was Ihr wollt, das zu tun ist. Wollen unsere Schuldigkeit tun, hoffen aber, der alte Hickory wird sie auch tun, sonst bei G–tt!«

»Wollen wir ihn hickorisieren, daß er an uns denken soll sein Leben lang«, fiel ein Dutzend Stimmen ein.

»Werdet es nicht nötig haben, Männer«, beteuert Doughby zuversichtlich. »Gar nicht nötig, euer Amendement. Tut eure Schuldigkeit, tragt zum Siege bei, und die Beute ist euer. Habt jetzt Gelegenheit dazu, die schönste Gelegenheit, sage ich. Zwar ist der Sieg entschieden, wie gesagt, aber Louisiana soll an diesem Siege seinen Teil haben, auf daß es seinen Teil an der Beute habe.«

»Sage euch,« fährt er in leiserem konfidentiellen Tone fort, »sage euch, läßt sich vieles tun. Ist zwar bereits zur elften Stunde, aber vieles läßt sich tun, sind aber der Ohren zuviele, versteht ihr, und nicht für alle Ohren passen die Neuigkeiten, die ich euch mitzuteilen habe, wollen an einen Ort, wo wir unser Council Wigwam Die Gemeindehütte, in der die Indianer ihre National-Angelegenheiten beraten. sicherer aufschlagen können, – und glaube, wir täten ebenso wohl, wenn wir die Gentlemens-Cabin für eine halbe Stunde in Anspruch nähmen, – wir sind die Majorität auf dem Dampfschiffe, und wer kann dagegen etwas einwenden?«

»Sind die Majorität,« fielen mehrere ein, »die Majorität beschließt, die Minorität gehorcht. – Wollen in die Gentlemens-Cabin.«

»Die Gentlemens-Cabin,« bekräftigte Doughby, »die wir hiermit zum Hauptquartier unserer demokratischen Versammlung erklären.«

»Die wir zum Hauptquartier unserer demokratischen Versammlung erklären«, fallen alle feierlich ein. –

Und wie die letzten Stimmen verhallen, ordnen sich auch bereits die der Treppe zunächst Stehenden in eine Marschkolonne, einige Worte werden noch gemurmelt, und die ersteren setzen sich in Bewegung; eines herablassend vornehmen Kopfnickens würdigen sie noch die Kreolen, dann steuern sie der Treppe zu, ihnen nach, was mich wirklich einigermaßen wundert, die Kapitäne, Trumbull, Heath, Blount; Doughby, mit einigen Pflanzern aus Rapides- und Coles-Niederlassung beschließt den Zug. Der Embryo-Demagog wirft noch einen launigen, verschmitzten Blick herüber auf uns, flüstert Julie, die zu ihm herangetrippelt, etwas in die Ohren und verschwindet in den Windungen der Treppe.

»Statt des Rough und Tumble, scheint es, haben wir politische Resolutionen zu erwarten, Richard.«

»Habe es vermutet«, entgegnete Richard mit verbissenem Grimme; »der Satan gibt kein Wort umsonst aus, alles weiß er zu seinem Vorteil zu drehen.«

»Pah, wozu all diesen Aufwand kentuckischer Beredsamkeit? Das Ganze ist Torheit.« –

»So glaubst du, ich aber nicht, und wenn er nichts weiter gewinnt, so zeigt er seiner Partei, daß er keine Gelegenheit verabsäumt, für sie tätig zu wirken; ich habe aber Grund, zu vermuten, daß er einen Streich im Schilde führt.«

» Pshaw! Der Mann vergißt über seinem ewigen Jackson, was er der guten Lebensart schuldig ist. Ärgert mich, wird den Kentuckier nimmermehr ausziehen.«

Richard schüttelt den Kopf, so wie sein ganzes Wesen Unruhe verrät. Auch Mistreß Houston hatte die letzten Vorgänge mit gespannter Erwartung beobachtet. Sie trat nun auf uns zu.

»Ich merke wohl,« fährt Richard fort, »daß du deinen Schwager bloß zur Hälfte, von seiner tollen Seite nämlich, kennst. Sei versichert, daß seine Wildheit, obwohl sie ihm früher natürlich war, es jetzt nicht mehr ist, daß er sie aber an- und auszieht, wie sie nachgerade in seinen Kram taugt, und er sie an den Mann bringen kann, um seinen Einfluß bei den Dicks und Jacks und Toms geltend zu machen. Sage dir, ist dir ein verschmitzter, kecker, unverschämter, schlauer Teufel mit einer Dosis Verstellungsgabe, die ich ihm nimmermehr zugemutet hatte. Hat uns mehr Schaden zugefügt als das ganze demokratische Komitee zusammengenommen.«

Ich schüttelte ungläubig den Kopf. »Du entwirfst mir da von meinem lieben Schwager ein Bild –«

»Du weißt also nicht,« fuhr Richard fort, »daß er seit vier Wochen einer der Delegaten des dirigierenden demokratischen Komitees, mit dem alten Hickory und seinen beiden Adjutanten in genauester Verbindung steht, in Verbindung steht mit den südlichen und nördlichen Counties, mit den Mississippi-, Alabama-Staaten, daß kein Tag vergeht, wo nicht Kuriere bei ihm ankommen?«

»Und seit wann hat er denn diese portenteuse Wichtigkeit erlangt?«

»Wichtig war er immer durch seine imperturbable Keckheit, Unverschämtheit, er ist der Mann für das Volk, die Mittelklassen; seit seiner Heirat hat er aber auch mit den ersten Männern Verbindungen angeknüpft; der weiß errungene Vorteile besser geltend zu machen als –«

»Besser geltend zu machen als?« wiederholte ich.

»Als Mister Howard«, fiel Mistreß Houston ein. – »Ja, Mister Howard! Geben Sie acht auf Ihren Schwager.«

Ich sah die Dame scharf an, – sie hielt aber meinen Blick ruhig aus. – Wir hatten uns allmählich von den Kreolen entfernt und der Treppe genähert; Mistreß Houston setzte den Fuß auf die oberste Stufe.

»Wohin sollen wir, Mistreß Houston?«

»Sie fragen wohin, wenn die unten sich in einer Versammlung konstituieren, in Ihrem eigen County, vor Ihren Augen sich konstituieren?« –

»Was kann er tun? – Ein paar Resolutionen mehr, wie sie unsere Meetings jeden Tag zu Tausenden in die Welt fördern.«

»Er ist nicht der Mann,« entgegnete sie bestimmt, »sich mit leeren Resolutionen zu begnügen, – er führt etwas Wichtiges im Schilde. Ich sah es ihm an den Augen an. Sind Sie Ihrer Stationen für unsere Partei versichert?«

»Die Mehrzahl sind Kreolen und folglich Anti-Jacksonisten.«

»Sind Sie der Majorität versichert?« wiederholt sie gespannter.

»Wie kann ich?« Die Wahrheit zu gestehen, bekümmerte ich mich die letzten sechs Wochen nur wenig um öffentliche Angelegenheiten – wie konnte ich auch? Ich hatte die Hände so voll mit meinen eigenen –«

Mistreß Houston warf einen trostlosen Blick auf Richard.

»Sehen Sie,« murmelte sie halb verdrießlich, »ganz wie ich befürchtete – mich sollte es nicht wundern, wenn die Stationen und westlichen Counties uns entgingen, und noch zur elften Stunde seine Partei gewänne, was wir aus purer Fahrlässigkeit zu konservieren verabsäumten.«

»Das kann ich nicht glauben«, tröstete ich sie.

»Seien Sie versichert, er kommt mit Vollmachten vom General-Komitee und spielt uns einen Streich, den unsere Partei nicht leicht verschmerzen wird.«

»Er kommt zum Familienfeste, das mein Schwiegervater morgen, am fünften Oktober, seit Jahren zu geben pflegt, und Sie tun dem guten Jungen zuviel Ehre an, ihm so weit aussehende Pläne zuzumuten.«

»Wir wollen bald sehen«, versetzte sie, während sie leise die Türe des Damensalons öffnete.

Dieser, von dem anstoßenden Saale der Gentlemen bloß durch eine Bretterwand getrennt, ließ jedes Wort, das in diesem gesprochen wurde, deutlich vernehmen. Wider Vermuten ging es in der demokratischen Versammlung ungemein ruhig, ja anständig zu. Mehrere Stimmen waren zu hören, unter diesen die Doughbys, der sich vernehmen ließ:

»Ja, Mitbürger! Demokraten! Die Wahlfreiheit ist zu jeden Zeiten in unserer Republik als ein Vorrecht angesehen worden, das die Prinzipien unserer Freiheit, – als niedergelegt in dem geschriebenen Vertrage der Staaten – zu garantieren bestimmt ist, – insofern die Grundsätze der Konstitution diesen Prinzipien mehr oder weniger entsprechen. Kaum glaube ich es daher vonnöten zu haben, euch die Wichtigkeit der gegenwärtigen Wahl ans Herz zu legen, – einer Wahl, die die Rechte des Volkes gegen die Selbstsucht verdorbener Politiker vindizieren soll, einer Wahl, die da schwebt zwischen einem selbstsüchtigen, ämtersüchtigen, ränkesüchtigen, abtrünnigen, den Mantel nach dem Winde drehenden, mit der Staaten-Bank mäkelnden, wortbrüchigen, den Grundsatz, daß der Zweck die Mittel heilige, aufstellenden Föderalisten, John Adams genannt, auf der einen – und dem reinen, für sein Land glühenden, brennenden, fechtenden, Aufopferungen aller Art erduldenden, makel-, tadellosen Demokraten, Andrew Jackson, auf der andern Seite.« –

Ich mußte herzlich lachen. Doughby fährt fort:

»Mitbürger! – Wir, die wir diese Wahl als von größter Wichtigkeit betrachten, haben diese achtbare Versammlung in Kraft der uns delegierten Gewalt zusammenberufen, die Mittel in Anbetracht zu nehmen, besagte Wahl in jedem Bezirke, jedem Township, jedem County der Union zu befördern – und tun in besagter Absicht den Vorschlag, sogleich die Stationen am Red-River bis hinauf nach Natchitochas zu bereisen, bereisen zu lassen: –«

»Verdammter Junge!« murmelte ich.

»Bereisen, bereisen zu lassen,« wiederholt Doughby, »auf daß alle disponiblen Kräfte bis nächsten Montag, dem Wahltage der Delegierten für die Präsidenten- und Vizepräsidentenwahl, aufgeboten werden mögen. Ist die achtbare Versammlung einverstanden?«

Sie ist es.

»Kapitän Johns, nehmen Sie die Resolution zu Protokoll.«

Es entsteht eine Pause. Doughby unterbricht sie:

»Infolge dieses Beschlusses schlage ich, Ralph Doughby, Major und Delegierter des demokratischen Komitees, vor, als Abgeordneten nach Bakers Station sogleich zu senden –«

»Den Mister Bill Herries«, sprachen die Kapitäne Trumbull und Heat.

»Der Bürger Bill Herries«, bekräftigte Doughby, »ist vorgeschlagen, besagte Station zu bereisen und gegenwärtiges Schreiben an James Wrong zu übergeben; – auch zwei Tage, von heute an, zu seiner Disposition zu sein. Sind die Bürger einverstanden?«

»Wir sind es«, antwortete die Versammlung.

»Habe nur einzuwenden,« versetzte Bill Herries, »daß meine Baumwolle- und Tabakernte nicht einverstanden sein dürften.«

»Die gesetzlich versammelte Majorität repräsentiert die souveräne Nation, ist Gesetz, Mister Bill Herries! der die Minorität, die seid Ihr und Eure Tabak- und Baumwollenernte, alle drei, zu gehorchen haben.«

»Zu gehorchen haben«, fielen alle lachend ein.

»Die Majorität erwartet, daß Ihr, Mister Bill Herries, Eure Schuldigkeit tun werdet«, fuhr Doughby fort; »da Ihr dem Komitee verantwortlich steht. Für welche Dienste Euch, Mister Bill Herries, von gegenwärtiger Stunde an gerechnet, drei Dollars als Reisediäten angewiesen werden, zahlbar auf diesen Draft.«

»Kapitän Johns! nehmen Sie die Resolution zu Protokoll.«

Das geht nicht übel; der gute Herries gewinnt neun Dollars bei seiner Exkursion und versäumt dreihundert oder mehr. – Doughby verfügt über die Majorität gerade wie ein kleiner Bonaparte über seine Konsulargarden.

»Schlage ferner der achtbaren Versammlung reiner Demokraten vor, ein sichern tätigen Bürger in die Avoyellesstation und hinauf gegen den Ouachitta zu senden.«

»Mister Noah Mills von Avoyelles«, riefen mehrere.

»Schlage also Mister Noah Mills von Avoyelles vor, schlage gleichfalls vor, ihn zu beauftragen, sich zu den Pflanzern, Bürgern, Ansassen, Insassen, wes Namens, Standes, Vermögens sie sein mögen, zu begeben, allezeit vorausgesetzt, sie seien freie Weiße, stimmenberechtigte Bürger, und sie anzuhalten, zu verhalten, bei den nächsten Polls um so gewisser zu erscheinen, als der Sieg unserer Partei durch eine einzige Stimme entschieden werden kann.«

»Wohl gesprochen, Major!« fielen alle ein.

»Vergeßt ja nicht, auf jeden Busch zu klopfen«, fügt Doughby hinzu; »hinter den Büschen liegen Bären und Hirsche.«

»Ei und Wölfe und Panther«, lachte einer.

»Gegen Wölfe und Panther hat er seine Rifle«, fällt ein zweiter ein.

»Stille, Gentlemen!« mahnt Doughby im Präsidententone. »Stille! Sind nicht zusammen gekommen, noch haben wir uns verfassungsmäßig konstituiert, um Kurzweil zu treiben. Haben uns versammelt, das Beste des Landes für und durch die nächste Präsidentenwahl zu befördern, eine Partei zu bestrafen, die den Grundsatz verwirklicht, ins Leben gerufen hat, das Volk müsse betrogen werden.«

Wahrlich! Der Wildfang spricht so rein praktisch demokratisch, als ob er es seit Jahrzehnten getrieben hätte.

»Sehen Sie, er kommt wirklich als Delegierter des General-Komitees; diese Stunde kann für unsere Partei in den westlichen Counties von unberechenbaren Folgen sein.«

Richard, der das Ohr an das Schlüsselloch hält, winkt mit der Hand Stille, denn abermals ist die Stimme Doughbys zu hören.

»Wir haben ferner auf eine Sendung nach Holmes- und Rapides-Stationen zu denken.«

»Ich schlage Mister Beard vor, der zwischen Holmes und Rapides wohnt«, läßt sich abermals Kapitän Trumbull vernehmen.

»Mister Beard ist vorgeschlagen. Sind alle einverstanden? – Sie sind es. Mister Beard, Ihr übernehmt also hiermit die wichtige Verpflichtung, als Abgeordneter einer achtbaren demokratischen Versammlung die Holmes- und Rapides-Stationen für nächsten Montag in Bewegung zu setzen, gegen eine Entschädigung von drei Dollars per Tag.«

»Mister Beard,« fährt er fort, »Ihr erhaltet zugleich den Auftrag, dieses Schreiben, ausgefertigt von dem dirigierenden Komitee von Louisiana, an Oberst Downright zu übergeben, in welchem Schreiben –«

»Was ist das für ein Schreiben?« fällt Ben Blows ein.

»Was hat das dirigierende Komitee an einen Föderal zu schreiben?« Tom.

»Was soll das Schreiben?« Jack.

»Dagegen tue ich Einsprache!« brüllt Ben.

»Ich gleichfalls!« Tom.

»Ich nicht minder!« Jack, John, Ben, alle zusammen. Die ganze Versammlung hat an dem Manne einen Stein des Anstoßes gefunden. Das Geschrei, Gebrüll gegen das Schreiben wird stärker.

»Oberst Downright«, bemerkt der erste, »ist ein Föderalist.«

»Ein so arger Föderalist als einer«, fällt der zweite ein.

»Will jetzt eine neue Kokarde aufstecken«, lacht ein dritter; »die alte ist schmutzig geworden.«

»Brauchen ihn nicht, wollen nicht mit Turncoats in Reih' und Glied marschieren.« –

Das Gebrüll des demokratischen Windstoßes wird stärker, die Eifersucht über die Zulassung eines Föderalisten zum Anteil an der Siegesbeute tritt hinterwäldlerisch rauh hervor.

»Sage euch,« brummt eine tiefe Baßstimme – »geht immer so; zur elften Stunde kommen sie geschlichen, die Aristokraten und Föderals, und zur zwölften nehmen sie den besten Anteil an den Broten und Fischen.«

»Die Brote und Fische«, fällt die Mehrzahl ein, »sollen sie nicht haben.«

»Aber die Brote und Fische sättigten fünftausend, wie ihr in eurer Bibel lesen könnt, und hätten fünftausend mehr sättigen können«, argumentiert Doughby mit leiserer, aber eindringlicher Stimme. »Sagt was ihr wollt, das demokratische Komitee weiß, was es tut, was es zu tun hat, kennt seine Leute. Der Mann ist ein Tory, ein Föderal, ein Turncoat Abtrünniger, der seine Partei für eine andere aufgibt. behauptet ihr – wohl, sei er's; kenne ihn nicht, mag ihn nicht kennen, liebe mir einen rechten, reellen, Demokraten; aber da wir nicht alle Demokraten sind, noch sein können, so lasset uns auch Turncoats haben; leben in einem freien Lande, Männer, und Turncoats sind vonnöten, und Wetterhähne sind vonnöten.« –

»Brauchen keine Turncoats, brauchen keine politischen Wetterhähne.«

»Gesprochen wie reelle Demokraten«, versichert Doughby mit einer Modulation seiner Stimme, die so ehrlich klingt! »Gesprochen wie reelle Demokraten,« wiederholt er, »aber nicht wie kluge Demokraten sprechen würden. Kluge Demokraten vergessen nicht, daß, wo der Sieg zweifelhaft ist, Inspektoren Der Wards oder Wahlbezirke. – Sie sammeln die Wahlzettel der Stimmenden in die Ballotbüchse, – öfters finden Mißbräuche dadurch statt, daß sie Stimmberechtigte zurückweisen und Nichtberechtigte zulassen. vonnöten sind, die allenfalls die Wagschale herabzudrücken imstande sind«, – diese Worte spricht der Spitzbube leise – »es ist nicht genug, reiner Demokrat zu sein, so wenig als es genügt, ein tapferer General zu sein, man muß auch ein schlauer General zuweilen sein, zu manövrieren, dem Feind in die Flanke zu fallen wissen, – versteht ihr! Downright ist ein Föderal, ein Elfter-Stunde-Mann, allein, so wir ihn nicht nehmen, haben wir keinen Inspektor für uns.«

»Habt recht«, fallen mehrere Stimmen ein, unter denen wir die Kapitäne Johns, Trumbulls, Weatherells, Bawlings und anderer erkennen, Männer vom striktesten point d'honneur, die bei der bloßen Zumutung irgendeiner Zweideutigkeit euch die Sporen in die Hüften setzen würden, aber Politik, das ist natürlich zweierlei. Unsere Mitbürger in der Politik zu betrügen, ist eine unserer Bürgerseligkeiten.

Im Vorbeigehen sei es bemerkt, unsere Demokratie mag recht gute Dinge haben, aber die alte hausbackene Tugend, Ehrlichkeit genannt, müßt ihr nicht bei ihr suchen, und sucht ihr sie, so ist zwei gegen eines zu wetten, daß ihr statt derselben ihre Gegenfüßlerin findet. Sie ist wie ein welscher Salat, unsere Demokratie, mit verschiedenen Früchten und Getieren, als da sind, Neid, Verstellung, Ehrgeiz, giftige Zungen, Habsucht, die für unsere demokratischen Politiker, auch Demagogen genannt, ein treffliches Mahl liefern und ihnen den Mund füllen, daß sie beredt werden wie die falschen Propheten und lauter Vaterlandsliebe, Achtbarkeit, Großmut von sich geben, den Würdigsten wollen, das Glück und die Gleichheit und die Zufriedenheit aller, während sie den besten Teil für sich behalten – zum Lohne für ihre patriotischen Bemühungen. Wäre dieses Demagogengetriebe auf die Politik einzig und allein beschränkt, so möchte es hingehen, aber so wie ein einziger Zuckerrohrstengel, von dem Rattenzahne angefressen, den ganzen Sud, in den er unachtsamerweise gerät, mit seinem ätzenden Gifte anfrißt, so durchdringt dieses Demagogenunwesen mit seiner List und seinem Trug alle unsere Lebensverhältnisse und wird zum Gifte, das unser Bürgerleben zuweilen recht scharf und ätzend auf uns und euch einwirken läßt. –

»Unsere Nachrichten«, fährt Doughby mit gedämpfter Stimme fort, »geben uns in Rapides-County hundertfünfzig Stimmen, unsern Gegnern zweihundertundfünfzig, haben wir aber die Inspektoren –«

»So haben wir eine Chance Ein Lieblingsausdruck, in vielfältigem Sinne gebraucht, bedeutet eine gute Gelegenheit, glücklichen Zufall, Umstand usw., eine v–t gute Chance«, frohlockt die Schar.

»Eine v–t gute Chance«, bekräftigt Doughby; »aber je weniger davon gesprochen wird, desto besser. Freunde! Mitbürger! Demokraten! Ich bin ferner so frei, euch die achtbaren Gentlemen Trumbull, Blount, Heath als Repräsentanten und Delegierte unserer demokratischen Interessen mit dem Antrage vorzuschlagen, dieselben unverzüglich in die Stationen Rapides, Gillard, Cane River mit dem Auftrage abgehen zu lassen, besagte Stationen zu durchkreuzen, durchkreuzen zu lassen, die Pflanzer, Ansassen, Insassen aufzufordern, auffordern zu lassen, sich zu den Polls zu begeben, künftigen Montag, den ersten im gegenwärtig laufenden Monat Oktober. Bin so frei, euch in Erinnerung zu bringen, Gentlemen, daß wir es bloß mit Kreolen zu tun haben, denen ein Ball lieber ist als ein Poll.«

Ein fröhliches Gelächter war die Antwort.

»Bemerke ferner der achtbaren Versammlung,« fährt Doughby fort, »daß das dirigierende demokratische Komitee zugleich die Vorsorge getroffen hat, das Dampfschiff, den Montezouma, für diese Wahl in Dienst zu nehmen, welches besagte Dampfschiff morgen und übermorgen zwischen besagten Stationen zu kreuzen bestimmt ist, um einzig und allein die Wahlmänner und nur die Wahlmänner an Ort und Stelle zu bringen.«

»Kapitän Johns, haben Sie die Resolutionen der achtbaren Versammlung zu Protokoll genommen?«

»Ich habe, Major Doughby.«

»Gentlemen«, fuhr dieser fort; »wir haben eine prachtvolle Chance, eine glorreiche Chance, sage ich, zwei Drittel der Stimmen gegen uns, sichern Nachrichten zu folgen – und doch eine unvergleichliche Chance; sind aber Supporters von Jackson, versteht ihr, von Jackson, der mit fünftausend Tennesseern und Kentuckiern und Louisianer-Amerikanern fünfzehntausend Briten schlug, haben es bloß mit Franzosen und Kreolen zu tun. – Der Sieg ist unser, so jeder seine Schuldigkeit tut. Gentlemen,« beschließt er im wahren Admiralstone, »die Union erwartet, daß jeder seine Schuldigkeit tun werde.«

»Werden sie tun«, war von mehreren Ecken herüber zu hören.

»Hoffen aber, der alte Hickory werde die seinige auch nicht vergessen«, gellten andere.

»Sonst wollen wir ihn bei G–tt –«

Doughby fällt verweisend, beinahe zornig ein:

»Welch eine Sprache, Mitbürger, Demokraten! Welch eine Sprache hören meine Ohren! Sage euch, das ist keine demokratische Sprache, ist eine merzenäre föderalistische, eine Yankeesprache, nicht die Sprache warmblütiger Südwestmänner. Sage euch, warmblütige Südländer führen nicht diese Sprache.«

»Merkst du,« raunt mir Richard zu, »wie der schlaue Bösewicht bereits einlenkt, nun er sie im Garne hat?«

»Der Spitzbube hat wirklich eine Anlage zum politischen Intriganten, die etwas Großes verspricht. Wundert mich nur, wie er diese Kapitäns Trumbull, Geath, Blount so schnell in sein Garn verlocken konnte, sind drei selbstgenügsame Nord- und Süd-Karoliner, die zweimal sein Alter und doppelt sein Vermögen haben und nun sich zu seinen Botengängen hergeben. Er treibt mit dieser ehrenwerten Versammlung, was er will.«

»Sehen Sie, was Sie für einen Schwager haben!« flüstert mir Mistreß Houston im Halb verzweifelnden Tone zu. Die gute Dame hatte abwechselnd mit Richard Ohren und Augen zwischen mir und dem Schlüsselloch der Salontüre geteilt.

»In deinem eigenen County überflügelt er dich«, murmelte Richard.

»Der rücksichtslose Tollkopf!« ich.

»Das nicht,« hat wieder Mistreß Houston die Billigkeit einzuwenden, – »er tut bloß, was er als Bürger, als Parteiglied zu tun berechtigt ist; er nimmt die Interessen seiner Partei wahr, wo sich die Gelegenheit darbietet, während die Unsrigen zu bequem sind, oder es unter ihrer Würde halten.«

»Aber Mistreß Houston; was ließ sich tun? Ich hatte die letzten Wochen den Kopf so voll.«

»Mister Doughby«, fällt die Dame beinahe spitzig ein, »hatte ihn nicht voll, aber dafür waren seine Hände um so voller, und er fand noch Zeit, nebst seiner Pflanzung auch das Beste seiner Partei zu fördern.«

Der Hieb verdroß mich ein wenig – ich versetzte in demselben Tone:

»Kann Sie versichern, Maam, daß ich mich recht wohl, recht komfortabel in meiner Rückgezogenheit befand.«

»Dürften sich aber bald recht unkomfortabel fühlen«, versetzte die Dame bitter. »O ihr jungen Leute, daß ihr doch den Abgrund nicht seht, in den uns unsere heillose Demokratie hineinzieht. Ich sehe das Übel in seiner ganzen Größe, denn ich kann Vergleichungen anstellen zwischen der Vergangenheit und Gegenwart. Glauben Sie mir, wir sind in vielen Punkten zurückgegangen, in wesentlichen Punkten, die mich für die Zukunft unseres Landes besorgt machen.«

Die Dame wird, indem sie so spricht, ganz warm.

»Aber was wollen Sie eigentlich, Maam? Was läßt sich tun?«

»Noch ließe sich etwas tun.«

»Und was?«

»Sie haben gehört, was sie mit dem Oberst Downright vorhaben, der uns sein Wort verpfändet, aber wie es scheint, in Unterhandlungen mit der siegenden Partei getreten ist. Die Wahl dieses Abtrünnigen zum Ward-Inspektor sollte auf alle Weise vereitelt werden, kann sehr leicht vereitelt werden, wenn Sie mit den Kreolen oben sprechen, ihnen, was Sie soeben gehört, mitteilen. Es sind durchgängig Männer von Vermögen, denen alles daran gelegen sein muß, daß unsere Partei, wenn auch im Norden besiegt, wenigstens bei uns die Oberhand behalte. Vergessen Sie nicht, daß die bürgerliche Gesellschaft aller Sklavenstaaten ihrer Natur und Wesenheit nach aus föderalistisch-aristokratischen Elementen besteht, bestehen muß, daß demokratische Prinzipien notwendig zur Anarchie, endlich zur Monarchie führen müßten.« –

Von einem Weibe ist das wirklich ein tiefer Blick in die Falten unserer bürgerlichen Verhältnisse getan! Mehrmalen hatten sich mir ähnliche Gedanken, Besorgnisse aufgedrungen, so klar hatte ich sie jedoch nie aussprechen gehört. – Ich schaute sie verwundert an, sie kam mir in dem Augenblicke geistreich, beinahe schön vor. – Aber doch schüttelte ich den Kopf. Es läßt sich nichts tun. Ja, wäre es ein Ball, ein Liebhabertheater, irgend ein Theater, noch so schlecht, eine Liebesintrige, irgend eine Intrige, ein Negerauspeitschen, eine Jagd, eine Lassopartie auf halbwilde Rinder oder wilde Pferde; da ließe sich etwas mit den Kreolen anfangen, aber Präsidentenwahl – nein, das wäre Throwing pearls before the svine Die Perlen vor die S–e werfen..

Mistreß Houston ist jedoch von schottischem Geblüte, und das läßt wie die Bluthunde nicht von aufgestöbertem Wilde nach. – Richtig nimmt sie die einmal aufgegriffene Fährte wieder auf. –

»Die Krisis, lieber Mister Howard, ist vor der Türe, ein Wort, ein festes, männliches Wort, und sie ist abgewendet – wenn von diesen zehn Kreolen oben jeder in seiner Station bekannt macht –«

»Es wäre unverantwortlich,« fällt Richard ein, »wenn wir uns von diesem Tollkopfe einen solchen Streich spielen ließen.«

»Es ist unmöglich, absolut unmöglich«, sprach ich zaudernd, aber fest entschlossen, »absolut unmöglich, Maam, Sie kennen diese Kreolen nicht, lernen Sie sie erst kennen –«

»Ich kenne sie, die Kreolen, die von Point Coupée sind.«

»Etwas anderes, Maam! – Sind durch eine fünfundzwanzigjährige Berührung, Reibung mit unsern Landsleuten aufgeregt, für unser politisches Leben empfänglich gemacht worden, diese aber noch immer in den tiefsten Schlamm undurchdringlicher Selbstsucht versunken.«

»Mein Gott!« jammert die Dame. –

»Howard! Du bist doch wirklich ein indolentes Wesen«, Richard.

Das bin ich nun wirklich einigermaßen, eine gewisse Indolenz schattiert meinen Charakter, aber immerhin ist es mehr ein gewisses Laisser aller, als Indolenz, und die sechs Wochen einsamer häuslicher Herrschaft, Selbständigkeit haben mich vieles aus einem andern Gesichtspunkte anschauen gelehrt. Gewiß liebe ich mein Land von ganzer Seele, aber ich sehe doch das Unglück, das Mistreß Houston so nahe prophezeit, noch nicht so ganz vor der Türe. – In einer so energischen, so ungemein aufgeklärten Nation wie der unsrigen, finden sich gegen die Gifte unserer Demokratie, welcher Art sie auch sein mögen, immer wieder von selbst Gegengifte; ich halte es selbst für gut, wenn das aufgezogene Räderwerk ihrer Bestimmung abläuft, und ablaufen muß es. Dann sehe ich wieder die Notwendigkeit nicht ein, mich und die Meinigen dem Achselzucken dieser böotischen Franzosen preiszugeben, oder Prinzipienfragen bornierten Ignoramussen, für die bloß sinnlich mehr oder weniger raffinierte Tändelei Reiz hat, aufzutischen. Auch sind die beiden Koalierten offenbar nicht wenig auf Doughbys wachsenden Einfluß eifersüchtig, wie es nun schon unter Nachbarn gang und gäbe ist. Daß er, der leichtwiegende Kentuckier, der mit tausend Dollars und einem halben Dutzend Schwarzer herabgekommen, sich emporgeschwungen zum bedeutenden Manne, in der ehelichen Lotterie ein großes Los gezogen und nun auch in der politischen auf ein großes zu spielen sich erkühnt, das ist ihnen ein Dom, ein widerwärtiger Dorn im Auge. – Der Neid läßt sich, trotz alles patriotischen Schimmers, nicht ganz verbergen. –

Und wie mir alles dieses durch den Sinn fährt, und ich eben über die Art und Weise zu Rate gehe, die beiden Parteien zufriedenzustellen, eine Geistesarbeit, bei der ich unwillkürlich an Shakespeare denke: »Der Teufel hole die eine Partei, und seine Großmutter die andere«, spitzen sich auf einmal die Ohren der werten Dame. – Richards Züge werden belebter, es läßt sich etwas wie Töne oder vielmehr Mißtöne hören, ein Geräusch, ein Geschleife, wie Rauschen von Seidenkleidern, ein leises Stampfen begleitet sie.

Wir schreiten eilig durch den Gang der Treppe zu, die auf das Oberdeck führt, wo wir unsere Frauen bei der Gesellschaft gelassen haben. –


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