Arthur Schopenhauer
Die Kunst, Recht zu behalten
Arthur Schopenhauer

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Kunstgriff 12

Ist die Rede über einen allgemeinen Begriff, der keinen eignen Namen hat, sondern tropisch durch ein Gleichnis bezeichnet werden muß; so müssen wir das Gleichnis gleich so wählen, daß es unsrer Behauptung günstig ist. So sind z. B. in Spanien die Namen, dadurch die beiden Politischen Parteien bezeichnet werden, serviles und liberales gewiß von letztern gewählt.

Der Name Protestanten ist von diesen gewählt, auch der Name Evangelische: der Name Ketzer aber von den Katholiken.

Es gilt vom Namen der Sachen auch, wo sie mehr eigentlich sind: z. B. hat der Gegner irgend eine Veränderung vorgeschlagen, so nenne man sie » Neuerung«: denn dies Wort ist gehässig. Umgekehrt, wenn man selbst der Vorschläger ist. – Im erstern Fall nenne man als Gegensatz die »bestehende Ordnung«, im zweiten »den Bocksbeutel«. – Was ein ganz Absichtsloser und Unparteiischer etwa »Kultus« oder »öffentliche Glaubenslehre« nennen würde, das nennt Einer, der für sie sprechen will, »Frömmigkeit«, »Gottseligkeit« und ein Gegner desselben »Bigottrie«, »Superstition«. Im Grunde ist dies eine feine petitio principii: was man erst dartun will, legt man zum voraus ins Wort, in die Benennung, aus welcher es dann durch ein bloß analytisches Urteil hervorgeht. Was der Eine »sich seiner Person versichern«, »in Gewahrsam bringen« nennt, heißt sein Gegner »Einsperren«. – Ein Redner verrät oft schon zum voraus seine Absicht durch die Namen, die er den Sachen gibt. – Der Eine sagt »die Geistlichkeit« der Andre »die Pfaffen«. Unter allen Kunstgriffen wird dieser am häufigsten gebraucht, instinktmäßig. Glaubenseifer = Fanatismus. – Fehltritt oder Galanterie = Ehebruch – Äquivoken = Zoten. – Dérangiert = Bankerott. – »Durch Einfluß und Konnexion« = »durch Bestechung und Nepotismus«. – »Aufrichtige Erkenntlichkeit« = »gute Bezahlung«. –


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