Josephine Schneider-Foerstl
Die Liebe des Geigerkönigs Radanyi
Josephine Schneider-Foerstl

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Das überlebe, das ertrage ich nicht, sagt die Mehrzahl der Menschen im ersten, fassungslosen Schmerze, wenn das Leid über sie hereinbricht. Aber sie überleben und ertragen es doch. Sonst müßte die Welt tagtäglich mehrere tausend Selbstmörder zu Grabe tragen und die Irrenhäuser sich zum Bersten füllen. Es hat alles seine Zeit. Die Stunden, die Tage, die Wochen, die Monate lassen beinahe jede Wunde, sei es nun die des Körpers oder der Seele, vernarben und verharschen. Ganz leise und unmerklich geht das vor sich. Man weiß es kaum. Das Räderwerk des Lebens greift Speiche um Speiche, rastlos läuft es von Kurve zu Kurve, immer fort, immer dahin, unaufhaltsam, wie der Erdenkoloß sich um die allmächtige Sonne dreht. Kommt dann die Nacht, das Scheiden, das Ende, bleibt kaum der Eindruck einer Spur zurück.

Radanyi hatte schon seit zwei Jahren keinen Fuß mehr auf europäischen Boden gesetzt. Alle, auch die verlockendsten Anträge hatte er abgelehnt. Amerika war ihm Heimat geworden.

Die Mutter, der alte Großvater, Haller, Ballin, alle bestürmten sie ihn, wieder einmal in die Heimat zu kommen. Er hatte immer nur ein »später« auf diese Briefe.

Haller war der einzige, der wußte, warum er nicht kommen wollte und mochte. Aber er berührte die Wunde nicht. Nur daß Graf Warren einem Herzschlage erlegen war, berichtete er dem Schüler und daß die alte Baronin Gellern ihrem jahrelangen Leiden durch einen unerwarteten Tod entrückt war.

Elemer selbst erwähnte den Namen Eva Maria niemals in seinen Briefen. Auch Haller gegenüber sprach er sich nicht aus. Sogar Harald durfte nie darnach fragen.

»Sei barmherzig und rühre nicht daran!« bat er jedesmal, wenn Anderson auch nur eine Miene machte, daran zu tupfen. »Ich bin noch nicht so weit – ich habe noch nicht verwunden – gedulde dich, du sollst alles wissen, sowie ich darüber reden kann, ohne wahnsinnig zu werden!«

Aber in all den zwei Jahren, die bereits darüber hinweggegangen waren, hatte er nicht ein einziges Mal davon gesprochen.

»Kommst du heute abends mit zu van der Veldt?« frug Anderson, als er noch im Sportdreß steckend vom Tennisplatz zurückkam und in Radanyis Räume im Astorhotel trat, wo dieser sich wieder eingemietet hatte.

»Ja!«

»Soll ich dich holen?«

»Es wäre mir lieb, wenn du es möglich machen kannst, Harald. Darf ich dir etwas anbieten jetzt?« –

Anderson hielt ihm die Hand fest, mit der er nach der Klingel greifen wollte. »Laß, mein Lieber. Es geht schon gegen sechs. Ich habe mich ein bißchen verspätet. Bis ich mich umkleide, wird es gerade Zeit. Ich hole dich Schlag acht mit meinem Wagen!«

Radanyi nagte nervös an seiner Unterlippe. »Kannst du nicht etwas früher kommen?«

»Früher?« sagte Anderson erstaunt.

»Ja! –« Die Augen Elemers irrten an ihm vorbei und hielten sich auf der Bronzestatue, die in einer der Ecken thronte, fest.

»Hast du noch etwas vor,« frug Anderson in halber Neugier.-

»Ja!«

Dieses dritte oder vierte »Ja«, das er nun schon zur Antwort bekommen hatte, stieß Andersons ganze, langgeübte Geduld über den Haufen. Er hieb mit dem Schläger, den er noch in Händen trug, unbarmherzig auf das weiße Fell ein, das vor dem Ruhebette lag. Er mußte etwas haben, sich auszutoben. Das überstieg denn doch alles sonst Gewohnte. »Bist du denn immer noch nicht fertig mit der dummen Geschichte?« warf er ärgerlich hin. »Ueber so etwas kommt man doch in längstens vier Wochen hinweg. Du hast zwei volle Jahre gebraucht und bist immer noch am gleichen Fleck. Und einen Zug hast du im Gesichte, der einen weinen machen könnte. Und die Weiber und die Mädchen sind hinter dir her wie eine Meute und du siehst und hörst nichts. Wie lange soll das denn noch so weiter gehen? – Bis du graue Haare hast?«

»Ich hab sie schon!« sagte Radanyi und zerknüllte das bemalte Seidenkissen der Ottomane zwischen beiden Händen.

»Na, also. Dann laß es auch einmal genug sein, einer solchen Gassendirne wegen ...«

»Harald!« Radanyi ließ das Kissen fallen und faßte mit hartem, schmerzendem Griff nach Andersons Gelenken. »Sag das nicht wieder! – Sie war meine Braut!«

Anderson zuckte die Achseln. »Ja – gut – wenn sie die meine gewesen wäre, hätte ich mir ein Billett hinüber gelöst und sie mit der Peitsche ins Gesicht geschlagen. – Du machst es anders. Stellst dir sehr wahrscheinlich vor, wie sie in ehelicher Seligkeit mit dem anderen schwimmt und kriegst graue Haare darüber! – Lächerlich! – Mach dich doch einmal los von ihr!«

»Ich kann ja nicht!« Das kleine Seidenkissen wurde von Radanyis Händen von neuem malträtiert.

»Man kann alles!« warf Anderson verärgert hin. »Wenn du im Sinne hast, so weiterzumachen, kannst du heuer allein an den Michigan fahren. Ich komme bestimmt nicht mehr mit!«

Kräftig ließ Anderson die beiden Flügeltüren ins Schloß fallen. Der Liftboy wunderte sich über sein verdrießliches Gesicht. Der Mister hatte ohne Zweifel Verdruß gehabt. Eine Viertelstunde vor acht Uhr stiegen die Freunde die Treppe vom Vestibül im Hause van der Velt nach den Gesellschaftsräumen hinauf. Sie hatten geglaubt, die ersten Gäste zu sein, aber sie hatten sich getäuscht. Plaudern und Lachen klang ihnen entgegen. Der ganze Luxus, wie ihn nur die Dollararistokraten der fünften Avenue zu entfalten vermochten, drängte sich schon beim Eintritt in die Augen. Aller Traum europäischer Fürstenherrlichkeit war hier verwirklicht. Man achtete ihn kaum. Wer hier Zutritt fand, war das gewöhnt. Es war ein Heim in diesem Millionenviertel so gut wie ein Märchen aus tausend und eine Nacht, wie das andere, das hundert Meter weiter abseits seine Tore auftat.

Dieses Meer von Licht machte beinahe die Augen tränen. Man war dankbar, wenn ein Schleier gedämpftes Grün, Gelb oder Rosa durch einen der intimen Räume schickte. Radanyi lehnte sich an eine Säule, über welcher sich aus tiefblauem, schillerndem Brokat eine strahlenartig gefaltete Decke wölbte. Er empfand die Kühle, welche eine unsichtbare Ventilation durch den Raum schickte, als ungeheure Wohltat. Seine Augen waren müde – er hatte ungezählte schlaflose Nächte hinter sich« – aber sie suchten hartnäckig immer wieder um sich. Kam sie denn nicht? – Sie mußte es doch vorher an seinem Blick gesehen haben, daß er auf sie wartete. Wie lange würde es dauern, dann war er hier nicht mehr allein. Alles würde überfüllt sein. Und er wollte heute eine Entscheidung herbeiführen um jeden Preis. Er wußte, er brauchte nur zu sprechen. Aber er hatte es immer wieder hinausgeschoben, die Vergangenheit war noch zu lebendig in seinem Erinnern. »Eve Mi!« Er schloß die Augen. Sein Kopf senkte sich, als ruhe der ihre an seiner Brust und er dürfte sich abwärts neigen, ihn zu küssen.

Zwei Hände strichen scheu über die seinen. Er hielt sie fest und hob langsam die Lider.

»Ellen!«

Ihre Blicke trafen ineinander. In dem ihren sprach eine zitternde Frage. Der seine war rätselhaft, nach der Wirklichkeit suchend. Er zog sie an beiden Händen näher zu sich, hob ihr Gesicht empor und wandte kein Auge mehr von ihr.

Er fühlte, daß sie ihn liebte, und fand kein Wort für das, was er ihr sagen wollte.

»Ellen! – Sehen Sie mich an, Ellen!«

Beinahe unbewußt begann er ihr dunkles Haar zu liebkosen.

Dunkel ist die kleine Tora – doch ich liebe blonde Locken –«

Blonde Locken licht und sonnig – Wie der Flachs an Freijas Rocken.

Seine Hände fielen herab!

Wortlos legte sie ihre Stirne gegen seine Brust.

»Haben Sie Vertrauen zu mir, Herr Radanyi. – Vielleicht kann ich Ihnen helfen.«

Er schüttelte den Kopf und fing wiederum an, ihren Scheitel zu streicheln. »Ich habe Schiffbruch gelitten, Ellen. Und nun finde ich mich nicht mehr zurecht. Ich kann nicht mehr lieben, nicht mehr glauben, nicht mehr vertrauen. – Es ist alles tot in mir!«

Er drückte ihr Gesichtchen fest gegen seine Brust.

»Sie lieben mich, Ellen – ich weiß es – nein, nicht davonlaufen, mein Mädchen. Es ist ja keine Schande, wenn Sie mich lieben, Ellen. Ich bin ja kein Ehrloser, auch kein Verbrecher. Aber ich kann Ihnen nicht in gleichem Maße geben, wie Sie mir. Hat Ihnen Harald nie erzählt, daß ich schon einmal verlobt gewesen bin?«

Sie verneinte, ohne den Kopf von seiner Brust zu heben.

»Elemer!« rief eine suchende Stimme im Rücken der Säule. Radanyi wandte sich halb zur Seite, ohne Ellen van der Veldt von sich zu lassen. Im nächsten Augenblick stand Harald Anderson vor ihnen.

Sein Gesicht war farblos und der Blick verschwommen. »Entschuldige, daß ich so zur Unzeit gekommen bin, Elemer!«

Radanyi hielt ihn am Gelenke der Linken fest. »Hilf mir, Ellen van der Veldt überzeugen, daß ich keiner Mädchenliebe wert bin. Du weißt alles, Harald, mach mich so schlecht, als du kannst. Und dann – dann wählen Sie, Ellen, zwischen mir und ihm. Seine Liebe ist so treu und so groß wie die Ihre und die meine ist ein klägliches Stückwerk, das keine Frau mehr zu höchster Seligkeit entflammt. Und wenn Sie alles von ihm gehört haben, dann bringen Sie mir Ihr Urteil.«

Er nahm ihr blasses Gesicht zwischen seine erregten Hände und sah sie mit einem verzweifelten Blick an. Er fühlte, wie alles in ihr ihm entgegendrängte, daß sie sein war, wenn er sie an sich riß. Aber in ihm war alles tot.

Er empfand Furcht und Schrecken vor sich selbst. Ohne noch ein Wort zu sagen, entfernte er sich.

Ellen van der Veldt schlug beide Hände vor das Gesicht und weinte lautlos. Anderson wußte sich nicht mehr zu helfen.

»Ich bitte dich, Ellen, beherrsche dich.« Sie kannten sich seit den Kindertagen und waren obendrein verwandt. »Was soll man denken, wenn Gäste kommen und dich sehen. Wenn du Radanyi so sehr liebst, dann will ich ja gewiß alles versuchen, daß du dein Glück findest. Aber ich bitte dich, weine nicht, Ellen! Ich kann das nicht sehen. Er ist ein Ehrenmann bis in die Knochen. Du brauchst keine Angst zu haben, daß er sein Wort nicht hält, wenn er dir's einmal gegeben hat. – Auch als Mann nicht. Er wird dich nie betrügen. – Aber wein' um Gotteswillen nicht mehr, Ellen. Er hat eben die andere noch nicht ganz vergessen. Das ist alles. Wenn du erst seine Frau bist, denkt er nicht mehr an sie. – Das bringst du doch sicher zuwege!«

Sie konnten nicht mehr weitersprechen. Ein Schwarm von Gästen drängte ins Zimmer. Im Nu waren sie umringt. Auch Radanyi war darunter. Man hatte ihn ohne weiteres mitgezogen, alles Sträuben war vergeblich gewesen. Er sah nach Ellen van der Velt. Aber sie wagte ihn nicht anzusehen. Sie fürchtete ihr eigenes Ich. Ihre Augen sprachen zu deutlich, was sie für ihn empfand.

Konsul Hettmann legte dem Geigerkönig die eine Hand auf den Unterarm. »Sie sind doch Wiener, Herr Radanyi, nicht!«

»Wenigstens ein halber!« sagte dieser mit einem schwachen Lächeln.

»Die Warrens haben Sie aber jedenfalls gekannt – und den Herrenreiter Gellern auch!«

Radanyi nickte und sah nach der äußersten Ecke des blauen Brokathimmels.

»Der Graf ist voriges Jahr gestorben. Das hat ja in allen Blättern gestanden und die alte Baronin Gellern auch. Und die junge, ich weiß nicht, ob Sie die kennen, das war die Tochter des Grafen Warren. Eine Schönheit. Blond! – Schlank! Zum Verlieben. Die hat der Gellern vergöttert, als sie sein Weib wurde. Die Sterne hätt' er ihr vom Himmel geholt, wenn sie es verlangt hätte. Aber irgend einen dunklen, Punkt muß es doch gegeben haben. Man sagte nämlich, sie sei die treueste Frau Wiens, aber lieb hätte sie einen anderen, der ihr Mädchenherz betörte und dann in die weite Welt zog und nichts mehr von sich hören ließ. Es muß schon irgend etwas Wahres an der Sache sein, denn Gellern hat ein paar Wochen nach seiner Hochzeit den Hauptmann Naden, der in der Weinlaune eine Andeutung darüber machte, im Duell erschossen. Na, und jetzt ist er dem Raden so bald nachgefolgt. In der vorigen Woche hat er sich bei dem großen Hürdenreiten das Genick gebrochen. Schade um diesen herrlichen Menschen. Die junge Witwe soll schwer krank in einer Klinik liegen, sie hatte Mutterfreuden zu erwarten, damit ist natürlich jetzt Schluß. Der Schrecken, als man ihr den Gatten tot ins Haus brachte, hat sie vollständig niedergeworfen. – Sie sehen ja aus wie eine Leiche, lieber Radanyi. – Warten Sie, ich hole Ihnen ein Glas Kognak! – Hoffentlich kann ich eins erwischen. Dieses verdammte Alkoholverbot!«

Er bahnte sich mit beiden Händen einen Weg zur Türe.

Elemer fühlte, wie ihm der Schweiß von der Stirne rann.

Sein ganzer Körper war in ein heißes Naß gebadet. Mit der Linken fuhr er die Schläfe entlang, und merkte, daß er taumelte. Er wußte nicht, wie er den Ausgang gewonnen hatte.

Irgend jemand half ihm in den Mantel und reichte ihm seinen Hut. Mit schwankenden Füßen tastete er sich die Marmorverkleidung bis zur Treppe entlang. Ich falle, dachte er entsetzt, und setzte Fuß um Fuß, Stufe um Stufe.

Von unten herauf sprang Anderson, der sich am Büfett ein Glas Sekt geleistet hatte.

Geistesgegenwärtig faßte er Radanyi fest unter den Armen. »Du bist krank, Elemer!«

»Ja!«

»Steht mein Wagen an der Auffahrt?« rief Anderson einem Bedienten zu, der in der Halle stand.

Der bejahte.

Ein fester Arm half Elemer über das Trittbrett in den Fond.

»Fünfte Avenue?« hörte er den Chauffeur fragen. »Oder Astorhotel?«

»Fünfte Avenue!«

Radanyi saß zusammengekauert in seiner Ecke und bemühte sich vergeblich, den Satz fertig zu denken: Geliebt hat sie einen anderen, der einst ihr Mädchenherz betörte, dann in die weite Welt zog und nichts mehr von sich hören ließ – und nichts mehr von sich hören ließ – und nichts mehr von sich hören ließ.

Er wurde wahnsinnig, wenn er keine anderen Gedanken fand.

»Wie hell die Laternen brennen!« sagte er schluckend – und dann noch einmal – »wie hell die Laternen brennen.«

»Das kann gut werden,« dachte Anderson und befahl durch das Sprachrohr rascher zu fahren.

Und dann saß Radanyi endlich oben in Haralds Wohnung. »Ist es dir so bequem, mein Lieber?« Er rückte ihm wie einem kranken Kinde die Kissen im Rücken zurecht. »Du trinkst jetzt diesen schwarzen Kaffee und dann ein Glas Sekt und ißt eine Kleinigkeit!«

»Nein – nicht!« wehrte Radanyi. »Ich kann nicht jetzt. – Aber wenn du mir ein frisches Hemd geben wolltest, das meine klatscht vor Nässe.«

Anderson ließ es sich nicht nehmen, ihm beim Umkleiden behilflich zu sein. »Grippe«, sagte er nebenbei beruhigend. »Ich lasse meinen Hausarzt holen, du legst dich zu Bett und hältst dich ein paar Tage ruhig und die Geschichte ist erledigt.«

»Es ist ja nicht die Grippe, Harald!« Radanyi saß auf Andersons breitem Bett mit den lila Seidenbezügen und sah angestrengt nach dem feingeäderten Spitzenmuster der Kissen. So etwas Ähnliches hatte Eve Mi an einem ihrer hellen Kleider gehabt.

»Wie glaubst du, daß ich am raschesten hinüberkomme? – Soll ich kabeln, Harald – sag doch, was ich machen kann, damit ich so bald als möglich zu ihr komme – sonst werde ich glattweg verrückt!«

»Erlaube, Elemer, ich tue selbstverständlich alles für dich – aber ich verstehe absolut nichts von allem, was du sagst.«

»Du hast es doch gehört!«

»Was denn?«

»Was der Konsul Hettmann gesagt hat!«

»Natürlich – das von dem Herrenreiter Gellern – so etwas ist schrecklich, aber es kommt vor im Leben!«

»Und jetzt ist sie allein und schwer erkrankt und ich muß hinüber zu ihr. –«

»Zu Gellerns Witwe? – Steht die Frau dir irgendwie nahe?«

»Sie war ja meine Braut –« Radanyi biß die Lippen aufeinander –, »das blonde Mädchen, von dem ich dir gesprochen habe!«

Anderson fand für den Augenblick kein Wort. Er begriff noch nicht. Blitzschnell wiederholte er in Gedanken, was Hettmann erzählt hatte. Es klappte nicht. Die liebte doch einen, der in die weite Welt zog und nichts mehr von sich hören ließ. Das konnte doch nicht stimmen. Da half nur eine Frage. »Kennst du den andern, den sie liebt? – Wer ist es denn?«

»Ich!«

»Du – Elemer?« Harald sprang vom Bettrand auf, wo er bis jetzt neben Radanyi gesessen hatte. »Nun bin ich auch bald am Verrücktwerden. Habe die Güte und erkläre mir: Wenn sie dich liebte, warum hat sie dann den anderen geheiratet.«

»Weil ich nicht schrieb!« kam es tonlos.

»Und warum schriebst du nicht?«

»Weil ich sehen wollte, ob sie an mich glaubt und mir Treue hält, auch wenn sie keine Nachricht von mir bekommt!«

»Gerechter Gott!« Anderson zerbröckelte achtlos das Mandelkonfekt, das auf einer Silberschale des Nachttisches aufgeschichtet lag. »Wie konntest du nur so etwas machen! Das kann sich ein Romanschriftsteller erlauben, aber im wirklichen Leben tut man so etwas nicht. Und noch dazu war sie die Braut, nicht irgendein Liebchen, das auch einmal ein paar Wochen warten kann, wenn man gerade nicht Zeit oder Lust hat, mit ihm zu korrespondieren. – Daß es so kommt, das hättest du dir denken können.«

»Ja, ich hätte mir's denken können!«

Anderson sah ihn fragend an.

»Karin – eine Zigeunerin zu Hause in der Steppe – hat mir gesagt: die Sterne und die Linien meiner Hand ...«

Harald hob beide Hände und deckte damit die Ohren zu. »Elemer – verschone mich – komm mir nicht mit Sternen und Handlinien. Es ist alles Humbug. – Schwindel!«

»Nein!« Radanyi stand erregt vor ihm und wickelte aus einem unbenutzten Taschentuch ein abgesprungenes Sektglas! »Sieh doch, – er hielt es ihm dichter vor die Augen, »das sprang an jenem Abend, ehe sie Hochzeit machte. Bei Zubettgehen fand ich's in meiner Tasche und weiß nicht, wie es hineinkam!«

»Du wirst es eingesteckt haben!« sagte Anderson ruhig. »Solche Sachen macht man in Gedanken oft!« »Es schnitt mir beinahe den ganzen Daumen durch!« Nervös wies Radanyi auf die noch sichtbare Narbe.

Anderson lachte. »Natürlich! Glas schneidet. Das weiß doch jedes Kind. – Jetzt kommt es nur darauf an, was du vorhast...«

»Hinüberfahren!«

Anderson nahm dem Freunde, ohne daß es diesem so eigentlich zum Bewußtsein kam, das Glasstück aus den Händen und ließ es hinter der großen Terrakottafigur des Kamins verschwinden.

»Wann willst du fahren, Elemer?«

»Sofort!«

»Heute geht's nicht mehr, mein Lieber. Im allergünstigsten Falle morgen. Kann sein auch übermorgen erst. Hinüberschwimmen kann man nicht.«

Radanyi begann ziellos hin- und herzulaufen und stieß dabei eine der zierlichen Alabastervasen, die auf einem Sockel von Ebenholz stand, zu Boden, daß sie in tausend Scherben splitterte. Er wurde leichenblaß. »Siehst du – wie es – anfängt –« sagte er erregt. Er wollte sich bücken, die Splitter aufzulesen, aber Anderson stellte rasch den Fuß darauf.

»Elemer, laß es einmal genug sein, mit dem Aberglauben. Wenn ich so durch meine Zimmer rennen würde, wie du eben jetzt, ist morgen kein ganzes Stück mehr in der Wohnung. Das muß dir doch einleuchten. Beruhige dich! Das ist das beste, was du tun kannst. Du bleibst bei mir, schläfst, liest, spielst oder träumst, wie dir's eben behagt. Das andere erledige alles ich. Die Überfahrt, den Paß, überhaupt alles, was mit darum und daran hängt. Spätestens nach zwölf Uhr bin ich wieder da. Ich stelle keine weitere Bedingung, als daß ich dich ruhig und vernünftig finde. – Einverstanden?«

Radanyi reichte ihm beide Hände.

Anderson trat in die nebelfeuchte Nacht, die über der Riesenstadt lag. Er wollte nicht fahren. Er mußte gehen, mußte sich erst zurecht legen, was er zu Ellen van der Veldt sagte, wenn sie ihn nach Radanyi frug. Mit keinem Worte hatte er ihrer gedacht. Nur das Bild der anderen erfüllte ihn voll und ganz. Er fuhr aufs Geratewohl hinüber und wußte gar nicht, wie sie ihn aufnahm. Das Wiedersehen konnte womöglich eine fürchterliche Enttäuschung werden. Wer brachte ihn da zu Vernunft, wenn sie ihn fallen ließ. Es gab unberechenbare Frauen. Vielleicht wäre es besser, ihm das Ganze auszureden. Er sollte ihr schreiben oder kabeln, ob er kommen dürfe. Dann wußte er doch, wie er daran war. Aber da würde natürlich alles Reden vergeblich sein. Das wußte er nur zu gut.

Wenn nur erst noch das Gespräch mit Ellen erledigt war. – Dann würde er ruhig überlegen und denken können.

In keinem der Gesellschaftszimmer war sie zu finden. Er bekam ein Gefühl des Unbehagens. Wo konnte sie denn noch sein? – In ihren Privaträumen?

Van der Veldt kam aus dem Rauchsalon und hielt ihn am Ärmel fest. »Mach ein Spielchen mit uns, Harald. Es ist gemütlich drinnen. Nicht einmal Blaeckerfield streitet. – Die Ellen suchst du? – Ich habe sie vorhin nach ihren Zimmern gehen sehen. Sie hat ein bißchen Kopfschmerz, nimmt ein Pulverchen und kommt dann wieder.«

»Glaubst du, Onkel, daß ich zu ihr gehen darf?«

»Ja, warum nicht? – Du bist doch kein Fremder. – Und ein Liebespaar seid ihr auch nicht. Da kannst du es also ruhig machen!«

Pier van der Veldt schob seinen korpulenten Leib wieder durch die Türe des Rauchsalons, man hörte Lachen und ein Dutzend Männerstimmen, die durcheinander sprachen. Die Luft war blau von Rauch. Die beiden Ventilatoren standen offen, aber es war noch zu wenig. Sachte drehte der Hausherr den Schlüssel, um jeden unberufenen Blick fern zu halten. Die Bürger der freien Republik huldigten dem verpönten Gotte Alkohol.

Ellen van der Veldt sprang von ihrem Bette auf, als Anderson bei ihr eintrat, aber er hatte trotzdem gesehen, wie sie etwas rasch hinter ihr Kissen gesteckt hatte. Sie war völlig angekleidet und strich hastend eine Haarwelle aus der Stirne.

»Was – willst du, Harald?«

»Nichts –« sagte er gleichmütig. »Dein Vater setzte mich in Kenntnis, du habest Kopfschmerz und wolltest ein Migränepulver nehmen. – Hast du das schon getan?«

»Nein –« brachte sie langsam hervor. – »Ich wollte es eben. – Es hat keine Eile!«

Sie gab sich unbefangen, aber seinen forschenden Augen wich sie konsequent aus.

»Hast du Wasser?« frug er nebenbei.

Sie nickte und zeigte auf das Glas, das auf dem Mahagonitischchen in einer Ecke stand.

»Gib mir das Pulver! – Ich mische dir's darein!« Er griff nach dem Glas und hielt die Fläche der freien Hand entgegen.

Sie begann zu zittern und rückte immer weiter gegen das Bett zurück. Ihre Hände tasteten unter das Kissen. Dabei wurde ihr Körper wie im Frost hin und her geschüttelt.

Anderson gab sich den Anschein, als sähe er nicht.

»Bitte!« sagte er und hielt noch immer die Handfläche entgegengestreckt.

Sie legte mit starr geweiteten Augen eine weiße, rundliche Kapsel darein.

»Aspirin?« meinte er leichthin.

Sie nickte und griff mit den Händen nach der Seidenbespannung des Messingbettes.

Anderson warf es ohne Zögern in das Glas und begann mit dem Silberlöffel zu verrühren.

»Trink, Kind!« sagte er ohne jede Erregung in der Stimme.

Sie streckte die Hand darnach aus. Er schob sie beiseite und blickte ihr in die fiebernd glänzenden Augen.

»Mir könnte auch ein Trunk davon nicht schaden.« Damit setzte er das Glas rasch an die Lippen.

»Harald!«

Mit einem Schrei umklammerte sie seine Hand und riß ihm das Glas vom Munde.

Die Flüssigkeit rann über ihr helles Gesellschaftskleid. Sie glitt an ihm nieder und drückte ihr Gesicht gegen seine Knie.

»Hast du getrunken, Harald? – Hast du getrunken?«

»Ja!« bekräftigte er fest.

Ihre Hände lösten sich von ihm, hoben sich mit einem gurgelnden Laut, dann sank sie schwer gegen den goldfarbenen Teppich.

Er hob sie vorsichtig in die Arme und sah in ihr leichenblasses, noch schreckerstarrtes Gesicht, in dem sich kein Muskel bewegte. Da war er also zur rechten Zeit gekommen. Er hatte genau gesehen, was die Kapsel war. Gift! Woher hatte sie es? Aber das war schließlich Nebensache.

Behutsam legte er den Körper Ellens auf das Bett. Er drückte auf die Klingel daneben und sagte dem erstaunt eintretenden Mädchen, das gnädige Fräulein sei unwohl geworden. Er hätte es hierher gebracht. Sie möchte nicht von der jungen Herrin gehen, bis diese wieder vollständig bei Bewußtsein sei.

Er warf noch einen Blick nach Ellen. Sie hatte die Augen geschlossen und lag reglos. Diese Ohnmacht war vielleicht das beste, was es für sie gab.

Ein Windstoß fegte durch die Straßen, als er wieder ins Freie trat. Mit dem Taschentuch rieb er sich die Lippen blutig. Das Zeug hatte scheußlich geschmeckt, obwohl er kaum den Mund davon naß bekommen hatte. Das hätte für mehr als einen gereicht. – So also liebte sie Elemer Radanyi. – Da blieb allerdings für ihn selbst nichts mehr übrig. – Lohnte es sich überhaupt noch zu leben? – Das hatte er nie geglaubt, daß man aus Liebe sterben könnte. Ellen war im Begriffe gewesen, es zu tun. Er war keinen Augenblick im Zweifel, daß sie das Glas bis zum letzten Tropfen getrunken hätte. – Wie häßlich, jemand zu beneiden. Aber alles Dagegenstemmen half nichts. Er beneidete Radanyi um Ellens Liebe. – Um eine solche Liebe. – Und Elemer wußte nichts damit anzufangen. – Keiner seiner Gedanken gehörte ihr. Alle liefen sie wie ein einziger Faden über das Wasser, zu dem blonden Mädchen, das jetzt Witwe war. – Arme Ellen! – Er wußte ja auch, wie Liebe tat, die nicht erwidert wurde. – Das mußte alles ertragen und überwunden werden. – Aber es war bitter. Noch bitterer als der Trank in Ellens Zimmer. – Warum hatte er nicht einen tüchtigen Schluck genommen? – So jämmerlich feige war man, wenn's darauf ankam. – So jämmerlich feige. – Ellen war entschieden die Stärkere.

Ziellos durchquerte er die Straßen. Er, so gleichgültig. Alles war gleichgültig. – Er trat in ein Verkehrsbureau und frug, wann der nächste Dampfer nach Europa wegging. – »Am 16. nachmittags vier Uhr,« gab ein Beamter höflich Auskunft.

»Nicht früher?«, sagte Anderson erstaunt.

Der junge Mann hinter den Schaltergittern verneint.

Da hatte es also noch Zeit. Erst in drei Tagen. Da ließ sich alles in voller Gemütlichkeit regeln.

Irgendwo warf eine Uhr ihre dröhnende Stimme in die Nacht. Zwölf helle Schläge. Er hatte sie ganz mechanisch mitgezählt. Der Wind flaute ab. Wie eine feuchte Treibhausluft schwamm die Atmosphäre über dem Häusergewirr. Leise, kaum merklich fing es an zu tröpfeln. Er steckte die Hände in die Taschen seines Mantels und zog ihn vorne etwas übereinander. Einige verspätete Passanten liefen rasch an ihm vorbei. – – –

Beinahe verblüfft sah er sich um. Bäume tauchten auf. Buschwerk stand in Gruppen, Duft von Blüten kam süßlich aus der Dunkelheit. Da war er also glücklich in einem der Außenparks gelandet. Aber das hatte nichts zu sagen. Die Stille tat ungemein wohl. Er nahm den Hut ab und ließ sich den Sommerregen auf den blonden Scheitel träufeln. Eine Bank, die unter einer Blautanne fast ganz geschützt lag, wählte er zum Rastplatz.

Gedankenverloren stützte er den Kopf in beide Hände. Man brauchte sich gar nicht anzustrengen. Das Gehirn lief immer den gleichen Kreis. Ellen – Radanyi – Gellerns blonde Witwe.

Da half absolut kein Dawider. Wozu sich plagen, wenn es doch zwecklos war.

Ellen – Radanyi – Gellerns blonde Witwe. Wie gleichmäßig diese drei an ihm vorbeischritten. Er sah jedes zum Greifen deutlich. Aber zum toll werden war das auf die Dauer. Das war unmöglich lange auszuhalten.

Er stand schläfrig auf und setzte sich wieder. Sachte tröpfelte es weiter. Er machte die Augen zu. Immer langsamer tanzten die drei an ihm vorüber. Dann verschwammen sie ineinander. – Tauchten noch einmal auf und verflüchtigten wie ein Schemen.

Harald Anderson fuhr mit seiner Jacht den Michigan hinunter. Das helle Wasser plätscherte um ihn. Er tauchte seinen Körper in die Flut. Mit den Armen machte er eine unfreiwillige Bewegung, als schwimme oder rudere er. Er versuchte ans Land zu kommen und konnte nicht. Der Schweiß rann ihm über Rücken und Brust. Er nahm all seinen Willen zusammen und – erwachte.

Es goß in Strömen. Er mußte ordentlich fest geschlafen haben, denn er war naß bis auf die Haut. Das machte nüchtern.

Er trottete den Weg zurück. Kein Auto, kein Pferdegespann war in der Nähe. Er mußte wohl oder übel zu Fuß gehen. Beim matten Licht einer Straßenlaterne sah er nach der Uhr, das war nicht übel, vier Uhr früh. Er hatte die dämmernde Helle für Nebel gehalten, es war aber das heraufsteigende Morgenlicht.

Ein Mann kam ihm entgegen. Naß und triefend wie er selber. Er zog den Hut tiefer in die Stirne. Da faßte ihn der andere bereits an den Mantelknöpfen.

»Harald, um alles in der Welt! Wo warst du denn bis jetzt?«

Anderson war derart verblüfft, daß er vorerst keine Antwort fand. »Draußen im Zentral-Park!« sagte er dann mit einem flüchtigen Lächeln.

»So? – Im Zentral-Park! – Und ich, ich laufe seit vier Stunden kreuz und quer durch Newyork. – Jedem sah ich unter den Hut, jeden habe ich angerufen, jeden nach dir gefragt. Und immer nichts. Das ist – das ist rücksichtslos von dir –«

»Erlaube, mein Lieber –«

Radanyi ließ ihn gar nicht zu Worte kommen.

»Frag doch, was ich durchgemacht habe, diese vier Stunden. Ich möchte es in meinem Leben nicht wieder. –« Er zog ihn an dem einen Ärmel mit sich vorwärts. »Was glaubst du denn, wie das ist, wenn man nach einem sucht, von dem man nicht weiß, ob er sich nur zehn oder noch hundert Meter schleift – ob man ihn schon tot oder noch lebendig findet!«

»Elemer! ...«

»Schweig – ich bitte dich! – Wenn du das noch einmal machst, dann geht's um unsere Freundschaft. –«

»Elemer! ...«

»Um ein halb zwölf kam Ellen van der Veldt, vollständig kopflos und mit verschwollenen Augen. – Du habest Gift getrunken. – Ich weiß alles, sprich nicht dawider. Ich habe erst alles versucht, sie zu beruhigen. – Du kämst um zwölf – das hast du mir versprochen. Aber du bist draußen im Zentralpark gesessen und ich habe nicht aus noch ein gewußt, erst mit ihr und dann mit meiner eigenen Angst. Mach das einmal durch. – Damit du weißt, wie das ist, einen Menschen suchen, den man liebt, und von dem man nicht weiß, ob und wie man ihn wiederfindet!«

»Ich ...«

»Harald bring keine Entschuldigung. Es gibt keine für dein Verhalten. Oben in deinem Zimmer sitzt Pier van der Veldt bei seiner Tochter, damit sie sich kein Leid antut. Sie ist ganz von Sinnen und spricht von ins Wasser gehen und ähnlichen Dingen. Ich habe ihr mein Wort gegeben, daß ich dich ihr bringe. Tot oder lebendig. Und nun ist es halb fünf Uhr früh. Du und Eve Mi – ihr habt meine Nerven auf dem Gewissen.«

Anderson sprach kein Wort mehr. Verstohlen betrachtete er Radanyi von der Seite. An dessen unbedeckten Schläfen blitzten silberne Striche auf. – Da hatte er jetzt auch ein Teil mit Schuld daran. Aber er empfand merkwürdigerweise keinerlei Reue darüber. Eher ein innerliches Jauchzen, daß Elemer ihm solche Liebe entgegenbrachte. Es war doch wert zu leben.

»Da hast du ihn ja glücklich aufgestöbert!« sagte Pier van der Veldt, als Radanyi mit Anderson in das Zimmer trat. Sein gemütlicher Baß kicherte lachend. Im tiefsten Innern aber war er heilfroh, daß Anderson endlich zurückkam. Teufel, so ein Mädel machte einem warm. Das hätte gerade noch gefehlt.

Ellen sprach keine Silbe. Sie sah ihn unverwandt an. Nur ihre Hände hoben sich kraftlos. Anderson ging zu ihrem Stuhl, hob die zitternden Finger hoch und drückte seine Lippen darauf.

»Ich war im Zentral-Park und wußte nicht, daß du dich sorgst!« sagte er jungenhaft schüchtern. Er ärgerte sich, daß ihm nichts Besseres einfiel.

Sie strich scheu über seine nassen Hände. »Es fehlt dir nichts?«

»Nicht das Geringste!«

»Zieh dich um, bitte, daß du nicht krank wirst!«

Sie sah ihm nach, wie er gehorsam in sein Ankleidezimmer trat und nach seinem Diener schellte. Radanyi mußte mitkommen. Sie tropften beide vor Nässe und auf dem Platz, wo sie gestanden hatten, wies der Perser große, feuchte Flecken auf.

Eine halbe Stunde später lag Ellen van der Veldt in ihrem Bett und weinte lautlos in die Kissen.

Sie fand sich in sich selber nicht mehr zurecht. Vor Mitternacht hätte sie geglaubt, nur einen einzigen Mann lieben zu können. Und nun waren es ihrer zwei.

Barmherzig nahm der Traum das verwirrte Mädchenherz in seine Arme.


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