Friedrich Schiller
Wallenstein
Friedrich Schiller

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Fünfter Auftritt.

Octavio Piccolomini. Isolani tritt herein.

Isolani.
Hier bin ich – Nun, wer kommt noch von den Andern?

Octavio (geheimnißvoll).
Vorerst ein Wort mit Euch, Graf Isolani.

Isolani (geheimnißvoll).
Soll's losgehn? Will der Fürst was unternehmen?
Mir dürft Ihr trauen. Setzt mich auf die Probe.

Octavio.
Das kann geschehn.

Isolani.                           Herr Bruder, ich bin nicht
Von Denen, die mit Worten tapfer sind
Und, kommt's zur That, das Weite schimpflich suchen.
Der Herzog hat als Freund an mir gethan,
Weiß Gott, so ist's! Ich bin ihm Alles schuldig.
Auf meine Treue kann er baun.

Octavio.                                         Es wird sich zeigen.

Isolani.
Nehmt Euch in Acht. Nicht Alle denken so.
Es halten's hier noch Viele mit dem Hof
Und meinen, daß die Unterschrift von neulich,
Die abgestohlne, sie zu nichts verbinde.

Octavio.
So? Nennt mir doch die Herren, die das meinen.

Isolani.
Zum Henker! Alle Deutschen sprechen so.
Auch Esterhazy, Kaunitz, Deodat
Erklären jetzt, man müss' dem Hof gehorchen.

Octavio.
Das freut mich.

Isolani.                     Freut Euch?

Octavio.                                       Daß der Kaiser noch
So gute Freunde hat und wackre Diener.

Isolani.
Spaßt nicht. Es sind nicht eben schlechte Männer.

Octavio.
Gewiß nicht. Gott verhüte, daß ich spaße!
Sehr ernstlich freut es mich, die gute Sache
So stark zu sehn.

Isolani.                       Was Teufel! Wie ist das?
Seid Ihr denn nicht? – Warum bin ich denn hier?

Octavio (mit Ansehen).
Euch zu erklären, rund und nett, ob Ihr
Ein Freund wollt heißen oder Feind des Kaisers!

Isolani (trotzig).
Darüber werd' ich Dem Erklärung geben,
Dem's zukommt, diese Frag' an mich zu thun.

Octavio.
Ob mir das zukommt, mag dies Blatt euch lehren.

Isolani.
Wa – was? Das ist des Kaisers Hand und Siegel. (Liest.)
»Als werden sämmtliche Hauptleute unsrer
»Armee der Ordre unser lieben, treuen,
»Des Generalleutnant Piccolomini,
»Wie unsrer eignen« – Hm – Ja – So – Ja, ja!
Ich – mach' Euch meinen Glückwunsch, Generalleutnant!

Octavio.
Ihr unterwerft Euch dem Befehl?

Isolani                                               Ich – aber
Ihr überrascht mich auch so schnell – Man wird
Mir doch Bedenkzeit, hoff' ich –

Octavio.                                             Zwei Minuten.

Isolani.
Mein Gott, der Fall ist aber –

Octavio.                                       Klar und einfach.
Ihr sollt erklären, ob Ihr Euren Herrn
Verrathen wollet oder treu ihm dienen.

Isolani.
Verrath – mein Gott – wer spricht denn von Verrath?

Octavio.
Das ist der Fall. Der Fürst ist ein Verräther,
Will die Armee zum Feind hinüberführen.
Erklärt Euch kurz und gut. Wollt Ihr dem Kaiser
Abschwören? Euch dem Feind verkaufen? Wollt Ihr?

Isolani.
Was denkt Ihr? Ich des Kaisers Majestät
Abschwören? Sagt' ich so? Wann hätt ich das
Gesagt?

Octavio.       Noch habt Ihr's nicht gesagt. Noch nicht.
Ich warte drauf, ob Ihr es werdet sagen.

Isolani.
Nun, seht, das ist mir lieb, daß Ihr mir selbst
Bezeugt, ich habe so was nicht gesagt.

Octavio.
Ihr sagt Euch also von dem Fürsten los?

Isolani.
Spinnt er Verrath – Verrath trennt alle Bande.

Octavio.
Und seid entschlossen, gegen ihn zu fechten?

Isolani.
Er that mir Gutes – doch, wenn er ein Schelm ist,
Verdamm' ihn Gott! die Rechnung ist zerrissen.

Octavio.
Mich freut's, daß Ihr in Gutem Euch gefügt.
Heut' Nacht in aller Stille brecht Ihr auf
Mit allen leichten Truppen; es muß scheinen,
Als käm' die Ordre von dem Herzog selbst.
Zu Frauenberg ist der Versammlungsplatz,
Dort gibt Euch Gallas weitere Befehle.

Isolani.
Es soll geschehn. Gedenkt mir's aber auch
Beim Kaiser, wie bereit Ihr mich gefunden.

Octavio.
Ich werd' es rühmen.

(Isolani geht, es kommt ein Bedienter.)

                                Oberst Buttler? Gut.

Isolani (zurückkommend).
Vergebt mir auch mein barsches Wesen, Alter.
Herr Gott! wie konnt! ich wissen, welche große
Person ich vor mir hatte!

Octavio.                                 Laßt das gut sein.

Isolani.
Ich bin ein lust'ger alter Knab', und wär'
Mir auch ein rasches Wörtlein übern Hof
Entschlüpft zuweilen in der Lust des Weins,
Ihr wißt ja, bös war's nicht gemeint.
    (Geht ab.)

Octavio.                                                 Macht Euch
Darüber keine Sorge! – Das gelang.
Glück, sei uns auch so günstig bei den Andern!

Sechster Auftritt

Octavio Piccolomini. Buttler.

Buttler.
Ich bin zu Eurer Ordre, Generalleutnant.

Octavio.
Seid mir als werther Gast und Freund willkommen.

Buttler.
Zu große Ehr' für mich.

Octavio (nachdem Beide Platz genommen).
Ihr habt die Neigung nicht erwiedert,
Womit ich gestern Euch entgegen kam,
Wohl gar als leere Formel sie verkannt.
Von Herzen ging mir jener Wunsch, es war
Mir Ernst um Euch, denn eine Zeit ist jetzt,
Wo sich die Guten eng verbinden sollten.

Buttler.
Die Gleichgesinnten können es allein.

Octavio.
Und alle Guten nenn' ich gleichgesinnt.
Dem Menschen bring' ich nur die That in Rechnung,
Wozu ihn ruhig der Charakter treibt;
Denn blinder Mißverständnisse Gewalt
Drängt oft den Besten aus dem rechten Gleise.
Ihr kamt durch Frauenberg. Hat Euch Graf Gallas
Nichts anvertraut? Sagt mir's. Er ist mein Freund.

Buttler.
Er hat verlorne Worte nur gesprochen.

Octavio.
Das hör' ich ungern, denn sein Rath war gut,
Und einen gleichen hätt' ich Euch zu geben.

Buttler.
Spart Euch die Müh' – mir die Verlegenheit,
So schlecht die gute Meinung zu verdienen.

Octavio.
Die Zeit ist theuer, laßt uns offen reden.
Ihr wißt, wie hier die Sachen stehn. Der Herzog
Sinnt auf Verrath, ich kann Euch mehr noch sagen,
Er hat ihn schon vollführt; geschlossen ist
Das Bündniß mit dem Feind vor wen'gen Stunden.
Nach Prag und Eger reiten schon die Boten,
Und morgen will er zu dem Feind uns führen.
Doch er betrügt sich, denn die Klugheit wacht,
Noch treue Freunde leben hier dem Kaiser,
Und mächtig steht ihr unsichtbarer Bund.
Dies Manifest erklärt ihn in die Acht,
Spricht los das Heer von des Gehorsams Pflichten,
Und alle Gutgesinnten ruft es auf,
Sich unter meiner Führung zu versammeln.
Nun wählt, ob Ihr mit uns die gute Sache,
Mit ihm der Bösen böses Loos wollt theilen?

Buttler (steht auf).
Sein Loos ist meines.

Octavio.                           Ist das Euer letzter
Entschluß?

Buttler.             Er ist's.

Octavio.                         Bedenkt Euch, Oberst Buttler.
Noch habt Ihr Zeit. In meiner treuen Brust
Begraben bleibt das rasch gesprochne Wort.
Nehmt es zurück. Wählt eine bessere
Partei. Ihr habt die gute nicht ergriffen.

Buttler.
Befehlt Ihr sonst noch etwas, Generalleutnant?

Octavio.
Seht Eure weißen Haare! Nehmt's zurück.

Buttler.
Lebt wohl!

Octavio.           Was? Diesen guten tapfern Degen
Wollt Ihr in solchem Streite ziehen? Wollt
In Fluch den Dank verwandeln, den Ihr Euch
Durch vierzigjähr'ge Treu' verdient um Oestreich?

Buttler (bitter lachend).
Dank von Haus Oestreich!   (Er will gehen.)

Octavio (läßt ihn bis an die Thüre gehen, dann ruft er).
                                            Buttler!

Buttler.                                                     Was beliebt?

Octavio.
Wie war es mit dem Grafen?

Buttler.                                         Grafen! Was?

Octavio.
Dem Grafentitel, mein' ich.

Buttler (heftig auffahrend).           Tod und Teufel!

Octavio (kalt).
Ihr suchtet darum nach. Man wies Euch ab.

Buttler.
Nicht ungestraft sollt Ihr mich höhnen. Zieht!

Octavio.
Steckt ein. Sagt ruhig, wie es damit ging. Ich will
Genugthuung nachher Euch nicht verweigern.

Buttler.
Mag alle Welt doch um die Schwachheit wissen,
Die ich mir selber lieber nie verzeihen kann!
– Ja! Generalleutnant, ich besitze Ehrgeiz,
Verachtung hab' ich nie ertragen können.
Es that mir wehe, daß Geburt und Titel
Bei der Armee mehr galten, als Verdienst.
Nicht schlechter wollt' ich sein, als meines Gleichen.
So ließ ich mich in unglücksel'ger Stunde
Zu einem Schritt verleiten – Er war Thorheit!
Doch nicht verdient' ich, sie so hart zu büßen!
– Versagen konnte man's – Warum die Weiterung
Mit dieser kränkenden Verachtung schärfen,
Den alten Mann, den treu bewährten Diener
Mit schwerem Hohn zermalmend niederschlagen,
An seiner Herkunft Schmach so rauh ihn mahnen,
Weil er in schwacher Stunde sich vergaß!
Doch einen Stachel gab Natur dem Wurm,
Den Willkür übermüthig spielend tritt –

Octavio.
Ihr müßt verleumdet sein. Vermuthet Ihr
Den Feind, der Euch den schlimmen Dienst geleistet?

Buttler.
Sei's, wer es will! Ein niederträcht'ger Bube,
Ein Höfling muß es sein, ein Spanier,
Der Junker irgend eines alten Hauses,
Dem ich im Licht mag stehn, ein neid'scher Schurke,
Den meine selbstverdiente Würde kränkt.

Octavio.
Sagt, billigte der Herzog jenen Schritt?

Buttler.
Er trieb mich dazu an, verwendete
Sich selbst für mich mit edler Freundeswärme.

Octavio.
So? Wißt Ihr das gewiß?

Buttler.                                 Ich las den Brief.

Octavio (bedeutend).
Ich auch – doch anders lautete sein Inhalt.

(Buttler wird betroffen.)

Durch Zufall bin ich im Besitz des Briefs,
Kann Euch durch eignen Anblick überführen.
    (Er gibt ihm den Brief.)

Buttler.
Ha! was ist das?

Octavio.                     Ich fürchte, Oberst Buttler,
Man hat mit Euch ein schändlich Spiel getrieben.
Der Herzog, sagt Ihr, trieb Euch zu dem Schritt? –
In diesem Briefe spricht er mit Verachtung
Von Euch, räth dem Minister, Euren Dünkel,
Wie er ihn nennt, zu züchtigen.

(Buttler hat den Brief gelesen, seine Knie zittern, er greift
nach einem Stuhl, setzt sich nieder.)

Kein Feind verfolgt Euch. Niemand will euch übel.
Dem Herzog schreibt allein die Kränkung zu,
Die Ihr empfangen; deutlich ist die Absicht.
Loßreißen wollt' er Euch von Eurem Kaiser –
Von Eurer Rache hofft' er zu erlangen,
Was Eure wohlbewährte Treu ihn nimmer
Erwarten ließ bei ruhiger Besinnung.
Zum blinden Werkzeug wollt' er Euch, zum Mittel
Verworfner Zwecke Euch verächtlich brauchen.
Er hat's erreicht. Zu gut nur glückt' es ihm,
Euch wegzulocken von dem guten Pfade,
Auf dem Ihr vierzig Jahre seid gewandelt.

Buttler (mit der Stimme bebend).
Kann mir des Kaisers Majestät vergeben?

Octavio.
Sie thut noch mehr. Sie macht die Kränkung gut,
Die unverdient dem Würdigen geschehn.
Aus freiem Trieb bestätigt sie die Schenkung,
Die Euch der Fürst zu bösem Zweck gemacht.
Das Regiment ist Euer, das Ihr führt.

Buttler (will aufstehen, sinkt zurück. Sein Gemüth arbeitet
    heftig, er versucht zu reden und vermag es nicht.
    Endlich nimmer er den Degen vom Gehänge und
    reicht ihn dem Piccolomini).

Octavio.
Was wollt Ihr? Faßt Euch!

Buttler.                                     Nehmt!

Octavio.                                                 Wozu? Besinnt Euch!

Buttler.
Nehmt hin! Nicht werth mehr bin ich dieses Degens.

Octavio.
Empfangt ihn neu zurück aus meiner Hand
Und führt ihn stets mit Ehre für das Recht.

Buttler.
Die Treue brach ich solchem gnäd'gen Kaiser!

Octavio.
Macht's wieder gut. Schnell trennt Euch von dem Herzog.

Buttler.
Mich von ihm trennen!

Octavio.                             Wie? Bedenkt Ihr Euch?

Buttler (furchtbar ausbrechend).
Nur von ihm trennen? O, er soll nicht leben!

Octavio.
Folgt mir nach Frauenburg, wo alle Treuen
Bei Gallas sich und Altringer versammeln.
Viel Andre bracht' ich noch zu ihrer Pflicht
Zurück, heut Nacht entfliehen sie aus Pilsen.

Buttler (ist heftig bewegt auf- und abgegangen und tritt zu Octavio,
    mit entschlossenem Blick).

Graf Piccolomini! darf Euch der Mann
Von Ehre sprechen, der die Treue brach?

Octavio.
Der darf es, der so ernstlich er bereut.

Buttler.
So laßt mich hier, auf Ehrenwort.

Octavio.                                             Was sinnt Ihr?

Buttler.
Mit meinem Regimente laßt mich bleiben.

Octavio.
Ich darf Euch traun. Doch sagt mir, was Ihr brütet?

Buttler.
Die That wird's lehren. Fragt mich jetzt nicht weiter!
Traut mir! Ihr könnt's! Bei Gott! Ihr überlasset
Ihn seinem guten Engel nicht! – Lebt wohl!
    (Geht ab.)

Bedienter (bringt ein Billet).
Ein Unbekannter bracht's und ging gleich wieder.
Des Fürsten Pferde stehen auch schon unten.   (Ab.)

Octavio (liest).
»Macht, daß Ihr fortkommt. Euer treuer Isolan.«
– O, läge diese Stadt erst hinter mir!
So nach dem Hafen sollten wir noch scheitern?
Fort, fort! Hier ist nicht länger Sicherheit
Für mich. Wo aber bleibt mein Sohn?

Siebenter Auftritt.

Beide Piccolomini.

Max (kommt in der heftigsten Gemüthsbewegung, seine Blicke rollen
    wild, sein Gang ist unstät; er scheint den Vater nicht zu
    bemerken, der von ferne steht und ihn mitleidig ansieht. Mit
    großen Schritten geht er durch das Zimmer, bleibt wieder
    stehen und wirft sich zuletzt in einen Stuhl, gerade vor sich
    hin starrend).

Octavio (nähert sich ihm).
Ich reise ab, mein Sohn.
    (Da er keine Antwort erhält, faßt er ihn bei der Hand.)
                                      Mein Sohn, leb wohl!

Max.
Leb wohl!

Octavio.           Du folgst mir doch bald nach?

Max (ohne ihn anzusehen).                                   Ich dir?
Dein Weg ist krumm, er ist der meine nicht.

(Octavio läßt seine Hand los, fährt zurück.)

O, wärst du wahr gewesen und gerade,
Nie kam es dahin, Alles stünde anders!
Er hätte nicht das Schreckliche gethan,
Die Guten hätten Kraft bei ihm behalten,
Nicht in der Schlechten Garn wär' er gefallen.
Warum so heimlich, hinterlistig lauernd,
Gleich einem Dieb und Diebeshelfer schleichen?
Unsel'ge Falschheit, Mutter alles Bösen!
Du jammerbringende, verderbest uns!
Wahrhaftigkeit, die reine, hätt' uns alle,
Die welterhaltende, gerettet. Vater!
Ich kann dich nicht entschuldigen, ich kann's nicht.
Der Herzog hat mich hintergangen, schrecklich;
Du aber hast viel besser nicht gehandelt.

Octavio.
Mein Sohn, ach, ich verzeihe deinem Schmerz.

Max (steht auf, betrachtet ihn mit zweifelhaften Blicken).
Wär's möglich, Vater? Vater? Hättest du's
Mit Vorbedacht bis dahin treiben wollen?
Du steigst durch seinen Fall. Octavio,
Das will mir nicht gefallen.

Octavio.                                   Gott im Himmel!

Max.
Weh mir! Ich habe die Natur verändert,
Wie kommt der Argwohn in die freie Seele!
Vertrauen, Glaube, Hoffnung ist dahin,
Dann Alles log mir, was ich hoch geachtet.
Nein! Nein! Nicht Alles! Sie ja lebt mir noch,
Und sie ist wahr und lauter, wie der Himmel.
Betrug ist überall und Heuchelschein
Und Mord und Gift und Meineid und Verrath;
Der einzig reine Ort ist unsre Liebe,
Der unentweihte in der Menschlichkeit.

Octavio.
Max, folg' mir lieber gleich, das ist doch besser.

Max.
Was? Eh ich Abschied noch von ihr genommen?
Den letzten? – Nimmermehr!

Octavio.                                     Erspare dir
Die Qual der Trennung, der nothwendigen.
Komm mit mir! Komm, mein Sohn!
    (Will ihn fortziehen.)

Max.                                                       Nein! So wahr Gott lebt!

Octavio (dringender).
Komm mit mir! Ich gebiete dir's, dein Vater.

Max.
Gebiete mir, was menschlich ist. Ich bleibe.

Octavio.
Max! In des Kaisers Namen, folge mir!

Max.
Kein Kaiser hat dem Herzen vorzuschreiben.
Und willst du mir das Einzige noch rauben,
Was mir mein Unglück übrig ließ, ihr Mitleid?
Muß grausam auch das Grausame geschehn?
Das Unabänderliche soll ich noch
Unedel thun, mit heimlich feiger Flucht,
Wie ein Unwürdiger, mich von ihr stehlen?
Sie soll mein Leiden sehen, meinen Schmerz,
Die Klagen hören der zerrißnen Seele
Und Thränen um ich weinen – O! die Menschen
Sind grausam, aber sie ist wie ein Engel.
Sie wird von gräßlich wüthender Verzweiflung
Die Seele retten, diesen Schmerz des Todes
Mit sanften Trostesworten klagend lösen.

Octavio.
Du reißest dich nicht los, vermagst es nicht.
O komm, mein Sohn, und rette deine Tugend!

Max.
Verschwende deine Worte nicht vergebens!
Dem Herzen folg' ich, denn ich darf ihm trauen.

Octavio (außer Fassung, zitternd).
Max! Max! Wenn das Entsetzliche mich trifft,
Wenn du – mein Sohn –mein eignes Blut – ich darf's
Nicht denken! – dich dem Schändlichen verkaufst,
Dies Brandmal aufdrückst unsern Hauses Adel,
Dann soll die Welt das Schauderhafte sehn,
Und von des Vaters Blute triefen soll
Des Sohnes Stahl im gräßlichen Gefechte.

Max.
O! hättest du vom Menschen besser stets
Gedacht, du hättest besser auch gehandelt.
Fluchwürd'ger Argwohn! Unglücksel'ger Zweifel!
Es ist ihm Festes nichts und Unverrücktes,
Und Alles wanket, wo der Glaube fehlt.

Octavio.
Und trau' ich deinem Herzen auch, wird's immer
In deiner Macht auch stehen, ihm zu folgen?

Max.
Du hast des Herzens Stimme nicht bezwungen,
So wenig wird der Herzog es vermögen.

Octavio.
O Max, ich seh' dich niemals wiederkehren!

Max.
Unwürdig deiner wirst du nie mich sehn.

Octavio.
Ich geh' nach Frauenberg, die Pappenheimer
Lass' ich dir hier, auch Lothringer, Toscana
Und Tiefenbach bleibt da, dich zu bedecken.
Die lieben dich und sind dem Eide treu
Und werden lieber tapfer streitend fallen,
Als von dem Führer weichen und der Ehre.

Max.
Verlaß dich drauf, ich lasse fechtend hier
Das Leben, oder führe sie aus Pilsen.

Octavio (aufbrechend).
Mein Sohn, leb wohl!

Max.                                 Leb wohl!

Octavio.                                             Wie? Keinen Blick
Der Liebe? Keinen Händedruck zum Abschied?
Es ist ein blut'ger Krieg, in den wir gehn,
Und ungewiß, verhüllt ist der Erfolg.
So pflegten wir uns vormals nicht zu trennen.
Ist es denn wahr? Ich habe keinen Sohn mehr?

(Max fällt in seine Arme, sie halten einander lange
schweigend umfaßt, dann entfernen sie sich nach
verschiedenen Seiten.)


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