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Nicht Leier! – noch Pinsel! – eine Wurfschaufel für meine Muse, die Tenne heiliger Literatur zu fegen! – – Heil dem Erzengel über die Reliquien der Sprache Kanaans! – auf schönen Eselinnen Buch der Richter 5, 10. siegt er im Wettlauf; aber der weise Idiot Griechenlands borgt Euthyphrons Siehe Platons Kratylus (Hermogenes). stolze Hengste zum philologischen Wortwechsel.
Poesie ist die Muttersprache des menschlichen Geschlechts; wie der Gartenbau älter, als der Acker; Malerei, – als Schrift; Gesang, – als Deklamation; Gleichnisse, – als Schlüsse; Tausch, – als Handel. Ein tiefer Schlaf war die Ruhe unserer Urahnen; und ihre Bewegung ein taumelnder Tanz. Sieben Tage im Stillschweigen des Nachsinnens oder Erstaunens saßen sie; – – und thaten ihren Mund auf – zu geflügelten Sprüchen.
Sinne und Leidenschaften reden und verstehen nichts als Bilder. In Bildern besteht der ganze Schatz menschlicher Erkenntniß und Glückseligkeit. Der erste Ausbruch der Schöpfung, und der erste Eindruck ihres Geschichtschreibers: – – die erste Erscheinung und der erste Genuß der Natur vereinigen sich in dem Worte: Es werde Licht! Hiemit fängt sich die Empfindung von der Gegenwart der Dinge an. Epheser 5, 13.
Endlich krönte Gott die sinnliche Offenbarung seiner Herrlichkeit durch das Meisterstück des Menschen. Er schuf den Menschen in göttlicher Gestalt; – – zum Bilde Gottes schuf Er ihn. Dieser Rathschluß des Urhebers löst die verwickeltesten Knoten der menschlichen Natur und ihrer Bestimmung auf. Blinde Heiden haben die Unsichtbarkeit erkannt, die der Mensch mit Gott gemein hat. Die verhüllte Figur des Leibes, das Antlitz des Hauptes, und das Aeußerste der Arme sind das sichtbare Schema, in dem wir einher gehn; doch eigentlich nichts als ein Zeigefinger des verborgenen Menschen in uns; –
Exemplumque DEI quisque est in imagine parva. Manilius Astron. lib. IV.
Die erste Nahrung war aus dem Pflanzenreiche; die Milch der Alten, der Wein; die älteste Dichtkunst nennt ihr gelehrter Scholiast Baco. (der Fabel des Jothams und Joas zufolge) Buch der Richter 9, 2. Chron. 25, 18. botanisch; auch die erste Kleidung des Menschen war eine Rhapsodie von Feigenblättern. – –
Aber Gott der Herr machte Röcke von Fellen, und zog sie an – unsern Stammeltern, denen die Erkenntniß des Guten und Bösen Scham gelehrt hatte. – Wenn die Nothdurft eine Erfinderin der Bequemlichkeiten und Künste ist, so hat man Ursache sich mit Goguet zu wundern, wie in den Morgenländern die Mode, sich zu kleiden, und zwar in Thierhäute, hat entstehen können. Darf ich eine Vermuthung wagen, die ich wenigstens für sinnreich halte? – – Ich setze das Herkommen dieser Tracht in der dem Adam durch den Umgang mit dem alten Dichter (der in der Sprache Kanaans Abaddon, auf hellenistisch aber Apollyon heißt) bekannt gewordenen allgemeinen Bestandheit thierischer Charaktere, – die den ersten Menschen bewog, unter dem gelehnten Balg eine anschauende Erkenntniß vergangener und künftiger Begebenheiten auf die Nachwelt fortzupflanzen. – – –
Rede, daß ich dich sehe! – – Dieser Wunsch wurde durch die Schöpfung erfüllt, die eine Rede an die Kreatur durch die Kreatur ist; denn ein Tag sagt's dem andern, und eine Nacht thut's kund der andern. Ihre Losung läuft über jedes Klima bis an der Welt Ende, und in jeder Mundart hört man ihre Stimme. – – Die Schuld mag aber liegen, woran sie will (außer oder in uns): wir haben an der Natur nichts als Turbatverse und disiecti membra poëtae zu unserm Gebrauch übrig. Diese zu sammlen ist des Gelehrten; sie auszulegen des Philosophen; sie nachzuahmen – oder noch kühner! – – sie in Geschick zu bringen, des Poeten bescheiden Theil.
Reden ist übersetzen – aus einer Engelsprache in eine Menschensprache, das heißt, Gedanken in Worte – Sachen in Namen, – Bilder in Zeichen; die poetisch oder kyriologisch, – historisch, oder hieroglyphisch – – und philosophisch oder charakteristisch seyn können. Diese Art der Uebersetzung (verstehe Reden) kommt mehr als irgend eine andere mit der verkehrten Seite von Tapeten überein,
And shews the stuff, but not the workman's skill;
oder mit einer Sonnenfinsterniß, die in einem Gefäße voll Wassers in Augenschein genommen wird.
Mosis Fackel erleuchtet selbst die intellectualische Welt, die auch ihren Himmel und ihre Erde hat. Bacon vergleicht daher die Wissenschaften mit den Gewässern über und unter dem Gewölbe unserer Dunstkugel. Jene sind ein gläsern Meer, als Krystall mit Feuer gemengt; diese hingegen kleine Wolken aus dem Meer, als eine Manneshand.
Die Schöpfung des Schauplatzes verhält sich aber zur Schöpfung des Menschen, wie die epische zur dramatischen Dichtkunst. Jene geschah durch's Wort; die letzte durch Handlung. Herz! sey wie ein stilles Meer! – – Hör den Rath: Laßt uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sey, die da herrschen! – – Sieh die That: Und Gott der Herr machte den Menschen aus einem Erdenkloß – – Vergleich Rath und That; bete den kräftigen Sprecher Ps. 33, 9. mit dem Psalmisten; den vermeinten Gärtner Job. 20, 15-17. mit der Evangelistin der Jünger; und den freien Töpfer Röm. 9, 21. mit dem Apostel hellenistischer Weltweisen und talmudischer Schriftgelehrten an.
Der hieroglyphische Adam ist die Historie des ganzen Geschlechts im symbolischen Rade: – – der Charakter der Eva, das Original zur schönen Natur und systematischen Oekonomie, die nicht nach methodischer Heiligkeit auf dem Stirnblatt geschrieben steht, sondern unten in der Erde gebildet wird; und in den Eingeweiden, – in den Nieren der Sachen selbst – verborgen liegt.
Die Meinungen der Weltweisen sind Lesarten der Natur und die Satzungen der Gottesgelehrten Lesarten der Schrift. Der Autor ist der beste Ausleger seiner Worte; Er mag durch Geschöpfe – durch Begebenheiten – oder durch Blut und Feuer und Rauchdampf Apostelgesch. 2, 19. reden, worin die Sprache des Heiligthums besteht.
Das Buch der Schöpfung enthält Exempel allgemeiner Begriffe, die Gott der Kreatur durch die Kreatur: die Bücher des Bundes enthalten Exempel geheimer Artikel, die Gott durch Menschen dem Menschen hat offenbaren wollen. Die Einheit des Urhebers spiegelt sich bis in dem Dialecte seiner Werke; – in allen Ein Ton von unermeßlicher Höhe und Tiefe! Ein Beweis der herrlichsten Majestät und leersten Entäußerung! Ein Wunder von solcher unendlichen Ruhe, die Gott dem Nichts gleich macht, daß man sein Daseyn aus Gewissen leugnen oder ein Vieh Ps. 73, 21-22. seyn muß; aber zugleich von solcher unendlichen Kraft, die Alles in Allem erfüllt, daß man sich vor seiner innigsten Zuthätigkeit nicht zu retten weiß.
Wenn es auf den Geschmack der Andacht, die in philosophischem Geist und poetischer Wahrheit besteht, und auf die Staatsklugheit der Versification ankommt; kann man wohl einen glaubwürdigeren Zeugen als den unsterblichen Voltaire anführen, welcher beinahe die Religion für den Eckstein der epischen Dichtkunst erklärt, und nichts mehr beklagt, als daß seine Religion das Widerspiel der Mythologie sey? –
Bacon stellt sich die Mythologie als einen geflügelten Knaben des Aeolus vor, der die Sonne im Rücken, Wolken zum Fußschemel hat, und für die lange Weile auf einer griechischen Flöte pfeift –; Voltaire aber, der Hohepriester im Tempel des Geschmacks, schließt so bündig, als Kaiphas, und denkt fruchtbarer als Herodes – Wenn unsere Theologie nämlich nicht so viel werth ist als die Mythologie, so ist es uns schlechterdings unmöglich, die Poesie der Heiden zu erreichen – geschweige zu übertreffen; wie es unserer Pflicht und Eitelkeit am gemäßesten wäre. Taugt aber unsere Dichtkunst nicht: so wird unsere Historie noch magerer, als Pharaons Kühe aussehen; doch Feenmärchen und Hofzeitungen ersetzen den Mangel unserer Geschichtschreiber. An Philosophie lohnt es gar nicht der Mühe zu denken; desto mehr systematische Kalender! – mehr als Spinneweben in einem verstörten Schlosse. Jeder Tagedieb, der Küchenlatein und Schweizerdeutsch mit genauer Noth versteht, dessen Name mit der ganzen Zahl M. oder der halben des akademischen Thieres gestempelt ist, demonstrirt Lügen, daß Bänke und die darauf sitzenden Klötze Gewalt! schreien müssen, wenn jene nur Ohren hätten, und diese, wiewohl sie der leidige Spott Zuhörer nennt, mit ihren Ohren zu hören geübt wären. –
»Wo ist Euthyphrons Peitsche, scheuer Gaul? daß mein Karren nicht stecken bleibt.« – – –
Mythologie hin! Mythologie her! Poesie ist eine Nachahmung der schönen Natur – und Nieuwentyts, Newtons und Buffons Offenbarungen werden doch eine abgeschmackte Fabellehre vertreten können? – – Freilich sollten sie es nun, und würden es auch thun, wenn sie nur könnten – Warum geschieht es denn nicht? – Weil es unmöglich ist; sagen eure Poeten.
Die Natur wirkt durch Sinne und Leidenschaften. Wer ihre Werkzeuge verstümmelt, wie mag der empfinden? Sind euch gelähmte Sennadern zur Bewegung aufgelegt? – –
Eure mordlügnerische Philosophie hat die Natur aus dem Wege geräumt, und warum fordert ihr, daß wir selbige nachahmen sollen? – Damit ihr das Vergnügen erneuern könnt, an den Schülern der Natur auch Mörder zu werden. –
Ja, ihr feinen Kunstrichter! fragt immer, was Wahrheit ist, und greift nach der Thür, weil ihr keine Antwort auf diese Frage abwarten könnt – Eure Hände sind immer gewaschen, es sey, daß ihr Brod essen wollt, oder auch, wenn ihr Bluturtheile gefällt habt. – Fragt ihr nicht auch: Wodurch ihr die Natur aus dem Wege geräumt? – – – Bacon beschuldigt euch, daß ihr sie durch eure Abstraktionen schindet. Zeugt Bacon die Wahrheit; wohlan! so werft mit Steinen – und sprengt mit Erdenklößen oder Schneeballen nach seinem Schatten.
Wenn eine einzige Wahrheit gleich der Sonne herrscht, das ist Tag. Seht ihr anstatt dieser einzigen so viel, als Sand am Ufer des Meeres; hiernächst ein klein Licht, das jenes ganze Sonnenheer am Glanz übertrifft; das ist eine Nacht, in die sich Poeten und Diebe verlieben. – – Der Poet 2. Cor. 4, 6. am Anfange der Tage ist derselbe mit dem Dieb Offenb. 16, 15. am Ende der Tage. – –
Alle Farben der schönsten Welt verbleichen, sobald ihr jenes Licht, die Erstgeburt der Schöpfung, erstickt. Ist der Bauch euer Gott, so stehen selbst die Haare eures Hauptes unter seiner Vormundschaft. Jede Kreatur wird wechselsweise euer Schlachtopfer und euer Götze. – Wider ihren Willen – aber auf Hoffnung – unterworfen, seufzet sie unter dem Dienst oder über die Eitelkeit; sie thut ihr Bestes, eurer Tyrannei zu entwischen, und sehnt sich unter den brünstigsten Umarmungen nach derjenigen Freiheit, womit die Thiere Adam huldigten, da Gott sie zu dem Menschen brachte, daß er sähe, wie er sie nennte, denn wie der Mensch sie nennen würde, so sollten sie heißen.
Diese Analogie des Menschen zum Schöpfer ertheilt allen Kreaturen ihr Gehalt und ihr Gepräge, von dem Treue und Glauben in der ganzen Natur abhängt. Je lebhafter diese Idee das Ebenbild des unsichtbaren Gottes Koloss. 1, 15. in unserm Gemüthe ist; desto fähiger sind wir, Seine Leutseligkeit in den Geschöpfen zu sehen und zu schmecken, zu beschauen und mit Händen zu greifen. Jeder Eindruck der Natur in dem Menschen ist nicht nur ein Andenken, sondern ein Unterpfand der Grundwahrheit: Wer der Herr ist. Jede Gegenwirkung des Menschen in die Kreatur ist Brief und Siegel von unserm Antheil an der göttlichen Natur 2. Petr. 1, 4., und daß wir seines Geschlechts Apostelgesch. 17, 27 u. s. w. sind.
O eine Muse wie das Feuer eines Goldschmieds und wie die Seife der Wäscher! Maleachi 3, 2. – – Sie wird es wagen, den natürlichen Gebrauch der Abstraktionen zu läutern, wodurch unsere Begriffe von den Dingen eben so sehr verstümmelt werden, als der Name des Schöpfers unterdrückt und gelästert wird.
Gerade, als wenn unser Lernen ein bloßes Erinnern wäre, weist man uns immer auf die Denkmale der Alten, den Geist durch das Gedächtniß zu bilden. Warum bleibt man aber bei den durchlöcherten Brunnen der Griechen stehen, und verläßt die lebendigsten Quellen des Alterthumes? Wir wissen vielleicht selbst nicht recht, was wir in den Griechen und Römern bis zur Abgötterei bewundern. Daher kommt der verfluchte Widerspruch Ps. 59, 13. in unsern symbolischen Lehrbüchern, die bis auf diesen Tag in Schafsfell zierlich gebunden werden, aber inwendig – ja inwendig, sind sie voller Todtenbeine, voller hypokritischer Untugend.
Gleich einem Manne, der sein leiblich Angesicht im Spiegel beschaut, nachdem er sich aber beschaut hat, von Stund' an davon geht, und vergißt, wie er gestaltet war; eben so gehen wir mit den Alten um. – Gar anders sitzt ein Maler zu seinem eigenen Contrefait. – Narciß (das Zwiebelgewächs schöner Geister) liebt sein Bild mehr als sein Leben.
Das Heil kommt von den Juden. Noch hatte ich sie nicht gesehen; ich erwartete aber in ihren philosophischen Schriften gesundere Begriffe – zu eurer Beschämung – Christen! – Doch ihr fühlt den Stachel des guten Namens, davon ihr genennt seyd Jakob. 2, 7., ebenso wenig als die Ehre, die sich Gott aus dem Ekelnamen des Menschensohns machte. – –
Natur und Schrift also sind die Materialien des schönen, schaffenden Geistes – – Bacon vergleicht die Materie der Penelope; ihre frechen Buhler sind die Weltweisen und Schriftgelehrten. Die Geschichte des Bettlers, der am Hofe zu Ithaka erschien, wißt ihr; denn hat sie nicht Homer in griechische und Pope in englische Verse übersetzt? – –
Wodurch sollen wir aber die ausgestorbene Sprache der Natur von den Todten wieder auferwecken? – – Durch Wallfahrten nach dem glücklichen Arabien, durch Kreuzzüge nach den Morgenländern, und durch die Wiederherstellung ihrer Magie, die wir durch alte Weiberlist, weil sie die beste ist, zu unserer Beute machen müssen. – Schlagt die Augen nieder, faule Bäuche! und leset, was Bacon von der Magie dichtet. – Weil euch seidene Füße in Tanzschuhen eine so beschwerliche Reise nicht tragen werden: so laßt euch einen Richtweg durch die Hyperbel zeigen. – 1. Kor. 12, 31.
Du, der Du den Himmel zerrissest und herabfuhrst! – vor Dessen Ankunft Berge zerfließen, wie heiß Wasser vom heftigen Feuer aufseudt, damit Dein Name unter Feinden, denselben, die sich gleichwohl nach Ihm nennen, kund werde, und gesalbte Heiden zittern lernen vor den Wundern, die Du thust, deren man sich nicht versieht! – Laß neue Irrlichter im Morgenland aufgehen! – Laß den Vorwitz ihrer Weisen durch neue Sterne erweckt werden, uns ihre Schätze selbst ins Land zu führen – Myrrhen! Weihrauch! und ihr Gold! woran uns mehr gelegen, als an ihrer Magie! – Laß Könige durch sie geäfft werden, ihre philosophische Muse gegen Kinder und Kinderlehren vergeblich schnauben; Rahel aber laß nicht vergeblich weinen! – –
Wie sollen wir nun den Tod in den Töpfen verschlingen, um das Zugemüse für die Kinder der Propheten schmackhaft zu machen? Wodurch sollen wir den erbitterten Geist der Schrift versöhnen? »Meinst du, daß ich Ochsenfleisch essen wolle, oder Bocksblut trinken?« Weder die dogmatische Gründlichkeit pharisäischer Orthodoxen, noch die dichterische Ueppigkeit sadducäischer Freigeister wird die Sendung des Geistes erneuern, der die heiligen Menschen Gottes trieb zu reden und zu schreiben. – – Jener Schooßjünger des Eingebornen, der in des Vaters Schooß ist, hat es uns verkündigt: daß der Geist der Weissagung im Zeugnisse des einigen Namens lebe, durch den wir allein selig werden, und die Verheißung dieses und des zukünftigen Lebens ererben können: – des Namens, den Niemand kennt, als der ihn empfäht, der über alle Namen ist, daß in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller deren Kniee, die im Himmel und auf Erden und unter der Erden sind; auch alle Zungen bekennen sollen, daß Jesus Christus der Herr sey zur Ehre Gottes! – des Schöpfers, der da gelobt ist in Ewigkeit! Amen.
Das Zeugniß Jesu also ist der Geist der Weissagung Offenb. 19, 10., und das erste Zeichen, womit er die Majestät seiner Knechtsgestalt offenbart, verwandelt die heiligen Bundesbücher in alten guten Wein, der das Urtheil der Speisemeister hintergeht, und den schwachen Magen der Kunstrichter stärkt. Lege libros propheticos non intellecto CHRISTO, sagt der punische Kirchenvater, quid tam insipidum et fatuum invenies? Intellige ibi CHRISTUM, non solum sapit, quod legis, sed etiam inebriat. – »Aber den freveln und hochfahrenden Geistern hier ein Mal zu stecken, – – muß Adam zuvor wohl todt seyn, ehe er dieß Ding leide und den starken Wein trinke. Darum siehe dich für, daß du nicht Wein trinkst, wenn du noch ein Säugling bist; eine jegliche Lehre hat ihre Maße, Zeit und Alter.« Worte unsers Luthers (der sich durch Lesung des Augustins seinen Geschmack ein wenig verdorben haben soll), aus dessen bekannter Vorrede über den Brief an die Römer, an der ich mich eben so wenig müde lesen kann, als an seiner Vorrede zum Psalter.
Nachdem Gott durch Natur und Schrift, durch Geschöpfe und Seher, durch Gründe und Figuren, durch Poeten und Propheten sich erschöpft, und aus dem Odem geredet hatte: so hat er am Abend der Tage zu uns geredet durch Seinen Sohn, – gestern und heute! – bis die Verheißung seiner Zukunft – nicht mehr in Knechtsgestalt – auch erfüllt sehn wird –
Du Ehrenkönig, Herr Jesu Christ!
Gottes Vaters ewiger Sohn Du bist;
Der Jungfrauen Leib nicht hast verschmäht – –
Man würde ein Urtheil der Lästerung fällen, wenn man unsere witzigen Sophisten, die den Gesetzgeber der Juden einem Eselskopf, und die Sprüche ihrer Meistersänger dem Taubenmist gleich schätzen, für dumme Teufel schelten wollte; aber doch wird sie der Tag des Herrn – – – ein Sonntag, schwärzer als die Mitternacht, in der unüberwindliche Flotten Spreu sind – – Der verbuhlteste West, ein Herold des jüngsten Ungewitters, so poetisch – als es der Herr der Heerschaaren nur denken und ausdrücken kann, wird da den rüstigsten Feldtrompeter überschmettern – – Abrahams Freude den höchsten Gipfel erreichen; – sein Kelch überlaufen. – Die allerletzte Thräne! unschätzbar köstlicher, als alle Perlen, womit die letzte Königin in Egypten Uebermuth treiben wird; – diese allerletzte Thräne über Sodoms letzten Brand und des letzten Märtyrers Entführung, wird Gott eigenhändig von den Augen Abrahams, des Vaters der Gläubigen! abwischen – –
Jener Tag des Herrn, der Christen Muth macht, des Herrn Tod zu predigen, wird die dümmsten Dorfteufel unter allen Engeln, denen ein höllisches Feuer bereitet ist, offenbar machen. Die Teufel glauben und zittern! – aber eure durch die Schalkheit der Vernunft verrückten Sinne zittern nicht. – Ihr lacht, wenn Adam, der Sünder am Apfel, und Anakreon, der Weise, am Traubenkern erstickt! – Lacht ihr nicht, wenn Gänse das Capitol entsetzen – und Raben den Patrioten ernähren, in dessen Geist Israels Artillerie und Reiterei bestand? – Ihr wünscht euch heimlich zu eurer Blindheit Glück, wenn Gott am Kreuz unter die Missethäter gerechnet wird – und wenn ein Gräuel zu Genf oder Rom in der Oper oder Moschee apotheosirt und koloquintisirt wird. – –
Pinge duos angues! pueri, sacer est locus; extra
Melite: discedo – – –
Pers.
Der Geburtstag eines Genies wird, wie gewöhnlich, von einem Märtyrerfest unschuldiger Kinder begleitet. – Man erlaube mir, daß ich den Reim und das Metrum mit unschuldigen Kindern vergleichen darf, die über unsere neueste Dichtkunst einer drohenden Lebensgefahr ausgesetzt zu seyn scheinen.
Wenn der Reim zum Geschlechte der Paronomasie gehört: so muß das Herkommen derselben mit der Natur der Sprache und unserer sinnlichen Vorstellungen beinahe gleich alt seyn. – – Wem das Joch des Reims zu schwer fällt, ist dadurch noch nicht berechtigt, das Talent desselben zu verfolgen. Der Hagestolze hätte dieser leichtsinnigen Feder sonst so viel Anlaß zu einer Stachelschrift gegeben, als Platon haben mochte, den Schlucken des Aristophanes im Gastmahl, oder Scarron seinen eigenen durch ein Sonnet zu verewigen.
Das freie Gebäude, welches sich Klopstock, dieser große Wiederhersteller des lyrischen Gesanges, erlaubet, ist vermuthlich ein Archaismus, welcher die räthselhafte Mechanik der heiligen Poesie bei den Hebräern glücklich nachahmt, in welcher man nach der scharfsinnigen Beobachtung der gründlichsten Kunstrichter unserer Zeit nichts mehr wahrnimmt, als
»eine künstliche Prose in alle kleine Theile ihrer Perioden aufgelös't, deren jeden man als einen einzelnen Vers eines besonderen Sylbenmaßes ansehen kann; und die Betrachtungen oder Empfindungen der ältesten und heiligsten Dichter scheinen sich von ›selbst‹ (vielleicht eben so zufälliger Weise, wie Epikurs Sonnenstäubchen) in symmetrische Zeilen geordnet zu haben, die voller Wohlklang sind, ob sie schon kein (vorgemaltes noch gesetzkräftiges) Sylbenmaß haben.«
Homers monotonisches Metrum sollte uns wenigstens eben so paradox vorkommen, als die Ungebundenheit des deutschen Pindars Würde es nicht possierlich seyn, wenn Herr Klopstock seinem Setzer oder einer Margot la Ravaudeuse, wie die Muse des Philologen ist, die Ursachen angeben wollte, warum er seine dichterischen Empfindungen, die qualitates occultas für den Pöbel zum Gegenstande haben und in galanter Sprache Empfindungen par excellence heißen, mit abgesetzten Zeilen drucken läßt? Ohngeachtet meiner kauderwelschen Mundart würde ich sehr willig seyn, des Herrn Klopstocks prosaische Schreibart für ein Muster von klassischer Vollkommenheit zu erkennen. Aus kleinen Proben davon traue ich diesem Autor eine so tiefe Kenntniss seiner Muttersprache zu, daß sein musikalisches Sylbenmaß einem Sänger, der nicht gemein seyn will, zum Feierkleide der lyrischen Dichtkunst am angemessensten zu seyn scheint. – Ich unterscheide die Originalstücke unsers Assaphs von seinen Verwandlungen der alten Kirchenlieder, ja selbst von seiner Epopöe, deren Geschichte bekannt und mit Miltons seiner, wo nicht ganz, doch im Profil, ähnlich ist.. Meine Bewunderung oder Unwissenheit von der Ursache eines durchgängigen Sylbenmaßes in dem griechischen Dichter ist bei einer Reise durch Curland und Livland gemäßigt worden. Es giebt in den angeführten Gegenden gewisse Striche, wo man das lettische oder undeutsche Volk bei aller ihrer Arbeit singen hört, aber nichts als eine Cadenz von wenig Tönen, die mit einem Metro viel Aehnlichkeit hat. Sollte ein Dichter unter ihnen aufstehen: so wäre es ganz natürlich, daß alle seine Verse nach diesem eingeführten Maßstab ihrer Stimmen zugeschnitten seyn würden. Es würde zu viel Zeit erfordern, diesen kleinen Umstand ( ineptis gratam fortasse – qui volunt illa calamistris inurere) in sein gehörig Licht zu setzen, mit mehreren Phänomenen zu vergleichen, den Gründen davon nachzuspüren, und die fruchtbaren Folgen zu entwickeln. –
Iam satis terris nivis atque dirae
Grandinis misit Pater et rubente
Dextera sacras iaculatus arces
Terruit urbem,
Terruit gentes; grave ne rediret
Seculum Pyrrhae, nova monstra questae,
Omne quum Proteus pecus egit altos
Visere montes. – –
Horatius.
Als der älteste Leser dieser Rhapsodie in kabbalistischer Prose sehe ich mich vermöge des Rechts der Erstgeburt verpflichtet, meinen jüngern Brüdern, die nach mir kommen werden, noch ein Beispiel eines barmherzigen Urtheils zu hinterlassen wie folgt:
Es schmeckt Alles in dieser ästhetischen Nuß nach Eitelkeit! – nach Eitelkeit! – Der Rhapsodist hat gelesen, beobachtet, gedacht, angenehme Worte gesucht und gefunden, treulich angeführt, gleich einem Kaufmannsschiffe seine Nahrung weit hergeholt, und von ferne gebracht. Er hat Satz und Satz zusammengerechnet, wie man die Spieße auf einem Schlachtfelde zählt; und seine Figuren abgezirkelt, wie man die Nägel zu einem Gezelt abmißt. Anstatt Nägel und Spieße hat er mit Kleinmeistern und Schulfüchsen seiner Zeit *** und – – – Obelisken und Asterisken geschrieben.
Laßt uns jetzt die Hauptstimme seiner neuesten Aesthetik, welche die älteste ist, hören:
Fürchtet Gott und gebt Ihm die Ehre, denn die Zeit Seines Gerichts ist kommen, und betet an Den, der gemacht hat Himmel und Erden und Meer und die Wasserbrunnen!