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Viele Vogelstimmen – besonders Nachtigallen – sind zu hören – erst leiser – und dann immer lauter und heftiger.
Währenddem geht der Vorhang langsam in die Höhe, und ein Nachthimmel mit unzähligen flimmernden Sternen ist zu sehen. Zu beiden Seiten der Bühne werden allmählich hohe Rosenhecken, Myrthen- und Oleandergebüsche sichtbar. Der weiße, unregelmäßig mit schwarzen zackigen Sternen übersäte Fliesenboden geht weit in den Hintergrund hinein und wird langsam immer heller.
Rechts liegt auf einer Marmorbank der Dichter mit einer Guitarre im Arme. Der Dichter hat einen blonden wohlgepflegten Spitzbart, aber seine Kleider sind braun und grau und sehr vernachlässigt. Er sieht die Coulissen an und schüttelt den Kopf, sieht das Publikum an und erschrickt – es ist ein sehr junger recht leichtsinniger Dichter.
Eine Sternschnuppe zieht langsam schräg durch den Himmel.
Der Dichter erhebt sich hastig.
Die Gegend ist ziemlich dunkel, nur die weißen Fliesen leuchten, sodaß die schwarzen zackigen Sterne recht deutlich aus dem Fliesenboden heraustreten. Leise Sphärenmusik ertönt. Die Nachtigallen sind immer noch zu hören, doch die Vögel sind nicht mehr so laut wie am Anfange. Der Dichter setzt sich wieder auf die Marmorbank und begleitet die Sphärenmusik mit Guitarrenklängen. Eine zweite und dritte Sternschnuppe durchzieht den Himmel. Die Nachtigallen verstummen.
Die Sphärenmusik springt plötzlich in ein hastiges wirbelndes Tempo hinein, klingt aber dabei immer leiser – immer leiser.
Auf den Zehen schleicht vorsichtig die lustige Person zur Marmorbank, erschrickt beim Anblick des Dichters und deutet mit dem Zeigefinger am Munde an, daß man still sein müsse. Die Nachtigallen schlagen wie aus weiter Ferne.
Die lustige Person ist nicht mehr jung und glatt rasiert und natürlich ein Mann, ihre Kleider sind bunt und karriert und eng anliegend. Das Gesicht der lustigen Person zuckt so, als wenn's immerzu lachen möchte – und sich's verkneifen soll.
Der Dichter hängt seine Guitarre über den Rücken, und die lustige Person nimmt auf der Marmorbank neben dem Dichter Platz. Beide starren schweigend in den Weltraum, in dem die Sterne funkeln, zwischen denen jetzt mehrere hellblaue grüne und rote Meteore langsam wie Schneeflocken durchrieseln. Die Sphärenmusik ist ruhiger und gleichzeitig reicher und stärker geworden.
Diener mit hohen milchweißen Stocklaternen in Oktaëderform, die alles hell machen, bringen eine Menge astronomischer und astrologischer Geräte herbei – Quadranten, Astrolabien, ein großes Fernrohr und einen anderthalb Meter hohen schwarzen Himmelsglobus, auf dem die Sterne durch Brillanten markiert sind. Der Globus wird in die Mitte der Bühne gestellt.
Die Diener tragen sämtlich weiße Mützen in fünfeckiger Zackensternform, ihre Kleider sind faltenreich und breit gestreift in einfachen Farben.
Die astronomischen und astrologischen Instrumente werden rechts und links vor den Gebüschen aufgestellt.
Die Instrumente glänzen, und der Globus glänzt auch.
Die lustige Person streichelt und küßt die Instrumente und breitet vor ihnen mit lächerlicher Verzückung die Arme aus. Vor dem Globus fällt sie auf beide Kniee und faltet die Hände. Die Diener krümmen sich vor Lachen, aber es kommt kein Ton über ihre Lippen; sie verzerren das Gesicht zu fürchterlichen Grimassen.
Durch die Sphärenmusik geht ein dumpfes Grollen.
Die begeisterte Zofe erscheint im Hintergrunde.
Und was die lustige Person, die vor dem Globus auf den Knieen liegen bleibt, zum Spotte tat, tut jetzt die Zofe mit rührender, aber komisch wirkender Andacht. Dabei hat sie einen langen Staubwedel aus grünen Federn als Abzeichen ihrer Zofenwürde in der Hand. Sie bedient sich nebenbei des Staubwedels zur Säuberung der Instrumente.
Die Diener in hockender Stellung schneiden noch mehr Grimassen, die Zofe springt schließlich, nachdem sie allen Instrumenten ihre Verehrung bezeichnet hat, mit Hilfe von zwei Dienern auf den Globus und dreht sich dort in seliger Verzückung um sich selbst und greift mit den Händen immerzu nach oben, als wollte sie die Sterne des Himmels zu sich herunter ziehen.
Die Zofe trägt ein hellblaues bis zum Knie reichendes Kleid, das ganz mit silberblanken Mondsicheln bedeckt ist. Auf den Schultern trägt sie zwei silberblanke Vollmonde wie Epaulettes.
Mondsicheln wie Vollmonde sind kleine Gesichtsmasken. Als Kopfbedeckung trägt die Zofe eine weiße Federkrone; die Federn schwanken hin und her. Zwei silberblanke scheibenartige Halbmonde – ebenfalls mit Gesichtsmaske – bilden auf dem Rücken der Zofe zwei Flügel, die mit der krummen Linie am Körper haften.
Ein Diener springt plötzlich mit erhobenen Armen aus dem Gebüsch und klatscht in die Hände.
Und Alle stehen steif und ernst wie Stöcke da – auch die lustige Person und der Dichter. Die weißen Laternen leuchten jetzt rechts und links wie zwei schnurgrade Lichtketten. Die Zofe springt vom Globus herunter und verschwindet im Hintergrunde.
Der König erscheint.
Der Dichter und die lustige Person heben den rechten Arm mit ausgestrecktem Zeigefinger steif gen Himmel und verneigen sich – das ist der bei Hofe übliche Himmelsgruß, der dem Könige bei allen möglichen Gelegenheiten dargebracht wird.
Der König hat hellblonde Locken und nur sehr wenig Barthaare, er trägt einen weiten schwarzen Sammetrock, der bis zum Knie reicht und durch einen Smaragdgürtel zusammengehalten wird; Smaragde sitzen auch oben am Kragen, an den Aermelaufschlägen, auf der Scheide des krummen Säbels und am oberen Rande der schwarzen Lackstulpstiefel. Ein Smaragdorden in Zackensternform glitzert auf der rechten Brustseite und die größten Smaragde brennen in der goldenen Krone des Königs. Fingerringe trägt der König nicht. Er ist wie alle Könige seiner Zeit mit seiner Umgebung sehr wenig zufrieden, seine Haltung ist nachlässig und etwas müde – es ist ein noch sehr jugendlicher, sehr schwärmerischer König.
Die Hofleute, die sich im Gefolge des Königs befinden, gehören allen Menschenrassen des Erdballs an – zumeist neuen Mischrassen. Da die Geschichte natürlich in fernster Zukunft spielt, so sind die Kostüme der Hofleute freieste Kompositionen der historischen Trachten mit vielen phantastischen Zutaten; polnische Pelzmützen werden zu japanischen Gewändern getragen, Turbane zu europäischen Fracks und schottischen Kniehosen, indianerhafte Federkronen zu ungarischen Husarenkleidern, Zylinderhüte zu chinesischen Mandarinenmänteln u.s.w. u.s.w.
Alle tragen sternartige Brillantenorden, teils auf der Schulter oder auf der Brust, teils an der Kopfbedeckung oder an den Armen. Jeder hat außerdem – mit Ausnahme des Scharfrichters – einen krummen Säbel in reich mit Steinen besetzter Scheide. Alle Kleider sind ziemlich bunt, doch ist die knallrote Farbe ängstlich vermieden. Nur der Scharfrichter geht in einem Havelock, der knallrot ist; sein spitzer altspanischer Cylinder ist ebenfalls knallrot; sein grades breites Schwert steckt in knallroter Scheide. Der Scharfrichter fällt außerdem durch schwarze Stulpenhandschuhe, schwarze Gesichtsfarbe und schwarzen Spitzbart auf.
Neben dem Scharfrichter schreitet würdevoll der große Zauberer einher in hoher schwarzer assyrischer Mütze und langem schwarzen Kaftan mit weiten Aermeln; Mütze und Kaftan sind mit weißen Sternbildern verziert, an der Mütze ragen über Stirn und Ohren drei Pfauenfedern empor. Ein langer schwarzer Vollbart wallt auf des Zauberers Brust hernieder. Nach der feierlichen Begrüßung des Königs, bei der viele Hofleute mit dem rechten Zeigefinger aparte Linien und Schnörkel durch die Luft ziehen, werden kleine pilzartige Stühle herumgestellt, auf denen die Versammelten sich allmählich niederlassen. Doch bleiben viele Hofleute vorn in der Nähe des Königs stehen.
Die Sphärenmusik klingt holprig.
Der König sieht durchs große Fernrohr, streichelt den Himmelsglobus und die astronomischen und astrologischen Instrumente und macht unbewußt ein paar pantomimische Bewegungen der lustigen Person nach. Die Diener, die rechts und links die hohen Stocklaternen halten, beißen sich in die Lippen. Trommel- und Paukenwirbel erschallt nun rechts und links, und die Spielleute treten aus den Gebüschen heraus.
Dann tanzen von allen Seiten die Haremsdamen herbei. Sie begrüßen den König, der sich auf die Marmorbank rechts gesetzt hat, wie üblich mit hoch erhobenem rechten Zeigefinger. Zuletzt kommen die beiden Gemahlinnen des Königs. Sie haben hellgrüne Kleider an, die bis zum Knie reichen und mit kleinen goldenen Schweifkometen garniert sind; jede Gemahlin trägt jedoch ein besonderes Hellgrün.
Auf dem Kopfe haben die Beiden Kronen aus goldenen Kometenschweifen.
Von den anderen Haremsdamen hat jede ein Kleid von besonderer Farbe; die Kleider reichen bis zum Knie und sind mit goldenen und silbernen Sternen und Sternbildern garniert. Die Kleider der Damen sind einfarbig, aber äußerst grell, während die Kleider der Hofleute sich durch gedämpfte und geschmackvolle Farbenzusammenstellung abheben.
Alle Damen haben auf dem Rücken goldene oder silberne Mondsicheln mit Gesichtsmasken als Flügel und außer den Königinnen keinen Kopfschmuck und dunkelfarbige Strümpfe. Die Sphärenmusik verfällt in ein heftig wirbelndes aufreizendes Tanztempo.
Die Hofleute entbieten auch den Haremsdamen den Himmelsgruß – aber mit der linken Hand und dem linken kleinen Finger.
Und wie ein Sturmwind kommt die begeisterte Zofe aus dem Hintergrunde nach vorn gelaufen – und ihr folgen sieben Damen in Mondpierrottracht.
Die Zofe springt mit einem Satz auf den Globus und hebt wie die Pierrots den rechten Zeigefinger gen Himmel und hält den Finger lange oben.
Die Zofe hat jetzt einen silberblanken kugelrunden Vollmond mit Gesichtsmaske als Hut auf dem Kopf und noch immer ihren grünen Staubwedel in der linken Hand. Die Pierrots – alle sieben in Weiß – haben goldene Vollmonde in Faustgröße vorn als Knöpfe, etwas größere auf den Schultern, Ellbogen und Knieen und an den Schuhhacken – außerdem goldenen Mondhut und goldene Vollmondflügel in Scheibenform.
Die Pierrots tanzen mit sieben Damen in Blau eine Gavotte; die blauen Farben sind aber ganz verschiedenartig und nicht wie das Zofenkleid.
Die Zofe dirigiert die Gavotte, indem sie den Staubwedel wie einen Taktstock handhabt. Die Spielleute spielen rechts und links neben den Stocklaternen. Die Hofleute und die anderen Haremsdamen bilden einen Halbkreis um die Tanzenden, die sich öfters gegen die Marmorbank, auf der der König mit dem Scharfrichter sitzt, verneigen.
Der König lächelt zuweilen – es ist aber ein sehr müdes Lächeln.
Nachdem die Zofe mit Hilfe ihrer sieben Pierrots vom Globus runtergesprungen ist und sich wieder ihre Federkrone an Stelle des Mondhutes aufgesetzt hat, bittet sie den Scharfrichter näher zu treten und nun auch auf den Globus zu steigen – was nach einigem Sträuben mit Hilfe einiger Diener geschieht, während sich die Damen des Harems – auch die Pierrots – die Mondhüte abnehmen und Kometenschweife aus Federn auf den Kopf setzen.
Sämtliche Haremsdamen, die im Folgenden als Sternschnuppen aus dem Leonidenschwarm mit kopfgroßen Spiegeln in der rechten Hand ein kleines Gefunkel erzeugen, fordern die anwesenden Hofleute zu einer Polonaise auf Der König tanzt nicht mit. Auch der Zauberer, der Dichter und die lustige Person, die in der Nähe des Königs bleiben, tanzen nicht mit. Der Scharfrichter sieht recht hilflos aus, so daß Alle verstohlen über ihn lächeln.
Die beiden Königinnen führen die Polonaise als erstes Paar.
Die Polonaise windet sich öfters um den Globus, seitwärts und nach hinten hin.
Es fallen jedoch plötzlich unter zischenden Sphärenklängen sehr viele Sternschnuppen schräg vom Himmel herunter, so daß Alle furchtbar erschrecken.
Durch den Schreck wird die Ordnung gestört. Und unter erschrockenem Hin- und Herrennen löst sich die Leoniden-Polonaise unvermittelt auf. Während die Sphärenmusik wieder in nervösem Tempo dahinjagt, versucht der Scharfrichter möglichst rasch vom Globus herunterzukommen. Da jedoch die Diener auch von der allgemeinen Verwirrung ergriffen werden, muß dem Scharfrichter der König mit der lustigen Person herunterhelfen. Der Zauberer und der Dichter kommen zu spät.
Alle erschrecken über dieses Intermezzo mehr als über den unerwarteten Sternschnuppenfall.
Die Pierrots jagen nun die verwirrten Paare schnell zur Seite, der Himmelsglobus wird durch einen bunten Lappen, der Amerika darstellen soll, zu einem Erdglobus gemacht, die erste Gemahlin des Königs steigt auf den Globus – und mit Hilfe des Zauberers wird der Dame auf dem Erdglobus von den sieben Pierrots das Horoskop gestellt.
Die Diener mit den milchweißen Stocklaternen bilden hinter dem Globus in großem Bogen einen Halbkreis und drängen dabei die Hofleute, Spielleute und die anderen Haremsdamen und Diener nach rechts und links und in den Hintergrund.
Der Merkur-Pierrot hat jetzt den usuellen Flügelhut auf dem Kopf und in jeder Hand eine furchtbar lachende Gauner-Gesichtsmaske.
Der Venus-Pierrot hat ganz besonderes blondes Haar, das fast bis zum Knie reicht, einen Abendstern auf der Stirn und einen Spiegel in beiden Händen.
Der Mars-Pierrot hat eine polnische Husarenpelzmütze auf dem Kopf und in jeder Hand eine große Pistole.
Der Jupiter-Pierrot hat die usuellen Zeuslocken nebst Zeusbart – Scepter und Reichsapfel in den Händen.
Der Saturn-Pierrot trägt einen europäischen Herrencylinder, der sehr glänzt, und einen steifen Halskragen, der oben und unten aus schwarzen und weißen Ringen besteht, sodaß der Kragen einer Schießscheibe ähnelt; der Kragen geht weit über die Schultern hinaus und kann mit dem Kinn leicht vorn an die Brust gedrückt werden, sodaß zuweilen die ganzen Ringe zu sehen sind.
Der Mond-Pierrot trägt unverändert das Kostüm, das für die Mondgavotte vorgeschrieben wurde. Der Sonnen-Pierrot muß seinen größeren Sonnengesichtsmaskenhut, der mit Schönheitspflästerchen stark beklebt ist, oft mit beiden Händen festhalten.
Der Zauberer verändert fortwährend die Konstellation; er sucht dieselbe immer noch zu verbessern. Die Pierrots tanzen währenddem auf ihren Plätzen unverdrossen Menuett, wobei sie sich die fehlenden Partnerinnen zudenken und auch gelegentlich Solotänze zur Geltung bringen. Nachdem der ersten Gemahlin das Horoskop gestellt ist, wofür sie sich durch Solotänze auf dem Globus bedankt, wird auch der zweiten Gemahlin in ähnlicher Weise das Horoskop gestellt – nur muß es damit etwas wilder zugehen. Schließlich soll dem Könige, der diesen ganzen Tanzzauber natürlich abgeschmackt und entsetzlich findet, ebenfalls das Horoskop gestellt werden. Der König läßt durch die Zofe seine Krone auf den Erdglobus legen.
Bei der Feststellung der Konstellation wird aber die Krone durch den Halskragen des Saturn-Pierrots runtergeworfen – und furchtbares Halloh beendet das Horoskopmenuett. Die lustige Person biegt die Krone wieder zurecht – und der König ist sehr böse – seine Stirnfalten sehen sehr drohend aus.
Da der König sehr ärgerlich ist, beeilen sich natürlich Alle, die nächste Nummer zur Ausführung zu bringen.
Eine fast ängstliche Hast kommt in Hof und Musik; man fürchtet sich ein bißchen vor dem Könige – denn die gesamten Arrangements des Harems haben wohl die Absicht, den König zu erfreuen und zu ehren, es läßt sich aber auch nicht leugnen, daß Manches nach Verspottung der astralen Neigungen des Königs schmecken könnte.
Und so bringen denn die Diener schleunigst die großen Saturnringe heran. Und aus dem Globus wird ein schwarzer Saturn mit zwei weißen Ringen und einem grauen; die Ringe liegen etwas schräge – hinten höher – auf fester Unterlage.
Und nun wird der ganze Saturn wie ein Weltwunder umtanzt – Hand in Hand.
Es tanzen danach die Pierrots auf den Ringen, während die Zofe auf dem Globus tanzt.
Und dann tanzen die beiden Königinnen zusammen auf dem Globus, während die Haremsdamen in Frauenkleidern auf den Ringen tanzen. Alle haben außer den beiden Königinnen breitkrempige Saturnhüte auf, die dem großen Globus mit den Ringen nachgebildet sind. Die Tänze werden immer hastiger, denn der König wird sehr ungeduldig.
Einmal wird er noch gemütlich und veranlaßt den Dichter und die lustige Person, mitzutanzen. Dann aber gehts mit der guten Laune pfeilschnell bergab.
Die Diener mit den Stocklaternen müssen ebenfalls den Saturn umtanzen.
Indessen – da der König bald wieder sehr grimmig aussieht, so giebt die Zofe ein Zeichen, das Stillstehen gebietet.
Und Alle stehen still. Die Nachtigallen schlagen. Die Sphärenmusik brummt in tiefsten Baßtönen, während der König aufmerksam seine glänzenden Lackstiefelspitzen betrachtet.
Die Zofe oben auf dem Globus schiebt ihren Saturnhut ins Genick, giebt den Dienern wieder ein Zeichen – und die großen drei Saturnringe werden einzeln über den Kopf der sich bückenden Zofe hinweg abgenommen und weggetragen.
Die Zofe läßt von den Spielleuten ihren Walzer spielen, springt vergnügt runter vom Globus und fordert den König zum Mittanzen auf – der aber giebt ihr den Scharfrichter zum Tänzer. Und bald wird ein schwungvoller Walzer von den Hofleuten und Haremsdamen getanzt. Die Diener mit den Stocklaternen stellen sich mit dem Rücken gegen den Globus und bilden einen Kreis um ihn. Leider werden nun von einigen Übermütigen ein paar astronomische Instrumente mit in den Arm genommen – und dieser Übermut findet solchen Anklang, daß bald außer Globus und Fernrohr alle Instrumente den Zofenwalzer mittanzen.
Wie das der König sieht, schreitet er tiefernst in die Mitte und verbietet das weitere Tanzen.
Die Instrumente werden wieder rechts und links an die richtigen Stellen gesetzt. Die Stocklaternen stehen auch bald wieder rechts und links wie am Anfange.
Der König hat seine linke Hand auf den Himmelsglobus gelegt und läßt traurig den Kopf auf die Brust sinken.
Die Nachtigallen sind wieder sehr laut.
Die Menschen sind still.
Leise Sphärenmusik wogt auf und nieder.
Nur einzelne der Haremsdamen behalten ihre Saturnhüte auf, die meisten Damen geben ihre Hüte den Dienern und seufzen.
Der Zauberer nähert sich ehrfurchtsvoll dem Könige. Doch der König verlangt nach dem Dichter.
Wie der Dichter vor dem Könige steht, deutet dieser mit tiefer Verachtung auf seinen Hof und seinen Harem, dann mit verklärter Miene auf die Sterne des Himmels, auf die Instrumente, auf sich selbst – und zuletzt auf des Dichters Guitarre. Dieses Pantomimenspiel wiederholt sich ein paar Mal mit Variationen. Der Dichter wiederholt zögernd ebenfalls die Bewegungen des Königs – deutet mit seinem Zeigefinger auf Hof, Harem, Sterne, Instrumente, König und Guitarre – zuletzt aber noch auf seine eigene Stirn – nimmt danach die Guitarre von der Schulter ab und wirft sie dem Könige vor die Füße – dreht ihm dabei den Rücken.
Der König erschrickt, die Nachtigallen schlagen, leise Sphärenmusik wogt auf und nieder, und ein Schwanken geht durch die Reihen der Hofleute, die Haremsdamen zittern vor Erregung.
Der König legt milde seine linke Hand auf des Dichters linke Schulter – doch dieser Dichter schüttelt die Hand ab.
Da winkt der König seinem Scharfrichter.
Der Scharfrichter pfeift seine knallroten Henkersknechte heran und zieht sein breites grades Schwert aus der Scheide.
Der Dichter wird von den roten Henkersknechten gefesselt und in eine knieende Stellung gebracht. Die Ketten klingen.
Es wird sehr still auf der ganzen Bühne, man hört nur das Zähneklappern der Hofleute und das Rascheln der zitternden Damenkleider.
Der Scharfrichter läßt sich von seinen Untergebenen sein breites grades Schwert schleifen, was sehr umständlich und klangvoll geschieht. Während alle mit entsetzten Blicken die Exekution erwarten, wird die Sphärenmusik lauter – sie ist aber sanft und säuselnd wie fernes Schilfgeflüster. Der Scharfrichter nimmt sein Schwert in die Hand, prüft seine Schärfe und will seines Amtes in der üblichen Weise walten. Da springt der Zauberer vor und kniet vor dem König – händeringend, springt wieder auf und hält dem Scharfrichter den Arm fest, wiederholt Beides und reißt dabei seine Pfauenfedern von seiner Mütze und fuchtelt mit denen immerzu in der Luft herum – mit geisterhaften Geberden.
Und der König winkt den Scharfrichter an seine Seite – und der steckt sein Schwert wieder in die Scheide.
Die Henkersknechte müssen sich zurückziehen. Die Sphärenmusik wird prickelnd und prunkend wie ein Zaubergarten.
Der Dichter setzt sich auf den Fliesenboden und rasselt mit den Ketten.
Der Zauberer nimmt seine Pfauenfedern in die rechte Hand und erhebt sie und zieht mit ihnen magische Schneckenlinien durch die Luft, indem er immer wieder rückwärts geht.
Und alle Sterne des Himmels fallen gleichmäßig senkrecht vom Himmel herunter.
Eine unheimliche summende und zirpende Sphärenmusik ertönt. Der König geht aufgeregt und schwankend mit seinen zitternden Frauen, Hofleuten und Dienern, die alle schrecklich die Augen aufreißen und sich mit den Fingernägeln das Gesicht zerknallen, dem Hintergrunde zu.
Der Dichter kriecht zur Marmorbank und setzt sich auf die Marmorbank.
Alle Männer und Frauen schwanken beim Fallen der Sterne hin und her und zeigen durch Armbewegungen an, daß sie die Empfindung haben, mit dem ganzen Fliesenboden und den nebenstehenden Gebüschen in den Himmel gehoben zu werden.
Bunte Dampfwolken steigen vorne auf, und der König mit seinem Hofe wird unsichtbar. Große runde Weltsterne – ein bis fünf Meter hohe Kugeln – ziehen langsam durch die Wolken vorüber.
Die Sphärenmusik wird immer wilder und wilder.
Ein lachender Vollmond mit großer Gesichtsmaske steht bald oben mitten in den Wolken ganz still.
Schweifkometen hüpfen rechts und links neben dem Vollmonde wie Hampelmänner auf und nieder.
Während die Sphärenmusik sehr rasch dahinstürmt, werden die Gardinen langsam zugezogen.
Mit einem Paukenwirbel endet die rasende Sphärenmusik.