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Der fahrend Schüler
Der Baur
Die Bäurin
Die Bäurin gehet ein und spricht:
Ach, wie manchen Seufzen ich senk,
wenn ich vergangner Zeit gedenk,
da noch lebet mein erster Mann,
den ich ie länger lieb gewann,
dergleich er mich auch wiederum,
wann er war einfältig und frumm.
Mit ihm ist all mein Freud gestorben,
wiewohl mich hat ein andr erworben.
Der ist meim ersten gar ungleich,
er ist karg und will werden reich,
er kratzt und spart zusamm das Gut,
hab bei ihm weder Freud noch Mut.
Gott gnad noch meinem Mann, dem alten,
der mich viel freundlicher tät halten;
künnt ich ihm etwas Guts noch tan,
ich wollt mich halt nit säumen dran.
Der fahrend Schüler gehet ein und spricht:
Ach liebe Mutter, ich kumm herein,
bitt, laß mich dir befohlen sein,
mit deiner milden Hand und Gab;
wann ich gar viel der Künste hab,
die ich in Büchern hab gelesen.
Ich bin in Venusberg gewesen,
da hab ich gsehen manchen Buhler;
wiß, ich bin ein fahrender Schuler
und fahr im Lande her und hin.
Von Paris ich erst kummen bin
itzund etwa vor dreien Tagen.
Die Bäurin spricht:
Secht, lieber Herr, was hör ich sagen,
kummt Ihr her aus dem Paradeis?
Ein Ding ich fragen muß mit Fleiß,
habt Ihr mein Mann nicht drin gesehen?
Der ist gestorben in der Nähen,
doch fast vor einem ganzen Jahr,
der so frumm und einfältig war;
ich hoff ie, er sei drein gefahren.
Der fahrend Schüler spricht:
Der Seel so viel darinnen waren;
mein Frau, sagt, was hat Euer Mann
für Kleider mit ihm gführt darvan?
Ob ich ihn darbei möcht erkennen.
Die Bäurin spricht:
Die kann ich Euch gar bald genennen:
Er hätt ach auf ein blaben Hut
und ein Leilach, zwar nit fast gut,
darmit hat man' zum Grab bestätt'.
Kein ander Kleidung er sunst hätt,
wenn ich die Wahrheit sagen soll.
Fahrend Schüler spricht:
O liebe Frau, ich kenn ihn wohl,
er geht dort um ohn Hosn und Schuch
und hat an weder Hem noch Bruch,
sonder wie man ihn legt ins Grab;
er hat auf seinen Hut blitschblab
und tut das Leilach um sich hüllen,
wenn ander prassen und sich füllen,
so hat er gar kein pfenning nicht.
Alsdenn er so sehnlich zusicht
und muß nur des Almusen leben,
was ihm die andern Seelen geben;
so elend tut er dort umgahn.
Die Bäurin spricht:
Ach, bist so elend dort, mein Mann,
hast nit ein Pfenning in ein Bad?
Nun ists mir leid, auch immer schad,
daß du sollt solche Armut leiden.
Ach, lieber Herr, tut mich bescheiden,
werdt Ihr wieder ins Paradeis?
Der fahrend Schüler spricht:
Morgen mach ich mich auf die Reis'
und kumm hinein in vierzeh Tagen.
Die Bäurin spricht:
Ach, wollt Ihr etwas mit Euch tragen,
ins Paradeis bringen meim Mann?
Der fahrend Schüler spricht:
Ja, Frau, ich will es geren tan,
doch was ihr ton wöllt, tut mit Eil.
Die Bäurin spricht:
Mein Herr, verziecht ein kleine Weil,
zusammen will das suchen ich.
Sie geht aus.
Der fahrend Schüler redt mit ihm selb und spricht:
Das ist ein recht einfältig Viech
und ist gleich eben recht für mich,
wenn sie viel Gelds und Kleider brächt,
das wär für mich alls gut und recht,
wollt mich bald mit trollen hinaus,
eh wann der Bauer käm ins Haus.
Er wird mir sunst mein Sach verderben;
ich hoff, ich wöll den Alten erben.
Die Bäurin bringet ihm ein Bürlein und spricht:
Mein Herr, nun seid ein guter Bot,
nehmet hin die zwölf Gülden rot,
die ich lang hab gegraben ein
da außen in dem Kuhstall mein,
und nehmet auch das Bürlein an
und bringt das alles meinem Mann
in iene Welt ins Paradeis,
darin er finden wird mit Fleiß
zu einem Rock ein blobes Tuch,
Hosen, Joppen, Hem und Truch,
sein Taschen, Stiefl, ein langes Messer.
Sagt ihm, zum nächsten wärs noch besser,
ich will ihn noch mit Geld nit lassen.
Mein Herr, fürdert Euch auf der Straßen,
daß er bald aus der Armut kumm,
er ist ie einfältig und frumm,
ist noch der liebst unter den zweien.
Der fahrend Schüler nimmet das Bürlein und spricht:
O wie wohl wird ich ihn erfreuen,
daß er mit andern am Feirtag
etwan ein Urten trinken mag,
auch spieln und ander Kurzweil treiben.
Die Bäurin spricht:
Mein Herr, wie lang werdt Ihr ausbleiben,
daß Ihr mir bringt ein Botschaft wieder!
Der fahrend Schüler spricht:
O ich kumm so bald nicht herwieder,
wann der Weg ist gar hart und weit.
Die Bäurin spricht:
Ja so, möcht ihm in mittler Zeit
etwan wiederum Gelds gebrechen
zu baden, spielen und Wein zechen,
bringt ihm auch die alt böhmisch Groschen.
Wenn wir nun haben ausgedroschen,
kann ich bald wieder Geld abstehlen
und das vor meinem Mann verhehlen,
daß ichs in dem Kuhstall eingrab,
wie ich auch dies behalten hab.
Seht, habt Euch den Taler zu Lahn
und grüßt mir fleißig meinen Mann.
Der fahrend Schüler gehet ab.
Die Bäurin hebet an zu singen laut:
Bauren-Maidlein, laß dirs wohlgefallen.
Der Baur kummet und spricht:
Alta, wie daß so fröhlich bist,
sag mir bald, was die Ursach ist!
Die Bäurin spricht:
Ach lieber Mann, freu dich mit mir,
groß Freud hab ich zu sagen dir.
Der Bauer spricht:
Wer hat das Kalb ins Aug geschlagen!
Die Bäurin spricht!
Ach soll ich nit von Wunder sagen!
Ein fahrend Schüler mir zu frummen
ist aus dem Paradeis herkummen,
der hat mein alten Mann drin gsehen,
und tut auf seinen Eid verjehen,
wie er leid so große Armut,
hab nichts denn seinen bloben Hut
und das Leilach in jener Welt,
weder Rock, Hosen oder Geld.
Das glaub ich wohl, daß er nichts hab,
denn wie man ihn legt in das Grab.
Der Baur spricht:
Wollst nicht etwas schicken deim Mann?
Die Bäurin spricht:
O lieber Mann, ich habs schon tan,
ihm geschickt unser blabes Tuch,
Hosen, Joppen, Hem, Stiefl und Bruch,
auch für ein Gülden kleines Geld,
daß er ihms brächt in jene Welt.
Der Bauer spricht:
Ei, du hast der Sach recht getan,
Wo ist hinauszogen der Mann,
den du die Ding hast tragen lassen?
Die Bäurin spricht:
Er zog hinaus die untern Straßen,
es trägt der Schüler hocherfahrn
an seinem Hals ein gelbes Garn
und das Bürlein auf seinem Rück.
Der Baur spricht:
Ei nun walt dein alls Ungelück,
du hast ihm zu weng Geldes geben,
er kann nit lang wohl darvon leben.
Geh, heiß mirs Roß satteln beizeiten,
ich will ihm gehn eilend nachreiten,
ihm noch ein zehen Gülden bringen.
Die Bäurin spricht:
Mein Mann, hab Dank mit diesen Dingen,
daß du meim Altn bist günstig noch!
Wills Gott, ich wills verdienen doch,
dir auch nachschicken meinen Schätz.
Der Baur spricht:
Was darf es viel unnütz Geschwätz?
Geh, heiß mirn Knecht satteln das Roß,
eh dann der Fremd kumm an das Moos.
Die Bäurin gehet naus.
Der Baur spricht zu ihm selb:
Ach, Herr Gott, wie hab ich ein Weib,
die ist an Seel, Vernunft und Leib
ein Dildapp, Stockfisch, halber Narr,
ihrsgleich ist nit in unser Pfarr,
die sich läßt überreden leider
und schickt ihrem Mann Geld und Kleider,
der vor eim Jahr gestorben ist,
durch des fahrenden Schülers List.
Ich will nachreitn, tu ich ihn erjagn,
so will ich ihm die Haut voll schlagn,
ihn niederwerfen auf dem Feld,
ihm wieder nehmen Kleidr und Geld,
damit will ich denn heimwärts kehrn
und mein Weib wohl mit Fäusten bern,
des Bloben geben um die Augen,
daß sie ihr Torheit nit künn laugen.
Ach, ich bin halt mit ihr verdorben!
Ach, daß ich hab um sie geworben,
das muß mich reuen all mein Tag,
ich wollt, sie hält Sankt Urbans Plag.
Die Bäurin schreit daußen:
Sitz auf, das Roß ist schon bereit,
fahr hin, und daß dich Gott beleit!
Sie gehen beide ab.
Der fahrend Schüler kummet mit dem Bürlein und spricht:
Wohl hat gewollt das Glück mir heut,
mir ist geratn ein gute Beut,
daß ichs den Winter kaum verzehr.
Hätt ich der einfälting Bäurinn mehr,
die mich schickt' in das Paradeis!
Wär schad, daß sie all wären weis!
Potz Angst, ich sieh dort ein' von weiten
auf eim Roß mir eilend nachreiten.
Ists nicht der Baur, so ists ein Plag,
daß er mir's Dinglich wiedr abjag.
Ich will das Bürlein hie verstecken
ein Weil in diese Dorenhecken,
nun kann er ie mit seinem Roß
nit zu mir reiten in das Moos,
er muß vor dem Graben absteigen.
Ja, er tus gleich, nun will ich schweigen,
mein Garn in Busen schieben frei,
auf daß er mich nit kenn darbei,
will leinen mich an meinen Stab,
sam ich auf ein' zu warten hab.
Der Baur kummt gesport und spricht:
Glück zu, mein liebs Männlein, Glück zu!
Hast nit ein' sehen laufen du,
hat ein gelbs Strähnlein an dem Hals
und trägt auf seinem Rück nachmals
ein kleines Bürlein, das ist blab?
Der fahrend Schüler spricht:
Ja, erst ich ein' gesehen hab,
der lauft ein übers Moos gen Wald,
er ist zwar zu ereilen bald,
ietzt geht er hinter jener Stauden
mit Blasen, Schwitzen und mit Schnauben,
wann er trägt an dem Bürlein schwer.
Der Baur spricht:
Es ist bei meim Eid eben der!
Mein liebs Männlein, schau mir zum Roß,
so will ich zu Fuß übers Moos
dem Böswicht nacheiln und ihn bleuen,
daß ihn sein Leben muß gereuen,
er soll es keinem Pfaffen beichten.
Der fahrend Schüler spricht:
Ich muß da warten auf ein Gweichten,
welcher kummt nachher in der Nähen.
Will Euch dieweil zum Roß wohl sehen,
bis daß Ihr tut herwieder lenken.
Der Baur spricht:
So will ich dir ein Kreuzer schenken.
Hüt, daß mir's Pferd nit laufet werd.
Der Bauer gehet ab.
Der fahrend Schüler spricht:
Lauft hin, sorgt nur nicht um das Pferd,
daß Ihr ein Schaden findet dran.
Das Roß wird mir recht, lieber Mann.
Wie fröhlich scheint mir heut das Glück,
vollkummentlich in allem Stück:
Die Frau gibt mir Rock, Hosn und Schuh,
so gibt der Mann das Roß darzu,
daß ich nit darf zu Fußen gähn.
O, das ist ein barmherzig Mann,
der geht zu Fuß, läßt mir den Gaul,
er weiß leicht, daß ich bin stüdfaul.
O, daß der Baur auch solcherweis
auch stürb und führ ins Paradeis,
so wollt ich gwiß von diesen Dingen
ein gute Beut darvon auch bringen.
Doch will ich nit lang Mist da machen;
wann käm der Bauer zu den Sachen,
so schlüg er mich im Feld darnieder
und nähm mir Geld und Kleider wieder;
will eilend auf den Grama sitzen
und in das Paradeis nein schmitzen,
ins Wirtshaus, da die Hühner braten,
den Baurn lassen im Moos umwaten.
Der fahrend Schüler nimmet sein Bürlein, gehet ab.
Die Baurin kummet und spricht:
Ach, wie ist mein Mann so lang aus,
daß er nit wieder kummt zu Haus.
Ich bsorg, er hab des Wegs verfehlt,
daß meim Alten nit werd das Geld. –
Potz Mist, ich hör den Schultheß blasen.
Ich muß gehn bald mein Säu auslassen.
Die Bäurin gehet ab.
Der Bauer kummt, sicht sich um und spricht:
Potz Leichnamangst, wo ist mein Pferd?
Ja, bin ich frumm und ehrenwert,
so hat mir's der Böswicht hingritten,
er daucht mich sein tückischer Sitten,
hat auch das Geld und Kleider hin.
Der größt Narr ich auf Erden bin,
daß ich traut diesem Schalk vertrogen.
Schau, dort kummt auch mein Weib herzogen,
ich darf ihr wohl vom Roß nit sagen,
ich drohet ihr vor hart zu schlagen,
daß sie so einfältig halt eben
dem Landsbescheißr das Dinglich geben,
und ich gab ihm doch selb das Pferd,
viel größer Streich wär ich wohl wert,
weil ich mich klüger dünk von Sinnen.
Ich will etwan ein Ausred sinnen.
Die Bäurin kummt und spricht:
Schau, bist zu Fußen wieder kummen,
hat er das Geld von dir genummen?
Der Baur spricht:
Ja, er klagt mir, der Weg wär weit,
auf daß er kumm in kurzer Zeit
ins Paradeis, zu deinem Mann,
das Pferd ich ihm auch geben han,
daß er geritten kumm hinein,
bring auch das Pferd dem Manne dein.
Mein Weib, dab ich nit recht getane?
Die Bäurin spricht:
Ja, du mein herzenlieber Mann,
erst vermerk ich dein treues Herz.
Ich sag dir das in keinem Scherz,
wollt Gott, daß du auch stürbest morgen,
daß du nur sähest unverborgen,
wie ich dir auch geleicher Weis
nachschicken wollt ins Paradeis,
nichts ich so weit zu hinterst hätt,
das ich dir nit zuschicken tät:
Geld, Kleider, Kälber, Gäns und Säu,
daß du erkennest auch mein Treu,
die ich dir hintn und voren trag.
Der Bauer spricht:
Mein Weib, nichts von den Dingen sag,
solch geistlich Ding soll heimlich sein.
Die Bäurin spricht:
Es weiß schon die ganz Dorfgemein.
Der Baur spricht:
Ei, wer hats ihn' gesagt so bald?
Die Bäurin spricht:
Ei, eh du neinrittst in den Wald,
hab ichs gesagt von Trum zu End,
was ich meim Mann hab hingesendt
ins Paradeis, gar mit Andacht.
Ich mein, sie haben mein gelacht
und sich alle gefreut mit mir.
Der Baur spricht:
Ei, das vergelt der Teufel dir!
Sie haben all nur dein gespott'!
Wie hab ich ein Weib, lieber Gott! –
Geh nein, richt mir ein Millich an.
Die Bäurin spricht:
Ja, kumm hernach, mein lieber Mann.
Die Bäurin gehet aus.
Der Baur beschleußt:
Der Mann kann wohl von Unglück sagen,
der mit eim solchn Weib ist erschlagen,
ganz ohn Verstand, Vernunft und Sinn,
geht als ein tolles Viech dahin,
baldglaubig, toppisch und einfältig,
der muß er liegn im Zaum gewaltig,
daß sie nicht verwahrlos sein Gut.
Doch weil sie hat ein treuen Mut,
kann er sie desterbaß gedulden,
wann es kummt auch gar oft zu Schulden,
daß dem Mann auch entschlüpft ein Fuß,
daß er ein Federn lassen muß,
etwan leid Schaden durch Betrug,
daß er auch ist nit weis genug.
Denn zieh man Schad gen Schaden ab,
darmit man Fried im Ehstand hab
und kein Uneinigkeit aufwachs;
das wünschet uns allen Hans Sachs.