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Der Verfasser des vorliegenden Tagebuchs, Friedrich Rochlitz, geb. 1770, gest. 1842, gehörte zu den bekanntesten Schriftstellern seiner Zeit. Jetzt ist er vergessen, und von seinen zahlreichen Werken werden höchstens seine wertvollen musikgeschichtlichen Aufsätze noch gelesen, die er in der von ihm begründeten und zwanzig Jahre lang herausgegebenen »Musikalischen Zeitung«, sowie in dem dreibändigen Werke »Für Freunde der Tonkunst« veröffentlicht hat. Nachdem er auf der berühmten Thomasschule seiner Vaterstadt Leipzig für die Universität vorgebildet worden war, begann er Theologie zu studieren, wandte sich aber bald der Literatur und der Kunst zu. Obwohl er von Haus aus arm war, kam er durch seine Verheiratung mit Henriette Winckler, der Witwe eines reichen Leipziger Kaufmanns, zu großem Wohlstande, der in den Stürmen des Krieges zwar erschüttert, aber nicht vernichtet ward.
Schon am 23. November 1808 schrieb Rochlitz an Goethe: »Ich käme wohl selbst nach Weimar, aber leider haben die Folgen des Krieges mich um den größten Teil meiner Habe gebracht, wovon ich einmal, alt und stumpf, zu leben gedachte; so muß ich mir denn jenes Vergnügen, wie viele andere, versagen.«
Das von Fr. Rochlitz während der Schlacht bei Leipzig geführte Tagebuch wurde im zweiten Bande seiner » Neuen Erzählungen« (Leipzig und Züllichau. Dornmannsche Buchhandlung 1816) gedruckt (Seite 155-365). Ursprünglich mag der Verfasser gar nicht die Absicht gehabt haben, seine Erinnerungen an die Schreckenstage von Leipzig der Öffentlichkeit zu übergeben. Wie aus den ersten Worten hervorgeht, war der Bericht vielmehr für einen (vielleicht in Dresden wohnenden) Freund bestimmt. Dem Drängen seiner Verehrer nachgebend, entschloß sich Rochlitz, endlich »diese Blätter in den reißenden Strom der Zeit zu werfen«. Goethe schätzte die Erzählung sehr hoch. Am 10. November 1816, also unmittelbar nach dem Erscheinen des obengenannten Buches, schrieb er an den ihm befreundeten Verfasser:
»Ew. Wohlgeboren schöne Gabe ward mir schon längst und diente mir in trüben Stunden zur angenehmsten Erheiterung, besonders geben die Schreckensgeschichten jener Schlachttage einen bedeutenden Wink, wie man geringeren Übeln nicht unterliegen soll, da der Mensch die größten besteht und aus ihnen oft gerettet wird.«
Noch im Jahre 1822 erwähnt Goethe das Tagebuch in einem Briefe vom 22. April, wo es heißt:
» Ihre treffliche, mir wohlbekannte Schilderung jener Leipziger Unglückstage las ich wieder und bewundere abermals die besondere Fügung, daß ein Mann von Ihrem Geist und Sinn in Augenblicken, wo uns die Sinne vergehen, das Übergewicht eines angeborenen und wohlgeübten Talents empfindet und zur Feder greift, das Unerträgliche in der Gegenwart zu schildern.«
Um die Frische und Unmittelbarkeit der Erinnerungen nicht abzuschwächen, hat der Herausgeber nur da, wo es unbedingt nötig erschien, Änderungen des Ausdrucks eintreten lassen. Die langatmigen und den Leser ermüdenden Betrachtungen und erbaulichen Nutzanwendungen des Verfassers freilich sind durchweg weggelassen worden. Die Jugendschriften-Kommissionen des Pädagogischen Vereins zu Dresden und des Leipziger Lehrervereins haben die große Freundlichkeit gehabt, das Manuskript vor der Drucklegung einer eingehenden Durchsicht zu unterziehen und dem unterzeichneten Herausgeber eine Reihe wertvoller Winke zu erteilen, für die er auch an dieser Stelle seinen verbindlichsten Dank ausspricht.
So möge der freundliche Leser nach einem die Leipziger Schlacht verherrlichenden Sange des treuen Ernst Moritz Arndt die Stimme des friedlichen Bürgers in der von den Schrecken des Krieges umtobten Stadt vernehmen.
Dresden, im August 1904.
Dr. Siegemund.