Fritz Reuter
Polterabend-Gedichte
Fritz Reuter

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24. Für ein Kind, welches ein in einem Apfel verschlossenes Geschenk überreicht

Ihr großen, ihr klugen, verständigen Leute,
Ihr sitzet bedächtig und schüttelt den Kopf;
Ihr denkt an das Morgen und nicht an das Heute,
Und in eurem Nacken, da wackelt der Zopf.

Besucht euch die Freude, dann prüft ihr, dann schmeckt ihr,
Ihr faßt sie nicht jubelnd und lachend beim Schopf;
Ihr wägt in den Händen, dann riecht ihr, dann leckt ihr,
Und hinten im Nacken, da wackelt der Zopf.

Wir Kleinen, wir freilich sind gar zuviel dümmer,
Wir nehmen den Apfel, ob groß er, ob klein;
Wir freu'n uns am Gold und am rosigen Schimmer,
Wir nehmen den Apfel und beißen hinein.

Ich frage nicht, ob er vom Wurme gestochen,
Ob reif oder unreif, genug, er ist mein;
Ich habe noch nie an dem Apfel gerochen,
Man gab mir den Apfel, und ich biß hinein.

Marie, ich will heut' einen Apfel dir schenken,
Ich weiß nicht gewiß, ob er reif auch wird sein,
Doch nimm ihn, mein Herzchen, ohn' alles Bedenken,
Auf meine Verantwortung beiße hinein!

Vielleicht ist er etwas vom Wurm angestochen,
Vielleicht kann er inwendig hohl auch wohl sein,
Vielleicht ist zu zeitig vom Baum er gebrochen,
Doch lustig, Mariechen! Beiß fröhlich hinein!

Zu morgen wird euch auch ein Apfel geschenket
Von goldenem Glanz und von rosigem Schein.
Nicht wahr? Euch wird warm schon, wenn ihr daran denket;
Besinnt euch nicht lange, beißt lustig hinein!

Nicht wahr, lieb Mariechen? Du bist ganz zufrieden,
Du warst ja noch niemals ein mürrischer Tropf,
Du freust dich der Gabe, die ich dir beschieden,
Und schüttelst darob nicht den Kopf und den Zopf.


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