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Scene: Der Thorweg eines Hauses.
Im Hintergrunde das Thor, durch dessen einen geöffneten Flügel man die Straße sieht. Auf der rechten die Treppe, die nach den obern Stockwerken des Hauses führt; unweit der Treppe eine Kellerthüre. Abend. Die Straßenlaternen sind angezündet. so daß der Thorweg von dorther etwas Licht erhält.
Köck in Militärmantel und Mütze und Guste kommen Arm in Arm von der Straße.
Guste. Nein, Herzensjunge, nein! Laß mich jetzt gehen. Meine Herrschaft hat Damenbesuch und da muß ich Thee machen. Aber wenn du in einem Viertelstündchen wieder hier sein willst, so werde ich wohl einen Augenblick finden, wo ich zu dir herunter kommen kann.
Köck. Hole der Guckuk so einen Augenblick.
Guste. Was? Wünschest du den Augenblick, wo ich bei dir bin, zum Guckuk? (Sie macht sich von ihm los.) Schon gut, ich will mir es gesagt sein lassen. Adje! Adje!
Köck (sie haltend). I Herrje, Gustel, mache doch keine Sperenzien! Habe ich es denn so gemeint? Freilich wünsche ich den Augenblick zum Guckuk; denn siehst du, so ein Augenblick ist doch immer nichts weiter als ein Augenblick, wenn er auch ein Jahr lang wäre, und ich möchte gar zu gerne eine ganze Stunde oder einen ganzen Tag bei dir sein.
Guste. Wirklich? Ja, ja, wenn es nur so anginge, ich möchte es wohl auch.
Köck. Warum solltest du auch nicht, wenn dir so um's Herz ist wie mir: denn mir ist so wohl bei dir, wie einem Hasen im Kohl! 32
Guste. Ach, lieber Junge, wenn du nur ein bißchen Stadtbildung annehmen wolltest: unser Eins ist nun einmal daran gewöhnt.
Köck. Das hilft nichts, Gustel. Ich bin dir herzlich gut, aber deswegen will ich doch die Bildung behalten, die mir der liebe Gott gegeben hat.
Guste. Ach, ich meine, du solltest dir manierlichere Redensarten angewöhnen. Wenn du sagst, dir ist so wohl bei mir, wie einem Hasen im Kohl, kommt das nicht gerade heraus, als wenn du ein Hase wärst, und ich so dumm wie ein Kohlkopf?
Köck (lachend). I, Gustel, sei doch nicht so spitzfindig. Wie kann ich denn ein Hase sein? ich bin ja ein Grenadier. Und warum sollte ich dich denn einen Kohlkopf heißen. Ich wüßte doch nicht, was du gekohlt hättest? Nein. Ich meine es ehrlich und redlich und du weißt, daß ich dich von Herzen lieb habe.
Guste. Ja, du hast ein treues Gemüth; und wahrhaftig, wenn du nicht ein so gutes Herz hättest –
Köck. I, lieber wollte ich ja gar kein Herz haben, als eines, das dir nicht lieb wäre. Ich kann dir nicht beschreiben, wie gut ich dir bin. Siehst du, ich bin gewiß kein Mensch, der den Mädchen mit süßlichen Redensarten um den Bart geht, aber das kannst du glauben, wenn ich meines Herrn Stiefeln so recht blank gewichst habe, stehe ich ganz desparat davor, und seufze, und denke; ach, die Gustel ist doch noch viel blanker.
Guste. Denkst du das wirklich?
Köck. Ja, meine Seele, das denke ich. Die Liebe macht Einen ganz duselig, und manchmal möchte ich verzweifeln, wenn ich denke, wie lange wir uns noch so um nichts und wieder nichts lieben müssen, ehe wir uns heirathen können.
Guste. Ach, lieber Junge, daran dürfen wir vor der Hand gar nicht denken. Du bist arm.
Köck. Ein Hamster auf dem Felde ist reicher.
Guste. Ich habe noch nicht mehr als achtzig Mark in der Sparkasse. Wo soll es herkommen? Die Paar Marktpfennige wollen nicht viel sagen; das Lohn geht meistens für Kleider, Schuhe und Strümpfe drauf, und was etwa 33 übrig bleibt, – nun du weißt ja – das habe ich immer der Liebe geweiht und dir gegeben.
Köck. Das ist es eben; du hast mir schon so vielerlei gegeben, und ich habe dir erst ein paar Ellen Sackleinwand zu Küchenschürzen geweiht. Weißt du, was noch meine einzige Hoffnung ist? Ich denke, wenn mein Herr deine Frau heirathet, so kann es uns bei der Gelegenheit vielleicht auch mit glücken. Es wird doch wohl was draus werden?
Guste. Je nun, das Stubenmädchen, das doch immer um die Frau ist, meint, es würde wohl so kommen.
Köck. Hoffentlich; obgleich es ein dummer Streich ist. Deine Frau ist viel zu alt für meinen Herrn.
Guste. Nun, nun! Deinen Herrn drückt auch die Jugend nicht.
Köck. Freilich nicht so schwer wie ein Tornister; aber er ist doch kaum vierzig, und die Frau Räthin ist wohl auch da herum oder drüber, und die Frau soll doch jünger sein als der Mann.
Guste. Ja, das habt ihr Mannesvolk aufgebracht. Ist sie nicht mehr ganz jung, so hat sie doch Geld, und ist sie nicht mehr schön, so hat sie wieder Geld: das ist die Hauptsache. Was hilft mir meine Jugend und mein bißchen Larve? Es kräht kein Hahn nach mir.
Köck. I, Gustel, Gustelchen: ich krähe ja immerfort nach dir.
Guste. Nun ja – aber sonst. Kurz und gut, sie haben beide Recht: meine Frau braucht das Gnädige, und das kann ihr dein Herr geben, und dein Herr braucht Geld, und das kriegt er mit meiner Frau. Aber, du mein Himmel! was stehe ich hier und schwatze? Ich muß hinaus: sie werden auf den Thee warten, und auf den Zwieback. Also in einem Viertelstündchen! Ich habe schon etwas für dich bei Seite gesetzt; vielleicht findet sich noch eine Zugabe. (Sie küßt ihn.) Adje indessen! (Sie geht die Treppe hinauf.)
Köck (ihr nachsehend). Blitz noch einmal! Das nenne ich mir doch ein Mädchen! Wenn die auftritt, so knarren alle Stufen und man fühlt das Knarren bis in die Herzgrube hinein. Die ist nicht von den leichten Stadtdingern, bei denen man nicht pusten darf, wie beim Federnschleißen, 34 weil sie sonst auf und davon fliegen. Nein, meiner Six, die fliegt nicht auf und davon. Und treu ist sie wie Gold, gewiß und wahrhaftig wie Gold. So ist es auch recht: wir armen Leute müssen wenigstens Weiber haben, die treu sind wie Gold, denn anderes Gold kommt doch nicht an uns. Bei den Reichen ist es was Anderes: die brauchen es nicht. – Na, ich will gehen und unterdessen im Keller an der Ecke ein Glas Bier trinken. (Er geht einige Schritte.) Ei sieh doch, es regnet. Was thut es? Mein Mantel verträgt dreimal mehr Wasser, als ich Bier. Ach, Herr Je! ich wollte es schon vertragen, wenn ich es nur hätte! (Er geht zum Thore hinaus, während David die Treppe herunter geschlichen kommt, mit einer Laterne in der Hand.)
David allein.
David. Wenn ich nur wüßte, wo die Guste immer so lange bleibt, wenn sie ausgeschickt wird, oder was sie alle Augenblicke herunter zu laufen hat, wenn die Frau des Abends ausgeht oder Besuch hat. Es steckt etwas dahinter; ich muß mich aufs Spioniren legen. Es ist nur ein Unglück, daß ich etwas schwer höre; aber dafür sehe ich noch recht gut; und wo ich nur etwas zu sehen kriege, soll sie mir gewiß aus dem Hause. Sie ist mir zuwider, das naseweise Ding, das mich auslacht, weil ich eine Perrücke trage. Ich trage meine Perrücke mit Ehren: ich habe meine Haare nicht verloren in Saus und Braus, sondern in Wind und Wetter, in Mühe und Arbeit. Ich werde ihr das Lachen gedenken bis zum jüngsten Tage. Ich kann überhaupt die Jugend nicht leiden – hochmüthiges, naseweises Volk – ehrt kein Alter – hat nichts als Liebeleien im Kopfe. Pfui! Ich bin auch jung gewesen; aber die Frauensleute habe ich immer nur angesehen wie Hagebutten, herrlich, zinnoberroth von außen, aber von innen – Gott behüte. (Er schließt die Kellerthüre auf.) Ei, das regnet ja, als wenn es mit Kannen gösse. (Er geht in den Keller.) 35
Dürrfeld in Militärmantel und Mütze kommt von der Straße. Später David, zuletzt Guste.
Dürrfeld (sich schüttelnd). Teufel noch einmal! der Regen fällt in Strömen vom Himmel nieder. Ich bin sonst wohl der Mann nicht, den ein paar Eimer Wasser aus der Fassung bringen, aber so ein Platzregen, das ist doch zu toll. Nun, ich will das schlimmste hier abwarten. – – Ob ich einen Augenblick hinausgehe zur Commerzienräthin? – Nein! sie hat heute Damenbesuch; da ist doch nichts zu machen. – Weiß der Teufel, was dahinter steckt, daß sie mit ihrem Ja immer noch nicht herausrücken will. Der Dienst fängt an, mir unbequem zu werden; auf Avancement ist im Frieden nicht zu hoffen; ich möchte meinen Abschied nehmen, und dazu gehört Geld. Es wäre zum Todtschießen, wenn mir die hunderttausend Thaler der Commerzienräthin entgingen. (Er geht nach dem Hintergrunde. Unterdessen kommt David aus dem Keller mit dem ausgegangenen Lichte und zwei Flaschen.)
David. Halt! da ist jemand. (Er tritt hinter die Kellerthüre zurück.)
Dürrfeld (zurückkehrend). Ich muß das Ding anders angreifen, oder vielmehr nicht bloß angreifen, sondern Sturm laufen.
David (für sich). Sieh doch! der Herr Hauptmann.
Dürrfeld. Sturm laufen, ehe Bresche geschossen ist? Das wäre doch ein gefährliches Wagestück. Aber wie soll –
Guste kommt eilig die Treppe herab und fällt Dürrfeld, der unweit der Treppe steht, um den Hals.
Guste (schnell). Da, lieber Junge, da! Hier ist ein Töpfchen Bratenschmalz (sie steckt ihm ein zugebundenes Töpfchen in die Manteltasche) und hier ein Nickel dazu. Mehr habe ich heute nicht. Komm nur morgen wieder: früh kriege ich Marktgeld und zu Mittag giebt es Gänsebraten; da kann es mehr setzen. Adje! ich habe keine Minute Zeit. (Ihn küssend.) Adje! Adje! (Sie springt wieder die Treppe hinauf.)
David (für sich). O abscheuliche Creatur! das war die Guste. 36
Dürrfeld. David.
Dürrfeld (sich von seinem Staunen erholend). Donnerwetter, was war das? Ist heute Walpurgis und hier der Blocksberg? – Nein! es ist nicht möglich. (Er greift in die Manteltasche und bringt das Töpfchen hervor.) Doch! so wahr ich lebe! ein Töpfchen Schmalz. Himmel und Erde! Mir, einem Hauptmanne der königlichen Infanterie ein Töpfchen Schmalz! Halt! da war ja noch – –Wäre es möglich? (Er greift wieder in die Tasche.) Ja – bei allen Donnerwettern! – ein – 10 Pfennigstück. Höllenelement! mir ein 10 Pfennigstück! Nun wahrhaftig, das nenne ich ein X für ein U! Hahaha!
David (für sich). Worauf mag er nur noch warten? Ob sie wiederkommen will?
Dürrfeld. Ein Dienstmädchen – freilich; aber bei wem dient sie hier im Hause? Die fetten Geschenke sollte wohl der Liebhaber bekommen – vermuthlich ein Soldat – sonst hätte sie uns nicht verwechseln können; aber wer ist der Vaterlandsvertheidiger, den die Liebe so belohnen will? – Was mache ich mit ihren Gaben? Wegwerfen? Schon um der Liebe willen nicht. Ich will sie meinem Burschen schenken, wenn sich das Räthsel nicht löst. Man thut der Welt großes Unrecht, wenn man sie lieblos schilt: es ist ja so viel Liebe darin, daß sie unter den Thorwegen ihre milde Hand aufthut. (Er geht zum Thore hinaus.)
David allein.
David (hervorkommend). Schöne Geschichten: die Guste und der Herr Hauptmann! Es war doch gut, daß mir das Licht ausging, sonst hätte ich sie nicht belauschen können. Wenn ich nur gehört hätte, was sie sprachen. Was thut es? gesehen habe ich doch, daß sie sich um den Hals gefallen sind und sich geküßt haben. Es ist schauderhaft. 37
David, Guste.
Guste kommt mit einer Laterne und einem Regenschirm die Treppe herab. Der Regen hört langsam auf.
Guste. Heute ist wieder einmal der Guckuk los mit Laufen und Rennen. (Sie wird David gewahr.) Ei David! Was macht Er denn hier?
David. Das sieht Sie wohl: ich habe Wein geholt.
Guste. Was? Er ist so lange nach Wein gewesen? (Lachend.) Nun da sieht Er, das kommt davon, wenn man kriecht wie eine Schnecke.
David. I ja: Eins verspätet sich, weil es kriecht wie eine Schnecke, das Andere, weil es einem guten Freunde um den Hals fällt.
Guste (leise). Verwünscht: der infame Kerl hat mich belauscht. (Laut.) Nun, mache Er nur, daß er hinauf kommt. (Sie geht zum Thor hinaus.) Hahahaha!
David allein.
David (ihr nach). Warte nur! Du sollst am längsten über mich gelacht haben. Die Frau Räthin soll alles wissen, damit sie beide ausfegt. Es fügt sich alles glücklich. Der Hauptmann kriegt den Abschied und es wird nicht geheirathet. Das Heirathen ist mir in der Seele zuwider: die gute alte Hausordnung, die ich selber mit gemacht habe, würde über den Haufen geworfen. Ei, sie soll stehen bleiben. Die Frau Räthin ist in den Jahren der Frömmigkeit; wozu braucht sie einen Mann! Nein! christlich betrachtet, sie braucht keinen Mann; sie braucht wahrhaftig keinen. Sie kann selig sterben ohne Mann. (Er geht die Treppe hinauf.)
Köck kommt von der Straße.
Köck. Na, es regnet nicht mehr; aber ein Wunder wäre es nicht, wenn unser Herrgott wieder einmal eine Sündflut schickte: die Welt taugt hinten und vorn nichts mehr, denn das Bier wird alle Tage dünner und schlechter. – 38 Wenn ich nur nicht zu spät komme. Da hätte mir der Platzregen einen verwetterten Streich gespielt; die Gustel würde böse sein und die Gustel ist mein Stecken und Stab. Ach! wir Soldaten können von dem bißchen Löhnung und Commißbrot nicht leben, es reicht nirgends hin; wir müssen von der Liebe leben, wenn wir nicht von der Luft leben wollen.
Köck. Guste.
(Guste kommt von der Straße, wo sie früher abgegangen).
Guste. I wer ist denn das? (Ihm in das Gesicht leuchtend.) Du bist es Georg?
Köck. Freilich bin ich es, Gustelchen. Wer sollte ich denn sonst sein?
Guste. Wo kommst du denn jetzt her, lieber Junge?
Köck. Wo werde ich denn herkommen? Aus dem Bierkeller an der Ecke.
Guste. Nun, was willst du denn hier?
Köck. Was ich will? Nichts will ich. Denkst du denn, daß ich immer was will?
Guste. Aber was machst du hier?
Köck. Muß ich denn immer was machen? Ich warte auf dich und auf das Andere.
Guste. Das Andere? Was ist denn das für ein Anderes?
Köck. Nun, was du für mich auf die Seite gebracht hast.
Guste. Das hast du ja schon.
Köck. Das habe ich schon?
Guste. Habe ich dir es etwa nicht vorhin gegeben?
Köck. Du hast mir es gegeben?
Guste. In die Manteltasche habe ich dir es gesteckt. (Sie greift ihm in die Manteltasche.) Sie ist leer.
Köck. Na, da siehst du! leer wie mein Magen. Was war es denn?
Guste. Habe ich dir es denn nicht gesagt? Ein Töpfchen Bratenschmalz.
Köck. Höre ich denn auch recht? ein Töpfchen Bratenschmalz?
Guste. Und ein Nickel dazu. 39
Köck (die Hände ringend). Ein Nickel! Ach! und ich geschlagener Soldat! Ein Töpfchen Schmalz und ein Nickel – – und ich Unglücksvogel habe nichts gekriegt.
Guste. Was soll das heißen? Ist dir das Bier in den Kopf gestiegen?
Köck. Ach zum Teufel! das Bier fühlt man kaum im Magen, geschweige denn im Kopfe.
Guste. Also willst du mir meine Geschenke abläugnen, du abscheulicher Mensch?
Köck. Hole der Henker solche Geschenke!
Guste. Was? du verachtest sie? du undankbarer Mensch! wenn es auch nicht viel ist, solltest du doch auf die Hand sehen, die es giebt.
Köck. Ja doch, ja; ich will dir ja mein ganzes Leben lang auf die Hand und auf die Finger sehen – nur her mit dem Töpfchen Schmalz und dem Nickel!
Guste. Was? Noch immer? Willst du mich zum Narren haben?
Köck. Zum Weibe! zum Weibe! Gieb nur her!
Guste. O ich sehe wohl, wo du hinaus willst. (Weinend.) Du willst mich los werden zum Danke für meine Herablassung. O! das kannst du wohlfeiler haben. Denkst du, ein Stadtmädchen macht sich so viel aus einem ungebildeten Bauerburschen? Es geschieht mir schon Recht: das kommt davon, wenn man seinen Stand vergißt. Geh deiner Wege! ich will nichts mehr von dir wissen.
Köck. (der sich ein wenig gefaßt hat). Spaß appart, Gustel! sei vernünftig, bitt' ich dich, sonst muß ich ja absolut ein Narr werden. Siehst du, seit du mich herbestellt und mir gesagt hast, ich sollte in einem Viertelstündchen wieder kommen, seit der Zeit bin ich ja mit keinem Fuße hier gewesen.
Guste. Was? Nicht hier gewesen? (Sie zieht ihn auf die Stelle, wo sie früher Dürrfeld umarmt hat.) Hier standest du – und so kam ich die Treppe herunter, und weil ich sehr pressant war, fiel ich dir in der Geschwindigkeit um den Hals – –
Köck. Dem Satan bist du um den Hals gefallen, aber nicht mir.
Guste. Ich kann dir es ja beweisen. Der verwünschte David hat uns hier irgendwo aufgepaßt, hat gesehen, daß 40 ich dir um den Hals gefallen bin und hat es mir schon vorgeworfen.
Köck. Er hat es gesehen? Und wenn der Kerl hundert Katzenaugen im Kopfe hat, er kann es doch nicht gesehen haben, – wenn ich nicht schon bei lebendigem Leibe spuke.
Guste. Nun packe dich fort! Denkst du, ich sehe nicht durch? Einer Andern, vermuthlich der rothköpfigen Kellermagd, hast du geschenkt, was ich dir gegeben habe; und nun kommst du und willst mehr haben, um es ihr wieder hinzubringen. Geh, du Unwürdiger! ich verachte dich. Nein, du bist meiner Verachtung gar nicht werth. (Sie will gehen.)
Köck. (erschrocken sie haltend). Höre, Gustel, höre doch und laß mit dir reden. Ich liebe dich ja ganz allein, und, Gott mag es wissen, wenn du mir die Sachen wirklich gegeben hast, so mag ich sie wohl gekriegt haben.
Guste. Freilich hast du. Aber warum verstellst du dich? Das ist ein dummer Spaß.
Köck. Blitz und Hagel! es ist kein Spaß.
Guste. Was? willst du wieder –?
Köck. Behüte, Gustel, behüte! Aber weißt Du nicht, was ich damit gemacht habe?
Guste. Ich habe es nicht gesehen. Du bist vermuthlich damit fortgegangen.
Köck. Ja – freilich – Und dann habe ich vielleicht das Schmalz aufgegessen, ohne es zu merken.
Guste. Ach, du Hanns Dampf! Es war Bratenschmalz, gar nicht zum Essen, sondern zum Kartoffelanmachen; und die Kartoffeln solltest du dir für den Nickel dazu kaufen.
Köck (außer sich gerathend). Kartoffeln mit Bratenschmalz! So schlage das Donnerwetter drein. Nun ist es aus; nun ist alles aus. Die ganze Welt ist mir feil für Kartoffeln mit Bratenschmalz – – und ich habe nichts davon gekriegt – wenn ich wenigstens mitgegessen hätte – aber er hat alles allein verschlungen.
Guste. Wer hat es verschlungen? Bist du verrückt?
Köck. Denkst du, ich merke es nicht? Du hast noch irgend einen andern Schlingel außer mir; dem hast du es gegeben – –
Guste. Du hast es gekriegt! du! du! du! 41
Köck (vor Wuth springend). Pestilenz! ich habe nichts gekriegt. Ich wollte die ganze Welt fragen, wenn sie sonst hier wäre (ins Publikum hinaus) habe ich was gekriegt? Hat Einer gesehen, daß ich was gekriegt habe?
Guste. Die ganze Welt würde Ja sagen.
Köck. Sie würde Nein sagen; und ich will mich nicht zum Narren machen lassen von einer –
Guste. Von was für einer? (Sie will ihm eine Ohrfeige geben.)
Köck (zurückweichend). Du! wenn du einen königlichen Soldaten schlägst, so wirst du füsilirt.
Commerzienräthin Zirbels Stimme (oben). Guste!
(Köck läuft zum Thore hinaus; Guste nimmt Laterne und Regenschirm wieder auf und springt die Treppe hinauf, während der Vorhang fällt.)