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Karl. Ajaxerle. Vorige.
Karl (im Bauernkleide, stürzt auf Lottchen zu).
Lottchen, liebes, gutes Lottchen! Sprech ich dich endlich einmal!
Lottchen (ihre Freude zurückhaltend).
Karl! ach mein lieber, lieber Karl!
Karl.
Wie? so lange sind wir getrennt, und du empfängst mich so kalt, so herzlos?
Lottchen.
Aber Karl, dieser Herr –
Karl.
Ah, was liegt uns an den Herrn, das scheint gar eine ehrliche Haut zu sein. Nicht wahr, lieber Freund, Sie nehmens nicht übel?
Ajaxerle (als schwäbischer Handelsmann, trägt einen Kaput mit zinnernen Knöpfen, dreieckigten Hut).
Ah freilich, genieren Sie sich nicht, deswegen sind wir ja da.
Karl.
Ja, wenn ich mein Lottchen sehe, da vergesse ich auf die ganze Welt. (Umarmt sie.) Ach Lottchen, was wird aus uns werden? Ich hätte mich noch nicht heraufgetraut, wenn du mich nicht durch diesen Herrn hättest rufen lassen.
Lottchen.
Durch diesen Herrn?
Karl.
Jawohl, dieser Herr kam heute zu mir auf den Markt und sagte, du hättest ihn geschickt, mich zu dir zu führen, wenn dein Vater ausgeht.
Lottchen.
Aber Karl, was ist denn das, ich kenne ja diesen Herrn gar nicht?
Karl.
Wie?
Ajaxerle.
Ja, wissen Sie, warum Sie mich nicht kennt? Sie hat mich noch nie gsehen.
Karl.
Herr, wie können Sie sich unterstehn, mit uns Spaß zu machen?
Ajaxerle.
Ich will mir aber ein Spaß machen, ich will euch glücklich machen. Ihr Tausendsappermenter! Schlagts ein, verlaßt euch auf mich, ich bin ein ehrlichs Büble. Ich darf euch noch nicht sagen, was ich bin, aber unter uns gesagt ich bin was. Erstens bin ich ein Schwabe, und dann bin ich noch was, und wenn binne zwei Tagen nicht Hochzeit wird, so könnts mir was antun. Verlaßts euch nur auf mich, ich werd den Bauer schon herumkriegen und sagt er nein so ist bis heute abend doch die ganze Pastete in Ordnung. (Zu Karl.) Gehen Sie nur getrost nach Haus und warte Sie auf mich in Ihrer Hütte.
Lottchen (springt vor Freude).
Ists möglich? Ach Karl, wir wollen ihm vertrauen –
Wurzel (von innen).
Aufdecken lassen!
Lottchen.
Himmel! Der Vater kömmt zurück! Ach, wenn er dich sieht, so ist alles verloren.
Karl.
Leb wohl, ich entspringe. (Will abgehen.)
Lottchen.
Du läufst ihm ja entgegen. Ich will sehen, ob er nach dem Garten geht, dann schnell hinab, sonst sind wir verloren. (Eilt schnell ab.)
Ajaxerle (ihr nachrufend).
Fürchte Sie sich nicht! Bleibe Sie da!
Karl.
Verdammte Geschichte, der Alte kommt herauf.
Ajaxerle.
Das macht nichts, er wird uns nicht beiße. Aber weil ich das Ding gar fein anstelle will, so schlupfe Sie derweile in den Kasten hinein.
Karl (probiert am Kasten).
Er ist verschlossen!
Ajaxerle.
Warte Sie, er wird gleich offen sein! Ich hab ja mein Werkzeugle bei mir. (Er zieht schnell einen Zauberkreis, ein kleines Buch und ein kurzes Stäbchen aus der Tasche, stellt sich in den Kreis und schnattert die Worte.) Pitschill! Putschill! Frisill! sauf! Kästerle! Kasterle! tu dich doch auf! (Schlägt mit dem Stab auf das Buch. Der Kasten springt auf und verwandelt sich dadurch in eine transparente Laube mit einem Rasensitz. Karl springt erstaunt hinein, die Flügel schließen sich, und der Kasten steht wieder wie vor da. Ajaxerle steckt seine Zauberrequisiten ein.)
Lottchen (stürzt herein).
Es ist umsonst, er folgt mir auf dem Fuß! Wo ist Karl?
Ajaxerle (deutet auf den Kasten).
Den hab ich aufghoben, im Kasten da drin.
Lottchen.
Unter der alten Wäsche?
Ajaxerle.
Ja wohl, bei die alten Strümpf, damit doch ein neuer auch dabei ist.
Lottchen.
Still, der Vater kommt.
Wurzel. Vorige.
Wurzel.
Nun, was ist denn für ein Gejage über die Stiegen? (Sieht Ajaxerle.) Was ist das für eine Figur? Wer hat denn das Gsicht hereingelassen? Nu, was gibts? Sind wir was? Wollen Sie was? mit Ihrer dreieckigten Physiognomie?
Ajaxerle.
Könnt ich nicht die Ehre haben, mit Ihnen zu sprechen?
Wurzel.
Nun, die Ehr hat Er ja schon. Nur heraus mit der Katz aus dem Sack.
Ajaxerle.
Sie werden mich wahrscheinlich schon kenne?
Wurzel.
Ich? woher denn?
Ajaxerle.
Ich bin der Martin Haugerle und bin Schneckenhändler aus dem Reich.
Wurzel.
Und wegen den soll ich Ihn kennen? Vielleicht weil Er so schlampicht ist wie ein Schneck? Hinaus mit Ihm, oder Er wird mich kennenlernen.
Ajaxerle.
Oh, ich habs schon ghört, Sie sind ein Tiger, mir hats mein Vetter gschrieben, der arme Fischerkarl, daß Sie so unbarmherzig mit ihm umgehen, und darum bin ich herabgereist.
Wurzel.
Auf der Schneckenpost?
Ajaxerle.
Und will für ihn um das Mädle anhalte. Sie haben ihm vor drei Jahren Ihr Ehrenwort gegeben, und das müssen Sie halten.
Wurzel.
Was sind das für Keckheiten? Ich werd unsinnig. Erstlich untersteht Er sich, dem Taugenichts sein miserablicher Vetter zu sein, und zweitens wagt Ers und halt um meine Tochter an, für den liederlichen Fischer?
Ajaxerle.
Schimpfe Sie nicht, er ist ein bravs Männle, und ein Bürschle wie die gute Stund.
Lottchen.
Ach ja Vater, er trübt kein Wasser.
Wurzel.
Ein Fischer – und trübt kein Wasser? und pritschelt den ganzen Tag darin herum. (Streng zu Lottchen.) Du schweigst! und wenn du dich nicht in meinen Willen fügst und immer vom Wald phantasierst, du melancholische Wildanten, und mir noch einmal dein Bauerngwand heimlich anziehst, was dadrin in einem Pünkel versteckt hast, und nichts als Fisch und Wasser im Kopf hast, so gib acht, wie ich dich durchwassern werde, einen Wolkenbruch laß ich auf deinen Buckel niedergehen, wannst nicht den alten Millioneur heuratst.
Lottchen.
Ach, was bin ich für eine arme Närrin!
Wurzel.
Just, wenn man eine arme Närrin ist, muß man suchen, auch Millioneurin zu werden, so verzeihen einem doch die Leut die Narrheit leichter. Ein Fischer heiraten wollen – dieses unsichere Metier, bis er einen Fisch fangt, kommen ihm hundert aus. Da heirat lieber einen von den seinen Schnecken, so kriegst doch einen Hausherrn.
Lottchen.
Vater, bringen Sie mich nicht auf das äußerste. Hören Sie meinen Schwur: Ich verachte alle Reichtümer Ihrer Stadt und werde nie, nie von meinem armen Karl lassen.
(Es donnert sehr stark.)
Ajaxerle.
Haben Sie ghört, den Pumperer?
Wurzel.
War das ein Donner? desto besser, vielleicht schlagt der Donner drein, so darf ichs nicht tun. (Zu Lottchen.) Du willst also nicht von den Fischer lassen?
Ajaxerle.
Nein, und recht hat s'! wissen Sie das? Und wenn Sie ihr den Burschen nicht geben, so wirds Ihnen reuen, so viel Haarle Haar Sie auf Ihren Strobelkopf haben, auf Ihren bockbeinigen.
Wurzel.
Nun gut, so hören Sie denn auch meinen Schwur, Sie Vorsteher der würdigen Schneckenzunft. (In diesem Augenblick kommt hinter Wurzel ein kleiner Satyr mit Pferdefüßen, auf einer abgebrochenen Säule sitzend, aus der Versenkung. Er hat eine schwarze Tafel und schreibt Wurzels Schwur darauf.) Nicht eh darf diese Verbindung vollzogen werden, bis aus dem Blut, das wie geschmolznes Eisen glüht, ein Himbeergefrornes wird – bis diese kräftgen Zwillingsbrüder, meine Fäust, so kraftlos sind, daß ich nicht einmal einen Kapauner mehr transchieren kann – bis dieses kienrußschwarze Haupt sich in einen Gletscher verwandelt – kurz, bis ich so ausschau, daß ich auf den Aschenmarkt hinaus ghör! – Dann fragen Sie sich wieder an, mein lieber Schneckensensal, dann halt ich Ihren Fischer mein Wort.
Ajaxerle (rasch).
Schlage Sie ein, es gilt! (Hält die Hand hin.)
Wurzel (schlägt ein).
So wahr ich auf der Welt bin, und jetzt – (stark) Punktum!
Satyr (mit kräftiger Schadenfreude).
Satis! (Er hat bei den Worten Wurzels: »So wahr ich auf der Welt bin« geendet. Schlägt bei dem Wort: »Satis« mit der flachen Hand auf die Tafel, macht dann schnell eine drohende Bewegung hinter Wurzel und versinkt wieder.)
Ajaxerle.
So, und jetzt lebe Sie wohl, Sie Herr von Wurzle. Vergesse Sie nicht auf Ihren Schwur, malträtiere Sie nur das arme Mädle da, verachte Sie den ehrlichen Bauernstand, halte Sie sich an Ihre Saufbrüderle. Aber weh Ihnen, wenn Sie den Schneckenhändler aus den Reich wieder einmal zu Gesicht kriege werde. Verstehe Sie mich? Weh Ihne! das merke Sie sich wohl, Sie Hasenfuß. (Läuft ab.)
Wurzel (ergreift im Zorn einen Stuhl und eilt ihm nach).
Wart, du schwäbische Krautstauden! (Ab.)