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Monimia. Phödime.
Phödime. Wie, du bist hier, wenn Mithridat sich naht,
Wenn Alles ans Gestade eilt, um dort
Ihn zu begrüßen? Herrin, sprich, was hast du,
Was hält dich plötzlich hier zurück? Wird er
Verletzt nicht sein, der so dich liebt,
Der fast dein Gatte schon?
Monimia. Noch ist er's nicht;
Bis dahin, sollt' ich meinen, ziem' es sich,
Phödime, hier ihn zu erwarten.
Phödime. Doch
Er ist ja kein alltäglicher Geliebter;
Bedenke, daß dem großen König dich
Dein Vater selbst hat angelobt. Du hast
Von ihm ein feierliches Pfand der Liebe,
Das am Altare er bestät'gen kann,
Sobald er will. O folge meinem Rath,
Eil' ihm entgegen, Herrin, zeig' dich ihm.
Monimia. In solchem Zustand soll ich vor ihn treten?
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Mein Angesicht in Thränen! Rathe mir,
Statt ihn zu suchen, daß ich mich verberge.
Phödime. Ihr Götter, was vernehm' ich' da!
Monimia. O Heimkehr,
Die mir den Tod bringt! Ach, ich Unglücksel'ge,
Wie soll ich mich vor seinen Augen zeigen,
Das Diadem im Haar und Qual im Herzen?
Phödime, du verstehst mich, siehst, wie ich
Erröthe.
Phödime. So verfällst du in den Gram
Aufs Neu', der dir in Griechenland so viel
Der Thränen schon gekostet? Xiphares
Tritt immer wieder dir vor deine Seele?
Monimia. Mein Unglück ist noch größer, als du ahnst.
Nur mit der Tugend, mit des Ruhmes Glanz,
Stand damals im Gedächtniß mir sein Bild,
Doch wußt' ich nicht, daß er in Liebe glühte.
Phödime. Dich liebt er, Fürstin? Er, der edle Held?
Monimia. Ist so unglücklich, wie ich elend bin.
Er liebt mich und was hier ich hab' erduldet,
Erlitt er anderswo in gleichem Maß.
Phödime. Und weiß er, wie du gegen ihn gesinnt?
Weiß er, daß du ihn liebst?
Monimia. Er weiß es nicht.
Die Götter waren hülfreich mir. Mein Herz
Bezwingend sagt' ich Nichts, zum mindesten
Nur halbe Worte. Wüßtest du, wie schwer
Mir's ward, das Schweigen zu bewahren! Freundin,
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Wenn's möglich ist, so seh' ich nie ihn wieder.
Wie ich mich auch beherrschte, säh' ich ihn
In Schmerz, ach, ich vermöchte nicht zu schweigen!
Er wird mir mein Geheimniß noch entlocken,
Doch liebt er mich, wird er sich deß nicht freun,
Sein ungeahntes Glück verkauf' ich ihm
So theuer, daß er's besser nicht erfährt.
Phödime. Man kommt. Was willst du thun, Gebieterin?
Monimia. So kann, so will ich nicht vor ihm erscheinen.
Mithridat. Pharnazes. Arbates. Wachen.
Mithridat. Ihr Fürsten, wie ihr's auch entschuld'gen wollt,
Es hat die Pflicht euch nicht hierher geführt.
Ihr durftet nicht in dieser Zeiten Drang,
Du Pontus nicht und du nicht Kolchos, welches
In eure Hut gegeben war, verlassen.
Doch Richter ist ein Vater, der euch liebt.
Ihr glaubtet dem Gerüchte, das ich selbst
Verbreitet; da ihr's wünscht, so will ich euch
Für schuldlos halten und den Göttern dank' ich,
Daß sie uns hier aufs Neu' vereinten. Bin
Ich auch besiegt und nah dem Untergang,
So sinn' ich doch auf einen neuen Plan,
Der meines Muthes würdig ist. Bald werdet
Ihr Näheres davon erfahren. Doch
Nun geht, damit ich kurzer Ruhe pflege.
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Mithridat. Arbates.
Mithridat. So siehst du mich nach einem Jahre wieder,
Nicht Mithridat, wie sonst, den Glücklichen,
Der die Geschicke Roms in Händen wog
Und zwischen Rom und mir die Welt im Schwanken
Erhielt. Ich bin besiegt! Pompejus hat
Den Vortheil einer Nacht benutzt, wo für
Die Tapferkeit nur wenig Raum geblieben.
Das Heer fast nackt, von Dunkelheit erschreckt,
Die Reihen schlecht geschlossen und bewacht,
Unordnung, durch Allarmgeschrei vermehrt,
Die eignen Waffen gegen uns gerichtet,
Der Rufe dumpfer Wiederhall am Felsen,
Kurz, alle Schrecken eines Nachtgefechts!
Was half in solcher Wirrniß Tapferkeit?
Die Einen fielen und die Andren flohn,
Ich selbst verdanke mein Entkommen nur
Der Todesnachricht, die ich über mich
Verbreitete. So kam ich unerkannt,
Den Phasis überschreitend, bis zum Fuß
Des Kaukasus und sammelte auf Schiffen,
Die im Euxin dazu bereit schon lagen,
Die Trümmer des versprengten Heers aufs Neue.
Solch Unglück führte mich zum Bosporus,
Und, ach! noch größres Unglück find' ich hier.
Du siehst mich noch von gleicher Liebe glühen,
Und dieses Herz, von Blut genährt und dürstend
Nach Krieg und Schlacht, schleppt trotz der Last der Jahre
Und des Geschicks, das mich verfolgt, die Fesseln
Der Neigung zu Monimien mit sich fort
Und findet in zwei undankbaren Söhnen
Zwei Feinde, die es mehr als Alles haßt.
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Arbates. Zwei Söhne, Herr?
Mithridat. Hör' mich! Trotz meines Zorns
Vermeng' ich Xiphares nicht mit dem Bruder.
Ich weiß, daß meinem Willen gern sich fügend
Er unsre Feinde so wie ich stets haßte;
Ich sah, wie mir zu Lieb' er tapfer war
Und meinen Beifall zu verdienen suchte;
Ich weiß sogar, wie er verzweiflungsvoll
Und nur die Pflicht im Auge, was die Mutter
Treulos verbrochen, gut zu machen suchte,
Und neuen Ruhm aus ihrer Schuld gewann.
Nein, nein, ich glaub' es nicht, ich kann's nicht denken,
Daß mich der treue Sohn hat kränken wollen.
Was aber wollten Beide hier? Verstieg
Sich ihre Kühnheit gar so weit, daß sie
Sich um die Hand der Königin bewarben,
Wem von den Beiden schien sie zugeneigt?
Wie soll ich selbst mich gegen sie verhalten?
Sprich. Wie mich auch die Sehnsucht zu ihr zieht,
Ich muß erst über Beide Auskunft haben.
Was ist geschehn, was sahst du und was weißt du?
Seit wann, warum hast du den Platz geräumt?
Arbates. Acht Tage, Herr, ist's, seit Pharnazes sich
Voll Ungeduld an dieser Wälle Fuß
Gezeigt. Er forderte sogleich den Einlaß
Und stützte auf die Todesnachricht sich dabei,
Die aber schien mir übereilt zu sein.
Ich hätte nicht darauf gehört, wenn nicht
Sein Bruder mehr durch Thränen, als durch Worte
Bei seiner Ankunft mir's bestätigt hätte.
Mithridat. Nun, wie war ihr Verhalten denn? 190
Arbates. Pharnazes
War kaum herein, als er der Königin
Von seiner Leidenschaft zu reden eilte
Und sich erbot, durch Hymens Band ihr bald
Das Diadem, das sie von deiner Hand
Erhielt, zu sichern.
Mithridat. Ha, er ließ ihr nicht
Einmal die Zeit, die Thränen mir zu weihn,
Die sie der Asche schuldete. Der Bruder?
Arbates. Der Bruder, Herr, verrieth bis heute Nichts
Von Liebesplänen, die er etwa hegte;
Er schien im Einklang stets mit dir zu sein
Und nur auf Rache und auf Krieg zu sinnen.
Mithridat. Was aber, sprich, hat ihn hierher geführt?
Arbates. Das, Herr, erfährst du früher oder später.
Mithridat. Sprich, ich befehl's, ich will das Alles wissen!
Arbates. Der Fürst, wenn ich ihn recht verstanden habe,
Vermeinte, daß dies Land nach deinem Tode
Zu seinem Reich gehör', und ohn' ein andres
Gesetz, als seinen Muth, zu kennen, dacht' er
Sich mit Gewalt sein Erbtheil anzueignen.
Mithridat. Ha, das ist das Geringste nur, worauf
Er rechnen darf, wenn mir mein fernres Loos
Der Himmel zu bestimmen gönnt. Arbat,
Ich athme wieder auf. Wie bin ich froh!
Gezittert hab' ich um den theuren Sohn;
Mir bangt', in ihm die Stütze zu verlieren
Und einen Nebenbuhler gar zu finden.
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Pharnazes komme nur und kränke mich,
Er strebte lange schon, mir zu mißfallen;
Im Stillen hing er stets den Römern an
Und wider Willen nur erklärt' er sich
Als ihren Feind. Wenn ihm Monimia
Die Liebe, welche sie mir schuldig ist,
Entgegenbringt, dann weh' dem Frechen, der
Sie mir entreißen will, der mich zu kränken
Wohl frech genug, jedoch zu feige, mir
Zu dienen. Liebt sie ihn?
Arbates. Die Kön'gin, Herr!
Mithridat. Ihr Götter, die ihr meine Liebe seht
Und meinen Haß, schont mich in meinem Unglück;
Verhindert, daß ich das nicht finde, was
Ich suche. Doch genug. Laß mich, Arbat,
Mit ihr allein.
Mithridat. Monimia.
Mithridat. Jetzt endlich, Fürstin, führt
Der Himmel mich aufs Neu' in deine Nähe
Und meinen liebsten Wunsch erfüllend zeigt
Er meiner Liebe schöner dich, denn je.
Ich dachte nicht, daß uns der Tag des Hymen
So spät erscheinen, noch daß meine Rückkehr
Statt Liebesglück mir Unglück bringen würde.
Und doch ließ Liebe mich von allen Orten
Nur den erwählen, wo du selber weilst,
Und jedes Unglück wird mir süß erscheinen,
Wenn dir kein Unglück meine Gegenwart.
Dies, wenn du mich verstehn willst, ist genug,
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Du mußtest längst auf diesen Tag gefaßt sein.
Du trägst ein Pfand der Treue, welches
Dir täglich kündet, wem du angehörst.
So mög' denn heut' der Bund geschlossen werden,
Die Ehre ruft uns Beide von hier fort,
Und keinen Augenblick verlierend laß
Mich heut dein Gatte sein und morgen reisen.
Monimia. Dein ist die Macht, o Herr! Die mir das Leben
Geschenkt, sie traten jedes Recht auf mich
Dir ab, und wenn du es gebrauchen willst,
So ist Gehorsam meine einz'ge Antwort.
Mithridat. So willst du wie ein Opferlamm, das sich
Dem Joche beugt, nur zum Altare gehn,
Und ich soll, ein Tyrann des Herzens, das
Mir widerstrebt, selbst wenn ich dich besitze,
Dir Nichts verdanken; Fürstin, kann mir das
Genügen? Soll auf deine Gunst verzichtend
Ich nur noch streben, dein Tyrann zu werden?
Bringt mir mein Unglück nur Verachtung ein?
Ha, ständ' auch nirgends mehr ein Weg mir offen,
Mir neue Länder zu erobern, hätte
Mein Mißgeschick mich tiefer noch gestürzt,
Eilt' ich besiegt, verfolgt, der Hülf' entblößt
Und ohne Land, von einem Meer zum andern,
Mehr dem Piraten, als dem König gleichend,
Umher, und blieb' statt alles Andern dann
Mir nur der Name Mithridat, so wisse,
Daß ich, von dieses Namens Glanz umstrahlt,
Den Blick des Weltalls auf mich ziehen würde,
Und daß kein König ist, wenn er den Namen
Verdient, der, ob sein Thron auch fest und sicher,
Nicht höher als den eignen Ruhm das Schicksal
Des sturmverschlagnen Mannes schätzen würde,
Den Rom in vierzig Jahren kaum besiegte,
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Und sähst du mich nicht selbst mit andren Augen,
Wenn jene Griechen, deine Ahnen, noch
In dir lebendig wären? Da ich doch
Einmal dein Gatte werden soll, wär's da
Nicht edeler und würdiger zugleich,
Daß du zur freien Wahl die Pflicht erhöbst,
Durch deine Achtung mich im Unglück stärktest,
Mit holdem Worte meinen Schmerz bekämpftest
Und jenes Mißtraun, das dem Unglück folgt?
Wie, hast du Nichts, o Fürstin, zu erwidern,
Und dient mein Eifer nur, dich zu verwirren?
Du gönnst mir ja kein Wort, ich aber sehe,
Wie du mit Mühe deine Thränen birgst.
Monimia. Ich habe keine Thränen zu vergießen,
Herr, ich gehorche, – ist das nicht genug?
Mithridat. Nein, mir ist's nicht genug. Ich sehe klarer
Ins Herz dir, als du glaubst; ich seh's, man hat
Die Wahrheit mir gesagt. Durch deine Worte
Ward meine Eifersucht nur mehr begründet.
Ich sah, daß mein verrätherischer Sohn,
Von deinem Reiz entflammt, mit dir von Liebe
Gesprochen, daß du ihm Gehör gegeben;
Um seinetwillen ist's, daß du dich ängstigst.
Doch wenig werden ihm die Thränen nützen,
Die du ihm, Ungetreue, weinst, und jetzt
Hört Niemand mehr auf meinen Willen, oder
Du hast ihn heut zuletzt gesehn. Man rufe
Mir Xiphares herbei.
Monimia. Was thust du, Herr!
Warum denn Xiphares?
Mithridat. Nicht er verräth
Den Vater. Ihn brauchst du nicht zu entschuld'gen,
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Und das ist's, was mein Vaterherz erfreut.
O, meine Schmach und dein Verbrechen wären
So groß nicht, hätte dieser Sohn, der würdig
Der Achtung ist, sich deine Lieb' errungen;
Jedoch, daß ein Verräther, der nur kühn ist,
Wenn's gilt, mich zu beleidigen, bei dem
Den Frevelmuth nicht Eine Tugend sühnt,
Mit Einem Worte, daß Pharnazes frech
An meinen Platz sich hat gestellt, daß er
Von dir geliebt und ich von dir verschmäht . . . .
Xiphares. Mithridat. Monimia.
Mithridat. Komm her, mein Sohn, dein Vater ist verrathen:
Ein übermüth'ger Bursch verhöhnt mein Unglück,
Erlaubt sich jede Frechheit gegen mich, indem
Er meine Pläne zu durchkreuzen wagt,
Er liebt die Königin, gefällt und raubt
Ein Herz mir, das die Pflicht mir eigen macht;
Und doch, wie bin ich froh, bei solchem Kummer
Allein Pharnazes anzuklagen, daß
Der Mutter und des Bruders Beispiel dich
Nicht zum Verrath verlocken konnte. Ja,
Du bist's allein, mein Sohn, dem ich vertraue,
Du bist's, den ich zu Großem ausersehn,
Den ich seit lang mir zum Genossen wählte,
Zum Erben meines Scepters – meines Namens.
Jedoch Pharnazes nicht, noch sein Verrath
Sind's, was allein mir jetzt den Geist erfüllt;
Die Vorbereitungen zu wicht'ger Fahrt,
Die Schiffe, die dazu sich rüsten müssen,
Des Heers Willfährigkeit, die zu erproben,
Sieh, Alles das heischt meine Gegenwart.
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Du wach' indessen hier für meine Ruhe
Und hintertreibe des Verräthers Pläne,
Bleib bei der Königin, und wenn du's kannst,
Gewinne sie für mich, der ich sie liebe,
Und rede jene Wahl ihr aus, die mich
Verletzt. Als theilnahmloser Richter kannst
Du sie am besten überzeugen; schon genug
Ward meiner Schwäche zugemuthet. Drum
Soll sie sich hüten, meine Zärtlichkeit
In Haß und Wuth zu wandeln, drob ich dann
Erst Reu' empfände, wenn ich mich gerächt.
Xiphares. Monimia.
Xiphares. Wie, Fürstin, soll ich dies verstehn, den Auftrag,
Die Worte, die mir dunkel sind? Wär's wahr,
O Götter, daß du meinen Bruder liebtest,
Und er dadurch des Vaters Zorn verdiente?
Ist er's, der so dich in Verwirrung bringt?
Monimia. Pharnazes! Himmel, was muß ich vernehmen!
Genügt es nicht, daß der unsel'ge Tag
Mir Alles, was ich lieb', auf ewig raubt,
Und ich, die Sklavin harter Pflicht, verdammt bin,
In langem Gram mich zu verzehren? Muß
Zu solchen Schmerzen noch Beleid'gung kommen?
Jetzt soll mein Weinen dem Pharnazes gelten?
Trotz meines Hasses heißt's, daß ich ihn liebe.
Dem König, den der Zorn verblendet, kann
Ich es verzeihn, er sieht nicht in mein Herz;
Doch du, Herr, daß auch du mich so behandelst . . . .
Xiphares. Verzeih', wenn mich die Leidenschaft verwirrt,
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Wenn meinerseits, durch harte Pflicht gebunden,
Ich mir das Theuerste entrissen seh',
Und dennoch mich nicht rächen darf. Doch wie
Soll ich die Wuth des Königs mir erklären?
Er klagt, ihm stehe eines Andern Liebe
Entgegen. Wer, ach, kann der glückliche
Verbrecher sein? Wer ist's? o sag' es mir.
Monimia. Du quälst, mein Prinz, dich selber ohne Noth;
Beklag' dein Unglück, doch vermehr' es nicht.
Xiphares. Ich weiß, was ich für Qualen mir bereite;
Nicht, daß mein Vater die Geliebte heimführt,
Nein, daß du einen Nebenbuhler ehrst
Mit deinen Thränen, das ist mir das schwerste
Der Leiden. Laß mich sie nicht unnütz mehren,
O habe Mitleid, nenn' mir den Beglückten;
Auf wen, o sag' mir, Fürstin, darf ich rathen?
Monimia. Wird dir's, mein Prinz, so schwer denn, ihn zu ahnen?
Als ich vor Kurzem gegen rauhen Zwang
Mich sträubte, sprich, an wen denn wandt' ich mich
Mit meinen Klagen gegen deinen Bruder?
Sprich, unter welchen Schutz begab ich mich?
Wer durfte mir von seiner Liebe reden?
Xiphares. O Himmel! Wie, ich wäre der Beglückte,
Den du mit günst'gem Aug' betrachtetest,
Dein holdes Auge hätt' um mich geweint?
Monimia. Ja, Prinz, ich darf es länger nicht verhehlen,
Zu heftig ist mein Schmerz, als daß ich schwiege.
Zwar zwingt mich eine strenge Pflicht dazu,
Doch endlich muß ich, mich des Zwangs entled'gend,
Zum ersten und zum letzten Male reden.
Du liebst mich schon seit langer Zeit, und ich
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Empfand für dich dieselbe Zärtlichkeit.
Gedenk' des Tags, wo unheilsvoll mein Reiz
Dir Lieb' erweckte, die er nicht verdiente,
Der Hoffnung, die nur allzu bald dir schwand,
Der Unruh', die die Liebe deines Vaters
In dir hervorrief, und der herben Qual,
Mich zu verlieren, ihn beglückt zu sehn,
Der Pflicht, des Herzens Wunsch dir zu versagen,
Dann kannst du deiner Qual dich nicht erinnern,
Daß du der meinen nicht zugleich gedenkst,
Und als du heute Morgen sie mir maltest,
Fand jedes Wort in mir den Wiederhall.
O nutzlos, unheilsvolle Sympathie,
O Seeleneinheit, die das Schicksal trennt,
Wie grausam eint der Himmel so zwei Herzen,
Die er nicht für einander hat bestimmt!
Denn wie mich auch die Neigung zu dir zieht,
Ich sag's, um's nicht zum zweiten Mal zu sagen.
Mich bannt die Pflicht und ruft mich zum Altar,
Wo ich dir ew'ges Schweigen schwören werde.
Du seufzest, Herr, doch das ist, ach! mein Loos:
Nicht dir, nein, ich gehöre deinem Vater,
Du selbst mußt mir behülflich sein, daß ich
Dich aus dem allzu schwachen Herzen reiße.
Das wenigstens darf ich von dir verlangen,
Daß du aus meiner Nähe dich verbannst.
Aus dem, was ich verrieth, kannst du schon sehn,
Daß ich ein Recht, es zu befehlen, hätte;
Hat aber je dein edles Herz für mich
Geglüht, dann werd' ich dir's nur glauben können,
Wenn du von jetzt an sorgsam mich vermeidest.
Xiphares. O Götter, welch beklagenswerthe Liebe,
Unglücklich und beglückt zugleich zu sein!
Von welcher stolzen Höhe stürzest du
In einen dunklen Abgrund mich hinab!
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Ein Herz wie dein's vermocht' ich zu gewinnen,
Du liebtest mich, und dennoch soll ein Andrer
Dies Herz besitzen, das sich mir geweiht.
O grausam, harter – unglücksel'ger Vater! . . . .
Du willst, ich soll dich fliehn, ich soll dich meiden,
Und dennoch fesselt mich an deine Nähe
Der König. Sprich, was wird er sagen?
Monimia. Dennoch
Mußt du dich meinem Wunsche fügen. Sinn'
Auf Gründe, die ihn überzeugen können,
Das ist's, was einem Helden ziemt gleich dir.
Ersinn', o Prinz, zu deinem eignen Nachtheil
Ein Mittel, wie's der Trost der Liebenden
Ersinnt, um seine Wünsche zu befriedigen.
Ich kenne mich. Es geht hier um mein Leben.
Auf meiner Tugend Kraft darf ich nicht traun;
Ich weiß, wenn ich dich seh', kann die Empfindung
Unwürd'ge Seufzer meiner Brust entlocken;
Mein Herz, von innrem Gram zerrissen, flöge
Dem Glück entgegen, das man ihm geraubt.
Doch weiß ich auch, von dir nur hängt es ab,
Daß mir ein freundliches Erinnern bleibt;
Nur fühl' ich mich verletzt, dann hinderst du
Es nicht, daß ich die Schuld sogleich bestrafe,
Daß meine Hand in meiner eignen Brust
Dich such', um dich herauszureißen, und
Die Schmach auf diese Weise sühne. Götter!
Im letzten Augenblick, der uns noch blieb,
Bannt mich ein schmerzliches Gefühl der Wonne;
Je länger, allzu schwach, ich mit dir rede,
Vermehr' ich die Gefahr, die ich verscheuche.
Ich flieh', damit mir nicht im Lebewohl
Die letzte Kraft des Widerstandes schwinde;
Ich flieh', vermeide mich, o Fürst, und suche
Der Thränen werth zu sein, die du mich kostest.
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Xiphares. Monimia! Sie entflieht, sie hört mich nicht.
Unglücklicher, was willst du jetzt beginnen?
Geliebt und doch verbannt aus ihrer Nähe! Ist
Nicht meine Pflicht der ihren gleich? Jetzt möge
Ein rascher Tod mich dieser Qual entreißen,
Doch soll zuvörderst sich ihr Loos entscheiden.
Und muß ein Nebenbuhler sie mir rauben,
So darf's kein Andrer als der König sein,
Dem ich sie sterbend überlassen werde.
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