Wilhelm Raabe
Deutscher Adel
Wilhelm Raabe

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Fünftes Kapitel

»Pavia«, sagte der Kaiser zu dem Grafen Las Cases, Pavia ist der einzige Ort, den ich jemals selber habe plündern lassen. Ich hatte es meinen Soldaten für vierundzwanzig Stunden versprochen; aber schon nach dreien konnte ich es nicht mehr aushalten und mußte der Sache ein Ende machen. Ich hatte nämlich nur zwölfhundert Mann bei mir, und das Geschrei der Bevölkerung (population), das zu mir herüberdrang, gewann die Oberhand. Hätte ich zwanzigtausend Mann mit mir gehabt, so würde natürlich ihr Lärm die Wehklage und das Geheul der Bevölkerung erstickt haben« – und so weiter.

Wie in allem, was von einem großen Mann ausgeht, so liegt in dieser recht netten historischen Anekdote manches, was zum Nachdenken auffordert; aber etwas dergleichen ist auch in dem Undsoweiter verborgen, das wir bescheidentlich angehängt haben. Freund Wedehop hatte vollständig recht, als er uns auf die Stelle im Memorial aufmerksam machte, wenngleich nicht ganz in seinem Sinne. Pavia ließ der Kaiser Napoleon freilich nicht weiter plündern, aber seinen Weg durch die Welt ging er doch weiter ungeachtet aller Majoritäts- und Minoritätsvota, die ihm fernerhin auf demselbigen die Ohren klingen machten. Ob es dann seine Schuld war, daß ihn dieser Weg nach St.-Hélène führte, werden wir an dieser Stelle weniger als an irgendeiner andern zu entscheiden wagen. Wie dem auch sei, Wassermann bekommt nicht das Wort. Um es jedoch nicht gänzlich mit allen denen, die fest darauf gerechnet haben können, zu verderben, versprechen wir hiermit feierlichst, ihm es an allen den Stellen zu erteilen, wo er imstande sein wird, die Seelen unseres Publikums in unserm Interesse zu bewegen und zu rühren. – – –

Die Welt hat sich unter der schweren Tagesarbeit, die ihr heute vielleicht mehr denn je auf die Schultern gelegt worden ist, allgemach ganz sachgemäß recht ins Werkeltägige verändert, und das sei unsere Entschuldigung, daß wir auch dieses Mal eine Werkeltagsgeschichte erzählen.

Seht den Alexander in der Schlacht bei Issus, wie er in Pompeji, auf einem Fußboden abgebildet, aufgefunden wurde, und seht ihn heute (natürlich in einer andern Schlacht und anderer Uniform), wie er in den Gemäldeausstellungen aufgehängt und von irgendeinem Verein für historische Kunst als Eigentum erworben wird! Der Unterschied muß jedermann sofort in die Augen fallen.

Seht dort den König! Wie stürmt er einher auf seinem Bukephalos an der Spitze der makedonischen Phalanx und der thessalischen Reiterei! Wie bohrt er allerhöchsteigenhändig den Speer in die Seite des Oxathres, des Bruders des Dareios, und wie persönlichst winkt ihm der fliehende Großkönig, den machtlosen Bogen in der Hand, ab: auch in Babylon wartet der Tod auf uns, nicht bloß auf der Landstraße unter den Mörderhänden des Bessus und Nabarzanes!

Und nun schaut heute! Eine Menge Porträtköpfe, und darunter nicht wenige Zeitungskorrespondenten, drängen sich wohl ebenfalls im Vordergrunde; aber es ist noch sehr anzuerkennen, wenn sie sich nicht um den »Fourgon«, den Küchenwagen, drängen. Der Held als solcher ist nicht darunter; im Mittelgrunde hält er mit den Spitzen seines Generalstabes, auf ruhigem Gaul, den Feldstecher in der Hand. Und wir erblicken auf dem Bilde, was er an seinem stolzesten Siegestage durch jenes Fernglas sah: den heroischen Hintergrund nämlich. Die Bilder, die den »großen Schweiger« darstellen, wie er mit dem Degen in der Faust die pommerschen Grenadiere zum Angriff führt, lügen; er hat es selbst gesagt, daß er die Pommern nur strategisch in die Lücke seiner Schlachtlinie schob, und er ist doch jedenfalls ein ebenso großer Held und sicherlich ein größerer Kriegskundiger als jener aufgeregte junge Mann und Bukephalosbändiger auf dem klassischen Fußboden.

Wir können eben nichts dagegen machen, daß die Welt und in ihr die Kunst, Feldzüge zu gewinnen, die Kunst, Bilder zu malen, und die Kunst, Geschichten zu erzählen, eine andere geworden ist. Stehen wir nur alle auf unserm Platze: Bürger, Künstler, Helden und Könige! Wer sich nicht irremachen läßt, kann auch heute noch sowohl vom Mittel- wie vom Vordergrunde aus den Lorbeer und das Lächeln der Götter und Menschen sich gewinnen. Von dem Hintergrunde reden wir nicht, denn an den halten wir uns, wie schon bemerkt, auch diesmal.

Vor Paris! Und – »vor Paris nichts Neues!« meldete das Hauptquartier. Daß ein uns höchlichst interessierender Feldpostbrief um die Stunde, als das Telegramm abgelassen wurde, vor Paris geschrieben wurde, davon wußte man natürlich zu Versailles nichts. Konnte es auch nicht wissen, sowenig als der Schreiber eine Ahnung davon hatte, daß Fräulein Natalie Ferrari gerade in dem Augenblick, als er das Kuvert schloß, dem städtischen Exekutivbeamten Trute auf dringendes Ersuchen eine Tür öffnete, deren Schwelle der Kriegskorrespondent unter geschilderten Umständen gegen die junge Dame auf den Knieen, mit gefalteten Händen und in unausdrückbarster Verwirrung aller Gefühle verteidigt haben würde.

Vor Paris. Man hat uns hundert- und aber hundertmal die Art und Weise, und unter welchen drolligen oder tragischen Umständen, Unbequemlichkeiten und Bequemlichkeiten damals von Paris aus nach Hause geschrieben wurde, geschildert, sowohl in Bild wie in Wort. Wir werden deshalb an dieser Stelle einfach den Wortlaut des uns und unsere Leser betreffenden Schreibens angeben. Die umgestürzte Tonne oder der Rokokospieltisch aus St. Cloud oder Malmaison sind uns wirklich nur das Nebensächliche. Daß wir endlich einmal wenigstens annähernd etwas genauer erfahren, mit wem wir es denn eigentlich zu tun haben, ist die Hauptsache. Nicht wahr, es sind ja wohl schon sieben Jahre seit dem Abschluß des Frankfurter Friedens verlaufen? – –

 
»Liebe Mutter! Wundervolle alte Mama!

Was die achäischen Mütter ihren vor Troja liegenden Jungen an Güte, Genießbarem, Gestricktem und Gewebtem zukommen ließen, kann ich nicht sagen, aber Deine wollenen Socken und Unterhosen sind glücklich angekommen vor Paris, und mit behaglichst gehobenen Knieen stolziere ich bereits darin unsern sonderbaren Dardanern jenseits der Forts unter den blau und rot gefrorenen Nasen herum. Die feste Überzeugung, daß es die höchste Weisheit ist, dann und wann wieder zum Tier hinunterzugehen und Behagen und Unbehagen nur im allergegenwärtigsten Augenblick, ohne Vergangenheit und Zukunft, zu empfinden, hält mich außer Deiner heitern Liebe und Liebenswürdigkeit immerfort recht munter. Ich ersuche Dich heute zum hundertsten Male, Dir keine Sorgen um mich zu machen! Welch ein Glück ist es doch, daß wir beide, Du und ich, zu allen unsern Erlebnissen und Erfahrungen die nötige Phantasie, und zwar in der Richtung auf das Sonnige hin, auf die Welt mitgebracht haben! Du und ich und – – – Du erlaubst wohl, daß ich das ›und‹ anfüge und drei Gedankenstriche dahinterhänge. Wahrlich, wenn das wirklich die einzigen sind, die in den Erdengeschichten großartig mitspielen, die ihr Kreuz ruhig auf sich nehmen, in welcher Form es auch sei, so gehören wir beide (diesmal selbstverständlich von den drei Gedankenstrichen abgesehen) im hervorragenden Grade dazu. Ich denke an den Vater in diesem Augenblicke und denke mir ihn, wie er mit der Linken die Brille emporhebt, um über seine Philologica weg einen Blick auf Dich und mich zu werfen: ›Frau, du würdest mich ungemein verpflichten, wenn du den nichtsnutzigen Bengel da, den bodenlosen Ignoranten, den unsäglichen Faulpelz heute wenigstens einmal mit geringerem Gleichmut betrachten würdest. Nichts weiß er! Ich bitte dich, Beste, was sollen wir mit ihm anfangen, wenn sich zuletzt die Gewißheit bei mir einstellt, daß es seine feste Absicht ist, nichts wissen zu wollen?! Enterben kann ich ihn leider nicht; – du bist auf deine Pension und den Verkauf meiner Bibliothek als Professor der Schulweisheit an hiesiger Universität angewiesen; er –‹ Ich breche ab; der letzte Sonnenstrahl jenes Trauerjahres fällt gar zu elegisch auf das würdige, liebe Haupt, das sich von den Schriften auf dem großen, grünen Arbeitstische emporgerichtet hat, um noch einmal, zuletzt, einen zerstreuten Blick auf die Ärgernisse des Daseins, die niemandem erspart werden, zu werfen. Was würde der Vater sagen, wenn er heute Dich in Deinem verzauberten Winkel im dritten Stock und mich hier in dem halb zertrümmerten französischen Landhaus inmitten des deutschen Volkes in Waffen erblicken könnte?

Wir kennen beide sein behagliches Kopfnicken – ich meine, unsere tapfern Herzen würde er uns wohl gelten lassen! ›Herangewachsen ist der Schlingel!‹ würde er murmeln. Ach, Mama, tapfere, helläugige, deutsche Heldenmutter, wenn ich nur nicht allzu genau wüßte, auf wessen Kosten und unter wessen lachend verborgenen Sorgen das breitschulterige, dickfellige, bärtige Phänomen hier im ›Repli‹ vor Paris in die Erscheinung getreten ist!... Was soll ich nun unter diesem Bumbum von hüben und drüben tun? Soll ich Dir noch einmal eine Generalbeichte aller meiner Sünden gegen mich und Dich ablegen, oder willst Du noch einmal Dein Lob von Deinem ›dummen Jungen‹ gesungen haben? Ich meine, liebe Mutter, ein stichhaltiger Trost wird Dir das Liebste sein, und so hebe ich meine Rechte vor dem weißen Häusergewirr, das da in der Ferne im hellen französischen Wintersonnenschein schimmert, und schwöre Dir feierlich: Ich komme als ein verständiger Mensch zurück! Beim Zeus, die Herren zu Versailles sollen mich nicht umsonst hier in die Kälte zur Abkühlung hingestellt haben. Wie eine Blume entsprießt mir die Moral ihrer strategischen Zwecke, Rück- und Vorsichten: Mama, ich kehre gebessert heim, wenn – sie mich nicht auf meinen guten Vorsätzen, wie auf einem Schilde des klassischen Altertums, aus der Schlacht hinter die Front tragen, was übrigens so leicht nichts zu sagen hat.

Bum!... bumbum! Da liegt nun das lustige Paris; und die Kugeln hinüber und herüber reden eindringlich davon, daß selbst die besten, heitersten, gleichmütigsten Menschen nur deshalb in Verbindung miteinander stehen, um sich gegenseitig zu ärgern und zu quälen. Selbst wir beide, Mama, wie viele ungemütliche Stunden haben wir uns zubereitet: ich Dir durch eingeborensten Leichtsinn, Du mir durch die Gewissensbisse, Selbstvorwürfe Deinetwegen! Lache nur jetzt nicht; es hat wahrhaftig vieles, wovon Du nicht einmal eine Ahnung hattest, scharfnägelige Krallen in meiner Seele gehabt – Deinetwegen!... ›Wenn ich ihn nur jetzt an der Nase fassen könnte,‹ wirst Du sagen und dazu – in der Stille: ›Es ist doch eigentlich jammerschade, daß es so wenig Mütter in der Welt gibt, die sich solche unsinnige Briefe schreiben lassen können.‹

Nun aber auf Dein Gewissen, Mama: hast Du die gute, herzerweiternde Gelegenheit meiner Abwesenheit als Verteidiger des Vaterlandes und der edeln deutschen Frauen wahrgenommen, wie es sich gehört? Hast Du mich über die Gebühr gelobt Deinen Besuchen gegenüber? Kann ich mich fest darauf verlassen, daß Du mehr meine Hoffnungen für und Aussichten in die Zukunft als meine gegenwärtigen Schulden hervorgehoben hast? Wünscht – jemand – außer – Dir, daß ich mit gesunden Gliedern heimkomme? Würde – es – ihr vielleicht Spaß machen, wenn ich das Eiserne Kreuz mitbrächte? Kurz, Mama, liebe Mama, kann ich darauf rechnen, daß ich sie unter den weißgekleideten Jungfern beim Siegesheimzug mit einem Lächeln für mich vorfinden werde? Kurz, kürzer, am kürzesten: kommt sie häufig, während ich leider nicht da bin? wie geht es ihr? wie fühlt sie sich? – Kurz, kurz – Gott wie kurz das Papier in solchen Fällen ist! – wie geht es Natalien? Stehe Du hier mal bei dreizehn Grad Kälte im Mondschein hinter dem Zaune und lerne nicht das Behaglichere im Leben kennen! Bei den Göttern des warmen Ofens, bei den Göttinnen der Holzfeuerung, des Torfes und der Steinkohlen, die Schlauköpfe da drüben haben es gar nicht nötig, dann und wann ihre elektrischen Lichter auch über mich hinzuwerfen; ich weiß schon ohne das, wie hell einem unter Umständen ein Gedanke aufgehen kann. Ach, Mama, wir liegen hier in einer Häuslichkeit, aus der die Franktireurs kurz vor unserm Einzug unbedingt ein junges Paar in den Flitterwochen aufgestört haben. Hier habe ich mir ihren Klavierstuhl an ein leeres Mehlfaß gerückt; auf seinem Schreibtisch sitzt der Feldwebel Schulze und spuckt Wut über einer von euren Liebeszigarren; großer Gott, gütiger Himmel, Mama, welche Zustände sind doch oft notwendig, um den Menschen mit der Nase auf das Bessere zu stoßen!...

Da stand ihr Piano. Dort in der hohlen Fensterhöhle pflegte sie ihre Blumen. Dort im Winkel stand jedenfalls eine Ottomane, auf der er mit der Zigarre, die Hände unter dem Hinterkopfe, lag und ihr zusah. Es gehört solch eine Verwüstung und solch eine bittere Kriegsniederlage dazu, um ihn ganz zu fassen, wie er sein Behagen hatte an ihrer Zierlichkeit und an den blauen Wölkchen über ihm und an dem Grün vor dem offenen Fenster und – dort an der hellen Stadt Paris in der Frühlingssonne! Wie lange ist es her, daß es Frühling war? Da schiebt sich der Füsilier Dickdrewe in die türlose Tür und sieht sich um nach dem letzten Rest handgerechten Brennholzes. Krack! Das war das letzte Bein ihres Erards, welches eben unter das Beiwachtfeuer und den Feldkessel mit der germanischen Erbsenwurstsuppe geschoben wurde.

»Na, Herr Unteroffizier, heute kommt auch das letzte Schinkenbein dran! Aber propre, sage ich Ihnen; – in drei Brotsäcke voll Kartoffeln haben wir uns gestern mit den Rothosen zwischen dem Auflesen der Toten und Verwundeten geteilt.«

O Natalie!... Ach, wenn Ihr wüßtet, welche Kämpfe um diesen letzten Schinkenknochen geführt worden sind, und welchen Heroismus Dein Sohn in denselben entwickelt hat: sie wäre auf der Stelle mein, wenn es nur im geringsten wahr ist, daß die Weiber das Heldenhafte an den Männern lieben. O man muß solche Kämpfe und Kocherei ausgestanden haben, um sich nach einem komfortabeln eigenen Herd und einer braven Frau dran zu sehnen.

Im bittersten Ernst, Mutter, es ist diesmal Logik in diesem meinem Schreibebriefe, wenngleich immer noch verborgen unter der Dir leider gut genug bekannten Wort- und Bilderhüpferei. Ich wiederhole: laß mich mit gesunden Gliedmaßen nach Hause kommen und wundere Dich. Alte kurzweilige Mama, welch einen ernsthaften Sohn und Doktor der Philosophie wird Dir ein gütiges Schicksal aus allen den Märschen, Schlachten, Beiwachten und dem muntern, aber sehr ernsten Verkehr der Völker und Individuen zurückliefern! Ich sage weiter nichts mehr, um die Überraschung nicht vorzeitig abzuschwächen; aber eines will ich doch noch bemerken: ich habe die allergegründetste Hoffnung, meiner dermaleinstigen Gattin im Laufe der Zeiten den Titel und Rang einer wirklich Geheimen Hofrätin samt allen anhängenden Emolumenten, sowie auch Pensionsberechtigung bieten zu können.

›Wie kommt ein solcher Glanz in meine Hütte?‹ wirst Du fragen, und ich wollte nur, eine andere fragte mit Dir. Ja, fragt nur!... Etwas mußte ich Euch doch mitbringen von Paris! Diese deutschen Fürsten sind dann und wann gar so übel nicht. Behandelt man sie als Gentlemen, so kann man, wenn man Glück hat, recht brave und keineswegs unverständige Leute darunter treffen. Mit einigem guten Willen stellt man sich leicht auf einen sehr angenehmen Fuß mit ihnen; selbst nicht im Juden findet man im gegebenen Moment den Menschen heraus mit größeren Erstaunen über die Macht des Barocken in seiner Erscheinung als Tradition. Hoheit redet man den erhabenen Jüngling an, welcher das Vergnügen und die Ehre hatte, meine Bekanntschaft zu machen, und der an mir hängen blieb. Wir beide, Mama, die wir wissen, was es heißt: frei durch die Welt zu gehen, wir haben auch Erfahrung davon, was das Hängenbleiben im rechten Sinne bedeutet. O Natalie, Natalie – Fräulein Natalie Ferrari!... Na, kurz und gut, wenn ich nach Hause komme, werdet Ihr das Weitere ausführlich vernehmen; nur das will ich noch sagen, daß ich neulich, vielleicht zum ersten Male in meinem Leben, nicht nur amüsant, sondern auch belehrend war. Also – pflege Dich und den Wassermann, grüße Freund Achtermann, gib mir ausführlichste Nachricht von Euch allen. Läuft Dir Wedehop über den Weg, so stimme auch den alten Räsoneur heiter durch die Versicherung, daß ich seiner immer noch freundlichst gedenke und mir die möglichste Mühe gebe, ihm ins Handwerk zu pfuschen und allerlei gute Dinge aus dem Französischen ins Deutsche zu übersetzen: das Elsaß und Lothringen zum Exempel.

Vor allen Dingen bleib gesund, Alte, und halte Dir immer vor die Seele, wie sehr wir zueinander gehören. Trochu empfiehlt sich Euch. Ducrot ebenfalls.

Dein getreuer Sohn            
U. Sch.«
 

»Das ist nun wiedermal der Junge, wie er leibt und lebt!« rief die Frau Professorin nach der ersten atemlosen Lektüre dieses Briefes. Trochu grüßt! Ducrot auch! O hätte ich nur den Narrenkopf hier und – gesund; ich würde ihm schon meine Meinung sagen. Was hat denn der Hund, der Wassermann? Ich glaube wahrhaftig, er riecht seinen Herrn aus dem Briefe heraus!... Wirklicher Geheimer Hofrat – deutsche Fürsten – das letzte Schinkenbein – Kartoffelgraben zwischen den Toten und Verwundeten – Natalie Ferrari!«

Die alte Dame las das Schreiben zum zweiten Male, zum dritten Male und zum vierten Male. Dann sagte sie kopfschüttelnd:

»Die Hauptfrage ist, ob ich den Unsinn dem Mädchen zum Lesen gebe?!«


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