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Mit Ausnahme von Geneviève waren die sämtlichen Lehrerinnen am nächsten Morgen zur gewohnten Zeit auf ihrem Posten, selbst Daisy, die eine qualvolle, schlaflose Nacht hinter sich hatte. Pirnitz war schon in aller Frühe zu ihr gekommen, um sie zu trösten und ihr neuen Mut einzuflößen.
Pirnitz, ebenso wie Lea und Friederike, war der Ansicht, daß es sich bei Genevièves Flucht wahrscheinlich um irgend ein Liebesabenteuer handle.
»Ah,« rief Daisy, als man ihr gegenüber diese Überzeugung aussprach – »ob Geneviève jetzt mit einem Mann zusammen ist, ist mir ganz einerlei, wenn sie nur überhaupt noch lebt.«
Pirnitz erteilte ihr jetzt endlich die Erlaubnis, auszugehen, um eine diskrete Nachforschung in der Umgegend vorzunehmen. Als Daisy durch den Hausflur ging, rief der Portier sie an:
»Mlle. Craggs!«
»Was giebt's denn, Laurent?«
Laurent reichte ihr eine Nummer des Matin.
»Haben Sie es schon gelesen, Mademoiselle? Ein Landsmann von Ihnen ist ermordet worden.« Dabei zeigte er auf eine großgedruckte Notiz auf der dritten Seite des Blattes.
Daisy warf einen flüchtigen Blick darauf, dann schrie sie plötzlich laut auf und stürzte davon.
Atemlos kam sie in Friederikens Zimmer an und warf sich auf einen Sessel.
»Friederike.«
»Ist der Gerichtsvollzieher da?«
»Nein – da – lesen Sie.«
Sie warf ihr das Blatt hin und Friederike las:
»Nach Schluß der Redaktion. Das Verbrechen in der rue du Colisée. Ein irischer Lord ermordet.
Man meldet uns soeben ein mysteriöses Verbrechen, das heute morgen um drei Uhr in der rue du Colisée begangen worden ist. Eine hochgestellte Persönlichkeit, Lord Barclay aus Irland, ist auf offener Straße durch eine Frauensperson mittelst eines chirurgischen Instruments ermordet worden. Es scheint sich um einen politischen Mord zu handeln. – Lord Barclay soll in Irland mehrere große Güter besitzen. Näherer Bericht folgt.« –
»Aber was geht uns das an?« fragte Friederike und legte das Blatt auf den Tisch.
»Aber es ist Geneviève, es muß Geneviève sein,« schluchzte Daisy. »Lord Barclay ist natürlich Sir James Bartlett – der Freund von Lady Jackson, bei der Geneviève vor zwei Jahren Gesellschafterin war. – Lady Jackson wohnte in der rue du Colisée – das chirurgische Instrument – es muß Geneviève sein. Ich weiß es so sicher, als ob ich es mit eigenen Augen gesehen hätte. Mein Gott! Mein Gott!«
»Aber Daisy, verlieren Sie doch nicht gleich den Kopf. Wie sollte Geneviève dazu kommen, diesen Engländer umzubringen, den sie seit zwei Jahren nicht gesehen hat?«
»Wie kann ich das wissen? Vielleicht ist zwischen den beiden damals irgend etwas vorgefallen. – Mein Gott, ich weiß es ja nicht. Gesagt hat sie mir nie etwas darüber – niemals. – Und gestern noch, wenn jemand mir gesagt hätte, daß meine kleine Geneviève nicht mehr rein sei – ich hätte ihn für einen elenden Lügner und Verleumder gehalten. Aber – –« sie zögerte.
»Sprechen Sie sich ruhig aus, Daisy.«
»In Gottes Namen denn. Friederike, wenn Geneviève wirklich dieses entsetzliche Verbrechen begangen hat, so – – so kann man sie nicht dafür verantwortlich machen.«
»Ich verstehe nicht ganz.«
Daisy faßte bittend ihre Hand.
»Friederike, Sie kennen keine Schwäche – aber haben Sie Mitleid mit uns andern. Geneviève ist ein armes Kind aus einer degenerierten Familie. Ist es ihre Schuld, wenn der Alkoholismus ihrer Eltern ihr Gehirn zerrüttet hat? – Sie wissen, wie nervös sie immer war.« –
»Das ist keine Entschuldigung.«
»Sie ist mehr wie nervös, Fédi – – sie ist – – eine Kranke, eine unglückliche Kranke. Sie litt an Krämpfen – noch in der letzten Nacht, wo sie hier war, hatte sie einen Anfall, – Das arme Kind, – nein, sie hat wirklich keine Schuld.«– –
»O Daisy,« sagte Friederike vorwurfsvoll. »Ein so ernstes Geheimnis hätten Sie nicht für sich behalten sollen. – Schon der Kinder wegen, – die man uns anvertraut hat. Sie haben nicht nur den Ruf, sondern auch das Schicksal der Schule dadurch aufs Spiel gesetzt«
Daisy ließ Friederikens Hand los und stand auf.
»Die Schule? – Die Kinder? – Wie können Sie nur jetzt von diesen Dingen sprechen? In diesem Augenblick, wo Geneviève im Gefängnis, vielleicht in Todesgefahr ist. – Ah – ich wollte nur, ich hätte mich selbst und Geneviève niemals in diese sinnlosen Unternehmungen hineingestürzt. – Wir waren so glücklich miteinander in unserem alten Heim, wo niemand uns etwas zu sagen hatte, wo wir uns keinem Zwang zu fügen brauchten. Sie hat darunter gelitten, seit wir hier sind, sie konnte keine Fesseln ertragen, sie war so zur Freiheit geschaffen.« –
Sie hielt inne und fuhr dann etwas ruhiger fort: »Der Doktor hat mir gesagt, sie müßte heiraten – es wäre notwendig für sie. Sie würde sonst noch irgend etwas anrichten. Gott im Himmel, wenn ich das geahnt hätte, ich wäre selbst herumgelaufen, um einen Mann für sie zu suchen.« –
Friederike ließ sie ausreden. Sie fühlte tiefes Mitleid mit ihr, das im Grunde mit etwas Verachtung gemischt war. War das wirklich dieselbe Daisy, die sie für jedes Opfers fähig gehalten hatte, wenn es galt, der Idee zu dienen?
»Wenn Lea mir genommen würde, wie Geneviève ihr jetzt genommen ist,« – dachte sie – – »nein, ich würde selbst Lea opfern.«
Dann versuchte sie Daisy zu trösten, die immer noch weinte.
»Nur Mut, Daisy. Ich will versuchen, Ihnen zu helfen. Ich kenne einen einflußreichen Justizbeamten. Vielleicht gelingt es mir, Geneviève zu retten.«
»Wirklich?« sagte Daisy, und blickte sie mit kindlicher Dankbarkeit an. »Wollen Sie das wirklich? O, Sie sind so gut und so stark. – –Aber wenn es am Ende doch nicht Geneviève gewesen wäre?« – fügte sie dann hinzu. – – »Lassen Sie uns doch ins Laboratorium gehen und nachsehn, ob eins von ihren Instrumenten fehlt. Ich kenne sie ganz genau.«
Diese Idee leuchtete Friederike ein. Wenn eins von den Instrumenten fehlte, so müßte es wohl Geneviève gewesen sein.
Als sie eben das Zimmer verlassen wollten, blieb Friederike plötzlich stehen und sagte:
»Was ist das? Es ist ja ganz still auf dem Hofe. Und die Freistunde kann noch nicht vorüber sein.«
Sie trat ans Fenster und blickte hinaus. Die Kinder standen dicht zusammengedrängt vor der Haustür und schienen mit gespannter Aufmerksamkeit irgend etwas zu beobachten, was auf dem Korridor vorging.
»Mein Gott,« murmelte Friederike, »es wird der Gerichtsvollzieher sein.«
Jetzt ertönten Schritte auf dem Korridor. Sie öffneten die Tür und sahen mehrere schwarzgekleidete Herren, die mit Mlle. Heurteau sprachen.
Letztere eilte mit bestürztem Gesicht auf Daisy zu.
»Daisy, – es ist etwas Entsetzliches geschehen. Erschrecken Sie nicht.«
»Wo ist Geneviève?« stammelte Daisy.
Sie fing an zu erraten, worum es sich handelte.
»Sie wissen also schon? – Ja, es ist wegen Geneviève. Die Herren wollen Haussuchung in ihrem Zimmer halten und Sie vernehmen.« – –
»Mich können sie gerne verhaften,« sagte Daisy ruhig, »wenn ich nur mit Geneviève zusammen eingesperrt werde.«
Jetzt trat einer von den Herren auf sie zu.
»Sind Sie Mlle. Craggs?« wandte er sich an Friederike.
»Nein, ich bin es,« sagte Daisy.
»Erschrecken Sie nicht, Madame. Unsre Mission ist allerdings etwas delikater Natur. Ehe wir das Zimmer der Angeklagten in Augenschein nehmen, möchte ich ein paar Worte mit Ihnen reden. Aber nicht hier auf dem Korridor, selbstverständlich.«
»Wir können ja in mein Zimmer gehen,« antwortete Daisy. Sie war jetzt, wo es sich um sie selbst handelte, wieder völlig ruhig.
»Haben Sie etwas dagegen, wenn die andren Damen dabei zugegen sind?«
»O nein, durchaus nicht. – Übrigens, mein Name ist Courbarand. Ich bin beauftragt worden, Sie zu vernehmen. Mlle. Soubize ist heute morgen in der rue du Colisée verhaftet und des Mordes an einem englischen Großgrundbesitzer beschuldigt worden. Wir haben sofort ein Verhör mit ihr angestellt, aber es ist nichts aus ihr herauszubringen. Sie ist in einem so hochgradigen Zustand der Erregung, daß man Grund hat, an ihrem Verstande zu zweifeln.«
»O mein Gott,« rief Daisy, »wo ist sie denn? Wird sie wenigstens nicht schlecht behandelt?«
»Beruhigen Sie sich, Madame, sie ist im Gefängnislazarett untergebracht. – Sie hat in einem fort nach Ihnen verlangt und schien zu glauben, daß Sie alles wüßten. Es ist daher unsre Pflicht, Sie um einige nähere Aufklärungen zu bitten.«
Sie waren inzwischen in das Zimmer getreten. –
Friederike und Mlle. Heurteau setzten sich auf das Feldbett; die Herren vom Gericht und der Polizeikommissar nahmen am Tische Platz.
»Können Sie uns irgend welche Fingerzeige darüber geben, was Mlle. Soubize zu dem Verbrechen bewogen haben kann?« fragte der Untersuchungsrichter.
»Nein,« antwortete Daisy.
»Sie hat Ihnen von ihrem Vorhaben keine Mitteilung gemacht?«
»Mit keinem Wort.«
»Haben Sie an ihrem Benehmen während der letzten Tage irgend etwas Auffälliges bemerkt?«
»Sie hatte die Nacht vorher einen heftigen Nervenanfall. Dagegen war sie gestern den ganzen Tag vollkommen ruhig.« –
»Aha,« sagte Monsieur Courbarand. – »Litt sie überhaupt an derartigen Zuständen?«
»Mein Gott, ja, – in den Entwicklungsjahren waren sie sogar sehr häufig. – Später wurde es etwas besser, besonders in den letzten drei Jahren. – Aber seit wir hier in der Schule wohnten, trat das alte Leiden wieder auf. Ich glaube, daß die ungewohnte Disziplin daran schuld war. Während der letzten Monate, wo unser Unternehmen mit allen möglichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, wurden die Anfälle immer schlimmer. Da sie sich fast nur des Nachts einstellten und ich neben ihr schlief, hat außer mir niemand darum gewußt. Und ich habe mich von jeher bemüht, es den andren zu verheimlichen.«
»Gut. Sagen Sie mir jetzt, bitte, ob Ihres Wissens zwischen Geneviève Soubize und Sir James Bartlett intime Beziehungen bestanden haben.«
Als Daisy zögerte, fügte er in eindringlichem Ton hinzu:
»Ich bitte Sie, mir nichts zu verschweigen, in Ihrem eigenen und im Interesse der Angeklagten. Lady Jackson hat ihre Aussage bereits deponiert. Sir James kam von einem Besuch bei ihr, als der tödliche Stoß ihn ereilte. Sie hat ferner ausgesagt, daß Geneviève Soubize einige Monate als Vorleserin bei ihr beschäftigt war. Sie wird den Baron also öfters dort getroffen haben. – Madame Jackson hält sie für eine gefährliche Anarchistin.«
»Daß Geneviève bei Lady Jackson Vorleserin war, ist richtig,« sagte Daisy, – »ebenfalls, daß sie den Baron dort oft gesehen hat. Aber daß während dieser Zeit ein intimer Verkehr zwischen beiden stattgefunden hat, halte ich für völlig ausgeschlossen.«
»Das ist eben der unaufgeklärte Punkt bei der Affaire. – Es ist Ihnen jedenfalls bekannt, daß die Angeklagte das Opfer von Gewalttätigkeiten zu sein scheint.«
»Ist das wirklich wahr?« rief Daisy, entsetzt. »Mein Gott – wer kann eine derartige Abscheulichkeit begangen haben?«
»Geneviève Soubize verweigert jede Auskunft darüber. Und es ist in solchen Fällen selbst für den Arzt manchmal schwierig, die Wahrheit zu konstatieren. Wir haben gehofft, von Ihnen nähere Aufklärungen darüber zu erhalten, und ich bitte Sie, offen zu sein.«
»Auf mein Ehrenwort – ich weiß nichts darüber. Ich habe Geneviève immer für ein durchaus unbescholtenes Mädchen gehalten. – Ich glaubte genau über ihr Leben orientiert zu sein. Und ich weiß, daß alle hier im Hause derselben Ansicht waren, ebenso in der Frauenklinik, wo sie bei Professor Bouchardon studiert hat.« –
»Madame Jackson hat uns gesagt, daß die Angeklagte als Hebamme ausgebildet war. – Übte sie diesen Beruf praktisch aus?«
»Nein – dazu hatte sie außer ihrer Schultätigkeit keine Zeit gehabt.«
»Aber immerhin muß sie doch von ihrer Ausbildungszeit her chirurgische Instrumente zur Verfügung gehabt haben?« –
»Ich glaube, ja.«
»Wo sind dieselben?«
Daisy gab keine Antwort. Aber Friederike, die wohl einsah, daß man dem Richter nichts verheimlichen dürfe, um Geneviève nicht noch schwerer zu belasten, sagte:
»Monsieur, das chirurgische Besteck von Geneviève Soubize ist unten im Laboratorium.«
»Ah! – Ich danke Ihnen, Mademoiselle. – Wir müssen jetzt noch das Zimmer der Angeklagten in Augenschein nehmen. – Sie sagten vorhin, Miß Craggs, daß es neben dem Ihren läge. – Ich bitte die Damen, uns zu folgen.«
Die Durchsuchung dauerte nicht lange. Genevièves Schrank enthielt nur Kleidungsstücke und Wäsche, die einer eingehenden Prüfung unterzogen, dann aber an ihrem Platze belassen wurden. Dagegen konfiscierte man einen Teil der Bibliothek, der aus revolutionären Broschüren und alten irländischen Zeitungen bestand, in denen Daisys Name wiederholt genannt war; schließlich noch Genevièves Korrespondenzen und ihr Tagebuch, sowie eine Anzahl von Manuskripten. Es waren meist Konzepte zu Vorträgen, die Daisy in ihrer Jugend ausgearbeitet hatte.
Daisy gab ohne weiteres zu, daß dieselben von ihr herrührten, protestierte aber dagegen, daß sie dieselben an Geneviève gegeben hätte, um sie zum Anarchismus zu bekehren.
»Ich selbst habe all diesen Chimären schon längst Lebewohl gesagt. – Was Geneviève betrifft, – so kann ihr Interesse für all diese Dinge doch eigentlich nur ein abstraktes, rein historisches gewesen sein. Sie selbst ist nie in Irland gewesen.« –
Der Richter gab keine Antwort. Dann zog er sich mit seinen Begleitern in das Nebenzimmer zurück, wo sie sich eine Zeitlang miteinander besprachen.
»Miß Craggs,« sagte er, als er wieder eintrat, »wir sehen uns leider genötigt, auch bei Ihnen eine Haussuchung vorzunehmen. Machen Sie sich darauf gefaßt, daß wir Sie eventuell verhaften müssen.«
»Verhaften?« rief Friederike. »Aber was hat sie denn getan? Sie hat doch mit der ganzen Sache nichts zu tun.«
»Es tut mir sehr leid, Miß Craggs Unannehmlichkeiten bereiten zu müssen,« entgegnete Courbarand, »aber aus den Papieren, die wir eben gefunden haben, liegt es nahe, auf einen politischen Mord zu schließen. Und ein Teil derselben stammt von Miß Craggs.«
Unter Daisys Papieren fand sich nichts, das irgendwie von Bedeutung gewesen wäre, nur einige Konzepte zu Übersetzungen oder litterarischen Feuilletons. Dann begab man sich ins Laboratorium, um die chirurgischen Instrumente, die Geneviève gehört hatten, zu beschlagnahmen.
Als das geschehen war, wandte Courbarand sich wieder an Daisy.
»Miß Craggs, ich fordere Sie auf, sich anzukleiden und uns zu folgen.«
»Gut,« sagte Daisy einfach, – »ich möchte nur gern wissen, ob Sie mich auf längere Zeit festzunehmen gedenken?«
»Darüber kann ich Ihnen noch nichts Bestimmtes sagen. Nehmen Sie einstweilen die nötigen Effekten für zwei oder drei Tage mit.«
Man ließ die Damen in Daisys Zimmer allein. Friederike und Heurteau wollten sie trösten, aber sie sagte ganz ruhig:
»O, um mich brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Vor dem Gefängnis fürchte ich mich nicht, – es ist nicht das erste, das ich in meinem Leben gesehen habe. Und mir ist, als ob meine kleine Geneviève mehr Mut haben müßte, wenn sie weiß, daß ich auch verhaftet bin.«– –
Dann umarmte sie ihre Gefährtinnen.
»Auf Wiedersehen, Heurteau – auf Wiedersehen, Friederike. Tragen Sie uns nichts nach, Geneviève und mir. – Sie ist unzurechnungsfähig, und wenn es auch von mir vielleicht unrecht war, Ihnen ihren Zustand zu verheimlichen, so habe ich es doch nur aus Liebe getan.«
Friederike war tief bewegt, als sie Daisy umarmte:
»Vertrauen Sie mir, Liebste. Ich glaube, daß ich etwas für Sie tun kann und werde alles aufbieten.«
»Ist das wahr? Aber wenn Sie wirklich etwas tun können, so denken Sie zuerst an Geneviève. Retten Sie das arme Kind.«
»Ich verspreche Ihnen, alles zu versuchen.«
Courbarand trat jetzt wieder ein:
»Es ist Zeit, Mademoiselle,« sagte er barsch.
Friederike bat ihn, Daisy durch den Hof des Laboratoriums zu führen, der auf die rue Delormel hinausging.
So verließ sie in Begleitung des Polizisten unbemerkt das Schulhaus.
Es war mitten im Juni, die Sitzungen der Deputiertenkammer gingen ihrem Ende entgegen. Die politischen Interessen ruhten, und man hatte um so mehr Zeit, sich mit Lokalfragen zu beschäftigen.
Der Mord in der rue du Colisée bot der sensationslüsternen Menge willkommenen Stoff.
Zahllose Reporter erschienen in der rue des Bergers, um Einzelheiten über Geneviève, über Daisy Craggs, über die Organisation der Schule und das Privatleben der Lehrerinnen zu erfragen. Sie wurden ohne weiteres abgewiesen.
Am Abend brachte der »Temps« folgende Notiz:
»Obgleich die näheren Umstände noch nicht völlig aufgeklärt sind, so kann man doch mit ziemlicher Sicherheit annehmen, daß es sich um ein anarchistisches Attentat handelt. Bei der Haussuchung, die durch Monsieur Courbarand vorgenommen wurde, ist eine große Anzahl von revolutionären Broschüren konfisciert worden. Ferner hat man noch eine der Lehrerinnen, namens Craggs, verhaftet – dieselbe soll sich seinerzeit an den irischen Aufständen beteiligt haben. – Was Geneviéve Soubize betrifft, so zeigt sie Symptome von Geistesgestörtheit. Es ist indessen nicht ausgeschlossen, daß man es hier mit einer geschickten Simulantin zu thun hat.« –
Im Laufe des nächsten Tages erschienen die Eltern von einigen der Schulkinder, um sich zu erkundigen. Mlle. Heurteau setzte ihnen den Sachverhalt so klar und offen auseinander, daß sie beruhigt wieder fortgingen. Für jeden vernünftig denkenden Menschen stand Genevièves Verbrechen in absolut keinem Zusammenhang mit den in der Schule herrschenden Sitten und Anschauungen. Außerdem war ja auch die Mehrzahl der Kinder elternlos.
Nach dem Essen versammelte man sie in dem großen Saale, wo Pirnitz folgende Ansprache an sie hielt:
»Meine lieben Kinder, ihr bildet gewissermaßen eine Familie mit uns, die wir euch unterrichten und erziehen. Ihr habt daher ein Recht darauf, an allem, was die Schule angeht, teilzunehmen. Unsre Schule hat momentan eine schwere Krisis durchzumachen, und ich halte es für notwendig, euch auf alles, was da kommen kann, vorzubereiten.
Der Erfolg unsrer Bestrebungen hat, wie das immer der Fall ist, Haß und Neid gegen uns hervorgerufen. Die Feinde der Schule lauerten schon lange auf eine Gelegenheit, uns zu schaden. Der erste Schicksalsschlag war der Ruin unsrer alten Wohlthäterin. – Mlle. de Sainte-Parade hat ihr Vermögen verloren, und gleichzeitig hat ein Schlaganfall sie für immer gelähmt. Wir dürfen also nicht mehr auf ihre Unterstützung rechnen. Aber ich versichre euch, und ich rechne fest darauf, daß ihr meinen Worten Glauben schenkt: aus Mangel an Geld wird unsre Schule nicht zu Grunde gehn. Wir werden vielfach unsre Ausgaben reducieren, im schlimmsten Falle werden wir alle miteinander arbeiten, um das Nötige zu verdienen, nicht wahr? (›Ja, ja, das wollen wir‹, riefen die Kleinen einstimmig.) In diesen Tagen nun ist noch etwas weit Schlimmeres über uns hereingebrochen: – eine der Gründerinnen dieses Hauses – eine von denen, die ihr ganz besonders lieb hattet und die eure Liebe ebensosehr verdiente, ist eines schweren Verbrechens beschuldigt worden. – (›Das ist nicht wahr,‹ riefen die Kinder.) Ob die Thatsache an sich wahr ist, weiß ich nicht,« fuhr Pirnitz fort. »Aber gleichzeitig mit dieser entsetzlichen Nachricht habe ich etwas erfahren, wovon wir alle, mit Ausnahme von Miß Daisy Craggs, nichts ahnten: nämlich daß Geneviève Soubize eine arme Kranke war. Sie litt an Nervenanfällen, die sie zeitweise unzurechnungsfähig machten. Ich erkläre hiermit offen vor euch allen: es war unrecht von Miß Craggs, uns diesen Umstand zu verheimlichen, selbst wenn sie es in der besten Absicht that. Sie selbst ist die erste, die dafür büßen muß. Man hält sie für Geneviéves Mitschuldige. – Ich kann euch bezeugen, daß es nicht wahr ist. Und das wird sich auch höchstwahrscheinlich in Bälde herausstellen. Wenn Geneviéve jenes Verbrechen wirklich begangen hat, so hat sie wenigstens niemand ihren Plan anvertraut. Sie hat ihn ausgeführt wie eine Monomane, wie ein unglückliches, zerrüttetes Wesen, das nicht weiß, was es thut. Daisy war ebenso überrascht und entsetzt, als sie es erfuhr, wie wir andren. –
So, meine lieben Kinder, jetzt wißt ihr alles. Wahrscheinlich werdet ihr diese Thatsachen auch von andrer Seite, aber in entstellter Form zu hören bekommen. Alle diejenigen, die uns hassen, weil wir freie, zielbewußte Frauen sind, werden natürlich versuchen, Nutzen daraus zu ziehen. Aber wir sind fest entschlossen, uns dagegen zu wehren – stark im Bewußtsein unsrer Unschuld. Und wir rechnen dabei auf eure Hilfe. (Ja, ja) Ich bin fest überzeugt, daß wir mit vereinten Kräften den Sieg davontragen werden.
Und sollten wir auch unterliegen, sollte, unsre Schule den Anfeindungen zum Opfer fallen, so wird doch der Same, den wir in eure jungen Herzen gestreut haben, nicht verloren sein. Solange nur noch eine von euren Lehrerinnen am Leben ist, dürft ihr euch jederzeit getrost um sie scharen. Und solltet ihr von uns getrennt werden, so habe ich doch das feste Zutrauen, daß ihr alle bleiben werdet, was wir aus euch gemacht haben: freie, starke und tapfere Frauen.« –
Pirnitz schwieg, und in demselben Augenblick stürmte die ganze kleine Gesellschaft die Estrade, um ihre geliebte Lehrerin zu umarmen. Es war ein förmlicher Sturm von Begeisterung, der die jugendliche Schar mit sich fortriß. Die kleinen Mädchen waren stolz darauf, daß man sie wie Erwachsene, wie Kolleginnen, behandelte. Pirnitz hätte in diesem Augenblick alles von ihnen verlangen können, sie wären für sie sogar mit Freuden in den Tod gegangen. Auch die Lehrerinnen warfen sich einander in der Arme, von dem Gefühl der Zusammengehörigkeit durchdrungen. Friederike konnte kaum die Thränen zurückhalten, während die Kinder sich um sie drängten, und selbst Lea, die bleich und mit trockenen Augen dastand, vermochte nicht zu widerstehen.
»Nein,« dachte sie, »ich will nicht die einzige Schwache sein unter all diesen tapfren Frauen.«
Es war das letzte Mal, daß die heilige Flamme des Aposteltums in ihr aufloderte und sie noch einmal mit dem freudigen Opfermute durchglühte, den Pirnitz und Friederike ihr suggeriert hatten. –
Aber als sie am nächsten Morgen erwachte, fühlte sie, daß es vorbei war; die Scenen des gestrigen Abends kamen ihr in der Erinnerung übertrieben, fast sinnlos vor. Sie erschrak förmlich darüber, wie kühl sie die Sache jetzt ansah:
»Der Fall Bartlett wird der Schule den Todesstoß geben. Unsre Feinde werden den Skandal benutzen, um uns zu vertreiben. Außerdem bin ich fest überzeugt, daß Mlle. Heurteau uns verrät. Man brauchte nur ihr Gesicht anzusehn, während Pirnitz sprach. Ich sollte Friederike vor ihr warnen. – Aber wozu? Nein, ich werde schweigen. Es hilft ja doch alles nichts mehr. Die Schule ist so wie so dem Untergang geweiht.«
Der Selbsterhaltungstrieb, das Verlangen nach Glück und Freiheit war wieder in ihr erwacht.
»Und ich, – was soll aus mir werden, wenn alles um uns her zusammenbricht? – mit den andern weiterkämpfen, noch einmal wieder von vorn anfangen? – O nein, ich habe den Glauben an alles das längst verloren. – Ich habe hier nichts mehr zu thun, wenn die Schule aufhört zu existieren. Ich will fortgehn, mich befreien.« –
Sie schwor sich selbst, diesen Entschluß auszuführen, und ein Gefühl von Ruhe und Heiterkeit, wie sie es lange nicht empfunden hatte, kam über sie.
Zwei Tage später erschien Quignonnet und verlangte Pirnitz zu sprechen. Er legte ihr ein von Duramberty unterzeichnetes Papier vor, das ihn ermächtigte, die Interessen des Fabrikanten zu vertreten.
»Madame,« sagte er dann, »ich versichre Sie, daß Monsieur Jude durchaus keine feindseligen Absichten gegen Sie hegt. Er nimmt aufrichtigen Anteil an Ihrer schwierigen Lage. Trotzdem müssen die Geschäftssachen irgendwie erledigt werden. Sie hätten vorgestern 150 000 Francs Kaution einzahlen sollen, aber Sie haben uns nicht benachrichtigt, ob das geschehen ist.«
»Nein, es ist nicht geschehen,« antwortete Pirnitz. – »Wir sind nicht in der Lage, 150 000 Francs deponieren zu können, da wir dieselben nicht besitzen. Wir verfügen nur über die immerhin beträchtliche Summe von 90 000 Francs, die gleich heute eingezahlt werden kann. Und wir hoffen, daß Monsieur Duramberty daraufhin einen neuen Kontrakt mit uns eingehen wird, dessen nähere Bedingungen eben noch festgesetzt werden müssen.«
Quignonnet erklärte, daß er darüber noch mit Duramberty Rücksprache nehmen müsse. Am Nachmittag erschien er dann wieder und machte folgenden Vorschlag:
»Der Kontrakt von 1877 sollte für ungültig erklärt, und die Kaution auf 90 000 Francs reduciert werden. Bestehen blieb dagegen die frühere Ausmachung, daß sowohl das Grundstück, wie die Gebäude an Duramberty zurückfallen sollten, wenn die Schule einmal aufhörte zu existieren, außerdem hätte er in diesem Falle Anspruch auf eine Entschädigungssumme von 50 000 Francs.«
Obgleich dieser Vorschlag für den mächtigen Nachbar bedeutende Vorteile bot, wurde er mit Freuden angenommen. Immerhin ermöglichte er doch das Fortbestehen der Schule ohne weitere finanzielle Komplikationen.
Der neue Kontrakt wurde noch an demselben Abend aufgesetzt und unterzeichnet. Pirnitz konnte den Verhandlungen nicht bis zu Ende beiwohnen. Nach vielen Schwierigkeiten hatte sie es glücklich erreicht, Daisy Craggs in Saint-Lazare besuchen zu dürfen. Die Besuchsstunde war auf drei Uhr angesetzt worden.
Man ließ sie im Sprechzimmer ziemlich ungestört miteinander reden. Pirnitz erzählte der Freundin alles, was sie über Geneviève in Erfahrung gebracht hatte. Geneviève machte nicht grade den Eindruck einer Kranken im eigentlichen Sinne des Wortes. Sie aß und trank wie gewöhnlich und sprach ganz vernünftig, außer wenn man sie über ihr Verbrechen befragte. Dann fing sie jedesmal an, irre Reden über Revolution und Anarchie zu halten.
»Sie mögen sie nur in Gottes Namen für verrückt erklären,« rief Daisy. – »Wenigstens wird man sie dann nicht zum Tode verurteilen. Und ich nehme es auf mich, sie wieder gesund zu machen.«
»Ja, gewiß, es ist nur zu wünschen, daß sie für unzurechnungsfähig gehalten wird. Aber es kam mir so vor, als ob man sie für eine Simulantin hielte.«
»Geneviève Simulantin? Da sieht man, daß kein Mensch sie wirklich kennt. Sie hat nie in ihrem Leben gelogen, die arme Kleine. – Wird sie denn wenigstens einigermaßen gut verpflegt?«
»Man hat mir versichert, daß sie mit äußerster Rücksicht behandelt würde. – Aber wie ist denn Ihnen hier zu Mute, liebe Daisy?«
»O, ich fühle mich ganz wohl,« sagte Daisy einfach. »Man hat mich heute morgen vernommen. Der Untersuchungsrichter ist ein sehr intelligenter junger Mensch. Er wollte mir absolut beweisen, daß ich mit allen möglichen Anarchistengesellschaften in Beziehung stände, und war ganz enttäuscht, als ich ihm erklärte, daß ich schon längst von diesem Mumpitz nichts mehr wissen wollte. – ›Aber, Miß Craggs, Sie haben sich doch an der nationalen Bewegung in Irland beteiligt?‹ Natürlich habe ich das nicht abgeleugnet. Ich erzählte ihm von meiner Jugend, und es schien ihn lebhaft zu interessieren. Er that hunderte von Fragen, ich glaube, sowie von Irland die Rede war, wurde er selbst Anarchist. Als er fortging, sagte er: ›Daß Sie in der Affaire Bartlett eine Rolle gespielt haben sollen, scheint wirklich ein Irrtum zu sein. Fassen Sie nur Mut.‹ – ›Werden Sie mich also bald aus der Haft entlassen?‹ fragte ich. Und er antwortete: ›Ja, ich hoffe, Sie werden nicht mehr lange hierbleiben müssen.‹«
»Wenn Sie wüßten, Daisy, wie wir alle darunter leiden, Sie hier in dieser zweifelhaften Umgebung zu wissen.«
»O, das macht mir nichts. Wenn ich nicht in meiner Zelle eingeschlossen wäre, würde ich sogar ganz gerne mit all diesen unglücklichen Wesen zusammensein. – Gott ja, sie sind wirklich unglücklich. Sie machen sich gar keinen Begriff davon, Pirnitz, wie sie unter ihrem Schicksal leiden. Es sind manche darunter, die weder Vater noch Mutter gekannt haben, andre sind von ihren eignen Eltern zur Ausschweifung angeleitet worden. Noch andre haben sich aus Liebe irgend einem Burschen hingegeben, der sie dann in Not und Schande zurückließ. Die Armen. – Ich habe mich gleich mit ihnen angefreundet. Sie verstehen mich, und ich verstehe sie so gut. Es ist trotz allem so viel Naives und Unverdorbenes in ihnen, und das hab' ich bald herausgefunden.« –
Dann erzählte Pirnitz ihr von den neuesten Ereignissen, von Quignonnets Besuch, von dem Kontrakt mit Duramberty. Daisy gab sich alle Mühe, Interesse dafür zu zeigen, aber Pirnitz sah wohl, daß ihre Gedanken ausschließlich mit Geneviève beschäftigt waren.
Als sie sich dann verabschiedete, sagte Daisy:
»Wenn ich hier bleiben sollte, so vergessen Sie mich, aber denken Sie an meinen armen Liebling. Friederike hat mir gesagt, daß sie vielleicht etwas für mich thun kann. Aber sie soll ihren Einfluß nicht für mich, sondern ausschließlich für Geneviève verwenden.«
Daisy wurde schon am nächsten Tage wieder aus der Haft entlassen. Ihre Rückkehr erregte einen Sturm von Begeisterung unter den Schülerinnen, Man trug sie im Triumph ins Haus hinein.
Es schien jetzt alles wieder seinen gewohnten friedlichen Lauf zu gehen. Keine von den Schülerinnen war abgemeldet worden. Die finanziellen Schwierigkeiten waren durch den neuen Kontrakt bis auf weiteres geordnet. Man erwartete allgemein, daß die Mordaffaire durch Verbringung der Angeklagten in irgend ein Irrenhaus ihren Abschluß finden würde. Selbst die Zeitungen erwähnten dieselbe kaum mehr. Alle faßten wieder neuen Mut.
Nur Lea war fest überzeugt, daß der endgültige Zusammenbruch der Schule demnächst erfolgen mußte. Sie lebte fast ausschließlich in dem Gedanken, daß dann für sie die Stunde der Freiheit geschlagen haben würde. Dabei war sie nach außen hin völlig ruhig, weder Pirnitz noch Friederike errieten etwas von dem, was in ihr vorging.
Nachdem so etwa vierzehn Tage verflossen waren, brachte der »Matin« eines schönen Tages folgende, etwas geheimnisvoll klingende Notiz:
»Die Mordaffaire in der rue du Colisée. – Wir erfahren aus guter Quelle, daß die Untersuchung in der bekannten Mordaffaire nunmehr so gut wie abgeschlossen ist. Man ist zu dem Resultat gekommen: jene Geneviève Soubize, die auf offener Straße eine hochgestellte, der englischen Aristokratie ungehörige Persönlichkeit ermordete – sei einfach eine unzurechnungsfähige Person, sie habe in einem Anfall von Geistesstörung gehandelt und gehöre ins Irrenhaus.
Wir haben jedoch unsre Gründe, anzunehmen, daß diese Schlüsse nicht mit den Thatsachen übereinstimmen. Wir haben, während die Untersuchung im Gange war, auch unsrerseits Erkundigungen eingezogen. Und was wir da in Erfahrung brachten, war so bedenklicher Natur, daß wir mit der Veröffentlichung bis jetzt gezögert haben. Es war unsre feste Überzeugung, daß all diese Dinge dem Untersuchungsrichter nicht entgehen würden. –
Da nun aber die Untersuchung nichts zu Tage gefördert hat, allem Anschein nach auch nichts zu Tage hat fördern wollen, so werden wir in unsrer nächsten Nummer damit beginnen, das Resultat unsrer Privatrecherchen zu veröffentlichen.« –
Die Notiz wurde von sämtlichen Tagesblättern abgedruckt und rief allgemeine Neugier wach. Als der »Matin« nun wirklich am nächsten Tage mit seinen angeblichen Enthüllungen herauszurücken begann, beschäftigte sich bald die ganze Presse mit der Angelegenheit.
Es fiel den Leiterinnen der Schule nicht schwer, zu erraten, wer diesen Feldzug gegen sie in Scene gesetzt hatte. Obgleich die verschiedenen Artikel nicht aus ein und derselben Feder herstammen konnten, so war es doch unverkennbar der Geist der Semaine de Saint-Charles, der aus ihnen sprach.
Es waren im Großen und Ganzen dieselben Anschuldigungen wie in jenem ersten Artikel. Man sprach von einer kosmopolitischen, ausschließlich aus Frauen bestehenden Gesellschaft, die sich zusammengethan hatte, um eine Schule zu gründen, wo ihre anarchistischen Ideen gelehrt und praktisch ausgeübt würden. Um die nötigen Mittel herbeizuschaffen, hatten sie eine geistesschwache alte Dame so zu umgarnen gewußt, daß sie ihnen ihr ganzes Vermögen zur Verfügung stellte. Ihr Unterrichtssystem beruht auf dem krassesten Atheismus und entbehrt jeglicher Methode, obgleich man zugeben müßte, daß die Kinder manches Nützliche lernten. Aber abgesehen von dieser völligen Prinzipienlosigkeit, abgesehen von anarchistischen Tendenzen, in denen man die Kinder erzog, würde der Unterricht überhaupt mit einem geradezu empörenden Cynismus betrieben. So war thatsächlich ein zur Hebamme ausgebildetes Mädchen angestellt worden, um einen förmlichen Entbindungskursus abzuhalten, und die Kinder von zehn, zwölf oder vierzehn Jahren über die Geheimnisse der Liebe und der Mutterschaft aufzuklären. Und diese Hebamme war eben jene Geneviève Soubize, die Sir James Bartlett ermordet hatte.
Der Cynismus beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Theorie. Unter den Lehrerinnen einerseits, unter Lehrerinnen und Schülerinnen andrerseits würde ein gewisses Genre von Zärtlichkeiten gepflegt, auf das man hier lieber nicht näher eingehen wolle.
Aber trotzdem würde es mit den antimaskulinen Prinzipien nicht allzu streng genommen. Eine gewisse Mlle. D. H. – wurde fahnenflüchtig, um mit einem einfachen Möbelschreiner davonzugehen. Und die schon erwähnte junge Hebamme trug am Tage ihrer Verhaftung untrügliche Spuren ihres lasterhaften Lebenswandels. – –
Worauf wartet denn der Minister des öffentlichen Unterrichts noch, um dieses Wespennest auszuheben? Wie ist es möglich, daß man trotz des offenkundigen Skandals diesen kosmopolitischen Abenteurerinnen immer noch nicht das Handwerk gelegt hat?« – –
Die Folgen dieser fortgesetzten Angriffe ließen nicht auf sich warten.
Der Minister beauftragte einen seiner Beamten, – denselben, durch den er vor kaum einem Jahr sich bei der Einweihungsfeier hatte vertreten lassen – die internen Verhältnisse der Schule einer eingehenden Prüfung zu unterziehen. Monsieur Roudier wohnte den Unterrichtsstunden bei, sah die Rechnungsbücher durch und stellte alle möglichen Fragen.
Der »Matin« und die übrigen Pariser Blatter fuhren währenddessen fort, Tag für Tag neue Sensationsartikel zu bringen. Sie beschuldigten jetzt das Ministerium, daß es mit der internationalen Sozialdemokratie unter einer Decke stecke. Roudier selbst wurde persönlich angegriffen und als geheimer Helfershelfer der anarchistischen Frauenbewegung bezeichnet.
Das schüchterte ihn ein, die Angst, seine Stellung zu verlieren, brachte ihn dazu, gegen seine bessere Überzeugung einen ungünstigen Bericht über die Schule zu erstatten, der dem Minister vorgelegt wurde, während Pirnitz und Friederike fest darauf rechneten, daß er den falschen Gerüchten entgegentreten und den Verleumdungen ein Ende machen Würde.
Auch das Gericht ließ sich durch diese ungünstige Wendung der Dinge beeinflussen. Die Untersuchung wurde noch einmal wieder aufgenommen. Man ließ die Hypothese von Genevièves Unzurechnungsfähigkeit fallen, die arme Daisy wurde als rabiate Anarchistin hingestellt, die dem jungen Mädchen ihre Ideen suggeriert hatte. Auf diese Weise war das Verbrechen völlig aufgeklärt, sie hatte eben durch ihre That Propaganda machen wollen. Daß sie ihren Plan mit Überlegung ausführte, ging daraus hervor, daß sie ein Messer aus dem Laboratorium mitgenommen hatte.
Außerdem war festgestellt worden, daß sie Duramberty aufgesucht hatte, jedenfalls in der Absicht, auch ihn umzubringen. Der Fabrikant erklärte auf Befragen, das junge Mädchen nicht gesehen zu haben. Er wußte, daß sie jede Aussage darüber verweigerte, wie sie jene Nacht zugebracht hatte, und hielt es deshalb für besser, nichts von jenem tragischen Vaudeville in der rue la Trémoille zu erzählen. Wozu sollte er die Unglückliche noch mehr belasten? Verschiedene Bewohner des Viertels gaben an, Geneviève an jenem Abend gesehen zu haben, wie sie ziellos in den Straßen umherirrte. Ein Polizeiagent behauptete, sie hätte die vorübergehenden Männer herausfordernd angesehen. Dann trat noch ein andrer Zeuge, ein gewisser Galopier, auf und erzählte, die Angeklagte habe sich neben ihn auf eine Bank in der Avenue de l'Alma gesetzt und ihn mit Anträgen belästigt, die er jedoch abgewiesen habe.
Geneviève weigerte sich hartnäckig, auf alle dahin bezüglichen Fragen zu antworten, was natürlich als Beweis ihrer Schuld aufgefaßt wurde. Dazu kam noch, daß die Ärzte sie trotz ihrer Neurasthenie für vollkommen zurechnungsfähig erklärten.
Als man diese Wendung der Dinge in der Schule erfuhr, herrschte allgemeine Bestürzung. Fast gleichzeitig damit trat dann auch die endgültige Katastrophe ein.
In der Kammersitzung vom vierten Juli brachte ein Centrumsabgeordneter Interpellation über den »Skandal in Saint-Charles« ein.
Der Minister verlas einige Stellen aus Roudiers Bericht, die allgemeine Entrüstung erregten, und erklärte dann, es sei beschlossen worden, die Schule von staatswegen zu reorganisieren, die Leiterinnen des Unternehmens, mit Ausnahme von Mlle. Heurteau, die von jeher den extremen Bestrebungen der andren entgegengetreten sei, sollten entlassen und die Schule unter Aufsicht der Behörde gestellt werden.
Seine Auseinandersetzungen kamen dem Parlament nicht ganz klar vor, aber der kleine Zwischenfall war so geschickt insceniert, daß der Minister von vornherein sicher war, auf keinen Widerspruch zu stoßen. –
Man fand es nicht einmal der Mühe wert, Pirnitz, Daisy und den beiden Schwestern direkt mitzuteilen, daß sie gestürzt waren. In den Augen der Regierungsvertreter waren sie für die Gesellschaft abgethan. Das ministerielle Schreiben war nur an Mlle. Heurteau gerichtet.
Gleich nach Empfang desselben versammelte sie ihre Kolleginnen zu einer außerordentlichen Sitzung. Als sie ihnen den Brief des Ministers vorgelesen hatte, sagte Daisy:
»Heurteau, das ist Ihr Werk. Sie haben gegen uns intriguiert.«
Mlle. Heurteau verteidigte sich:
»Aber ich bitte Sie, was soll ich mit diesem Beschluß zu thun haben? – Ich habe den Minister nicht gesehen, seit ich damals die Autorisation für die Schule einholte. Ich habe nicht einmal direkt mit ihm korrespondiert. Und was Roudier betrifft, so war ich ebenso wie Sie alle der Meinung, daß er uns günstig gesinnt sei.«
»Sie haben uns verraten, Heurteau,« wiederholte Daisy. »Ich habe von jeher das Gefühl gehabt, und jetzt weiß ich es ganz bestimmt. – Wir alle haben es gefühlt, nicht wahr, Friederike?«
Friederike nickte bejahend. Aber Mlle. Heurteau fuhr fort, ohne die Fassung zu verlieren:
»Ich verzeihe Ihnen, Daisy – ich verzeihe euch allen. Das Unglück macht Sie ungerecht. Wenn Sie meinen Rat befolgt hätten, wäre diese Katastrophe Ihnen erspart geblieben. Es wäre also eigentlich an mir, Ihnen Vorwürfe zu machen. Aber ich wiederhole es noch einmal: ich begreife Ihre Erregung und ich verzeihe Ihnen. Ich werde hier bleiben und unsre Traditionen aufrecht erhalten. Ich weiß, wie man sich mit den Behörden arrangiert. Und ich hoffe, wenn der erste Sturm sich gelegt hat, Sie alle wieder hierher zurückrufen zu können.«
Aber Pirnitz machte eine abwehrende Bewegung:
»Nein, Heurteau, wir werden nie wieder zurückkehren.«
»Was, Romaine, auch Sie verkennen mich? Aber was habe ich denn gethan, ich bitte Sie, was habe ich Ihnen denn gethan? Ich schwöre Ihnen, ich habe keine Ahnung, wessen Protektion ich es verdanke. – Jedenfalls habe ich selbst nichts dazu gethan.«
»Das mag sein, gewiß. – Aber Sie wußten sich die Sympathien unsrer Feinde zu sichern. – Aber wozu sollen wir das alles noch einmal wieder aufwühlen? Das haben Sie mit Ihrem Gewissen auszumachen. – Sie hatten eben bestimmte Ideen über diesen Punkt, und Ihre Ideen haben den Sieg davongetragen. Wir sind die Besiegten und wir räumen das Feld.«
Dabei blickte sie Mlle. Heurteau an. Es lag so viel Würde und zugleich etwas so schmerzlich Vorwurfsvolles in ihrem Blick, daß Heurteau nichts zu erwidern wußte. Sie wurde dunkelrot und ihre Augen füllten sich mit Thränen.
»Kommen Sie,« sagte Pirnitz dann zu den andren. Daisy, Lea und Friederike folgten ihr, während Mlle. Heurteau allein zurückblieb. In Pirnitz' Zimmer beratschlagten sie, was nun zu thun sei.
Daisy konnte sich nicht langer beherrschen und brach in heftiges Schluchzen aus.
»Ich bin an allem schuld, ich ganz allein. Ich bringe allen, die ich lieb habe, nur Unglück. Warum habt ihr mich mit hierher genommen? Ich hatte nichts auf der Welt, wie die Schule und meine kleine Geneviève. Und jetzt ist es soweit, daß man uns einfach von hier fortjagt, und daß Geneviève vor das Schwurgericht kommt.«
Friederike und Pirnitz suchten sie zu trösten. Sie waren die einzigen, die ihren ruhigen, klaren Wut keinen Augenblick verloren, während Lea sich erschöpft auf einen Sessel warf und in düstrem Schweigen den weiteren Verlauf all dieser Ereignisse abwartete, an denen sie kein Anteil mehr nehmen wollte. So hörte sie zerstreut zu, während Pirnitz und Friederike miteinander beratschlagten.
Friederike erklärte sich für den Widerstand, für einen Prozeß gegen den Staat und die Gemeinde. Aber Pirnitz war andrer Meinung:
»Wir würden alle Prozesse verlieren, Friederike, denn wir haben keinen Menschen auf unsrer Seite, – – Übrigens habe ich in Österreich-Ungarn ähnliche Krisen miterlebt. – Man muß abwarten, bis sie vorüber sind.« – Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu:
»Wir müssen im Interesse unsrer Selbstachtung noch heute dieses Haus verlassen, wo wir nichts mehr zu sagen haben.«
Daisy stimmte ihr bei:
»Ja, laßt uns gehen, so rasch wie möglich. Aber wohin?«
»Mein altes Zimmer in der rue de la Sourdière kann uns wenigstens für heute nacht als Obdach dienen. Ihr wißt ja, daß Mlle. de Sainte-Parade es gewissermaßen aus Pietät weitergemietet hatte. – Morgen können wir uns dann gleich nach einem andren Quartier umsehn. – Ferner möchte ich euch noch einen Vorschlag machen: wir wollen jetzt ein paar von den Kindern herrufen. Jede kann sich dasjenige auswählen, zu dem sie am meisten Vertrauen hat. Wir wollen ihnen Lebewohl sagen und ihnen gleichsam unser Testament hinterlassen. Vielleicht bleibt von dem, was wir gewollt und erstrebt haben, doch etwas in ihren jungen Herzen haften.«
Alle waren damit einverstanden, und Lea ging, um die Kinder zu holen. Sie selbst hatte Georgette Vincent genannt, die schon lange ihre Lieblingsschülerin gewesen war, Pirnitz die kleine Alexandrine, und Daisy sprach den Wunsch aus, Alice Aubry, die Geneviève besonders geliebt hatte, noch einmal zu sehen.
Als Lea mit den kleinen Mädchen wieder erschien, versammelte Pirnitz sie um sich und sagte:
»Meine lieben Kinder, das, wovon ich euch neulich schon sprach, ist jetzt wirklich eingetreten. Wir müssen euch verlassen. Mlle. Heurteau ist die einzige von uns, die als Vorsteherin der Schule hier bleiben wird.
Ihr könnt euch denken, wie tief diese Trennung uns schmerzt, und ich sehe, daß ihr ebenso empfindet. Aber wir alle dürfen uns unsrem Schmerz nicht willenlos hingeben. Seid stark, meine Kinder – wir sind euch deshalb nicht verloren. Für den Moment ist es eure Pflicht, hierzubleiben, euren Lehrerinnen und Lehrern zu gehorchen, weiter zu arbeiten, mit einem Wort, euch zu benehmen, als ob wir noch da wären. Es werden hier jetzt vielleicht manche Veränderungen eintreten – denen ihr euch fügen müßt. Aber das eine dürft ihr nie vergessen: kein Mensch kann euch zwingen, gegen euer eignes Gewissen zu handeln. Was auch kommen mag, ihr sollt immer freie, selbständig denkende Wesen bleiben.
Wir haben euch unter euren Gefährtinnen ausgewählt, damit ihr uns bei ihnen vertreten sollt, weil wir glauben, daß grade ihr unsre Ideen am besten verstanden habt.
Wenn ihr wollt, könnt ihr jederzeit mit uns in Verbindung bleiben. Und wir hoffen, daß das auch euer Wunsch ist. Unsre Adresse ist fürs erste rue de la Sourdière 83. Selbstverständlich könnt ihr uns dort auch besuchen. Aber vor allem: thut es offen, ohne Heimlichkeit. Und jetzt, meine Kinder, laßt uns Abschied nehmen. Ihr müßt wieder an eure Arbeit gehen.«
Tiefbewegt umarmten die jungen Mädchen ihre Lehrerinnen. Sie vermochten kein Wort zu sprechen, aber der Einfluß, den Pirnitz auf sie ausübte, war so groß, daß sie ihre Thränen tapfer bezwangen. Dann kehrten sie tiefbetrübt, und doch voller Stolz über ihre Mission wieder in ihre Klassen zurück.
Pirnitz, Daisy und die beiden Schwestern trafen jetzt so rasch wie möglich ihre Vorbereitungen. Sie nahmen nur das Notwendigste mit, den Rest wollten sie abholen lassen, wenn erst eine passende Unterkunft gefunden war.
Ehe sie das Zimmer verließen, machten sie noch einen Überschlag über die Geldmittel, die ihnen zu Gebote standen. An barem Geld besaßen alle drei zusammen etwa 300 Francs. Lea und Friederike hatten außerdem noch ihre früheren Ersparnisse, eine Summe von 2500 Francs, die bei der Bank deponiert waren. Pirnitz verfügte über 1000 Francs, die aus der Zeit stammten, wo sie sich durch Privatunterricht ihr Brot verdiente.
Dann ließen sie einen Fiaker holen. Es war gegen halb acht Uhr abends, als sie das Haus verließen, dem sie so lange Zeit hindurch ihre beste Kraft gewidmet hatten.
Auf dem ganzen Wege von Saint-Charles bis zum Faubourg Saint-Honoré wurde kaum ein Wort gewechselt.
Leas Gedanken drehten sich ausschließlich um den einen Punkt:
»Ich kann dieses Haus in der rue de la Sourdière nicht wieder betreten – ich kann Pirnitz' einstiges Zimmer nicht wiedersehn. – Nein, ich kann es nicht – aber was soll ich thun?«
Dann nahm sie alle Kraft zusammen:
»Ich muß es ihnen sagen, sowie wir ankommen. Ich werde Friederike alles sagen – ich will frei, und selbständig sein, wie Pirnitz sagt. – Und ich will die Freiheit, nach der meine Natur verlangt, die ich brauche, um leben zu können.« –
Als sie über den Pont des Invalides fuhren, zog Friederike die 300 Francs aus der Tasche, die sie zusammengelegt hatten, und sagte:
»Lea, du mußt die Kasse übernehmen. Bezahle den Fiaker und kaufe dann ein, was wir zum Abendessen brauchen. Wir gehen voran hinauf.«
»Ja,« sagte Lea. Friederikes ernstes Wesen schüchterte sie immer noch ein. Sie hatte selbst in diesem Augenblick nicht den Mut, von ihrem Plan zu sprechen. Und sie war froh, daß sich ein Vorwand fand, ihre einstige Wohnung nicht betreten zu müssen.
Als die andern mit ihren Handkoffern in dem schmalen Hausflur verschwunden waren, stieg sie rasch wieder in den Wagen.
»Fahren Sie zum nächsten Tabaksgeschäft.«
Der Kutscher hielt an irgend einer Straßenecke. Lea trat in den Laden, ließ sich einen Kartenbrief geben, schrieb ein paar Zeilen, steckte einen Fünfzig-Francsschein hinein und adressierte ihn an ihre Schwester.
»Mit den fünfzig Francs werden sie bis morgen reichen,« dachte sie, »dafür überlasse ich ihnen meinen Anteil an den 2000, die wir auf der Bank haben.« –
Sie hatte sich entschlossen, noch heute abend über Dieppe und Newhaven nach London zu fahren.
Bei der Kirche Saint-Augustin ließ sie halten und gab dem Kutscher den Brief:
»Geben Sie ihn beim Hausmeister, rue de la Sourdière 83, ab – aber so rasch wie möglich.«
Sie gab ihm ein reichliches Trinkgeld.
»Danke schön, Madame,« sagte der Mann, »ich werde es gleich besorgen.«
Dann stieg sie die breiten Stufen hinauf, die zum Portal der Kirche führten. Sie fühlte das Bedürfnis, ihre Gedanken noch einmal im Gebet zu sammeln, ehe sie ihre Reise antrat.