Plautus
Der Hausgeist (Mostellaria)
Plautus

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Dritter Act.

Erste Scene.

Silberfeind, ein Wucherer. Tranio. Bald darauf Theuropides.

Silberfeind. In meinem Leben hab' ich doch ein schlecht'res Jahr
Für Geldgeschäfte nie geseh'n, als dieses ist.
Von früh bis Abend treib' ich auf dem Markt mich um,
Und bringe keinen Dreier Geld auf Zinsen an.

Tranio. (für sich)
Jezt ist es, ach! für alle Zukunft aus mit uns!
Hier ist der Mäkler, der das Geld uns vorgestreckt
Zum Kauf des Mädchens und wozu's sonst nöthig war.
Die Sache wird verrathen, komm' ich nicht zuvor,
Damit's der Alte nicht erfährt. Ich will nur hin.
(er sieht den Theuropides kommen)
Was aber geht er so geschwind nach Haus zurück?
Mir bangt, er hat schon von der Sache was gehört.
Ich muß ihn doch anreden. Ach, wie fürcht' ich mich!
Nichts schlimmer wahrlich, als ein schuldbewußtes Herz,
Wie ich es habe. Doch wie auch die Dinge steh'n,
Ich spiele den Wirrwarr weiter fort. Sonst geht es nicht.
(zu Theuropides)
Wo warst du?

Theuropides.         Bei dem Manne, der das Haus mir einst
Verkauft.

Tranio.           Was ich dir sagte, hast du ihm davon
Gesagt?

Theuropides.   Ich sagt' ihm Alles.

Tranio. (für sich)                             Ich Unseliger!
Mit meinen Kniffen, fürcht' ich, ist's auf ewig aus.

Theuropides. Was sprichst du da bei Seite?

Tranio.                                                           Nichts; doch sage mir:
Du sagtest's?

Theuropides.       Alles sagt' ich ihm der Reihe nach.

Tranio. Bekennt er das vom Gaste?

Theuropides.                                   Nein, er läugnet fest.

Tranio. Er läugnet?

Theuropides.           Freilich.

Tranio. (für sich)                     Denk' ich das, ist's aus mit mir. (laut)
Gesteht er's nicht?

Theuropides.               Wenn er's gestände, sagt' ich es.
Was, meinst du, soll ich machen?

Tranio.                                                 Was du machen sollst?
Nimm, rath' ich, einen Richter an mit ihm zugleich;
(bei Seite)
Doch einen solchen, der mir glaubt; (laut)
                                                          dann findest du
Dein Recht so sicher, als der Fuchs die Birne frißt.

Silberfeind. Da seh' ich ja Philolaches' Sklaven, Tranio,
Die nichts bezahlen, weder Zins noch Kapital.

Theuropides. (zu Tranio, der fortlaufen will)
Wo willst du hin?

Tranio.                         Ich? Nirgends.
(bei Seite)                                   Ich Unseliger!
Ich Schalk! Geboren ward ich in der Götter Zorn.
Jezt mahnt er mich in seiner Gegenwart. O weh!
Da bin ich in der Enge rechts und links. Ich will
Zuerst ihn angeh'n.

Silberfeind. (bei Seite)   Nun ist's gut; er kommt zu mir.
Jezt hoff' ich auf mein Geld.

Tranio. (bei Seite)                         Er freut sich ohne Grund. (laut)
Willkommen mir von ganzem Herzen, Silberfeind!

Silberfeind. Gleichfalls. Wie steht's mit dem Gelde?

Tranio.                                                                       Pack dich, Ungethüm!
Gleich bei der Ankunft 'wirfst du deinen Spieß nach mir.

Silberfeind. Der Mensch ist leer.

Tranio.                                         Der Mensch ist sicher ein Prophet.

Silberfeind. Laß deine Narrenpossen!

Tranio.                                                 Sprich, was willst du denn?

Silberfeind. Wo steckt Philolaches?

Tranio.                                               Fürwahr, du hättest nie
Erwünschter kommen können, als du jezt mir kommst.

Silberfeind. Wie so?

Tranio. (ihn auf die Seite ziehend)
                          Tritt hierher!

Silberfeind.                                     Krieg' ich denn mein Geld zurück?

Tranio. Ich weiß, du hast 'ne gute Stimme. Schrei nicht so!

Silberfeind. Ich werde dennoch schreien.

Tranio.                                                     Ei, so höre nur!

Silberfeind. Was soll ich hören?

Tranio.                                       Geh nach Haus, ich bitte dich.

Silberfeind. Nach Haus?

Tranio.                           Und komm dann gegen Mittag wieder her.

Silberfeind. Und dann bekomm' ich meinen Zins?

Tranio.                                                                 Ja, geh nur fort.

Silberfeind. Was lauf' ich so viel hin und her und mühe mich?
Wie, wenn ich lieber bis zu Mittag bliebe?

Tranio.                                                               Nein!
Ich sag's im Ernste, geh nach Haus, ja geh nach Haus.

Silberfeind. So gebt mir einmal meinen Zins! Was foppt ihr mich?

Tranio. Zum Henker! Geh doch endlich heim, und folge mir.

Silberfeind. (schreiend)
Ich rufe den da gleich herbei.

Tranio.                                           Brav! Lauter noch!
Jezt bist du glücklich, daß du schreist.

Silberfeind.                                                 Ich will mein Geld.
Wie viele Tage foppt ihr so mich schon herum!
Wenn ich zur Last bin, gebt das Geld, dann zieh' ich ab.
So sezt ihr allem Hinundhergered' ein Ziel.

Tranio. Dein Kapital soll –

Silberfeind.                         Nein, den Zins will ich zuerst.

Tranio. Du größter Schalk von Allen, die geboren sind,
Du kommst hieher, dich auszuschrei'n? Thu, was du kannst.
Er zahlt dir nichts, er schuldet nichts.

Silberfeind.                                                 Er schuldet nichts?

Tranio. Nicht einen Deut erhältst du. Oder soll er gar
Des Zinses wegen aus der Stadt als Exulant,
Der kaum das Hauptgeld zahlen kann?

Silberfeind.                                                 Das will ich nicht.
Die Zinsen will ich; ungesäumt die Zinsen her.

Tranio. Mensch, quäl' uns nicht! Wir zahlen nichts. Thu, was du willst.
Du bist der Einzige, glaub' ich, der auf Zinsen leiht.

Silberfeind. Gebt mir den Zins! Bezahlt den Zins! Den Zins heraus!
Gebt ihr mir auf der Stelle nicht die Zinsen her?
Die Zinsen will ich.

Tranio.                             Zinsen hin und Zinsen her!
Der weiß von nichts zu schwazen als vom Zinse nur,
Der alte Gaudieb! Hab' ich doch mein Leben nie
Ein solch verruchtes Ungethüm als dich geseh'n.

Silberfeind. Mit solchen Reden kannst du mich nicht schrecken, Mensch.

Theuropides. (näher tretend, zu Tranio)
Was sind denn das für Zinsen, sprich, die der verlangt?

Tranio. (zu Silberfeind)
Da siehst du seinen Vater, der vor kurzem erst
In's Land zurückkam; er bezahlt dir Zins und Stamm.
So kannst du nicht mehr länger uns belästigen.
Sieh, ob er zögert.

Silberfeind.                   Krieg' ich was, so nehm' ich es.

Theuropides. (zu Tranio)
Du, sprich!

Tranio.               Was hast du?

Theuropides.                           Wer ist das? Was will der Mensch?
Warum erwähnt er meines Sohns Philolaches?
Was wirft er dir denn solchen Schimpf in's Angesicht?
Was seid ihr ihm denn schuldig?

Tranio.                                                 Stopf', ich bitte dich,
Mit Geld dem schmuzigen Ungethüm den Rachen zu.

Theuropides. Ich?

Tranio.                 Ja, mit Silberstücken schlag' ihm auf das Maul.

Silberfeind. Sehr gerne leid' ich Schläge, die von Silber sind.

Tranio. Nun – hörst du? Scheint dir dieser Kerl zum Wucherer
Nicht ganz geschaffen, der verruchtesten Menschenart?

Theuropides. Mich kümmert's gar nicht, wer er ist, woher er ist;
Eins sage mir zur Stelle, danach frag' ich dich,
Was das für Geld ist.

Tranio.                               Etwas Weniges schuldet ihm
Dein Sohn.

Theuropides.     Wie viel denn?

Tranio.                                         Vierzig Minen ungefähr.

Theuropides. Das wäre wenig?

Tranio.                                       Achte das für nicht so viel.

Theuropides. Auch mußt' ich hören, daß man Zinse schuldig sei.

Tranio. An vierundvierzig Minen macht die ganze Schuld,
Hauptgeld und Zinsen.

Silberfeind.                         So viel ist's. Mehr fordr' ich nicht.

Tranio. Ich wollte, du verlangtest einen Dreier mehr.»Ich wollte, du verlangtest einen Dreier mehr.« Dieser Wunsch des Tranio ist in seiner Art sehr aufrichtig gemeint; denn nach römischem Gesez werden diejenigen sogleich mit ihrer Klage abgewiesen, oder verlieren den ganzen Prozeß und auch den rechtlichsten Theil ihrer Forderung, welche von dem Beklagten überführt werden, das Mindeste über die Gebühr gefordert zu haben.
(zu Theuropides)
Versprich zu zahlen, daß er geht.

Theuropides.                                       Ich sollte das?

Tranio. Ja.

Theuropides.   Ich?

Tranio.                     Du selber. Sag' es zu, und folge mir.
Versprich es; auf, ich rathe dir's!

Theuropides.                                       Antworte mir:
Wie ging's mit jenem Geld?

Tranio.                                       Es ist geborgen.

Theuropides.                                                       Ihr
Bezahlt denn, wenn's geborgen ist!

Tranio.                                                   Dein Sohn erstand
Ein Haus dafür.

Theuropides.             Ein Haus?

Tranio.                                       Ja.

Theuropides.                                   Schön, Philolaches!
Der artet seinem Vater nach, treibt Handel schon.

Tranio. Denn als dies Haus so wurde, wie ich dir gesagt,
Erstand er ohne Säumen sich ein andres Haus.

Theuropides. Du sagst, ein Haus?

Tranio.                                           Ein Haus, ja. Weißt du, was für eins?

Theuropides. Wie kann ich's wissen?

Tranio.                                                 Pah!

Theuropides.                                               Was ist es?

Tranio.                                                                             Frage nicht.

Theuropides. Wie ist's denn?

Tranio.                                     Hell wie Spiegel, nichts als lauter Glanz.

Theuropides. Da that er wohl. Doch – um wie viel erstand er es?

Tranio. Just um so viel Talente, wie wir beide sind.
Er gab als Angeld jene vierzig Minen her;
Von diesem (auf Silberfeind deutend)
                    hat er sie geborgt. Verstehst du mich?

Theuropides. Da that er wohl.

Silberfeind. (zu Tranio)           He, du! Der Mittag kommt heran.

Tranio. (zu Theuropides)
Schaff' uns den Wicht vom Halse; sonst erstickt er uns.

Theuropides. (zu Silberfeind)
Freund, mach's mit mir ab.

Silberfeind.                               Also krieg' ich's wohl von dir?

Theuropides. Bis morgen.

Silberfeind.                       Bin zufrieden, wenn du's morgen zahlst.
(geht ab.)

Tranio. (bei Seite)
Daß alle Himmelsmächte den vernichteten,
Der alle meine Plane mir verdorben hat!
Traun, heut zu Tage gibt es keine Menschenart,
Ruchloser, ungerechter, als die Wucherer.

Theuropides. In welcher Gegend hat mein Sohn das Haus gekauft?

Tranio. (bei Seite)
Nun bin ich weg! Gott!

Theuropides.                       Sagst du, was ich dich gefragt?

Tranio. Gleich, gleich!
Des Hausbesizers Namen nur, dem sinn' ich nach.

Theuropides. So magst du dich besinnen!

Tranio. (bei Seite)                                       Was beginn' ich jezt?
(er sinnt nach)
Die Lüge bau' ich in die nächste Nähe hier;
Das Haus des Nachbars, sag' ich, hat der Sohn gekauft.
Die heißgebackne Lüge soll die beste sein;Eine Lüge aus dem Stegreif (mendacium calidum), durch den Drang der Verlegenheit erzeugt, ist nach Tranio's Meinung gleichsam ein Werk einer höheren Inspiration, der man um so dreister folgen darf, da sie von den Göttern kommt. Köpke.
Und diese macht mir heiß, und brennt von ferne schon.
Wohl darf ich sagen, was ein Gott in's Herz mir gibt.

Theuropides. Nun? Hast du dich besonnen?

Tranio.                                                         Daß das Wetter ihn –!
(bei Seite, auf Theuropides deutend)
Nein, lieber diesen! – (laut)
                                    Von dem nächsten Nachbar hier
Erstand Philolaches das Haus.

Theuropides.                                   Wie? Ganz gewiß?

Tranio. Ja, ganz gewiß, Herr, wenn du zahlen willst für ihn;
Doch wenn du deß dich weigerst, dann nicht ganz gewiß.

Theuropides. Nicht auf dem besten Plaze steht's.

Tranio.                                                                 Das mein' ich doch.

Theuropides. Ich möcht' es gerne besehen. – Klopfe doch einmal,
Und (hörst du, Tranio?) rufe dir Jemand heraus.

Tranio. (für sich)
Jezt bin ich weg, weiß gar nicht, was ich sagen soll.
Die Welle wirft mich wieder an den alten Fels.
Wie nun? Ich weiß nicht, was ich jezt beginnen soll.
Ich bin ertappt.

Theuropides.           Nun, rufe mir Einen da heraus,
Der mich herumführt.

Tranio.                               Aber hier sind Frauen ja:
Erst muß ich sehen, ob die wollen oder nicht.

Theuropides. Das find' ich recht und billig. Geh und frage sie;
Ich wart' indeß hier aussen, bis du wiederkommst.
(er tritt ein wenig zurück.)

Tranio. (bei Seite)
Daß alle Himmelsmächte dich verderbten, Mensch,
Der alle meine Plane so schmachvoll bestürmt! –
Vortrefflich! Sieh, da kommt der Hausherr selbst heraus,
Der alte Simo. Nach der Seite tret' ich hier,
Bis ich in meinem Kopfe mir den Rath berief.
Ich sprech' ihn an, sobald ich etwas Rechtes fand.
(er tritt auf die Seite.)

Zweite Scene.

Simo. Theuropides (im Hintergrunde). Tranio (zur Seite).

Simo. Dies ganze Jahr ward mir's nie so gut daheim,
Kein Essen hat mir so gut geschmeckt, wie heut.
Meine Frau tischte mir köstlich auf, und verlangt
Jezt, ich soll schlafen geh'n; aber das will ich nicht.
Dacht' ich doch gleich, es sei nicht von ungefähr,
Daß sie mir besser, als sonst, zu essen gab.
Wollte mich gleich zu Bett bringen, das alte Weib.
Doch der Schlaf nach dem Mahl schmeckt nicht gut, Fort damit!
Ingeheim schlich ich mich aus dem Hause weg.
Ganz gewiß ist sie jezt wüthend über mich.

Tranio. (bei Seite)
'ne böse Nacht wartet auf den Alten heut;
Denn kommt er heim, ißt er schlecht und schläft er schlecht.

Simo. Um so mehr denk' ich im Herzen dran:
Wer ein reiches altes Weib hatL. Si quis dotatum uxorem atque anum homo habet. , den verlockt
Nie der Schlaf. Schlafengeh'n widert ihm.
Aber jezt bleibt's dabei: lieber will ich doch
Auf den Markt, als daheim ruh'n im engen Bett.
(an die Zuschauer)
Wie eure Frau'n umgeh'n mit euch, weiß ich freilich nicht;
Aber wohl weiß ich, wie meine Frau mir's macht;
Daß es noch schlimmer wird, als es war, weiß ich auch.

Tranio. (bei Seite)
Wenn es dir schlecht bekommt, daß du weg von Hause gingst,
Darfst du deßhalb, o Greis, keinen Gott beschuldigen;
Nein, mit vollkomm'nem Recht klagst du dann dich selber an.
An der Zeit ist es jezt, anzugeh'n den Alten hier.
(nachsinnend)
Halt, das trifft! Weiß ich doch, wie ich ihn belisten kann,
Daß ich durch meine List mich der Last entledige.List und Last, wie in der Urschrift dolus und dolor.
Geh' ich hin!
(laut)         Simo, Gott walte segnend über dir!

Simo. Sei gegrüßt, Tranio!

Tranio.                               Geht dir's wohl?

Simo.                                                             Ziemlich wohl.
Aber dir?

Tranio. (nimmt ihn bei der Hand)
                Einen gar wackern Herrn halt' ich hier.

Simo. Für das Lob dank' ich –

Tranio.                                     Nur Schuldigkeit!

Simo.                                                                     Aber ich
Halt' in dir keinen gar braven Knecht.

Tranio.                                                       Ei! Wie so?

Simo. Sage, was treib ihr?

Tranio.                               Nun?

Simo.                                           Was ihr da drinnen macht?
Aber nein, ganz im Ernst sag' ich dir, Tranio.
Wie du die Menschen siehst, mußt du sie nehmen. Doch
Denke dann auch, wie kurz menschliches Leben ist.

Tranio. Also dies war es? Jezt merk' ich's erst:
Unser Hauswesen ist's, was du da im Auge hast.

Simo. Ihr vertreibt eure Zeit recht galant, so paßt es sich:
Bringt ihr doch bei'm Gelag, Wein und Fisch und Leckerei'n,
Alle Tag' in Freuden hin.

Tranio.                                     So lebten wir wohl ehemals:
Jezt, o Herr, ist alles das für uns verloren –

Simo.                                                                     Aber wie
Käme das?

Tranio.             So stürzten wir aus unserm Himmel allzumal.

Simo. Schweige doch! Ging denn euch Alles bis diesen Tag
Nicht nach Wunsch?

Tranio.                             Allerdings; was du sagst, läugn' ich nicht.
Wahrlich, wir lebten flott, lebten nach Herzenslust;
Aber jezt ward der Wind unserm Schiff ungetreu,
Simo.

Simo.         Wie wäre dies möglich?

Tranio.                                             Ein Jammer ist's.

Simo. Euer Schiff war ja schon sicher auf's Land gebracht.

Tranio. Ach!

Simo.             Was ist's?

Tranio.                           Weh, mit mir ist es aus!

Simo.                                                                     Freund, warum?

Tranio. Ach, ein Schiff kam, zerbrach unserm Schiff Mast und Kiel.

Simo. Tranio, das thut mir leid. Aber was gibt's denn? Sprich!

Tranio. Unser Herr kam zurück.

Simo.                                           Und man dreht dir den Strick,
Legt dir dann Ketten an, und zulezt folgt das Kreuz.

Tranio. Auf den Knie'n fleh' ich dir: sage doch meinem Herrn
Nichts davon.

Simo.                     Fürchte nichts; denn von mir soll er nichts
Hören.

Tranio. (Simo's Hand ergreifend)
            Mein Schuzpatron!

Simo.                                         Schüzlinge deiner Art,
Mögen die fern von mir bleiben; ich mag sie nicht.

Tranio. Nun höre, weßhalb unser Herr zu dir mich schickt.

Simo. Antworte mir vor Allem, was ich fragen will,
Hat euer Alter von dem Handel nichts gemerkt?

Tranio. Nichts weiß er, gar nichts.

Simo.                                               Hat er auf den Sohn geschmäht?

Tranio. Er ist so still und heiter, wie der heitre Tag.
Jezt hat er mir geheißen, dich inständiglich
Zu bitten, daß du ihm erlaubst, in deinem Haus
Sich umzuseh'n.

Simo.                         Es ist nicht feil.

Tranio.                                               Daß weiß ich; doch
Der Alte will in seinem Haus ein Frau'ngemach,
Lustgänge, Säulenhallen, Badezimmer bau'n.

Simo. Was träumt er da zusammen?

Tranio.                                             Ich bedeute dir's.
Er will den Sohn vermählen, so geschwind er kann;
Da will er denn das neue Frau'ngemach sich bau'n.
Er sagt, ich weiß nicht welcher Bauverständige
Hab' ihm den Bau von deinem Hause sehr gelobt;
Jezt nimmt er sich's zum Muster, wenn du's ihm erlaubst.

Simo. Da nimmt er von etwas Schlechtem sich das Muster ab.

Tranio. Gar schön, vernahm er, lebe man den Sommer hier,
Im Freien ohne Sonnenschein den ganzen Tag.

Simo. Im Gegentheil, wenn allerorten Schatten ist,
So liegt von früh bis Abend stets die Sonne hier,
Und wie ein Mahner, hält sie Stand vor meiner Thür.
Ich habe nirgends Schatten, als im Brunnen dort.

Tranio. Fehlt dir's an Schatten, nimm dir Eine von Schattenstedt.

Simo. Laß mich in Ruhe. Wie ich dir gesagt, so steht's.

Tranio. Doch – möcht' er's anseh'n.

Simo.                                                 Immerhin, wenn's ihm beliebt.
Und wenn daran ihm was behagt, so mag er bau'n
Nach meinem Muster.

Tranio.                               Soll ich gleich ihn rufen?

Simo.                                                                           Ja.

Tranio. (bei Seite)
Es heißt, daß Alexander und Agathokles
Die größten Dinge thaten; ich, der ganz allein
Der Thaten allergrößte thut, was wird mit mir?
Der Alte da trägt seinen Lügensattel hier,
Der hat sein Aufgebinde dort. So hab' ich denn
Ein allerliebst Gewerbe neu mir zugelegt.
Die Müller haben Mäuler mit Packsätteln nur;
Ich sattle Menschen, denen ich manch schwere Last
Aufpacke; was ich aufgepackt, das tragen sie.
Nun weiß ich gar nicht, ob ich ihn anreden soll.
Ich thu' es. – He, Theuropides!

Theuropides.                                   Wer ruft mich hier?

Tranio. Ein Knecht, allezeit seinem Herrn treuergeben.
Wonach du mich schicktest, das ist dir bewilligt.

Theuropides. Warum bist du, sprich doch, so lang ausgeblieben?

Tranio. Der Mann war beschäftigt; da mußt' ich denn warten.

Theuropides. Du bliebst doch der Alte, der Säumer von Ehmals.

Tranio. O möchtest du doch an das Sprichwort gedenken:
»Nicht leicht ist's, zu blasen zugleich und zu schlürfen.«
Ich konnte ja doch nicht zugleich hier und dort sein.

Theuropides. Was ist's jezt?

Tranio.                                   Besieh dir das Haus nach Gefallen.

Theuropides. Wohlan, geh voran!

Tranio.                                           Soll nicht fehlen.

Theuropides.                                                             Ich folge.

Tranio. Der Mann, sieh, erwartet dich selbst an der Hausthür.
Doch daß er's verkauft hat, das macht ihn bekümmert.

Theuropides. Was will er?

Tranio.                                 Ich soll dem Philolaches rathen,
Daß der ihm das Haus wieder läßt.

Theuropides.                                           Das bezweifl' ich.
Ein Jeder mäht sein Feld für sich. Wenn unser Kauf
Schlecht ausgefallen wäre, ständ' es auch nicht mehr
In unsrer Macht, den Handel hinter sich zu dreh'n.
Was man gewonnen, schaffe man sogleich nach Haus!
Mitleid in diesen Zeiten würde thöricht sein.

Tranio. Du hältst mit deinen Reden auf. Komm doch!

Theuropides.                                                               Es sei!
Ich bin zu deinem Dienste.

Tranio. (zu Simo, indem er ihm seinen Herrn vorstellt)
                                          Sieh den Alten hier! Da bring' ich ihn.

Simo. Wie freut es mich, Theuropides, daß du gesund zurückgekehrt!

Theuropides. Recht schönen Dank!

Simo.                                               Der Sklave sagt, du möchtest gern dies Haus beseh'n.

Theuropides. Wenn dir's nicht ungelegen ist.

Simo.                                                               Tritt nur hinein, und sieh dich um.

Theuropides. Die Frauen aber –

Simo.                                           Ich bitte dich, bekümmre dich um keine Frau.
Geh überall im ganzen Haus herum, als wär's das deinige.

Theuropides. (bei Seite zu Tranio)
Als wär's das meine?

Tranio. (leise zu Theuropides)   Bring' ihn jezt in seinem Kummer nicht darauf,
Daß du's gekauft. Du siehst ja, wie betrübt er ist, der alte Mann.

Theuropides. (wie vorhin)
Das seh' ich wohl.

Tranio. (wie vorhin)       Damit er nun nicht meint, du wollst ihn foppen gar,
Erwähne nicht, daß du das Haus gekauft hast.

Theuropides. (wie vorhin)                                       Ich verstehe schon.
Für deine Warnung dank' ich dir, und lobe deinen edlen Sinn.
(laut zu Simo)
Erlaubst du?

Simo.                   Tritt hinein, und sieh dir Alles nach Belieben an.

Theuropides. Gar gütig und wohlwollend bist du gegen uns.

Simo.                                                                                       Das will ich auch.

Tranio. Siehst du vor dem Haus den Vorhof hier, und dort den Tummelplaz?

Theuropides. In der That ganz herrlich Alles!

Tranio.                                                             Sieh dir auch die Säulen an!
Welchen Umfang haben sie! Wie festgegründet steh'n sie da!

Theuropides. Keine schönern sah ich jemals, dünkt mich.

Simo.                                                                                   Ja, sie wurden einst
Auch mit schönem Geld bezahlt.

Tranio. (bei Seite zu Theuropides)       Vernahmest du's: »sie wurden einst?«
Kaum enthält er sich der Thränen.

Theuropides.                                         Und wie theuer kamen sie?

Simo. Diese beiden hier drei Minen, und die Fracht noch obendrein.

Theuropides. (leise zu Tranio)
Doch bei Gott, viel schlechter sind sie, denn ich sie mir erst gedacht.

Tranio. Und warum denn?

Theuropides.                     Weil der Holzwurm beide schon am Fuß benagt.

Tranio. Wohl zur Unzeit ausgehauen, leiden sie den Schaden nun.
Doch sie sind noch immer brauchbar, wenn man sie mit Pech bezieht.
Der sie schuf, war kein Barbar, er hat sich nicht mit Brei genährt.Die römischen Lustspieldichter nennen als Nachbildner der Griechen alles Römische und Italische barbarisch. So sind hier unter den Barbaren Römer und Italer gemeint, die, was Kunstwerke und mechanische Fertigkeit betrifft, gegen die Griechen, wie rohe Barbaren, in den Schatten treten. Ebendieselben werden hier als Breiesser bezeichnet, da Brei (puls) das älteste Nationalgericht der Italer war, das bei ihnen, besonders in früheren Zeiten, sogar die Stelle des Brodes vertrat, und auch später noch die Speise der Armen war.
Schau die Fugen an den Thüren!

Theuropides.                                       Wohl.

Tranio.                                                           Wie fest sie schlafen, sieh!

Theuropides. Schlafen?

Tranio.                           Nein, ich wollte sagen, wie sie festgeschlossen sind!
Hast du g'nug?

Theuropides.           Je mehr ich's sehe, desto mehr behagt es mir.

Tranio. Siehst du das Gemälde dort: die Krähe, die zwei Geier foppt?
Schau, sie zaust die beiden Geier, einen nach dem andern, durch,Unter den beiden Geiern verspottet Tranio die beiden Alten, Theuropides und Simo, die er in demselben Geschäft, wiewohl jeden auf eigene Weise, betrügt.
Sieh einmal hierher zu mir, dann wirst du gleich die Krähe seh'n.
Siehst du sie?

Theuropides.         Fürwahr, ich sehe nichts von einer Krähe dort.

Tranio. Blicke denn nach eurer Seite, weil du keine Krähe siehst,
Ob du nicht die beiden Geier da vielleicht erkennen kannst.

Theuropides. Ein für allemal, ich sehe von gemalten Vögeln nichts.

Tranio. Laß es gut sein; deine Schuld ist's nicht; vor Alter siehst du nicht.

Theuropides. Was ich sehen kann, gefällt mir alles hier ganz ungemein.

Simo. Weiter fortzugehen, lohnt sich erst der Mühe.

Theuropides.                                                             Räthst mir gut.

Simo. (ruft einem Sklaven zu)
Bursche, heda! Führ' ihn durch das Haus und die Gemächer durch.
Gerne thät' ich's selber, hätt' ich auf dem Markte kein Geschäft.

Theuropides. Geh mir doch mit deinem Führer! Angeführt sein mag ich nicht.Theuropides will nichts von einem Führer wissen, weil die Ausdrücke ducere, perducere, circumducere im Lateinischen (wie im Deutschen verführen und anführen) eine böse Seite des Führens bezeichnen, und mithin einer Zweideutigkeit unterworfen sind. Ueberdies standen diese Führer, weil sie oft von dem Tempel der Venus Urania weit wegführten, in üblem Rufe, und sind mit den Kupplern fast gleichbedeutend.

Simo. Durch das Haus nur. Soll dich Niemand führen?

Theuropides.                                                                 Fort! Ich will es nicht.
Was es sei, viel lieber irr' ich, als mich Jemand führen soll.

Simo. Wie du willst.

Theuropides.           So darf ich ohne Führer gehen?

Simo.                                                                           Immerhin.

Theuropides. Geh' ich denn!

Tranio.                                   Erst will ich seh'n, ob nicht ein HundDie Hunde, welche den Tag über an der Kette lagen, wurden in der Nacht losgelassen. In den Häusern, wo man solche Hunde hielt, wurde zur Warnung der Unbedachtsamen die Vorsicht gebraucht, daß man über der Hausthüre mit großen Buchstaben die Aufschrift anbrachte: cave canem, hüte dich vor dem Hunde. Danz.

Theuropides.                                                                                           Ja, geh und sieh!

Tranio. Halt! Da ist er.

Theuropides.               Wo?

Tranio.                                 Geh dort herüber, geh
(bei Seite)                                                       zum Geier fort!
(laut)
Bleibst du steh'n? Was gehst du nicht von hinnen?

Simo.                                                                             Darfst nichts fürchten. Geh!
Ruhig ist er, wie das Wasser. Sieh! Du kannst getrost in's Haus.
Ich geh' auf den Markt.

Theuropides.                       Und ich bedanke mich. Glück auf den Weg!
( Simo geht ab.)
Tranio, verstehst du? Schaffe nur den Hund vom Thore weg,
Wenn er auch nicht beißt.

Tranio.                                     O sieh nur, wie er da so ruhig schläft!'
Laß ihn doch! Sonst giltst du nur für feig und krittlig.

Theuropides.                                                                       Nun, es sei!
Komm nur hinter mir!

Tranio.                               Ich gehe keinen Schritt von dir hinweg.
(Beide gehen in's Haus hinein.)


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