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Erste Szene

Grumio tritt auf

Grumio: Komm schon heraus aus deiner Küche, Schuft!
Nur üble Schelmenstreiche heckst du
zwischen deinen Pfannen aus! Komm aus dem Haus,
Fluch und Verderben unsres Herrn! So wahr ich lebe:
Auf dem Landgut räch' ich mich an dir!
Heraus mit dir, du Küchenschnüffler!
Was versteckst du dich?

Tranio kommt aus dem Haus des Theopropides

Tranio: Verdammt, was soll dir das Geschrei
hier vor dem Haus? Du glaubst wohl,
du bist auf dem Land?
Weg hier vom Haus! Aufs Land mit dir!
Scher dich zum Henker! Weg da von der Tür!
(er schlägt auf ihn ein) Da, hast du das gewollt?

Grumio: Au, au! Ich sterbe! Warum schlägst du mich?

Tranio: Weil du noch lebst!

Grumio: Ich muß es dulden! aber warte nur,
wenn erst der alte Herr zurückkehrt,
laß ihn nur gesund und heil zurücksein,
den du auffrißt und verdirbst, weil er auf Reisen ist!

Tranio: Du Holzkopf! Ist es denn wahrscheinlich,
kann es wahr sein, was du sagst?
Wie sollt ich jemand fressen können, der nicht da ist?

Grumio: Du, du Possenreißer, städtisch-witzig,
Liebling du – für jedermann!
Das Land wirfst du mir vor? Nur zu, mein Tranio,
schon bald wird man zur Zwangsarbeit
dich in die Mühle stecken, da bin ich gewiß.
Beim Herkules! In kurzer Zeit schon, Tranio,
vergrößerst du die Zahl der Arbeitssklaven
auf dem Land, gehörst du zu der Kettenträgerzunft.
Doch jetzt, solang es dir gefällt, solang du kannst:
Versauf, verdirb das Gut,
verführ den guten Sohn des Herrn,
sauft Tag und Nacht
und lebt nach Griechenart in Saus und Braus!
Kauft Mädchen euch und laßt sie frei,
ernährt Schmarotzer, kauft nur reichlich, köstlich ein:
So hat's dir wohl der alte Herr,
als er auf Reisen ging, befohlen? Auf diese Art besorgt
sollt' er sein Eigentum hier wiederfinden?
Das – so meinst du – sei die Pflicht des guten Sklaven:
Den Besitz des Herrn verderben und den Sohn dazu?
Denn für verdorben halt' ich ihn,
der jetzt so eifrig schlimme Dinge treibt;
und vorher galt aus Attika kein Jüngling
ihm gleich an Sparsamkeit und Mäßigung.
Auf andre Art gebührt ihm jetzt der Preis.
Das machte deine Tüchtigkeit und deine Schule!

Tranio: Verdammt, was geh' denn ich dich an?
Was ich so treibe – hat das dich zu kümmern?
Hat es keine Ochsen auf dem Land,
für die du sorgen mußt? Mir macht es Spaß zu trinken,
zu lieben, es mit Dirnen toll zu treiben;
dafür trag' ich meine Haut zu Markt, nicht deine!

Grumio: Wie unverschämt er spricht!

Er geht auf ihn zu

Tranio: Daß Jupiter und alle Götter dich verderben! Pfui!
Du stinkst nach Knoblauch! Schmutzfink, Geißbock,
Saustall du, du stinkst nach Hund und Bock zugleich.

Grumio: Was soll's?
Nicht jeder kann wie du nach Salben riechen,
nicht jeder kann bei Tisch es besser haben als der Herr,
nicht jeder sich's von Speisen, auserles'nen,
wohl sein lassen. Aber hab nur deine Turteltauben,
deine Fische, dein Geflügel und laß mich
mein Knoblauch-Los ertragen; gut, du bist im Glück,
mir geht es schlecht: Das muß man nehmen, wie es ist,
wenn nur am Schluß mein Glück so sicher ist
wie dir dein Unglück!

Tranio: Neidisch bist du, Grumio: denn mir geht's gut,
dir schlecht. Doch das ist durchaus angemessen:
Mir geziemt's zu lieben, dir, die Ochsen anzutreiben.
Zugedacht ist mir ein süßes Leben, dir ein übles.

Grumio: Du Sieb der Henkersknechte –
denn das wirst du werden,
durchlöchert mit den Stachelpeitschen
und – das Marterholz am Hals –
gejagt durch alle Gassen: Das steht dir bevor,
sobald der alte Herr zurückgekommen ist.

Tranio: Weißt du, ob das nicht eher dir geschieht als mir?

Grumio: Ich hab es nie verdient.
Doch du – du hast's nicht nur verdient,
auch jetzt verdienst du's noch und noch!

Tranio: Spar dir die Mühe, laß die Predigt,
wenn es dich nach großem Unheil nicht gelüstet.

Grumio: Gebt mir die Futtererbsen,
meinen Ochsen sie zu bringen.
Heraus damit, sofern ihr sie nicht selber freßt!
Sonst treibt es weiter, wie ihr angefangen,
sauft und treibt es wie die Griechen,
freßt und stopft euch voll,
haut euch das Mastvieh in die Pfanne!

Tranio: Halt jetzt dein Maul! Und ab mit dir aufs Land!
Ich will zum Hafen nach Piräus gehen,
Fische mir zu kaufen für das Abendessen.
Deine Futtererbsen bringt dir irgendwer
dann morgen früh aufs Landgut; ich will dafür sorgen.
Sonst noch einen Wunsch – Herr Galgenvogel?

Grumio: Bald wird das dein Name sein, da bin ich sicher.

Tranio: Solang es ist wie jetzt –
was kümmert mich dein »bald«?

Grumio: Schon gut! Nur eines mußt du wissen:
Was beschwerlich ist, kommt schneller,
als was wir uns wünschen.

Tranio: Sei du jetzt nicht beschwerlich!
Ab, mach dich davon aufs Landgut und
– beim Herkules – stiehl mir nicht weiter meine Zeit!

Tranio geht ab

Grumio: Ein hübscher Abgang! Nicht im geringsten hat er sich darum gekümmert, was ich sagte. O ihr Götter, macht, daß unser alter Herr heimkehrt, bevor er alles, Haus und Acker, verloren hat. Drei Jahre ist er schon auf Reisen. Wenn er nicht schnellstens heimkommt – was übrig ist, reicht gerade noch für ein paar Monate. Ich geh aufs Landgut, denn eben seh' ich den Sohn kommen. Verdorben ist er und war einst der beste Jüngling.

Er geht ab

Zweite Szene

Philolaches tritt auf

Philolaches: Stets liegt es mir im Sinn,
lang hab' ich es bedacht,
die Gründe mir in meinem Kopf zurechtgelegt,
die Sache mir in meinem Herzen – falls ich eins besitze –
erwogen und herumgewälzt, womit der Mensch,
wenn er zur Welt gekommen, zu vergleichen wäre,
und gefunden hab' ich dieses Gleichnis schon:
Dem neuen Hause gleicht, so denk' ich mir
der Mensch, wenn er zur Welt gekommen ist –
und dies die Gründe dafür:
Auch wenn ihr zweifelt: Diese Sache leg' ich dar,
daß ihr mir glaubt.
– Daß es genau so ist, wie ich euch sage,
davon will ich euch nun überzeugen.
Wenn ihr meine Worte hört, so sagt ihr selbst,
genauso sei es und nicht anders. Hört mir zu,
wenn ich euch nun die Gründe dafür nenne;
klar wie mir selber soll euch diese Sache sein.
Gleich nachdem das Haus erbaut ist, blank geputzt,
errichtet schnurgerade nach dem Richtmaß,
lobt ein jeder wie den Meister, so das Bauwerk,
wünscht ein jeder, es als Muster sich zu nehmen,
will ein ähnliches sich bauen, weder Kosten scheuen,
noch die Mühe, die es ihm bereiten wird.
Doch wenn dann ein Bewohner einzieht,
der nichts taugt, der achtlos, schlampig, schmutzig ist,
nur faul herumliegt,
und das mit einer stumpfen, trägen Dienerschaft,
da wird dem Haus schon Schaden zugefügt,
wenn es, das gute, schlecht versorgt wird.
Oft geschieht noch das: Es kommt der Sturm,
zerbricht die Ziegel auf dem Dach,
zerbricht die Ziegel an den Regenrinnen;
doch der Herr, nachlässig, wie er ist, hat keine Lust,
sie wieder zu ersetzen; und der Regen kommt,
durchnäßt die Wände, Wasser dringt ins Innere,
läßt die Balken nach und nach verfaulen
und verdirbt des Meisters Werk.
Die Brauchbarkeit des Hauses hat schon sehr gelitten;
schuld daran ist keineswegs der Meister,
der das Haus gebaut.
Doch diese Sitte haben leider viele eingeführt:
Was man rasch und billig reparieren könnte,
läßt man liegen, wartet, bis die Wände schließlich
ganz zusammenstürzen; nun muß man das ganze Haus
von Grund auf neu errichten.
Soweit die Sache mit dem Haus. Nun will ich sagen,
wie die Menschen ihr gleichsetzen könnt dem Haus.
Zunächst einmal die Eltern: Sie sind sozusagen
die Erbauer ihrer Kinder, sind die Meister,
die das Werk errichten; ihren Kindern legen sie
das Fundament, zieh'n sie dann groß,
und voller Eifer streben sie, daß alles recht solid wird.
Niemals sparen sie mit Aufwand:
Was es kostet – finden sie – sei nicht verloren,
wenn das Werk dann gut zu brauchen wäre
und beim Volk in hohem Ansehn stünde.
So bilden sie denn aus, verfeinern, glätten,
lehren ihnen Lesen, Schreiben, Wissenschaften,
lehren ihnen Rechte und Gesetze,
mühen sich mit aller Kraft, daß andere sich wünschen,
diesen Kindern gleich zu sein.
Geht es dann zum Heeresdienst, so gibt man ihnen
einen der Verwandten mit als Hilfe noch und Beistand.
Damit aber gehen sie schon weg von ihren Meistern.
Ist das Dienstjahr absolviert, so wird die Probe zeigen,
was weiterhin geschieht mit diesem Bauwerk,
welches Ende es schlußendlich finden wird.
So war auch ich noch sparsam, war noch tüchtig
in der Obhut meiner Meister. Später aber,
als ich sozusagen einzog in mich selbst,
mich selber als mein eigner Herr bewohnte:
Schnell verdarb ich da der Meister Werk
nur allzu gründlich.
Nachlässig wurd' ich, träg. Das war der Sturm.
Er brachte Hagel, brachte Regen, riß sogleich
die Sittsamkeit mir ein, er deckte mir das Maß ab,
das die Tugendhaftigkeit mir setzte. Ich darauf –
nachlässig war ich, dachte nicht daran,
den Schaden auszubessern.
Und was dem Haus der Regen, war für mich die Liebe,
sie ergoß in meine Brust sich, nahm mir den Verstand,
durchfeuchtete, durchweichte mir das Herz.
Sogleich verließen mich gemeinsam
mein Vermögen, mein Kredit, mein guter Ruf,
mein Ansehn, meine Tüchtigkeit:
Ja, meine Brauchbarkeit hat sehr gelitten.
Nach Fäulnis riechen schon die Balken,
und ich sehe nicht, wie ich das Haus
in Ordnung bringen kann, daß es nicht ganz,
für immer nun, zusammenstürzt
und samt dem Fundament zugrundegeht –
und da ist niemand, der mir helfen könnte.
Mein Herz tut weh, weil ich nur zu gut weiß,
was ich einst war und was ich heute bin.
Ja, früher, da war keiner aus der Jungmannschaft
in aller körperlichen Übung tätiger als ich.
Mit Diskus, Speer, mit Ball, mit Laufen,
Waffenübungen, zu Pferd:
Was für ein heiteres und gutes Leben führt' ich da.
In Sparsamkeit, Beharrlichkeit war ich ein Beispiel,
und die Besten ließen sich von mir belehren.
Doch jetzt, nach allem, was geschah, bin ich ein Nichts,
und das durch meine eig'ne Schuld.

Dritte Szene

Philematia und Scapha treten aus dem Haus

Philolaches tritt beiseite

Philematia: Ach Scapha, das kalte Bad hat mir gut getan wie schon lang nicht mehr. So sauber fühl' ich mich und so frisch.

Scapha: Alles gedeiht uns prächtig, auch die Ernte war dieses Jahr ganz ausgezeichnet.

Philematia: Und was hat die Ernte mit meinem Bad zu tun?

Scapha: Genau soviel wie dein Bad mit der Ernte.

Philolaches: (für sich) O Venus, göttliche!
Das ist der Sturmwind, der mir
die Besonnenheit vom Dach riß, das mich schützte,
ist der Regen, welchen Cupido und Amor
tief in meine Brust mir dringen ließen;
nicht mehr schützen, nicht bedecken kann ich mich:
Durchnäßt schon sind in meinem Herzen
alle Wände und dem Haus droht nun
der gänzliche Ruin.

Philematia: Schau her, Scapha, wie steht mir dieses Kleid? Ich möchte doch Philolaches darin gefallen, meinem Herrn – und Augenstern.

Scapha: Was putzt du dich bloß so heraus? Liebenswürdig bist du auch ohne das – weil du dich liebenswürdig gibst. Und Liebhaber lieben nicht das Kleid der Frau, sondern das, was drunter ist!

Philolaches: Bei allen Göttern!
Diese Scapha ist doch allerliebst;
und das verruchte Luder kennt sich aus!
Wie hübsch sie doch begriffen hat,
wonach es Liebende verlangt.

Philematia: Und nun, was ist?

Scapha: Was denn?

Philematia: Du sollst mich anschauen und sehen, wie mir das steht!

Scapha: Dir steht alles, was du anziehst – weil du schön bist.

Philolaches: Für dieses Wort
will ich dir heute noch was schenken;
nicht umsonst sollst du gepriesen haben,
was mir selbst so gut gefällt.

Philematia: Ich will nicht, daß du mir schmeichelst!

Scapha: Dummes Mädchen! Willst du lieber, daß man dich zu Unrecht schlecht macht, statt daß man dich rühmt, wie du's verdienst? Lieber zu Unrecht gelobt als zu Recht häßlich genannt und verspottet werden.

Philematia: Ich liebe die Wahrheit, drum will ich, daß man mir die Wahrheit sagt. Ich mag keine Lüge.

Scapha: Ich will nur, daß du mich liebst und daß auch dein Philolaches dich liebt, wie du ja selber liebenswürdig bist.

Philolaches: Was sagst du da, du Scheusal?
Wie hast du geschworen? So soll ich sie lieben?
Warum hast du nicht hinzugefügt: Und so,
so möge sie mich lieben?
Ungeschenkt bleibt das Geschenk.
Verspielt ist es. Zu Schaden hast du dich gebracht.

Scapha: Was ich nicht begreifen kann: Du bist so schlau, so klug, gut unterrichtet, gar nicht dumm, und kannst dich so dumm verhalten!

Philematia: So sag's mir doch, wenn ich eine Dummheit mache!

Scapha: Nur einem zu dienen, ist Sache der Ehefrau, nicht der Hetäre. Eine Dummheit machst du, wenn du nur an diesem einen hängst, ihm allein zu Willen bist, alle andern von dir weist.

Philolaches: Ah, beim Jupiter!
Was für ein Ungeheuer treibt sich da
in meinem Haus herum. Die Götter mögen mich
als warnendes Exempel gleich ums Leben bringen,
bring' ich diese Alte nicht durch Hunger um,
durch Kälte, Durst!

Philematia: Nein, Scapha, ich will nicht, daß du mir einen so schlimmen Rat gibst!

Scapha: Du bist schön dumm, wenn du glaubst, er sei dir immer und für alle Zeit gut und freundlich. Ich sag' dir, sitzen lassen wird er dich! Zeit und Überdruß werden dafür sorgen.

Philematia: Das will ich nicht hoffen!

Scapha: Unerhofftes kommt weit öfters als Erwünschtes. Ja nun, wenn dich meine Worte nicht überzeugen, dann lern eben nachher aus Erfahrung. Sieh doch mich: Wer bin ich, wer war ich einst? Auch mich hat man geliebt und nicht weniger als dich jetzt. Auch ich war nur einem zu Willen, und er hat mich sitzenlassen, als das Alter mir graue Haare machte. Und dasselbe blüht auch dir, da bin ich sicher.

Philolaches: Kaum noch beherrsch' ich mich,
daß ich der Hetzerin nicht in die Augen fahre.

Philematia: Ich meine, es ist recht, daß ich ihm allein zu Willen bin: Er allein hat mich freigekauft für sich allein.

Philolaches: Bei allen Göttern, den unsterblichen:
Ein Mädchen, ganz entzückend, und so sittsam!
Recht hab' ich getan und freue mich,
daß ich mich ihretwegen – nun ja – ruinierte.

Scapha: Du bist wirklich unklug!

Philematia: Warum?

Scapha: Weil du dich so um seine Liebe bemühst.

Philematia: Warum, bitte, warum soll ich mich nicht darum bemühen?

Scapha: Du hast ja, was du haben wolltest: Du bist frei. Wenn er dich jetzt nicht von sich aus liebt, ist das viele Geld für ihn verloren, das er für deinen Freikauf zahlte.

Philolaches: Ah, ich will verdammt sein, wenn ich die
zum warnenden Exempel nicht erdroßle:
Mit ihrem hetzerischen Lästermaul
verdirbt sie mir das Mädchen.

Philematia: Nach allem, was er für mich getan hat, kann ich ihm gar nicht dankbar genug sein, wie er's verdient. Scapha, red mir nicht ein, ich soll ihn jetzt geringer achten.

Scapha: Das aber mußt du wissen: Wenn du jetzt, solang du jung bist, nur für ihn lebst, wirst du's im Alter bitter bereuen.

Philolaches: Würd' ich nur selber gleich zur Schlinge,
legte mich um diese Kehle,
zu erwürgen die verruchte Hetzerin,
die hier ihr Gift mischt.

Philematia: Jetzt, da ich erreicht habe, was ich wollte, ist es doch nur recht, daß ich ebenso dankbar bin, wie ich früher schmeichelte

Philolaches: Die Götter mögen mit mir machen,
was sie wollen, wenn ich dich für diese Worte
nicht ein zweites Mal freikaufen sollte und
– wenn ich die Scapha nicht erwürge.

Scapha: Hättest du wenigstens ein Pfand, eine Sicherheit, daß du für immer zu leben hast und daß der Geliebte ganz allein und für das ganze Leben nur dir angehört, ja, dann wär' ich auch der Meinung, daß du nur ihm allein leben und dir das Haar wie eine Ehefrau in Flechten legen solltest.

Philematia: Mit einem guten Ruf kommt man mit der Zeit gewöhnlich auch zu Geld. Bewahre ich mir den, bin ich reich genug.

Philolaches: Wenn ich meinen Vater auch verkaufen müßte:
Weitaus eher würd' ich das, so wahr ich lebe,
als dich, Geliebte, hungern oder betteln lassen.

Scapha: Und all die andern, welche dich lieben?

Philematia: Die werden mich noch mehr lieben, wenn sie sehen, daß ich eine Wohltat mit Dankbarkeit vergelte.

Philolaches: Käm' doch jetzt die Nachricht,
daß der Vater tot sei: Selber könnt' ich mich enterben,
sie zur Erbin machen.

Scapha: Bald wird verbraucht sein, was er hat. Tag und Nacht wird gegessen und getrunken. An Sparen denkt keiner. Mästen tut man sich!

Philolaches: Daß ich auch sparen kann, beim Herkules,
an dir wird das gleich ausprobiert: Zehn ganze Tage
kriegst du nichts zu essen, nichts zu trinken!

Philematia: Wenn du Gutes über ihn sagen willst, magst du reden; sagst du aber Schlechtes von ihm, beim Kastor, dann kriegst du Prügel!

Philolaches: Hätt' ich, anstatt sie freizukaufen,
mit dem Geld dem großen Jupiter geopfert:
Nicht besser wär' es angelegt.
Man sieht doch, wie sie mich von Herzen liebt.
Was bin ich bloß für ein gescheiter Kerl:
Den Anwalt hab ich freigekauft,
der für mich redet, meine Sache führt.

Scapha: Ich sehe schon, neben dem Philolaches achtest du alle anderen Menschen für nichts mehr. Also stimm' ich dir lieber bei, nicht daß ich noch verprügelt werde wegen ihm – wenn du nur genügend Sicherheit hast, dass er dir für alle Zeit ein Freund bleibt.

Philematia: Gib mir schnell den Spiegel, Scapha, und dann das Kästchen mit dem Schmuck. Ich will geschmückt sein, wenn Philolaches kommt, mein Liebster, meine Wonne!

Scapha: Eine Frau, die sich – und ihrem Alter – nicht mehr traut, braucht den Spiegel. Doch was soll er dir: Der Spiegel könnte sich in dir spiegeln!

Philolaches: Für dieses Wort, das, Scapha,
folgenlos du nicht so hübsch und niedlich
sollst gesprochen haben,
will ich dir heute noch was schenken,
– dir, o meiner Philematia!

Philematia: Schau her, Scapha, ist mein Haar so schön geordnet, ist alles am rechten Platz, so daß es richtig fällt?

Scapha: Wenn du gefällig bist, gefällt auch dein Haar. Glaub mir!

Philolaches: Kann man sich etwas denken,
schlechter als dies Weib?
Jetzt stimmt das Luder allem zu,
grad war ihr gar nichts recht.

Philematia: Gib mir das Bleiweiß dort!

Scapha: Wozu das?

Philematia: Um mir die Wange damit zu schminken.

Scapha: Das wäre, als ob du Elfenbein mit schwarzer Tinte weiß waschen wolltest.

Philolaches: Hübsch gesagt, das mit dem Elfenbein
und mit der schwarzen Tinte. Bravo, Scapha!

Philematia: Also dann die Purpurschminke!

Scapha: Nein, das tu' ich nicht. Du bist nicht bei Verstand: Das hübscheste Gemälde überpinseln, verfälschen, verderben? Keine Farbe soll jugendliches Alter berühren, weder Bleiweiß, noch das Weiß aus Melos, auch nicht irgendeine andere Schminke.

Philematia küßt ihr Spiegelbild

Philematia: Da, nimm den Spiegel!

Philolaches: Wehe mir! Dem Spiegel einen Kuß!
O hätt' ich einen Stein, damit dem Spiegel
den Kopf in Stücke zu zerschmettern.

Scapha: Nimm ein Tuch und wisch dir die Hand ab.

Philematia: Wozu denn das?

Scapha: Du hast den Spiegel in der Hand gehabt. Deine Hände riechen nach Silber: Nicht daß Philolaches argwöhnisch wird, du hättest dir sonstwo Silber verdient.

Philolaches: Hab' ich irgendeine andre Kupplerin gesehen,
so abgefeimt, so abgeschlagen?
Hübsch und raffiniert war doch der Einfall
mit dem Spiegel, der dem Luder da
so in den Sinn kam.

Philematia: Auch die Salbe nicht? Meinst du, ich soll mich auch nicht salben?

Scapha: Auf keinen Fall!

Philematia: Und warum nicht?

Scapha: Weil eine Frau am besten riecht, wenn sie nach gar nichts riecht. Alte, künstlich aufpolierte Weiber, die sich mit Salben überschmieren, dabei zahnlos sind und häßlich, ihre Mängel mit Schminke übertünchen wollen: Wenn ihr Schweiß sich mit den Salben mischt, riechen sie grad so, wie wenn ein Koch viel Brühen aller Art in ein Gemisch zusammenleert. Was da riecht, weiß man nicht, nur das merkt man, daß es übel riecht.

Philolaches: Wie die durchtrieben ist,
Erfahrung hat in allem!
Und keine, sei sie noch so klug,
kann sie an Abgefeimtheit übertreffen.
Aber wahr ist, was sie sagt: (zum Publikum)
Und viele hier von euch, die wissen das, die nämlich,
denen eine häßliche und alte Ehefrau zuhause sitzt,
die euch einmal erworben hat – mit ihrer Mitgift.

Philematia: Komm, Scapha, sieh dir meinen Goldschmuck und meinen Umhang an. Bin ich so schön genug?

Scapha: Mich darum zu kümmern, ist nicht meine Sache.

Philematia: Wessen Sache sonst?

Scapha: Die des Philolaches natürlich. Der kauft dir nur etwas, wenn er selber glaubt, es würde dir gefallen. Wer liebt, kauft mit Gold und Purpur die Gunst der Hetäre. Muß man ihm nun unnötigerweise etwas zeigen, was er nicht selber haben will? Purpur soll bei einer Frau doch nur verdecken, daß sie alt ist, und das Gold muß ihre Häßlichkeit verbergen. Nackt ist eine schöne Frau immer schöner, als wenn sie in Purpur gekleidet ist. Ist sie schön, ist sie mehr als genug geschmückt.

Philolaches: (hervortretend) Zu lang schon halt' ich die Hand zurück. Was treibt ihr da?

Philematia: Ich schmücke mich, um dir zu gefallen.

Philolaches: Du bist genug geschmückt! Geh jetzt hinein, Scapha, trag den Schmuck da weg.

Scapha geht ins Haus

Denn du, meine Geliebte, meine Philematia, Jetzt möcht' ich mich mit dir so richtig voll laufen lassen!

Philematia: Und ich mich mit dir! Was dir gefällt, gefällt auch mir, mein Geliebter, meine Wonne!

Philolaches: Das Wort ist zwanzig Minen wert!

Philematia: Bitte, gib mir zehn! Ich überlasse dir das Wort günstig, damit du einen guten Handel machst.

Philolaches: Als Schuld stehen dann noch zehn Minen auf deinem Konto. Mach die Rechnung: Dreißig Minen hab' ich bezahlt, dich freizukaufen.

Philematia: Wirfst du mir das vor?

Philolaches: Wie sollt' ich es dir zum Vorwurf machen, was ich selber mir nur zu gern zum Vorwurf machen lasse? Lang schon hab' ich mein Geld nicht so gut angelegt.

Philematia: Daß ich dich liebe, ist das beste,
was ich je getan.

Philolaches So ist denn Soll und Haben gleich verteilt,
die Rechnung ausgeglichen:
Du liebst mich, ich liebe dich, und beide finden wir,
so sei es recht. Wer sich darüber freut,
der möge selber ewig seines Glücks sich freuen.
Wer uns das Glück mißgönnt, dem soll es so ergehen,
daß niemand je ihm neidisch sein wird.

Philematia: Komm und leg dich neben mich.

Ein Sklave kommt aus dem Haus
Bring uns das Wasser für die Hände, Knabe,
stell den Tisch hierher. Wo sind die Würfel?
Willst du Salböl?

Philolaches: Wozu das?
Ich liege ja bei Myrrhenöl und Balsam.
Doch –

Callidamates und Delphia kommen in Begleitung von Sklaven

ist das dort nicht mein Zechkumpan
mit seiner Liebsten? Ja, er ist's,
Callidamates kommt mit seinem Liebchen!
Wie schön, das warme Bruderherz! Sie kommen,
die Komplizen, wollen ihren Anteil an der Beute.

Vierte Szene

Callidamates: (zu seinen Sklaven) Ihr holt mich dann
zur rechten Zeit hier ab – hier bei Philolaches.
He du, hör zu! He – hick – befohlen ist es dir!

Die Sklaven gehen ab
Dort, wo ich war, von wo ich glücklich nun entflohen,
gefiel es mir schon gar nicht: Miserabel die Gesellschaft,
langweilig das Geschwätz. Jetzt geh' ich dort
zu meinem Freund Philolaches,
um fortzusetzen das Gelage. Allerliebst,
mit heiterem Gemüt, wird man uns da empfangen.
Aber sag mir mama – mal, bin ich nicht ziemlich voll?

Delphia: Bist du doch immer, wenn du – hü – hübsch brav
die Becher leergetrunken hast.

Callidamates: Du, soll ich dich umarmen
– und umarmst du mich?

Delphia: Wenn dir das Herz danach steht, bitte!

Callidamates: Ah, was bist du allerliebst!
Doch bitte, führe mich!

Delphia: Paß auf, du fällst! So steh doch!

Callidamates: Du mein Augenstern, dein Schüler bin ich,
o mein Liebling, meine Süße!

Delphia: Paß jetzt auf,
leg dich nicht auf dem Weg schon hin,
und warte, bis wir dort zusammenkommen,
wo ein Bett uns hergerichtet ist.

Callidamates: O laß mich, laß mich fallen!

Delphia: Ich, ich lass' dich schon!
Doch was in meinen Händen steht:
Sinkst du, kannst du nicht niedersinken,
ohne daß ich's mit dir tu.

Callidamates: Wenn wir so liegen,
hebt uns beide jemand auf.

Delphia: Der Mensch ist ganz schön voll!

Callidamates: Sagst du schon wieder mama – mal,
ich sei schön voll?

Delphia: Gib mir die Hand! Ich will nicht,
daß du hinschlägst und dir weh tust.

Callidamates: Nimm sie, da!

Delphia: Los, komm jetzt mit!

Callidamates: Wohin will ich denn geh'n?

Delphia: Das weißt du nicht?

Callidamates: Doch, doch,
soeben kommt's mir wieder in den Sinn.
Wollt' ich nach Hause geh'n,
um weiter noch zu trinken?

Delphia: Nein, du wolltest doch dorthin!

Callidamates: O ja, jetzt fällt's mir ein.

Philolaches: (zu Philematia)
Soll ich ihm nicht entgegengehen, Liebling?
Ist er doch von allen mir der Liebste.
Gleich komm' ich zurück.

Philematia: Ach, »gleich«, ist viel zu lang für mich!

Callidamates: Ist hier jemand?

Philolaches: Aber ja!

Callidamates: Hallo, Philolaches! Sei gegrüßt, Liebster mir von allen Menschen!

Philolaches: Die Götter seien mit dir! Komm, Callidamates, leg dich hier zu uns. Woher kommst du?

Callidamates: Woher kommt man wohl, wenn man betrunken ist!

Philematia: Komm, Delphia! Leg dich her zu uns! (zum Sklaven) Gib ihm etwas zu trinken!

Callidamates: Nein, nur schlafen – schlafen –

Philolaches: Ja nun, wer wundert sich darüber? Ist das was Neues?

Delphia: Was, Liebe, mach' ich nachher mit dem?

Philematia: Den überlaß nur sich selbst. (zum Sklaven) Gib unterdessen schnell den Becher im Kreis herum! Bei Delphia fang an!

Fünfte Szene

Tranio kommt

Tranio: O Jupiter, gewaltiger!
Mit aller Kraft und voller Eifer
will uns jetzt der höchste Gott vernichtet sehen,
mich und meinen jungen Herrn Philolaches!
Dahin ist unsre Hoffnung!
Nirgends findet unsre Zuversicht
ein Haus noch, wo sie wohnen könnte.
Salus selbst, Göttin des Heils:
Wenn sie's verlangte, unser Heil zu sein:
Sie könnt' es nicht. Welch ungeheuren Berg von Leid
bekam ich eben jetzt am Hafen zu Gesicht!
Der alte Herr – soeben angekommen aus der Fremde!
Aus ist's mit dem Tranio.
Ist hier vielleicht jemand, der für ein Sümmchen Silber
an meiner Stelle heute Marter, Folter,
Qualen auf sich nimmt? Wo sind die Schlägedulder,
Kettenreiber, wo sind sie, die gegen drei Sesterzen
auf die gegnerischen Türme losgehn, wo sich ihnen
Spieße, zehn auf einmal, durch die Eingeweide bohren?
Dem zahl' ich ein Talent,
der mir als erster nun ans Kreuz rennt;
mit der Klausel aber, daß ihm beide Füße,
beide Arme erst einmal ans Kreuz geschlagen werden.
Ist das geschehen, mag er auf der Stelle dann
das Geld von mir verlangen.
Aber ich, ich Unglückseliger,
was eil' ich eilends nicht sogleich nach Hause?

Er läuft auf das Haus zu

Philolaches: Schau, das Essen ist schon da.
Der Tranio kommt zurück vom Hafen.

Tranio: O Philolaches!

Philolaches: Was gibt's?

Tranio: Mit mir, mit dir –

Philolaches: Was dir, was mir?

Tranio: – ist's aus!

Philolaches: Wieso?

Tranio: Dein Vater ist zurück!

Philolaches: Was hör' ich da?

Tranio: Geliefert sind wir, sag' ich dir:
Dein Vater kam zurück!

Philolaches: Wo ist er denn, ich fleh dich an –

Tranio: Wo ist er, fragst du? Hier ist er!

Philolaches: Wer sagt das? Wer hat ihn gesehn?

Tranio: Ich selbst! Ich sag' es doch!

Philolaches: Weh mir! Was soll ich jetzt bloß tun?

Tranio: Verdammt, mich fragst du, was du tun sollst,
du, der beim Gelage hier am Tisch liegst?

Philolaches: Und du selbst hast ihn gesehn?

Tranio: Ich selbst! Ich sag' es doch!

Philolaches: Und du bist sicher?

Tranio: Völlig sicher, sag' ich dir.

Philolaches: Das ist mein Tod, wenn du die Wahrheit sagst.

Tranio: Was hätt' ich wohl davon zu lügen?

Philolaches: Was mach' ich jetzt?

Tranio: Befiehl, das alles von hier wegzuräumen!
Doch hier – wer schläft denn da?

Philolaches: Callidamates. Delphia, weck ihn auf!

Delphia: Callidamates! He, Callidamates! Wach doch auf!

Callidamates: Ich bin ja wach! Gib mir zu trinken!

Delphia: Wach doch auf! Der Vater des Philolaches ist da.
Er ist zurück von seiner Reise!

Callidamates: So, der Vater – auf sein Wohl!

Philolaches: Der ist wohlauf – doch ich:
Mit mir ist's aus – und aus – und aus!

Callidamates: Wieso denn dreimal aus? Wie kann das sein?

Philolaches: Ich bitte dich, steh auf!
Mein Vater kam zurück!

Callidamates: Dein Vater – kam –
dann schick ihn wieder weg.
Warum kam er denn überhaupt zurück?

Philolaches: Was mach' ich bloß? Mein Vater kommt
und findet mich, mich Unglückseligen, betrunken,
das Haus voll Zechgesellen und von Mädchen.
Schlimm ist die Arbeit, einen Brunnen graben müssen,
wenn der Durst die Kehle schon gepackt hat.
Genauso frag' ich jetzt, nachdem der Vater da ist,
was zu machen sei, ich Unglückseliger!

Tranio: Schau her, der hat den Kopf schon wieder
hingelegt und schläft! So weck ihn doch!

Philolaches: Wachst du jetzt endlich auf?
Mein Vater, sag' ich, wird gleich da sein!

Callidamates: Was, dein Vater? Die Sandalen her!
Wo ist mein Schwert, mein Spieß?
Den Alten bring' ich um!

Philolaches: Du richtest uns noch Unheil an!

Delphia: So sei doch still!

Tranio: (zu den Sklaven) Schleppt ihn hinein,
so packt ihn, schnell!

Callidamates: Gleich nehm ich selber euch als Nachttopf,
wenn ihr mir jetzt nicht sofort einen gebt.

Die Sklaven bringen ihn ins Haus und kommen gleich wieder zurück

Philolaches: Das ist mein Tod!

Tranio: Nur Mut! Ganz elegant werd' ich dich nun
von deiner Angst befreien.

Philolaches: Nichts mehr bin ich!

Tranio: Sei doch still! Ich denk mir schon was aus,
wie ich alldas zur Ruhe und in Ordnung bringen kann.
Bist du zufrieden, wenn ich deinen Vater dahin bringe,
daß er – nicht nur nicht hereinkommt –
weit von diesem Haus hinweg sogar
die Flucht ergreift? (zu den Sklaven) Ihr geht ins Haus,
räumt schleunigst alles weg hier!

Die Sklaven räumen ab und gehen ins Haus

Philolaches: Und ich, wo soll ich sein?

Tranio: Ganz, wo es dir gefällt: Bei der da, oder,
wenn's dir lieber ist, bei dieser.

Delphia: Gehn wir also weg?

Tranio: Nicht einen Fuß weit, Delphia.
Ihr sollt im Haus nun wegen dieser Sache
keinen Tropfen weniger genießen.

Philolaches: Wehe mir, ich bin voll Angst,
wohin die schönen Worte führen werden!

Tranio: Kannst du ruhig sein und tun, was ich dir sage?

Philolaches: Ja, gewiß.

Tranio: Vor allem, Philematia, geh jetzt hinein,
und Delphia, auch du!

Delphia: Wir werden beide dir zu Willen sein.

Tranio: Das möge Jupiter geschehen lassen!

Philematia und Delphia gehen ins Haus
(zu Philolaches) Du jetzt – aufgepaßt! Hör mir genau zu,
was ich pünktlich und genau besorgt will haben:
Erstens läßt du gleich das Haus verriegeln.
Dann paß auf, daß drinnen keiner
auch nur einen Mucks macht –

Philolaches: Wird besorgt.

Tranio: – grad so, als ob im Hause niemand wohne.

Philolaches: Soll geschehn.

Tranio: Und niemand soll ihm Antwort geben,
wenn der Alte dann an's Haus klopft.

Philolaches: Was gibt's sonst zu tun?

Tranio: Den Schlüssel zu dem Haus laß mir gleich
vor die Türe bringen. Ich schließ' dann von außen zu.

Philolaches: Tranio, in deinen Schutz begeb' ich mich
und meine Hoffnung.

Philolaches geht ins Haus

Tranio: Ob hier der Schutzherr mehr taugt oder sein Klient:
Eine Feder gibt den Ausschlag auf der Waage.

Sechste Szene

Tranio: Auch wenn keinerlei Verwegenheit in ihm zu finden ist: dem Menschen fällt es nur allzu leicht, die schlimmsten Streiche zu verüben. Jedem Menschen, dem besten wie dem schlechtesten. Aber man muß dafür sorgen, daß alles, wenn auch schlimm geplant und schlimm ausgeführt, in Ruhe und ohne Unheil endet. Darin zeigt sich der kluge Mann. Nicht daß man am Ende nur erreicht, daß man bereuen muß zu leben. Und so will ich zuwege bringen, daß alles das, was wir nun so stürmisch aufgewühlt haben, sich klären soll und wieder ruhig ist, daß nichts uns Verdruß bereiten kann.

Ein Knabe bringt den Schlüssel

Was kommst du denn noch aus dem Haus? Ah, Sphaerio, du bist's . Gut hast du befolgt, was man dir aufgetragen hat.

Knabe: Er läßt dich dringend bitten, du sollst seinen Vater auf irgendeine Weise davon abhalten, hereinzukommen.

Tranio: Sag ihm, ich würde dafür sorgen, daß sein Vater nicht einmal wagt, das Haus anzusehen, daß er voll Angst das Haupt verhüllt und das Weite sucht. Gib mir den Schlüssel, und nun geh, verriegle die Tür von innen. Ich schließe dann von außen.

Der Knabe geht ins Haus, Tranio verschließt die Türe

Nun kann er meinetwegen kommen!
Dem Alten will ich heute seine Totenspiele halten,
und lebend soll er diese miterleben;
Totenspiele, wie sie ihm, so denk' ich,
nicht einmal bei seinem Tod gehalten werden.

Er tritt beiseite

Ich geh' von der Türe weg
und ziehe mich nach hier zurück.
Aus sicherer Entfernung halt' ich Ausschau,
um dem Alten, wenn er kommt,
sein Eselsbündel aufzuladen.

Siebte Szene

Theopropides tritt auf, mit zwei Sklaven die sein Gepäck tragen

Theopropides: Ich weiß, Neptun, dir großen Dank,
daß du mich, kaum noch lebend zwar,
aus deinem Machtbereich nach Haus entlassen hast.
Doch wirklich, solltest du von jetzt an
einmal nur bemerken, daß ich einen Fußbreit mich
auf deine Wogen wagte, ist kein Grund für dich mehr,
nicht sogleich mit mir zu tun, was du schon diesmal
mit mir machen wolltest. Niemals! Weg damit!
Halt dich ja fern von mir!
Von diesem Tag an, augenblicklich, ist verbraucht,
was an Vertrauen jemals ich für dich besaß.

Tranio: (für sich) Neptun, oh, wirklich:
Schwer hast du gesündigt, diese günstige Gelegenheit
dir ungenutzt entgehn zu lassen.

Theopropides: Nach drei Jahren kehr' ich heim nun
von Ägypten; heiß ersehnt, so denk' ich,
von den meinen.

Tranio: (für sich) Ersehnter wäre,
der von deinem Tod uns Nachricht brächte.

Theopropides: Was ist das? Die Tür verschlossen? Und das am hellen Tag? Dann klopf' ich eben. He, ist da jemand? Macht keiner die Tür auf?

Tranio: (hervortretend) Wer hat da so nah an unserm Haus zu tun?

Theopropides: Tranio, mein Sklave!

Tranio: Theopropides! O Herr, willkommen! Wie freut es mich, daß du gesund zurück bist. Ging es dir immer gut?

Theopropides: Ja, sicher. Du siehst es ja.

Tranio: Wie schön!

Theopropides: Und ihr seid wohl verrückt?

Tranio: Wieso?

Theopropides: Weil ihr euch hier vor der Tür herumtreibt. Keine Menschenseele paßt im Haus auf, keiner öffnet die Tür, niemand gibt Antwort. Fast hätt' ich mit meinem Klopfen noch beide Flügel des Tors demoliert.

Tranio: O weh! Du hast doch das Haus nicht etwa berührt?

Theopropides: Warum sollt' ich nicht? Ich sag' dir doch, fast hätt' ich mit meinem Klopfen die Tür zersprengt.

Tranio: Wirklich berührt?

Theopropides: Sicher, wie ich sage. Und geklopft.

Tranio: O weh!

Theopropides: Wieso das?

Tranio: Entsetzlich!

Theopropides: Was ist denn los?

Tranio: Unaussprechlich, was du da für eine üble Tat begangen hast!

Theopropides: Wieso denn?

Tranio: Flieh! Ich beschwöre dich! Weg vom Haus! Flieh her zu mir! So flieh doch! Näher zu mir! Du hast das Tor berührt?

Theopropides: Wie konnt' ich klopfen, ohne es zu berühren?

Tranio: O Herkules! Umgebracht hast du ...

Theopropides: Wie? Wen denn?

Tranio: Alle die deinen!

Theopropides: Alle Götter mitsamt den Göttinnen sollen dich – samt deiner üblen Prophezeiung!

Tranio: Ich fürchte, du wirst dich nur schwer entsühnen können, dich und diese da! (auf die Sklaven zeigend)

Theopropides: Weswegen denn? Und überhaupt, was kommst du da plötzlich mit so Seltsamem daher?

Tranio: Vor allem, laß doch die beiden da schnell weggehen!

Theopropides: Nun, so geht!

Tranio: Berührt ja das Haus nicht! Faßt wie ich die Erde an!

Tranio kniet auf den Boden und legt beide Hände auf die Erde. Theopropides und die beiden Sklaven tun es ebenfalls. Die Sklaven gehen daraufhin ab

Theopropides: Ich beschwöre dich: Erklärst du mir nun endlich, worum es hier geht?

Tranio: Weil doch seit ganzen sieben Monaten kein Mensch mehr seinen Fuß in dieses Haus gesetzt hat. Auch wir sind ein für alle Mal ausgezogen.

Theopropides: Jetzt rede! Was ist los?

Tranio: Sieh dich erst um! Ist niemand hier, der uns belauscht?

Theopropides: Alles ist in Ordnung.

Tranio: Schau lieber nochmals!

Theopropides: Kein Mensch ist da. Nun rede!

Tranio: Ein entsetzliches Verbrechen ist geschehen!

Theopropides: Was? Ich verstehe nichts.

Tranio: Ich sag' dir: Ein fürchterlicher Frevel wurde verübt; schon lang her, in längst vergangener Zeit.

Theopropides: In längst vergangener Zeit?

Tranio: Aber jetzt erst haben wir herausgefunden, daß es geschah.

Theopropides: Was für ein Frevel? Wer beging ihn? Heraus damit!

Tranio: Der Gastgeber hat mit eigener Hand den Gast erschlagen, den er in sein Haus aufgenommen hat. Vermutlich der, der dir das Haus verkauft hat.

Theopropides: Was? Erschlagen?

Tranio: Und das Gold hat er ihm geraubt, den eigenen Gast dann hier im Haus – an diesem Ort – verscharrt.

Theopropides: Wie kommt ihr auf den Gedanken, all das sei so geschehen?

Tranio: Ich will's dir sagen. Hör zu! An einem Abend, als dein Sohn auswärts essen war, kam er nachher heim; wir legten uns zum Schlafen nieder, schliefen alle ein. Ich hatte zufällig vergessen, die Lampe zu löschen. – Und dann schrie er ganz entsetzlich auf!

Theopropides: Wer schrie? Mein Sohn etwa?

Tranio: Pst! Still! – Und höre! Er sagte, der Tote sei ihm im Traum erschienen.

Theopropides: Ach so, im Traum?

Tranio: So ist's. Doch hör nun: Er sagte, der Tote habe zu ihm gesprochen und gesagt ... .

Theopropides: Im Traum?

Tranio: Es wär' doch recht seltsam, wenn er zu einem Wachenden reden würde, er, der vor sechzig Jahren erschlagen wurde! Zuweilen bist du reichlich dumm!

Theopropides: Ich bin ja still!

Tranio: Aber hör nun, was der Tote sprach:
»Ein Gast bin ich aus Übersee:
Trans-Ozeanus ist mein Name. Ich wohne hier.
Und mir ist diese Wohnung zugewiesen,
der Orkus weigert sich,
mich aufzunehmen in die Unterwelt,
weil ich mein Leben lassen mußte vor der Zeit,
die mir zum Sterben war bestimmt.
Man täuschte mein Vertrauen,
und der Gastfreund hat mich hier erschlagen,
heimlich unbestattet hier im Haus verscharrt,
der Frevler, meines Goldes wegen.
Aber du: Verlasse dieses Haus! Es ist verflucht,
und Frevel wär's, hier weiter noch zu wohnen.«

Was hier an Ungeheuerlichem geschieht: Ein ganzes Jahr reichte nicht, es zu berichten. – Pst! Pst!

Theopropides: Was ist? Beim Herkules, ich bitte dich!

Tranio: Die Tür hat geknarrt! Hat der da drinnen drangeschlagen?

Theopropides: Das Blut erstarrt mir! Weh mir! Die Toten holen mich zum Acheron hinab! Mich, den Lebenden!

Geräusche von drinnen

Tranio: (für sich) Ich bin verloren! Die drinnen bringen mir die Geschichte jetzt völlig durcheinander. Schreckliche Angst hab ich, daß der mich auf frischer Tat ertappt.

Theopropides: Was redest du mit dir selbst?

Tranio: Geh von der Tür weg! Flieh! Ich beschwöre dich!

Theopropides: Wohin denn soll ich fliehen? Und du? Flieh du doch auch!

Tranio: Ich fürchte nichts: Meinen Frieden hab ich mit den Toten.

Theopropides: Aber – Tranio ...

Tranio: (zum Haus hin) Du mußt nicht mich zur Rede stellen. Denk doch richtig! Nicht ich hab' dir Böses zugefügt! Ich war's nicht, der an die Tür geklopft hat!

Theopropides: Tranio, was hast du? Mit wem redest du?

Tranio: Theopropides? Warst du's etwa, der gerufen hat? Ich glaubte wirklich, der Tote habe sich beklagt, weil du doch vorhin an die Tür geklopft hast. Aber – was stehst du noch immer hier, statt daß du tust, was ich dir gesagt habe?

Theopropides: Was soll ich denn tun?

Tranio: Dich nicht umschauen! Verhüll das Haupt! Flieh!

Theopropides: Und warum fliehst du nicht?

Tranio: Ich hab meinen Frieden mit den Toten.

Theopropides: Ach so, ich weiß. Warum aber bist du selber so in Furcht?

Tranio: Bekümm're dich doch jetzt nicht um mich! Ich sorg' schon für mich selber. Aber du, tu endlich, was du schon begonnen hast: Flieh von hier, so schnell du kannst, ruf den Herkules zum Beistand an!

Theopropides: Herkules, ich ruf' dich an!

Er läuft davon

Tranio: Auch ich, den Herkules,
ihn ruf' ich an, daß er dir Altem
an Üblem schicke, was er kann! Noch heute!
Ihr Götter, ihr Unsterblichen,
behütet mich mit eurer Macht!
Was für ein schwieriges Geschäft,
was für ein schlimmes,
hab' ich zustandgebracht. (Er tritt ab)

 

*

Pause

*


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