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Libanus und Leonida kommen
Leonida trägt einen Geldsack
Libanus: Lob und Dank der Göttin Gaunerei!
Verdientermaßen! Denn durch Betrug,
durch Arglist und durch Schlauheit,
durch Zuversicht auf unsrer Schultern Dauerhaftigkeit,
auf unsre Ulmenrutentüchtigkeit vertrauend,
konnten wir dem Schlimmem trotzen, das uns drohte,
als da ist: der spitze Stachel, Eisenfesseln, Folter,
Fußring, Halsring, Lederriemen, Ketten, Kerker,
dann die wohlgeübten, scharfen Prügelknechte,
die unsre Rücken oft mit schlimmen Narben zeichneten.
All die Legionen, Truppen, dieses Heer von Plagen:
Alle mußten sie nach hartem Kampf
– dank unsrer Fähigkeit zu jedem Meineid -
schließlich doch die Flucht ergreifen.
Dies geschah durch die erprobte Tüchtigkeit
hier des Kollegen und durch meine
– muntere Bereitschaft:
Wer ist stärker im Ertragen aller Züchtigung als ich?
Leonida: Wer könnte deinen Heldentaten
– verübt zuhause wie im Krieg auf schlimme Art –
wer könnte besser wohl als ich ihr Lob nun singen?
Wirklich, vieles ließe sich zu deinem Ruhme
in Erinn'rung rufen:
Wie du betrogen hast, wenn einer dir vertraut;
wie schlimm den Herrn du hintergingst,
wie leicht der Meineid, abgefaßt in bester Rechtsform,
dir stets fiel, wie Mauern du durchbrochen hast!
Und wenn man beim Verbrechen dich erwischt:
Wie wacker hast du deine Sache dann geführt,
an einem Balken hängend, gegen –
acht kräftige, gedrungene, verwegene Gesellen,
die ihr Rutenhandwerk gut verstanden.
Libanus: Zugeben muß ich dir's, Leonida, wahrhaftig:
Alles stimmt, was du da sagst. Doch wahr ist auch,
daß sich von dir recht viele Übeltaten,
wiederholt begangene, berichten lassen:
Wie du wissentlich dem Treuen untreu warst,
wie man auf frischer Tat beim Diebstahl dich ertappt –
und durchgeprügelt – wie du falsch geschworen,
wie du am Heiligsten dich hast vergriffen,
wie deinen Herren Ärger du und Schaden,
Schande brachtest, wie du unterschlagen hast,
was man dir anvertraut, wie der Geliebten du
stets treuer warst als deinem Freund, und schließlich,
wie oft du durch die hart gegerbte abgeschlagne Haut
acht starke Prügelmeister hast ermatten lassen, wenn sie
dich mit zähen, dauerhaften Ulmenruten prügelten.
Hab' ich dich schlecht genug gemacht?
Dir meinen Dank erstattet,
als Kollegen dich auch recht gerühmt?
Leonida: Wie mich hast du auch dich gerühmt,
wie es dem Genius gebührt, der in uns wohnt.
Libanus: Doch laß das jetzt. Antworte auf meine Frage.
Leonida: Frag, was du fragen willst.
Libanus: Die zwanzig Minen, hast du sie?
Leonida: Rate doch! Der alte Demaenetus war hübsch gefällig: Wie elegant er tat, als ob ich Saurea wäre! Ich konnte mir das Lachen kaum verbeißen, wie er den Fremden anfuhr, weil mir der nicht hatte trauen wollen, ohne daß er selbst dabei war. Und wie sorgsam er daran dachte, mich stets als Hausverwalter Saurea anzureden!
Libanus: Halt! Warte noch!
Leonida: Was ist?
Philenia und Argyrippus kommen aus dem Haus der Cleareta
Libanus: Ist das nicht die Philenia, die aus ihrem Haus kommt? Und mit ihr zusammen Argyrippus?
Leonida: Halt den Mund! Es ist so. Wir wollen sie belauschen.
Libanus: Oh, sie weint. Und hält den Weinenden am Zipfel des Gewands fest. Was ist davon zu halten?
Leonida: Schweig jetzt! Und hören wir!
Libanus: Ah! Da fällt mir ein, ich sollte einen rechten Knüttel haben!
Leonida: Wozu?
Libanus: Die Esel zu verprügeln, falls sie aus dem Beutel da ihr IAA schreien sollten.
Argyrippus: Was hältst du mich zurück?
Philenia: Ich liebe dich. Wenn du gehst, muß ich dich entbehren.
Argyrippus: Leb wohl!
Philenia: Ach, wieviel besser würd' ich leben, wenn du dabliebest!
Argyrippus: Bleib gesund!
Philenia: Gesund zu bleiben wünschst du mir – und machst mich krank, indem du gehst.
Argyrippus: Deine Mutter hat mir die letzte Stunde angekündigt: Sie befahl mir, heimzugehen.
Philenia: Den frühen Tod hat sie mir zugedacht, wenn ich dich lassen muß.
Libanus: (Zu Leonida)Der Mensch wurde vor die Tür gesetzt.
Leonida: (Zu Libanus) So ist's.
Argyrippus: O bitte, laß mich gehen!
Philenia: Und wohin gehst du? Warum bleibst du nicht?
Argyrippus: Nun gut, die Nacht bleib' ich noch, wenn du es willst.
Libanus: (Zu Leonida)Hör, wie großzügig er sich zur Nachtarbeit bereit erklärt? Tagsüber ist unser Solon natürlich sehr beschäftigt, muß er doch Gesetze machen, die das Volk befolgen soll. Possen! Wer sich anschickt, sich an die Gesetze dieses Kerls zu halten, der taugt nicht mehr viel: Tag und Nacht säuft er.
Leonida: (Zu Libanus)Der könnte sich keinen Schritt von ihr entfernen, auch wenn sie es zuließe. Auch wenn er jetzt noch so eilig tut und droht, wegzugehen.
Libanus: (Zu Leonida) Laß jetzt dein Geschwätz. Dem Geschwätz der beiden will ich zuhören.
Argyrippus: Leb wohl!
Philenia: Wohin so eilig?
Argyrippus: Leb wohl! Ich seh' dich wieder in der Unterwelt. Gewiß: Ich spreche mir selber das Leben ab, so schnell ich kann.
Philenia: Warum, bitte, willst du mich dem Tod weihen, ohne daß ich schuldig bin?
Argyrippus: Ich dich dem Tod weihen, dich? Mein eignes Leben würd' ich dir geben, wüßt' ich, daß dein Leben in Gefahr ist, dir meines noch hinzutun zu deinem.
Philenia: Warum drohst du dann, dir das Leben zu nehmen? Was meinst du, was ich mache, wenn du das wirklich tust, was du gesagt hast? Was du dir antust, tu ich alles auch mir an: Das steht fest für mich.
Argyrippus: Oh, süßer bist du als Honig!
Philenia: Du, mein Leben! Komm, umarme mich!
Argyrippus: Wie gern tu ich das!
Philenia: Oh, könnten wir so sterben!
Leonida: (zu Libanus)Libanus, wie schlimm ein Mensch doch dran ist, wenn er liebt!
Libanus: (zu Leonida)Wer hängt, ist, beim Herkules, weitaus übler dran.
Leonida: (zu Libanus)Ich weiß es wohl, oft hab' ich's riskiert. Wir wollen sie umstellen: Der eine redet sie von da, der andere von der Seite an.
Er tritt vor
Sei mir gegrüßt, Herr! Das Mädchen, das du in den Armen hältst: Ist es aus Rauch?
Argyrippus: Wieso?
Leonida: Ich frage nur, weil deine Augen voll Tränen sind.
Argyrippus: Den künftigen Schutzpatron, der ich euch war, habt ihr verloren.
Leonida: Verloren hab' ich nichts; ich hatt' ihn ja noch gar nicht.
Libanus: (ebenfalls hervortretend) Philenia, sei gegrüßt!
Philenia: Die Götter mögen euch gewähren, was ihr wünscht!
Libanus: Nun, eine von deinen Nächten, einen Krug voll Wein, das wär's so, was ich mir wünschte, wenn Wünsche in Erfüllung gingen.
Argyrippus: He, paß auf, was du da sagst, du Taugenichts!
Libanus: Dir hab' ich es doch gewünscht, nicht mir!
Argyrippus: Dann allerdings, dann sag, was dir beliebt.
Libanus: Belieben würde mir es – den da zu verprügeln.
Leonida: Wer denn wird auf dich hören, du Wollüstling mit eingebrannten Locken! Was? Schlagen willst du mich? Du, der täglich als Nahrung deine Tracht Schläge kriegst?
Argyrippus: O Libanus, wie ist euer Schicksal doch besser als das meine. Nicht einmal bis zum Abend hab' ich noch zu leben.
Libanus: Wieso das?
Argyrippus: Der Grund ist: Ich liebe die hier, sie liebt mich, aber nirgends findet sich, was ich dafür geben könnte. Deshalb hat mich, der ich sie liebe, ihre Mutter aus dem Haus gejagt. Zwanzig Minen treiben mich ins Grab, die zwanzig Minen nämlich, welche Diabolus, ein junger Mann, der Mutter zu zahlen eben jetzt zugesagt hat – zu der Bedingung, daß sie diese das ganze Jahr hindurch nur ihm allein, keinem andern überlassen darf. Seht ihr nun, was zwanzig Minen fertigbringen, was sie alles können? Wer sie verliert, ist gerettet, ich, der ich sie nicht verliere, bin verloren.
Libanus: Hat er das Geld bereits gezahlt?
Argyrippus: Noch nicht.
Libanus: Dann sei guten Muts. Fürchte nichts!
Leonida: (zu Libanus) Libanus, komm mal her!
Libanus: (Zu Leonida) Wie du willst.
Argyrippus: He, ihr, umarmt euch doch gleich, wenn ihr miteinander reden wollt!
Leonida: Nicht allen ist das gleiche angenehm, mußt du wissen, Herr! Euch Verliebten mag es reizend sein, miteinander zu reden, während ihr euch in den Armen liegt.
Argyrippus: Mir liegt auch nicht viel daran, von dem umarmt zu werden.
Leonida: Wie sie auf meine Umarmung auch verzichten wird. Drum machst du besser selbst, was du uns rätst.
Argyrippus: Ich – zu gern nur und mit Vergnügen. Ihr könnt unterdessen ja beiseite treten, um euch zu besprechen. Wenn ihr das wollt, wie es scheint.
Sie treten beiseite
Leonida: (leise zu Libanus)Was meinst du, sollen wir den Herrn noch ein wenig zum Narren halten?
Libanus: (Zu Leonida)Ja, verdient hat er's.
Leonida: (Zu Libanus)Soll ich es soweit treiben, daß Philenia mich in seiner Gegenwart umarmt?
Libanus: (Zu Leonida) O ja, das möcht' ich sehn!
Leonida: (Zu Libanus) Dann komm!
Sie gehen wieder zu Argyrippus
Argyrippus: Gibt es Hilfe oder nicht? Ihr habt ja genug geredet.
Leonida: So hört auf meine Worte, achtet aufmerksam auf sie, verschlingen sollt ihr sie! Zunächst: wir leugnen nicht, daß wir noch immer deine Sklaven sind. Wie wirst du uns aber benennen, wenn wir dir zwanzig Minen beschaffen?
Argyrippus: Freigelassene!
Leonida: Nicht Patrone?
Argyrippus: Ja, das wäre wohl noch besser.
Leonida: In dem Beutel hier sind zwanzig Minen. Wenn du willst, kann sie dir geben.
Argyrippus: Alle Götter mögen dich beschützen! Du Hüter deines Herrn, du Zierde deines Volks, Schatzkammer für alle Güter, höchstes Heil dieses Leibs und Herrscher über alles Liebesglück: Hier leg ihn hin, leg den ganzen Sack einfach hier auf meinen Nacken.
Leonida: Nein, nein, ich will doch nicht, daß du, mein Herr, für mich die Last tragen mußt.
Argyrippus: Was machst du dich nicht los von der schweren Bürde, weshalb willst du sie nicht auf meinen Rücken übertragen?
Leonida: Ich trage diese Last, du gehst bürdelos vor mir, wie es dir als meinem Herrn gebührt.
Argyrippus: Was ist nun?
Leonida: Was noch?
Argyrippus: Wieso legst du den Beutel, der dich doch drückt, nicht auf meine Schultern?
Leonida: Dann sag ihr, daß sie das Geld von mir fordern und erbitten soll, sie, für die du's haben willst. Schlimm steht's um dich: Abwärts gerichtet, kraftlos ist dein Schicksal, das ich nach deinem Willen wiederum aufrichten soll zur vollen Größe.
Philenia: Gib, du mein Augenstern, mein Verlangen, meine Rose, meine Freude, gib mir doch das Geld, Leonida. Trenne nicht zwei Liebende! Ich bitte dich!
Leonida: Nenn mich dein Spätzlein, Hühnchen, Lämmlein – oder besser Böckchen – sag, ich sei dein Kälbchen, an den Ohren faß mich, füg deine Lippen an die meinen.
Argyrippus: Was, geküßt willst du werden, du Schuft?
Leonida: Oho, werde ich dessen nicht für würdig erachtet? Nun, so wirst du eben nichts erhalten – es sei denn, du bemühst dich, meine Knie zu reiben, bittflehend vor mir zu knien.
Argyrippus: Die Not gebietet es mir. Ich knie. Gibst du mir nun, um was ich bitte?
Philenia: Bitte, Leonida, verhelf deinem Herrn, der doch so sehr liebt, zu seinem Heil. Kauf dich mit dieser Wohltat frei, kauf ihn selbst mit diesem Geld.
Leonida: Was bist du hübsch und liebenswert! Wenn das Geld hier mir gehörte, müßtest du mich heute nicht erst darum bitten, aber es wird besser sein, du bittest diesen darum: Er nämlich gab es mir nur zum Aufbewahren. Nun, kämpf mir hübsch darum! Komm, Libanus, nimm es wieder zu dir!
Argyrippus: Du Schuft! Zu allem Übel hältst du mich auch noch zum Narren?
Leonida: Ich hätt' es nie getan, wenn du mir die Knie nicht so liederlich gestreichelt hättest. (zu Libanus) Los, besorg du jetzt deinen Teil. Fopp ihn so richtig und umarme sie!
Libanus: (zu Argyrippus und Philenia)Still jetzt und auf mich geschaut!
Argyrippus: Komm, Philenia, wir wenden uns an den. Der ist gewiß ein rechter Kerl, kein Schuft wie der da.
Libanus: Und nun spazier' ich hin und her: Die beiden sollen jetzt abwechselnd auf ihren Knien um meine Gunst flehen.
Argyrippus: Ich bitte dich beim Herkules, laß deinen Herrn gerettet werden durch dein Verdienst! Gib mir die zwanzig Minen! Sieh: Ich liebe, ich bin in Not!
Libanus: Es wird sich zeigen. Eigentlich will ich ja schon. Komm ums Morgengrauen nochmal zu mir. Und sag dieser da, sie soll es solange von mir fordern, soll mich recht gründlich drum bitten.
Philenia: Willst du, daß ich's durch Küssen erbitte oder gar durch Lieben?
Libanus: Eigentlich dacht' ich an beides.
Philenia: Also, aber bitte, rette uns dann auch beide!
Argyrippus: O Libanus, mein Patron, mir gib den Beutel. Mir doch, dem Freigelassenen, kommt es zu, diese Last auf der Straße zu tragen, nicht dir, dem Patron.
Philenia: Mein Libanus, mein goldener Augenstern, du Geschenk und Zier der Liebe, bitte, ich will alles tun, was du willst. Gib uns das Geld!
Libanus: Sag mir Entchen, Täubchen, Hündchen, Schwälbchen, nenn mich deine Dohle, deinen kleinen Bübchenspatz, mach mich zur wilden Schlange, so daß ich so zwei Zungen habe, umschling mich mit deinen Armen, umfass meinen Hals.
Argyrippus: Umschlungen willst du werden, du Schuft?
Libanus: Oho, ich werde wohl für unwürdig erachtet? Damit du nicht umsonst so ungerecht zu mir geredet haben sollst, mußt du mich auf dir reiten lassen, wenn du hoffst, doch noch zu dem Geld zu kommen.
Argyrippus: Reiten lassen, dich?
Libanus: Wenn du das Geld auf andre Art nicht von mir kriegst?
Argyrippus: Ich bin verloren! Wenn es recht und schicklich sein soll, daß der Herr sich von seinem Sklavenreiten läßt – so steig auf!
Libanus: Siehst du, so werden Übermütige gezähmt. Stell dich hin, wie du's als Knabe ja wohl gewohnt warst. Du verstehst doch, was ich sagen will? Aha! Gut so. Kein Pferdchen ist gescheiter als du.
Argyrippus: So mach schnell, steig auf!
Libanus: Ich komm' schon. Aber was ist das? Wie läufst du denn? Ich kürze dir das Gerstenfutter, wenn du im Schritt gehst statt im Trab!
Argyrippus: Libanus, bitte, es ist genug!
Libanus: Mit Bitten wirst du mich heute nicht rühren. Jetzt nämlich will ich dich mit meinem Sporn im Galopp auf diesen Hügel jagen, dann kommst du mir in die Mühle, wo du dich quälen und im Kreis laufen mußt. – Halt an, so daß ich bequem absteigen kann, wenn du auch immer noch ein Nichtsnutz bist.
Argyrippus: Was nun, ich bitte dich: Nachdem ihr nach Belieben euer Spiel mit uns getrieben habt: Gibst du mir nun das Geld?
Libanus: Wenn du mir eine Statue errichtest und den Altar dazu, mir wie einem Gott als Opfer einen ganzen Ochsen darbringst. Salus nämlich bin ich, die Göttin deines Heils.
Leonida: Jetzt, Herr, schick den da weg, wende dich an mich! Willst du nicht mir weihen, was der für sich verlangt, nämlich Statue und Bittgebet?
Argyrippus: Und welchen Götternamen hast du?
Leonida: Fortuna, Göttin deines Glücks, – und dir Willfährige.
Argyrippus: Noch besser bist du als er!
Libanus: Wer ist dem Menschen besser als die Göttin seines Heils?
Argyrippus: Ich darf Fortuna preisen, will Salus aber nicht mißachten.
Philenia: Gut sind beide! Ja, beim Kastor!
Argyrippus: Daß sie gut sind, weiß ich, wenn sie uns Gutes gebracht haben.
Leonida: So wünsch dir, was du willst. Was soll dir zuteil werden?
Argyrippus: Und was geschieht, wenn ich dir meinen Wunsch genannt habe?
Leonida: Er geht dir in Erfüllung.
Argyrippus: Dann wünsch' ich mir, daß sie in diesem ganzen Jahr nur für mich da sein soll.
Leonida: Erhört ist deine Bitte!
Argyrippus: Du sprichst wahr?
Leonida: Ganz sicher wahr.
Libanus: Zu mir nun wieder: Versuch es mit mir. Erbitte dir, was du am meisten wünschst. Es wird geschehen.
Argyrippus: Was soll ich anderes wünschen, als das, was mir so sehr fehlt? Verschaffe mir die zwanzig Minen Silber, die ich ihrer Mutter geben soll.
Libanus: Du wirst sie erhalten. Sei guten Muts, dein Wunsch wird in Erfüllung gehen.
Argyrippus: Die Göttinnen von Glück und Heil – zu oft lassen sie die Menschen vergeblich warten.
Leonida: Nun, ich war der Kopf, der dir heute dieses Geld erwarb.
Libanus: Und ich der Fuß.
Argyrippus: Es scheint mir, eure Rede hat weder Kopf noch Fuß. Ich verstehe weder, was ihr sagt, noch weiß ich, warum ihr mich zum Narren halten müßt.
Libanus: Genug des Spiels, denk' ich, das wir mit dir getrieben haben. Wir wollen dir sagen, wie sich alles in Wirklichkeit verhält. So höre, Argyrippus! Dein Vater hat uns aufgetragen, dir dieses Geld zu überbringen.
Argyrippus: Ah, ihr bringt mir das zur rechten Zeit, im rechten Augenblick!
Libanus: Hier drin sind zwanzig Minen Silber. Gutes Silber, beschafft auf schlechte Art. Dein Vater trug uns auf, sie dir zu geben, aber – mit Bedingungen!
Argyrippus: Und welche?
Libanus: Ein Abendessen sollst du ihm spendieren – und eine Nacht mit ihr.
Argyrippus: Heiß ihn kommen! Aufs höchste hat er verdient, daß wir ihm seinen Wunsch erfüllen, ihm, der die Herde unsrer Liebesgötter wieder zusammentrieb, die in alle Winde schon zersprengt war.
Leonida: Du duldest, Argyrippus, daß dein Vater sie umarmt?
Argyrippus: Der Beutel macht es mir leicht. Lauf schnell, Leonida, sag meinem Vater, er soll kommen.
Leonida: Er ist schon längst in ihrem Haus. Hier kam er nicht vorbei, denn er schlich heimlich durch den Garten zur Hintertür, nicht daß aus jemand unserer Familie ihn sehen könnte, wie er dorthin ging. Er hatte Angst, seine Frau könnten etwas erfahren. Ja, wenn deine Mutter wüßte, wie es um das Geld hier steht –
Argyrippus: O nein, beschwöre das Schlimme nicht!
Libanus: Schnell ins Haus –
Argyrippus: Lebt wohl!
Leonida: – und liebt euch recht!
Argyrippus und Philenia gehenin das Haus der Cleareta,
Libanus und Leonida ab zur Seite
Diabolus und der Parasit kommen
Diabolus: Fang an, laß mich sehen, was für ein Dokument du zustand gebracht hast, welches die Beziehung zwischen mir, der Kupplerin und dem Mädchen peinlich genau festlegen soll. Verlies die Paragraphen! Als Verfertiger von solchen Sachen bist du einzigartig.
Parasit: Die Kupplerin soll vor Schreck erschauern, wenn sie liest, was für Gesetze ich ihr auferlege.
Diabolus: Komm schon, lies das ganze vor!
Parasit: Bist du bereit?
Diabolus: Ich höre.
Parasit: Gut: Diabolus, des Glaucus Sohn, hat heute der Kupplerin Cleareta zwanzig Minen reinen Silbers als Zahlung übergeben, auf daß ihre Tochter Philenia ihm alle Nächte, alle Tage in diesem ganzen Jahr angehören soll.
Diabolus: Und keinem anderen!
Parasit: Soll ich das noch hinzutun?
Diabolus: Ja, füg es bei und schreib so, daß alles klar und deutlich ist.
Parasit: Kein fremder Mann darf während dieser Zeit ihr Haus betreten, nenne sie ihn nun Beschützer, Freund oder sonstwie, oder sei er der Freund der Freundin: Nur du hast Zutritt, allen anderen sind die Türen fest verschlossen. An der Tür muß angeschrieben stehen, sie sei besetzt. Und falls sie sagt, sie habe aus der Ferne einen Brief bekommen: Es darf im ganzen Haus kein Brief zu finden sein, nicht einmal eine Tafel Wachs. Und hat sie irgendwo ein Bild aus Wachs, das nicht mehr brauchbar ist, soll sie es verkaufen. Hat sie's nach vier Tagen nicht entfernt, gerechnet ab dem Tag, an welchem du bezahlt hast, steht es dir frei, es nach Belieben zu verbrennen. Das, damit überhaupt kein Wachs da ist, worauf sie Briefe schreiben könnte.
Sie darf nie jemanden zum Gastmahl bitten: Du bist es, der einlädt; nicht daß sie allzusehr mit deinen Gästen liebäugelt. Schaut sie einen andern auch nur an, erblinde sie sogleich. Dann weiter: Trinken darf sie immer nur so viel wie du. Von dir nimmt sie den Becher in Empfang: Sie trinkt dir zu, dann leerst du ihn, so daß sie nicht mehr, nicht weniger Geschmack bei dieser Sache hat als du.
Diabolus: Ja, das gefällt mir gar nicht schlecht.
Parasit: Sie lasse alles, was Verdacht erregen könnte. Wenn sie aufsteht, soll sie nie mit ihrem Fuß den Fuß eines anderen Mannes drücken. Setzt sie sich aufs Lager oder steigt davon herunter, darf sie nie ihrem Nachbar die Hand als Stütze reichen. Aufgepaßt, daß sie ihm keinen Ring gibt, sich keinen erbittet! Ihr Fuß darf sich nur dir nähern, keinem andern Mann. Und falls sie würfelt, darf sie nie einfach sagen: Dir gilt es. Stets hat sie ausdrücklich deinen Namen zu nennen.
Die Gunst einer Göttin Gunst mag sie erflehen, so oft es ihr beliebt, niemals aber bete sie zu einem Gott! Wenn ihrer Frömmigkeit das nicht genügt, soll sie es dir sagen. Du bittest dann bei dem Gott für sie, daß er ihr gnädig sei. Nie darf sie einem Mann zunicken, winken, mit den Augen zwinkern. Sowie die Lampe abends ausgelöscht ist, darf sie im Dunkeln ihre Glieder nicht mehr bewegen.
Diabolus: Vortrefflich! So soll sie es halten! Aber halt – im Bett – das mußt du streichen! Im Bett hab' ich es nämlich gern, wenn sie sich viel bewegt. Ich möchte nicht, daß sie dann sagt, es sei ihr verboten durch den Vertrag.
Parasit: Ah, ich verstehe! Du befürchtest, du könntest so betrogen werden.
Diabolus: Richtig!
Parasit: Gut, wenn du willst, lass' ich es weg.
Diabolus: Warum nicht?
Parasit: Und nun den Rest!
Diabolus: Lies, ich höre.
Parasit: Nie sage sie ein Wort, das unverständlich, dunkel oder zweideutig ist. Auch darf sie nur attischen Dialekt benutzen. Muß sie einmal husten, so huste sie nicht so, daß sie beim Husten irgendwem die Zunge zeigt. Falls gelegentlich der Schnupfen ihre Nase fließen läßt, mache sie's nicht mit der Zunge. Besser, du bemühst dich selbst und wischst ihr die Lippen ab. Lieber das, als daß sie unverhohlen ihre Zunge zeigt und zum Küssen reizt. Die Mutter Kupplerin hat nichts bei dir zu suchen, wenn du mit dem Mädchen beim Wein sitzest. Nie darf sie ein böses Wort verlauten lassen. Tut sie's trotzdem, sei dies die Strafe: Die nächsten zwanzig Tage kriegt sie keinen Tropfen Wein.
Diabolus: Das hast du schön gemacht. Ein ganz gescheites Dokument!
Parasit: Es geht noch weiter: Schickt sie ihre Magd mit Blumen, Kränzen und Salböl in den Tempel, der Venus zu opfern oder auch dem Cupido, achte einer deiner Sklaven stets darauf, ob sie das wirklich für Venus spendet oder für einen Mann. Sagt sie einmal, sie wolle sich deiner aus Frömmigkeit enthalten, hat sie dir für die reinen Nächte – unreine in gleicher Anzahl zu erstatten. So, das war nicht getändelt, war auch keine Leichenrede!
Diabolus: Ja, die Paragraphen, welche du verfaßt hast, gefallen mir sehr. Komm jetzt mit mir!
Parasit: Ich folge dir!
Diabolus und der Parasit gehen in das Haus der Cleareta
*
Pause