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Zwischen Himmel und Erde sind keine verfluchteren Vögel, sprach König Rulph, der stärkste der Geier, da ihn eine Schar von Dohlen durch das ganze Krauchtal verfolgte.
Alle Geier fanden, wie Rulph, es wäre gut, wenn kein solcher Mittelstand wäre zwischen den Vögeln. Aber sie glaubten alle, seine Vertilgung sei unmöglich.
Nur der staatskluge Rulph, der unter seinem Gefieder eine Fuchsseele verbarg, erhob sich über den Kreis dessen, was gewöhnlich gefiederte Wesen für möglich finden können, und fasste den für eine Vogelseele bewundernswürdigen Gedanken, das ganze Geschlecht der frechen Dohlen und Krähen zu vertilgen.
Aber wie das machen? das sagte er freilich niemand. Nur einmal entrann ihm das Wort: »Was die Könige nicht vermögen, das müssen die Bettler vollbringen.« Doch schon an diesem Abend sah man den Erzvater der Kauze im Geheimsitz des Königs, und bald darauf predigte das Dienstgeschlecht der Kauze auf allen geweihten Ästen gegen alle Vereinigungen der Vögelgeschlechter, vorzüglich aber gegen diejenigen der Dohlen und Krähen, und hoben ein grosses Geschrei an, wie der hohe und erhabene Jupiter nicht mehr anders könne, als seiner Langmut endlich ein Ende zu machen und alle Vögel mit schrecklichem Ernst zu vertilgen, weil sie in ihrer Bosheit so weit gekommen, sich nicht mehr zu begnügen, wie dieses auch vorhin geschehen, einzeln und unter gehöriger Anführung zu sündigen, sondern sich jetzt auf eine unerhörte Weise zu ganzen Geschlechtern vereinigten, um die unnatürlichsten Taten mit eigener Gewalt auf die schrecklichste und strafbarste Weise zu vollbringen und durchzusetzen erfrechen.
Sie predigten mit grossem, sonderbarem Ernst, wie alle Arten von Vereinigungen unter den Vögeln zu gar nichts Gutem und Nützlichem führen, wie solche ganz einzig von dem höchsten Verderben des Vogelherzens und der darin lebenden, ewigen Gelüste nach allem, was dem geistlichen und weltlichen Vögelrecht entgegen sei, herrühre; und wie dergleichen sträfliche Vereinigungen den betrogenen Vögeln in ihrem Innersten das gute und edle Gefühl ihrer natürlichen Schwäche und Ohnmacht rauben und sie dagegen frech, übermütig und gewalttätig machen; wie besonders die Dohlen sich ohne Scheu und Scham täglich mehr an der Hoheit der mächtigsten Vögel vergreifen und auch den friedlichen Geschlechtern der Vögel zum Trotz, was diese in ihren unschuldigen Seelen verabscheuen, vollbringen und täglich auf die mächtigsten Geier und Weihen eine Lustjagd nach der anderen anstellen. Sie predigten ferner, wie die schändlichen Dohlen auch den Brotrechten der gemeinen, schwächeren und kleineren Vögel auf die sträflichste Weise zu nahe treten, indem sie auf allen Misthaufen und auf allen neu gedüngten Äcker alle eingemachten Früchte, die beste Nahrung der Vögel, ihnen also in Haufen vereinigt vor dem Schnabel wegschnappen, endlich bezeugten sie noch, die Dohlen seien von den Göttern verflucht und von jeher mit der Farbe des Unglücks bezeichnet gewesen, und schlossen dann von ihren geweihten Ästen herab, dahin, man könnte weder Tugend noch Recht unter seinen Fittichen tragen, wenn man es auf irgendeine Art mit der Dohlen-Partei halten wollte.
Die dummen Vogelhorden glaubten und hoben ein grosses Geschrei an: Sie wollten alle Dohlen vertilgen.
Viele Tauben wurden auch gegen die armen Dohlen aufgebracht, daß sie auf die höchsten Gebirge hinflogen, ihnen ihre Eier, die sie in den Klippen und Felsritzen verborgen, aufzupicken und zu verderben. Aber so wie die guten Vögel die Dohlen vertilgten, so gediehen die Geier, und endlich merkten die dummen Vögel doch an ihren leeren Nestern, daß sie übel getan hatten, den Mittelstand vertilgen zu wollen, den die Natur ihnen zum Schutz gegen die Geier erschaffen hatte.
Seit dieser Zeit aber herrscht auch ein ewiger Hass zwischen den friedlichen Vögeln und dem Kauzengeschlecht, das sie also verführt, zugunsten ihrer Tyrannen ihre frommen und friedlichen Schutzherren vertilgen zu wollen.
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Ich muss über die Darstellung dieses Traumes aus dem Tierreich sagen: Sie ist vor mehr als dreissig Jahren geschrieben worden und veranlasst mich jetzt, folgendes beizufügen: Die Erhaltung und das Wohlbefinden der grösseren Anzahl der Tiergeschlechter hängt vielseitig von der ihnen innewohnenden und mit grossem Reiz belebten Kraft, sich untereinander zu beschädigen, zu bekriegen und zu vertilgen, ab. Offenbar aber liegt diesem wesentlichen Fundamente der tierischen Selbsterhaltung ein entschiedener, der tierischen Natur innewohnender Mangel an Menschlichkeit, der dann seiner Natur nach auch einen ebenso mit vielen Sinnlichkeitsreizen unterstützten Hang zur Unmenschlichkeit sowohl vorausgesetzt als zur Folge hat, zum Grunde.
Bei dem Menschengeschlecht ist dieses geradezu umgekehrt: Seine Selbsterhaltung und der ganze Umfang der Beförderungs- und Sicherungsmittel seines Wohlstandes hängt unbedingt und wesentlich von dem seiner Natur innewohnenden Sinn der Menschlichkeit und von der Unterdrückung der in unserem Fleisch und Blut eben wie im Fleisch und Blut der Tiere liegenden sinnlichen Reize zur Unmenschlichkeit, das ist, von der Unterdrückung der tierischen Neigung einander zu beschädigen, zu bekriegen und zu vertilgen, ab. So wie die Tiere durch die Befriedigung ihres Unmenschlichkeitstriebs sich erhalten, sicherstellen und befriedigen, so richtet der Mensch durch die Befriedigung dieses tierischen Unmenschlichkeitstriebes sich selbst zugrunde.
Was immer der Mensch von sinnlicher Selbstsucht und tierischer Gewalttätigkeit getrieben, zum Nachteil, zur Minderung des Wohlstands seines Nebenmenschen, zu dessen Schwächung, Erniedrigung und Vertilgung tut, schwächt und entwürdigt er sich selbst und mit ihm den guten Zustand aller seiner Umgebungen, das ist, seines Geschlechts in dem ganzen Umfang, in dem er auf daßelbe eingewirkt und Einfluss hat, und von demselben berührt wird.
Diese Ansicht wird noch von einer anderen Seite ganz klar.
Der Mensch wird nicht, wie das Tier, zu dem, was er sein und werden soll, geboren, er wird, was er werden soll, nicht von sich selbst, er wird es nur durch die Erhebung seiner Natur zur Wahrheit und Liebe.
Diese Erhebung aber setzt wesentlich die Ausbildung des ganzen Umfangs der Kräfte voraus, durch die sich unsere Menschlichkeit ausspricht, das ist, durch die wir den innerlich belebten gereinigten und geheiligten Sinn derselben äusserlich in göttlichen Taten der Liebe, der Selbstverleugnung und der Aufopferungskraft unserer selbst für Wahrheit, Recht und Menschensegen darzustellen vermögen.
Diese Ausbildung des Geschlechts sowohl in Rücksicht der inneren Reinheit als der äusseren Fertigkeiten, deren Vereinigung das wirkliche Leben mit Wahrheit und Liebe allein möglich macht, geht indessen durchaus nicht aus der Massenbildung unseres Geschlechts, es geht wesentlich aus der Individualbildung des einzelnen Menschen als solchen hervor.
Die Anmerkung dieser Wahrheit ist in Rücksicht auf die Bildung unseres Geschlechts und in Rücksicht auf die Ansicht und Beurteilung des ganzen Umfangs ihrer Mittel von der höchsten Wichtigkeit, und es ist notwendig, die Wahrheit dieses Grundsatzes in ihren psychologischen Ursachen und Folgen, in ihrem ganzen Umfang, in ihrer ganzen Tiefe und in aller Vielseitigkeit seiner Anwendungsmittel, Anwendungskräfte und Anwendungspflichten ins Auge zu fassen. Es ist klar, wie weit diese Ansicht hinführt. Ich beschränke mich aber hierin auf den einzigen Gesichtspunkt, zu dem mir die Darstellung des Tierklubs Veranlassung gibt.
Die Ausbildung der Gemeinkraft mehrerer vereinigter Menschen führt durch ihr Wesen vorzüglich überwiegend zu der Stärkung der Kräfte, die wir mit dem Tier gemein haben, und es ist unstreitig, daß die vorzügliche und einseitige Verstärkung der diesfälligen Kräfte die höheren Anlagen der Menschennatur schwächt und hingegen den entgegengesetzten niederen, tierischen Kräften überwiegende sinnliche Reize, Nahrung und Spielraum verschafft und dadurch die Fundamente, auf denen das eigentümliche und wesentliche Heil unseres Geschlechts ruht, untergräbt und in unserem Innersten auslöscht. Man kann durchaus nicht in Abrede sein, daß das lebhafte Gefühl der Gemeinkraft unseres Geschlechts, wie es sich durch die Zusammenstellung von vielen ausspricht, der Reinerhaltung des Selbstgefühls der menschlichen Schwäche im hohen Grade nachteilig ist und daß es dadurch die zur Ausbildung der Menschlichkeit so wesentlichen Eigenschaften der Demut, der Teilnahme, der Bescheidenheit, der Geduld und des Mitleidens gegen die Schwächeren und Hilfsbedürftigen im innersten Heiligtum unserer Natur, unter beinahe allgemein eintretenden Umständen, zu schwächen und zu untergraben geeignet ist.
So wie der Sinn der Menschlichkeit, der von Liebe und Vertrauen ausgeht, vom Gefühl der Schwäche des einzelnstehenden Menschen unterstützt und in seiner ursprünglichen Natürlichkeit und Reinheit erhalten wird, so wird hingegen dieser reine, unschuldige Sinn der Menschlichkeit mit dem ganzen Umfang seiner Segensfolgen durch jede Art des Zusammenstehens der Menge untergraben, geschwächt und im Heiligtum seines inneren Wesens gestört.
Das Wahre, Heilige der Menschenbildung geht im Wesen aller seiner Mittel von der Einheit der Menschennatur aus und bewährt seine Wahrheit und Kraft ebenso wesentlich im ganzen Umfang seiner Resultate durch seinen Einfluss auf die Erhaltung, Stärkung und Belebung dieser Einheit. Sie, diese Basis der Harmonie unserer Kräfte, ist indessen für jeden Menschen die Sache seiner Individualität. Wo auch nur zwei beieinander stehen, da ist, so weit sie zusammenstehen, diese Einheit nicht mehr in ihrer individuellen Reinheit da, sie ist in Zweiheit hinübergegangen und steht in ihr also gebrochen und geteilt da; so wie mehrere zusammenstehen, geht sie in Dreiheit, Vierheit und endlich in Vielheit hinüber. Mit jeder Vermehrung der also verbundenen Menschen, mit jeder Ausdehnung ihrer Vielheit, vermehrt sich das Übergewicht der Bedürfnisse und Neigungen, die aus der Masse der Vielheit ihres Zusammenstehens hervorgehen und durch sie erzeugt und veranlasst werden, auf Gefahr und zum Nachteil dessen, was die Menschheit, als Individuum, zu solider Begründung ihres Wohlstandes allgemein und einzeln bedarf.
So weit ist es gewiss, daß das Heilige der menschlichen Individualveredlung und aller seiner Mittel durch die Folgen ihrer sinnlichen und physischen Vereinigung, durch den Einfluss, den die Massenbedürfnisse und die Massenneigungen vermöge der Menschennatur allgemein auf den ésprit du corps der Vereinigten unausweichlich haben und haben müssen, geschwächt und gefährdet wird, und zwar in jedem Fall in dem Grade, als das Gefühl der sinnlichen Massenbedürfnisse und der sinnlichen Massenneigungen und Massenkräfte noch in den Verhältnissen und Umständen der vereinigten Menschen durch grosse, sinnliche Reize und Mittel unterstützt, belebt und erhöht wird.
Aus allem diesem folgt offenbar, daß das tierische Rechtsgefühl der Dohlen, sich gegen den Feind ihres Lebens, ihrer Jungen und ihrer Eier, gegen den Geier, zu vereinigen und so vereinigt auf Tod und Leben Jagd auf ihn zu machen, kein Beispiel ist, aus welchem ein Recht des Menschengeschlechts, sich ebenso gewaltsam gegen irgendeinen Feind, den die Menschen zu besiegen nicht vermöchten, zu vereinigen, herleiten lässt.
Das Menschenrecht darf durchaus weder durch die rechtlose Gewalttätigkeit der Stärkeren gegen die Schwächeren noch durch die rechtlose Vereinigung der Schwächeren gegen die Gewalttätigkeit der Stärkeren gesucht, betrieben und erzielt werden.
Das reine, heilige, von Gott selbst in die Seele der Menschennatur gelegte Gefühl des wahren Menschenrechts schliesst die tierische Vereinigungslust der Schwächeren gegen die Stärkeren, das Dohlen und Krähenrecht gegen die Geier, beim Menschengeschlecht aber sowohl aus, als es auch kein gesetzloses Gewaltrecht des Stärkeren gegen den Schwächeren, kein Recht menschlicher Geier gegen menschliche Dohlen, als ein menschliches, will geschweigen als ein göttliches Recht anerkennt.
Aus der Wahrheit und Reinheit der Menschennatur und aus dem Bedürfnis seines wirklichen Wohlstands geht so wenig ein äusserliches Vereinigungsrecht des Schwächeren gegen den Stärkeren als ein Gewalttätigkeitsrecht des Stärkeren gegen den Schwächeren hervor; der Anspruch an beides ist in seinem Wesen ein Anspruch gegen die heiligsten Fundamente des öffentlichen und IndividualWohlstandes unseres Geschlechts.
Was immer der Mensch einzeln oder vereinigt, von sinnlicher Selbstsucht und tierischer Gewalttätigkeit getrieben, zum Nachteil, zur Minderung des Wohlstandes seines Nebenmenschen, zu seiner Schwächung, Erniedrigung und Vertilgung tut, dadurch untergräbt er die Fundamente seines eigenen Wohlstandes, seiner Selbständigkeit und seiner Veredlung.
Die Massen-Gewalt irgendeiner Art vereinigter Menschenhaufen, die nicht auf die vorhergehende und gesicherte Individualveredlung der Kräfte unserer Natur gebaut ist, ist in jedem Fall eine den Wohlstand und Segen unseres Geschlechts gefährdende Gewalt.
Ich fasse die erhabenste Vereinigung, die je auf Erden stattfand, die christliche Vereinigung, ins Auge. Selbst die Glieder dieser Vereinigung, selbst die Bekenner der göttlichen Lehre des Erlösers dürfen zur Beförderung ihrer heiligen Zwecke nicht auf die Gewaltskräfte ihrer menschlichen Vereinigung bauen. Sie dürfen den Erfolg ihres äusseren Einflusses zur Beförderung des Christentums nur von der Veredlung ihrer Individualkräfte in Wahrheit und Liebe erwarten. Das Christentum selber ist nur durch den Individualgebrauch aller seiner Segensmittel in seinem Wesen eine wahre, unsichtbare Kirche; sie ist auch nur durch die Unsichtbarkeit ihres heiligen, inneren Wesens, nur durch das Heiligtum des Segens ihres Individualeinflusses auf die Veredlung des Menschengeschlechts eine wahre, christliche Kirche, das ist, eine geistige, unsichtbare Vereinigung der wahren Nachfolger Christi.
Aber wo finde ich sie, diese unsichtbare, christliche Kirche? Sie ist nirgends und allenthalben, sie steht nirgends in Massen vereinigt, der Welt sichtbar vor Augen, aber sie steht in jedem einzelnen Individuum, das ein wahrer Christ ist, unsichtbar der Welt, ihre Umgebungen heiligend und segnend, wirklich da.
Als äusserliche Vereinigung von Menschen, als Gemeinkraft, als Volkskraft, als Resultat der äusseren Vereinigung von vielen ist sie nirgends; als Resultat der göttlichen Mittel, die die Menschennatur in ihren Individuen reinigt, heiligt und segnet, ist sie allenthalben; aber die Welt, als Welt, erkennt sie nicht; wo die Welt sie sucht, ist sie nicht da; sie ist in keiner Art von Verbindung da, die aus den Bedürfnissen der Massenvereinigung irgendeines Standes hervorgeht.
Fasse ich den Adelsstand, den Bürger-, den Bauern-, den Handwerks-, den Kaufmannsstand, fasse ich den Stand der verschiedenen Regierungs-Behörden, fasse ich den christlichen und sogar den Klosterstand ins Auge, so finde ich allenthalben zum Dienst ihrer in der äusseren Vereinigung der Stände und in den bestehenden Mitteln ihrer Organisation grosse und sehr belebte Reize zum Übergewicht ihrer Massenneigungen und ihrer MassenAnsprüche über die Ansprüche der individuellen Existenz ihrer Glieder und dadurch über das heilige, innere Fundament aller unser Geschlecht wahrhaft segnenden, äusseren menschlichen Verbindungen und Vereinigungen; ich finde in ihnen allenthalben den Keim des Widerspruchs gegen das reine Leben in Wahrheit und Liebe, dieser wesentlichen, göttlichen Eigenheit des wahren Christentums.
Jede gesellschaftliche Massenvereinigung, die auf irgendeine Art die sinnliche Neigung eines Standes zu fördern, zu befriedigen, zu erhöhen und zu sichern geeignet ist, ist insoweit durch ihre äussere menschliche Organisation dem hohen und reinen inneren Sinn des Christentums entgegen. Sie hat, wenn auch noch so versteckt, den bösen Sinn der tierischen Natur und mit ihm den Keim des Krieges aller gegen alle, den Keim der Neigung, den Sinnlichkeitsgeniessungen der Glieder seines Standes ohne reine menschliche selbstsuchtlose Rücksicht auf Wahrheit und Liebe ein Genüge zu leisten, in sich selbst, und führt in jeder Abteilung der Stände die Glieder derselben zu einem ésprit du corps, welcher sie bald das honorificum, bald das utile ihres Standes als oberstes Gesetz desselben und die Ansprüche ihrer Nebenmenschen aus anderen Ständen und anderen Verhältnissen als ihr untergeordnet anzusehen verleitet. Das ist so wahr, daß jeder armselige Handwerkspfuscher die Vorteile seines Handwerks und die Rechte seiner Zunftinnung zum Nachteil seiner ganzen Vaterstadt und seines lieben Wohnorts mit eben dem ésprit du corps behaupten wird, als der sich in Vereinigung aller, auch der höheren Stände in Rücksicht auf das utile und honorificum jedes Standes gleich laut, gleich lebendig und gleich selbstsüchtig ausspricht. Die Täuschung, in der die Welt über das Unrecht des Übergewichts der Massenansprüche vereinigter Menschen und Stände und des ésprit du corps ihrer Selbstsucht über das Heilige, Ewige und sich selbst immer Gleiche der reinen Ansprüche in der Individualität der Glieder aller menschlichen Vereinigungen lebt, ist unermesslich gross, und das Unterliegen des Menschengeschlechts unter dieselben soviel als allgemein; es hängt mit den Sinnlichkeitsgeniessungen und Sinnlichkeitsansprüchen in allen Ständen zusammen und wird durch die Verstärkung und Verhärtung dieser Ansprüche, die aus den Massenvereinigungen des gesellschaftlichen Zustandes entspringen, immer grösser und dem heiligen Übergewicht unserer geistigen und sittlichen Anlagen über die Ansprüche unserer Sinnlichkeit immer mehr allgemein nachteilig.
Je ausgedehnter jede menschliche Vereinigung ist, die zur Beförderung der Sinnlichkeitsneigungen und Sinnlichkeitsgeniessungen grosse Reize und Mittel in sich selbst trägt, desto mehr vermehrt sich auch die innere, geistige und sittliche Schwäche der Menschennatur, sowohl im einzelnen Mitglied der Vereinigung als in der Masse, in der sie vereinigt dasteht.
Der böse Sinn der Selbstsucht unserer Natur und sein mächtiger Einfluss auf die Abschwächung und das Verderben unserer edleren Anlagen steht schon selber in jedem Individuum unseres Geschlechts isoliert und an sich fest, und wenn er dann noch durch das sinnliche Interesse irgendeines Standes und seines ésprit du corps gereizt, belebt, gestärkt und vergiftet wird, so ist seine Wirkung auf das Verderben unseres Geschlechts doppelt gross und doppelt entschieden. So heiter ist es, daß die Massenvereinigung irgendeines Standes nur insoweit als dem Menschengeschlecht wohltätig und wahrhaft zum Segen gereichend angesehen werden kann, als die Glieder dieser Vereinigung das Leben in der Wahrheit und Liebe höher achten als den ganzen Umfang der Sinnlichkeitsgeniessungen, die ihnen ihre Standesverbindungen und Ansprüche gewähren können. Eben so heiter ist, daß die Massenvereinigung irgendeines Menschenhaufens ganz gewiss in dem Grade als dem Menschengeschlecht nachteilig und wesentlich zum Verderben gereichend angesehen werden muss, als die Glieder dieser Vereinigung die Sinnlichkeitsansprüche und die Sinnlichkeitsgeniessungen, die ihnen ihre Standesverbindung zu verschaffen, zu versichern und zu erhöhen geeignet sind, höher achten als das Leben in der Wahrheit und in der Liebe.
Es ist also offenbar, daß das Segnende alles Zusammenstehens der Menschenhaufen, das Segnende aller bürgerlichen Vereinigungen, das veredelte Dasein der Glieder dieser Vereinigung als ihr notwendig vorhergehend oder wenigstens beiwohnend voraussetzt und daß die Mittel, welche gegen jede Art des gesellschaftlichen Verderbens als real wirksam angesehen werden können, durch keine Art von sinnlich belebten Volksbewegungen und Volksvereinigungen ausgehen können. Ich habe mich vielleicht zu weitläufig über den Zusammenhang, den man in der Darstellung dieser Tierklubs mit klubistischen Menschen und Volksvereinigungen finden könnte, aufgehalten; aber es war mir wichtig, daß meine Ansichten über diesen Gegenstand nicht missverstanden werden, und aus den gleichen Gründen muss ich auch darüber, daß das Krähengeschlecht als ein Mittelstand zwischen den mörderischen Gewaltsvögeln und zwischen den sanften Hühnergeschlechtern und Singvögeln dargestellt wird, einige Bemerkungen hinwerfen.
Es hat unter den Tiergeschlechtern durchaus keinen eigentlichen Mittelstand; sie scheiden sich ihrer Natur nach in Tiere, die fressen, und in Tiere, die gefressen werden, davon die letzten schwächeren allgemein dennoch mit einigen Verteidigungskräften und einigen Ausweichungsmitteln, die anderen aber mit Angriffskräften und Überlistungsmitteln versehen sind. Zwischen beiden aber ist kein Mittelstand, der zur Beförderung des Wohlstandes, beides: der Schwächeren und der Stärkeren, geeignet wäre, auch nur denkbar.
Unter den Menschen hingegen ist ein Mittelstand zwischen den Mächtigen und Schwachen, zwischen den Grossen und Kleinen nicht nur denkbar, er ist ein wesentliches Bedürfnis des gesellschaftlichen Zustandes, das vorzüglichste Mittel der Bildung, Erhaltung und Sicherung des allgemeinen Spielraumes und der allgemeinen Belebung der sittlichen, geistigen und Kunstkräfte, von denen alle wahren Segnungen des Menschengeschlechts und mit ihnen die wahren Quellen des öffentlichen, allgemeinen und des Privatwohlstandes unseres Geschlechts ausgehen; aber dieser Mittelstand kann und darf in keinem Lande in einem Personal gesucht werden, das, im Dienst der Macht stehend, das Übergewicht des Spielraums seiner Sinnlichkeitsgeniessungen und damit auch des Spielraums seiner Leidenschaften diesem Dienststand zu verdanken hat; er darf aber auch nicht in einem Personal gesucht werden, von dem man nur von Ferne vermuten könnte, daß es in seinen Umständen und Lagen Ursache und Neigung und in seinen Anlagen und Kräften Mittel suchen und finden möchte, (um) im Dienst des Volkes und im Einfluss auf die Meinungen, Ansprüche, Verbindungen und Bewegungen desselben Mittel und Wege zu einem ähnlichen Übergewicht des Spielraums seiner Sinnlichkeitsgeniessungen und seiner Leidenschaften zu (finden).
Nein! der Mittelstand des Volkes darf weder in einem Personal gesucht werden, das in den schon erworbenen Mitteln der Sinnlichkeitsgeniessungen der Possidenti von Alters her bis zur Abschwächung seiner selbst und seiner wesentlichen Kräfte zu schwelgen gewohnt war, noch in einem, das in seiner Lage Reize finden und Mittel suchen möchte, (um) im Dienst des Volkes den nämlichen Spielraum, den die Possidenti in dem Dienststand der Macht schon von Alters her genossen haben, sich durch ihren Einfluss auf das Volk, seine Meinungen und Ansprüche zu verschaffen und dieselben dann hinwieder, eben wie die anderen, zur Abschwächung ihrer selbst, ihrer Kräfte und ihrer Mittel schwelgend zu missbrauchen. Nein! der Mittelstand des Volkes, dieser Mittelpunkt der schöpferischen Kraft aller wahren gesellschaftlichen Volkssegnungen muss in einem Personal gesucht und anerkannt werden, das sowohl von dem Kraftdienststand der Macht unabhängend als von dem Traumdienststand des Volkes ungeblendet durch die belebtesten Interessen seiner Realverhältnisse an die Einsichten, Kräfte, Fertigkeiten und Tugenden des Privatlebens und der häuslichen Selbständigkeit gleichsam angebunden und durch seinen Lebensgang diese Einsichten, Kräfte und Fertigkeiten durch Erfahrung und Benutzung sich einzuüben und habituell zu machen in seinem täglichen Leben Reize, Spielraum, Gelegenheit und Bildung findet und geniesst; er muss in einem Personal gesucht und anerkannt werden, das die inneren Fundamente des öffentlichen Wohlstandes, die Bildungsmittel der häuslichen Kräfte unseres Geschlechts und die Sicherheit der häuslichen Beruhigung durch eigene Erfahrung erkennen und mit auffallender Kraft benutzen gelernt hat; er muss durch Männer erzielt werden, die als persönlich redend dastehen, welche auffallend beweisen, durch was für Mittel die Kräfte des Landes, für deren Missbrauch und Zerstörung die sinnliche Selbstsucht des Menschengeschlechts, sobald sie einmal da sind und zur Benutzung vorliegen, allgemein reizt, wirklich erworben und gleichsam aus dem Nichts erschaffen werden können. Er, dieser Mittelstand, der als die schöpferische Kraft alles wahren Landessegens und aller guten Landeskräfte anzusehen ist, muss in einem Personal gesucht werden, das Kräfte und Mittel in sich selbst trägt, als diese schöpferische Segenskraft im Lande selber dazustehen, d.h. durch irgendeine Art tatsächlicher Erwerbskräfte und Erwerbstätigkeit auf das Wachstum des Landessegens und seiner Erquickungs und Beruhigungsmittel mit auffallendem Erfolg einzuwirken und nicht aus einem, das als fruges consumere nati dasteht, noch weniger aus einem, das sich sichtbar dahin drängt, eben dieses zu werden.