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Parteien müssen sein, wenn auch jedes Parteiprogramm seine Unzulänglichkeiten hat. Der individuell durchgebildete Mensch wird leicht in die Lage kommen, mit einzelnen Punkten dieser Programme oder ihrer praktischen Handhabung unzufrieden zu sein, und doch wäre es ein Unding, wollte er deshalb keiner Partei angehören und eine Partei für sich bilden. Die verhängnisvollen Folgen dieses Beiseitestehens haben sich gerade am Bürgertum furchtbar gerächt. Man hat also die politische Pflicht, der Partei anzugehören, deren Grundsätze sich mit den eigenen am meisten decken. Aber man hat, unbeschadet der Parteidisziplin, auch das Recht, seine abweichende Meinung in einzelnen Punkten auszudrücken, wenn man seine Partei auf falschem Wege glaubt. Solcher Widerspruch wirkt nicht zersplitternd, sondern anregend und kann unter Umständen zu einer Änderung der Parteitendenz führen.
Ich bin deutsch und national, Monarchist aus Weltanschauung, nicht bloß aus Zweckmäßigkeitsgründen, und glaube, meiner Partei in Wort und Schrift eifrig gedient zu haben. Aber in einem Punkte kann ich die Politik ihrer Mehrheit nicht mitmachen, das ist die Behandlung der Judenfrage. Ich bin weder durch Verwandtschaften noch durch Geschäftsbeziehungen mit Juden voreingenommen, zähle unter meinen näheren Bekannten nur einen nach rechts orientierten und der christlichen Religion angehörigen Herrn jüdischer Abkunft. Ich verfolge mit dieser Schrift also keine selbstsüchtigen Zwecke, vielmehr will ich durch sie nur dem inneren Frieden dienen. Ich bin durch viele menschliche Verhältnisse hindurchgegangen, war stets bestrebt, das Für und Wider in allen menschlichen Dingen sachlich zu prüfen, habe die Sitten und Anschauungen fremder Völker kennen gelernt, mich in die Lehren der Geschichte vertieft und besitze die Erfahrung der reifen Mannesjahre. Ich verdiene also auf jeden Fall Gehör.
Berlin, Anfang März 1920
Der Verfasser der vorliegenden Schrift hatte den Wunsch, seine Ausführungen in unserem Verlage zu veröffentlichen. Der Verlag unterzog sich dieser Aufgabe gern, da die Ansichten des Verfassers in der Frage des Antisemitismus der allgemeinen Auffassung des Verlages durchaus entsprechen. Wir dürfen uns dieser Veröffentlichung um so eher unterziehen, als unsere Stellung außerhalb der Parteipolitik keinen Zweifel darüber lassen wird, daß die Herausgabe dieser Schrift keine parteipolitische Stellungnahme des Verlages selbst bedeutet. Die Verantwortung für die parteipolitischen Schlußfolgerungen aus seinen Anschauungen bleibt dem Verfasser selbst überlassen.
Charlottenburg, Ende April 1920