Johann Nestroy
Nagerl und Handschuh
Johann Nestroy

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Dritter Akt

Zimmer in Maxenpfutschs Hause, wie im ersten Akt

Erste Szene

Rosa (allein)

(Gleich an die Entreakt-Musik schließt sich das Ritornell zum folgenden Liede an.)

1.
Ich schau' nach der Tür',
Er kommt nit zu mir,
Wo muß er denn sein?
Der Tausend hinein!
Verwickelter Fall,
Ich suche überall,
Und 's Herzerl is weg,
Wer war denn so keck?
Schuld an dem Malheur
Ist niemand als er,
Wo soll i'n jetzt hol'n,
Mein Herz hat er g'stohln.
(Jodler.)
2.
Und brächt' er mir's z'ruck,
Das unruhige Stuck,
Was mach' ich damit?
Es gibt mir kein' Fried'.
Das beste wär' halt,
Wenn er sich's gleich g'halt't;
Sein g'höret dann mein's,
Und ich nähmet sein's;
Ich tauschet jetzt glei,
Er verliert nix dabei,
Am Herz von ein' Mann
Is so nit viel dran.
(Jodler.)

Zweite Szene

Die Vorige; Semmelschmarn (tritt nach geendigtem Liede etwas schüchtern herein)

Semmelschmarn (für sich) Sie ist allein. (Laut.) Mein Kind –

Rosa Was ist denn das für ein' Visit'?

Semmelschmarn Keine unangenehme, denn ich bin ein guter alter Herr.

Rosa (für sich) Aber eine langweilige, denn ich seufz' nach einem jungen Herrn.

Semmelschmarn Ich habe dir ein Nagerl zum Präsent gemacht.

Rosa (gleichgültig) Ich weiß, ich hab's wegg'worfen.

Semmelschmarn Darüber sollt' ich eigentlich böse sein!

Rosa Wie's gefällig ist, mir liegt nichts daran.

Semmelschmarn Aber du bist so gut, so liebenswürdig – (immer feuriger) so schön, so reizend, so bezaubernd –

Rosa Ob S' aufhören! Wie g'schieht Ihnen denn?

Semmelschmarn (sich korrigierend) So – so gut, wollt' ich nur sagen, daß ich alles eher übers Herz brächte –

Rosa Als das zu tun, um was ich Ihnen gebeten hab'. Sie haben ihm nichts gesagt.

Semmelschmarn Wer sagt das?

Rosa Ich sag's. Jetzt kommt er nicht, ich hab' ihm alles aufgeopfert, ich könnt' jetzt eine reiche Frau sein, und jetzt laßt er sich nicht sehen, er weiß auf d'Letzt gar nicht, daß ich ihn so lieb hab'.

Semmelschmarn Ich habe ihm g'sagt, daß er deiner nicht würdig ist, denn du bist ein so liebes, herziges, bakschierliches –

Rosa Wenn S' jetzt nicht bald gehn –

Semmelschmarn Er aber ist so leichtsinnig -

Rosa Für das ist er jung. (Mit Beziehung.) Es gibt Leut', die alt sind und nicht viel wert.

Semmelschmarn Kind, vergiß nicht, daß ich ein Zauberer bin.

Rosa Das vergißt man wirklich leicht, denn Sie haben gar nichts Bezauberndes an sich.

Semmelschmarn Der Zweck meines Hierseins war bloß, dir wegen Wegwerfung des Nagerls einige sanfte Vorwürfe zu machen, und –

Rosa Vorwürf' haben Sie mir machen woll'n? Ich wollt', er käm' jetzt daher und findet Ihnen da, er machet Ihnen gewiß keinen Vorwurf –

Semmelschmarn Nein, das würde er sich gewiß nicht unterstehn.

Rosa Aber Ihnen selbst tät' er in einen Wurf verwandeln, in keinen sanften, und all mein Kuchelg'schirr als Nachwurf gebrauchen.

Semmelschmarn (mit Stolz) Ich bin Zauberer und fürchte niemand.

Dritte Szene

Ramsamperl (tritt rasch ein)

Ramsamperl Engel, wo bist du? (Semmelschmarn erblickend.) Million Donnerwetter! Was haben Sie da zu tun?

Semmelschmarn (mit Ruhe) Nichts.

Ramsamperl Ich zerreiß' Ihnen. Was haben Sie da gesucht?

Semmelschmarn Dies die Antwort auf Ihren ohnmächtigen Grimm. (Stampft mit dem Fuße und versinkt.)

Ramsamperl (wütend) Wo erwisch' ich ihn jetzt? Ich muß 'n haben.

Rosa (ihn besänftigend) So hören Sie doch –

Ramsamperl Nichts hör' ich, seine Schläg' muß er haben. (Erblickt den Zauberstab, welchen Semmelschmarn während der vorigen Szene zufällig fallen ließ, am Boden.) Ha, da ist sein Staberl, jetzt kommt er mir nicht aus. (Winkt mit dem Zauberstab und versinkt in dieselbe Versenkung, wo Semmelschmarn versank.)

Rosa Nun, da setzt's was ab.

Semmelschmarn (kommt ganz blaß vor Schrecken aus der entgegengesetzten Versenkung herauf) Kind, er kommt mir nach –

Rosa Aha, kommen Ihnen d'Ängsten?

Semmelschmarn (noch ängstlicher) Versteck' mich wo, ich bitt' dich, und schau', daß du das Staberl kriegst.

Rosa Werden Sie in Zukunft nicht mehr heimlich zu einem Mädl schleichen?

Semmelschmarn In meinem Leben nimmermehr.

Rosa Gut, also kriechen S' da in den Kamin hinauf.

Semmelschmarn Ja, ja, mein Kind. (Kriecht schnell hinauf.) Schau' nur, daß du das Staberl kriegst.

Ramsamperl (kommt aus derselben Versenkung herauf, aus welcher Semmelschmarn gekommen ist) Wo ist er? – Du hast ihn versteckt? Wo?

Rosa Ich sag' nix.

Ramsamperl Heraus mit der Sprach', wo ist er?

Rosa Unterstehen S' Ihnen, und werden S' grob mit mir!

Ramsamperl Ich muß ihn haben, Mädel, ich bitt' dich: wo steckt er?

Rosa Pfui, scharren S' Ihnen, grob sein mit ei'm Frauenzimmer!

Ramsamperl Ich werd' dich hernach um Verzeihung bitten, aber die Exekution geht vor.

Rosa Eine Gefälligkeit erfordert die andere; geben S' mir das Staberl, dann sag' ich Ihnen, wo er ist.

Ramsamperl Da hier nimm's. (Gibt ihr den Zauberstab.)

Rosa (nimmt den Zauberstab und reicht ihn, indem sie damit in den Kamin hinauf zeigt, dem darin verborgenen Semmelschmarn) Sehen Sie, da oben hat er sich versteckt.

Ramsamperl (will sich hinstürzen) Ha, jetzt will ich – (Musik fällt ein. In diesem Augenblicke öffnet sich der Kamin und Semmelschmarn reitet auf einem feurigen Drachen, indem er den Stab schwingt, durch die Luft.)

Vierte Szene

Ramsamperl, Rosa

(Die Musik während dem Fluge Semmelschmarns ist das Vorspiel des unmittelbar darauffolgenden Duetts.)

Ramsamperl
Wie? Was? Entsetzen!
So geht es zu bei dir?
Im Zorn könnt' ich dir ein's versetzen,
Bleib' nur drei Schritt' entfernt von mir.

Rosa
Tun Sie nicht so hinunterhetzen,
Er war nicht fünf Minuten hier.

Ramsamperl
Ha, Falsche! Ha, Falsche!

Rosa
Lassen Sie sich doch erweichen,
Er darf nimmermehr ins Haus!

Ramsamperl
Der Zaub'rer soll verbleichen,
Ich rauf' die Haar' ihm aus.

Rosa
Sie können mich so kränken,
Pfui Teuxel, so zu denken
Von mir, ha, welche Schand'!
Ich renn' mein' Kopf an d' Wand!

Ramsamperl
Geduld, der Augenblick wird kommen,
Wo ich gewiß mein Unrecht einsehn wir;
Du hast die Zweifel mir benommen,
Klar ist mir alles wie: zweimal zwei macht vier.

Rosa
Ich renn' mein' Kopf an d' nächste Wand.

Ramsamperl
Verhalte dich still!

Rosa
Ich bring' mich um mit eigener Hand.

Ramsamperl
Verhalte dich still!
Denn so erreichst du nicht das Ziel.

Rosa
Nun gut, dasmal söhn' ich mich aus,
Doch machen S' ja kein' G'wohnheit d'raus.
Vertrau'n muß sein in Ihrem Sinn,
Weil ich ein schuldlos Mädchen bin.

Ramsamperl
Ha, glücklich bin ich überaus,
Jetzt führ' ich dich als Braut nach Haus.
Reich' mir nun mit versöhntem Sinn
Die Hand, daß überzeugt ich bin.

Rosa zugleich mit Ramsamperl
Diese Hand und ihr zärtliches Drücken
Kostet ihm den Verstand auf d' Letzt' gar,
Wer beschreibt, wer beschreibt dies Entzücken,
ja, er wird comme il faut noch ein Narr.

Ramsamperl zugleich mit Rosa
Diese Hand und ihr zärtliches Drücken
Macht, daß ich aus der Haut völlig fahr',
Wer beschreibt, wer beschreibt dies Entzücken,
ja, ich werd' comme il faut noch ein Narr.

Rosa und Ramsamperl a due (Jodler)

Ramsamperl
Doch hast du auch vergeben,
Den Vorwurf, den Verdacht?

Rosa
Sei nicht so dumm, mein Leben,
Wir hab'n ja Frieden g'macht.

Rosa und Ramsamperl (unisono)

Die Lieb' muß gezankt sein, so sag'n alle Leut'.

Ramsamperl
Und führt mich die Eifersucht auch oft zu weit,
Kaum, daß ich dich umbring', so ist mir schon leid.

Rosa
Aber z'spät is's, so sei doch g'scheit!

Ramsamperl
So ist mir auch schon leid.

Rosa und Ramsamperl
Es gibt, es gibt ohne Schnipfen kein' Dieb,
Es gibt, es gibt ohne Narrheit kein' Lieb',
Gerauft wird oft in der Eh',
Doch das macht nix,
's tut ja gar nicht so weh
Das bisserl Wix.
Und setzt es dann und wann
Auch blaue Fleck',
Kaum ruckt d' Versöhnung an,
Sein d' Schmerzen weg. (Beide tanzen ab.)

Verwandlung

Gartensaal in Ramsamperls Palast

Fünfte Szene

Maxenpfutsch, Hyacinthe, Bella

Maxenpfutsch (erzürnt) Fort von mir, sonst vergiß ich, daß ich Vater bin, und komm' ich einmal ins Malträtieren hinein, so hör' ich drei Wochen nicht auf.

Hyacinthe Ich weiß gar nicht, was der Papa will.

Maxenpfutsch Was ich will? Ein Geld will ich haben.

Bella So g'scheit sind mehr Leut'.

Maxenpfutsch Reich wollt' ich sein, aber bloß deswegen, damit ich euch enterben könnt', so kann ich euch leider nichts entziehen als meinen Segen und eine zerbrochene Einrichtung.

Hyacinthe Das ist ein schöner Wunsch.

Bella Das macht dem Papa Ehre.

Maxenpfutsch Mir soll nichts eine Ehre machen als meine Töchter, und grad die haben Schand' und Spott über mich gebracht.

Hyacinthe Ah, da muß ich bitten.

Bella Das ist eine Red'!

Maxenpfutsch Ein Glück, daß ich eine Perücken trag', sonst wär' mein grauen Haar mit Schmach bedeckt. Ihr habt's euch sauber produziert.

Bella Mein Deklamieren hat ihm g'fallen.

Hyacinthe Und mein Singen hätt' ihm gefallen. Für eine Heisrigkeit kann kein Mensch.

Maxenpfutsch Die fremde Person hat euch ausg'stochen, und ihr bleibt's sitzen.

Hyacinthe Sie ist aber davongelaufen.

Bella Und wir laufen gewiß nicht davon.

Hyacinthe Folglich –

Maxenpfutsch Folglich laßt er euch doch sitzen, denn er lauft ihr nach. Aber das schwör' ich euch bei den Reizen meines Großvaters, bei den Zuständen meiner Großmutter: wer jetzt kommt, und ist er noch so gering, wenn er nur so dumm ist und begehrt eine von euch zur Frau, so müßt's ihn heiraten.

Beide Was?

Maxenpfutsch Kein Wort, jetzt zeig' ich meine Autorität. Die Hopatatschitäten haben ein End', mit euch hat's einen zu starken Faden; ihr seid's nicht verheirat't und nicht verwitibt, nicht mehr ledig, mit einem Wort: ihr seid's gar nichts. Deswegen wird jetzt der Nächstbeste geheirat't, Jüngling oder Greis, Schönheit oder Mißgestalt, alles eins, wenn er nur so viel Geld hat, daß er eine Frau ernähren kann und mir dreimal die Wochen die Kost gibt, mehr verlang' ich mir nicht. Jener Schwärmerei wegen Bezahlung meiner Schulden hab' ich längst entsagt.

Hyacinthe und Bella Aber Papa –

Maxenpfutsch Still, sag' ich! Jetzt wird ein wenig ausg'fahren, die Ramsamperlischen Wagen stehen uns heute zu Gebot. (Ruft zur Türe hinaus.) He!

Hyacinthe Aber ausfahren in der feuchten Abendluft –

Maxenpfutsch Das ist gut fürs Rheumatische. (Zur Türe hinaussehend.) Da steht so ein Bursch', wegen was kommt Er denn nicht, wenn man Ihn ruft. He! Einspannen!

Sechste Szene

Die Vorigen; Kappenstiefel (als Reitknecht gekleidet, tritt schüchtern zur Türe herein)

Maxenpfutsch Einspannen hab' ich g'sagt.

Kappenstiefel Den Augenblick.

Maxenpfutsch (sieht ihn an und erkennt ihn) Wie – was – Euer Gnaden Hoheit – Herrlichkeit –?

Kappenstiefel Nemam! Die Gnaden sind aus, die Hoheit ist pfutsch und die Herrlichkeit ist pritsch.

Maxenpfutsch Wa – was?

Hyacinthe Diesen Scherz noch, nachdem Sie uns so tief gekränkt –?

Kappenstiefel Hab' ich Ihnen gekränkt?

Hyacinthe Sie können noch fragen?

Bella Nachdem Sie uns so im Innersten des Herzens verwundet haben?

Kappenstiefel Hab' ich Ihnen wirklich verwundet?

Bella O! (Sie weint.)

Hyacinthe Weh' dir, mein leichtgläubiges Herz! (Weint.)

Maxenpfutsch O, Sie haben viel Unheil über eine Familie gebracht. (Weint auch.)

Kappenstiefel Jetzt weinen S' alle, und ich hab' ein weiches Herz, ich kann mich auch nicht mehr halten. (Weint auch.)

Maxenpfutsch (wie er bemerkt, daß Kappenstiefel weint) Ich hab' ihn gerührt, jetzt blüht der Knofel aufs neue. (Laut zu Kappenstiefel.) An Ihnen wär's, diese Familientränen zu trocknen.

Kappenstiefel Ja, das will ich, hier ist mein Schnopftüchel.

Maxenpfutsch O, nicht diesen Spott! – Ihnen stehen andere Mittel zu Gebot.

Kappenstiefel Mir? Einem Reitknecht?

Hyacinthe und Bella (heftig) Was? Sie wären wirklich ein –?

Kappenstiefel (demutsvoll) Reitknecht.

Hyacinthe Ich hab' zärtliche Worte verschwendet an einen –

Kappenstiefel Reitknecht.

Bella Ich hab' geseufzt, geschmachtet mit einem –

Kappenstiefel Reitknecht.

Hyacinthe Ist's möglich!?

Kappenstiefel (tragisch) Ja. Diese Kappenstiefeln lügen nicht, laut klirren es diese Sporen, laut schreien es diese roten Aufschläg', klar strahlt es von diesen silbernen Borten, daß ich ein Reitknecht bin.

Hyacinthe Schand'!

Bella Schimpf!

Maxenpfutsch Schmach!

Hyacinthe (streng zu Kappenstiefel) Wer ist also der Herr in diesem Haus?

Bella Er muß uns Satisfaktion geben und diesen Burschen züchtigen.

Maxenpfutsch Wer ist der Herr vom Haus?

Kappenstiefel Der nämliche, der als Stallknecht verkleidet bei Ihnen war. Und mit der Züchtigung wird's es auch nicht tun, denn nach seinem Befehl ist alles geschehn.

Hyacinthe Ha, ich bin vernichtet!

Bella Ich bin verloren!

Maxenpfutsch Ich bin matsch!

Kappenstiefel (eine Schrift hervorziehend) Da ist noch so eine Art Befehl von Seiner Herrlichkeit; ich bekomm' die Stallmeistercharge, ein Heiratsgut und eine frischgewaschene Ausstaffierung, wenn ich eine von den Fräulein Töchtern heirat'.

Maxenpfutsch (plötzlich umgestimmt) Was? Im Ernst? Lassen S' anschau'n. (Überfliegt hastig die Schrift.) Herr Stallmeister, ich bitt', wenn's gefällig ist, suchen Sie sich was aus.

Hyacinthe Aber, Papa –

Bella Nein, nie –!

Maxenpfutsch Still! Kein Wort! (Zu Kappenstiefel.) Was meinen Sie? Welche?

Kappenstiefel Auf Ehr', mir ist's alles eins.

Maxenpfutsch Wer soll aber den Ausspruch tun?

Kappenstiefel Das Schicksal. Hier ist mein Schnupftuch, an dem Zipf ist ein Knopf (macht einen Knoten), und an dem Zipf ist keiner. Jetzt dreh' ich's zusamm'. (Tut es.) Die den Knopf zieht, ist frei, und die das Leere zieht, bekommt mich.

Maxenpfutsch (beiseite) Gut ist's, so hat dann jede einen Knopf.

Kappenstiefel Ich bitt', meine Schönen, jetzt ist die Ziehung.

Hyacinthe (für sich, überlegend) Stallmeister ist er –

Bella (entschlossen) Alles ist besser als ledig bleiben! (Beide Mädchen ziehen zugleich.)

Hyacinthe Ich habe den Knopf.

Bella Und ich hab' ihn selbst.

Kappenstiefel Ha, Seligkeit! (Umarmt Bella.)

Maxenpfutsch Mir ist ein Stein vom Herzen. Eine ist angebracht.

Siebente Szene

Die Vorigen; Semmelschmarn

Semmelschmarn Im Garten versammelt sich alles zu einem großen Feste, man vermißt Sie, Herr von Maxenpfutsch.

Maxenpfutsch Sie verzeihn, ich war in Geschäften.

Semmelschmarn In Geschäften?

Maxenpfutsch Ich hab' eine Tochter ausg'heirat't. Der Herr von Ramsamperl soll schau'n, wo er die davongeloffene Schöne find't, meine Bellerl ist einmal versprengt in diesen Jüngling (auf Kappenstiefel deutend), er soll sie haben.

Semmelschmarn Sie wissen also schon –

Maxenpfutsch Alles weiß ich, aber sehen Sie – (Plötzlich von einer Idee ergriffen, für sich.) Halt, da fallt mir was ein. (Zu Semmelschmarn.) Ein Wort im Vertrauen, Herr von Semmelschmarn, aber Sie müssen mich nicht mißdeuten, ich red' als Vater, der die Gefühle kennt. Sind Sie ledig?

Semmelschmarn Seit meiner Kindheit!

Maxenpfutsch Haben Ihr Einkommen?

Semmelschmarn Ich bin Zauberer!

Maxenpfutsch Ein gut's Brot. – Wie wär's, schau'n Sie's Madl an (auf Hyacinthe zeigend), die wär' auch ledig.

Semmelschmarn (für sich) Ha! Das ist das beste Mittel, mit einem Male Ramsamperl mit mir auszusöhnen. (Zu Maxenpfutsch.) Ich verstehe Ihre hingeworfenen Winke –

Maxenpfutsch Und –?

Semmelschmarn Ersuche den Vater, mich durch die Hand seiner liebenswürdigen Tochter zu beglücken.

Maxenpfutsch (zu Hyacinthen) Tochter! Da steht er, greif zu!

Hyacinthe (für sich) Als Zauberin bin ich mehr als meine Schwester. (Laut zu Semmelschmarn.) Nimm mich hin, ich bin die Deinige.

Maxenpfutsch Jetzt stürme, Schicksal, ich hab' meine Madln los.

Semmelschmarn Eilen wir nun, Ramsamperl von dieser Doppelhochzeit in Kenntnis zu setzen.

Hyacinthe Adieu, Papa!

Bella Kommen S' bald nach!

Kappenstiefel À revoir, Schwiegerpapa!

Semmelschmarn Adieu, Maxenpfutsch! (Alle hüpfen fröhlich ab.)

Achte Szene

Maxenpfutsch (allein)

Maxenpfutsch Hast ihn nicht g'sehn! Das ist ein' Lustbarkeit! Ich glaub's, den Madeln ist schon hart g'nug g'schehn. Die Mariagen haben sich aber doch g'macht in einer G'schwindigkeit – drum sag' ich, bei mehreren Töchtern, nur ein Anfang muß einmal g'macht werden, dann bringt man alle los; aber es braucht was. So was martert einen Vater kurios hinunter.

Lied
1.
Man putzt seine Töchter, man stellt s' her auf'n Glanz,
Bald führt man s' spazieren, bald führt man s' zum Tanz.
Man schafft ihnen Hüt', man schafft ihnen Haub'n,
Daß so was die Männer reizt, sollt' man doch glaub'n.
Da kommt einer g'schossen und schaut unter'n Hut,
jetzt meint man, der nimmt s' schon, derweil geht er furt.
2.
Ein' Vatern arriviert auch alle Augenblick' a G'schicht',
Weil man in jedem Mannsbild ein' Schwiegersohn siecht.
Erst neulich geht uns einer nach, Schritt vor Schritt,
I' stupf' g'schwind die Madeln, sag': Seht's den da nit?
Die Madeln kokettieren gleich und suchen ihm z'gefall'n.
Wer war's? Unser Schneider und mahnt mich ans Zahl'n.
3.
Drum sag' ich, viele Töchter hab'n is a Malheur,
Kurios, der Artikel geht jetzt gar so schwer.
's nutzt nix, wenn der Vater auf'n Putz sich ruiniert,
Die Madeln werden immer und ewig plantiert;
Drum trifft man in der ganzen Welt nix so stark an
Als un'zahlte Konto und Madeln ohne Mann.

Verwandlung

Illuminierter Garten, im Hintergrund Ramsamperls Palast, festlich erleuchtet

Neunte Szene

Man hört vom Schlosse Trompeten und Pauken schallen. Herren und Damen promenieren. Rosa, etwas später Hyacinthe und Bella

Rosa (tritt schüchtern auf) Nein, das ist abscheulich von ihm, führt mich daher in Palast und laßt mich auf einmal allein stehen unter die geputzten Herrn und Damen. Ich schau' aus, ich möcht' in die Erd' sinken vor Schand'. Wenn ich nur einen Ausgang finden könnt'!

(Hyacinthe und Bella treten auf.)

Hyacinthe Was ist das? Schwester, seh' ich recht? Da geht die Küchengretl herum!

Bella Nicht möglich! Wo? – Richtig, sie ist's!

Hyacinthe (zu Rosa) Wer hat dir erlaubt –

Rosa O Himmel! Die Schwestern!

Bella Wie hast du dich unterstanden?

Hyacinthe Fort, an der Stell'!

Rosa Von Herzen gern, aber wo komm' ich hinaus?

(Trompeten und Pauken.)

Alle Ramsamperl kommt! Ramsamperl kommt!

Hyacinthe Wie bringen wir s' jetzt weg?

Bella (zu Rosa) Weh' dir, wenn du sagst, daß du meine Schwester bist!

Zehnte Szene

Vorige; Ramsamperl (prächtig gekleidet), Semmelschmarn, Kappenstiefel, Maxenpfutsch, Herren

Alle Vivat! Vivat!

Ramsamperl Wo ist sie? Wo ist sie?

Semmelschmarn Dort, bei ihren Schwestern.

Ramsamperl Hört es alle! (Rosa, die sich ängstlich hinter ihren Schwestern verborgen hat, vorführend.) Diese hier ist meine Braut!

Alle (mit Erstaunen) Ein Dienstbot'?

Rosa (vor freudigen Erstaunen fast außer sich) Wie – was mein – du bist – Sie sind –

Ramsamperl Ich bin Ramsamperl und heut' noch dein Gemahl.

Alle HERREN und DAMEN Einen Dienstboten heiratet er?

Ramsamperl Sie ist die Tochter von diesem Herrn (auf Maxenpfutschen zeigend), der sie besser hätte behalten sollen.

Maxenpfutsch Ich muß untertänigst deprezieren –

Ramsamperl Keine Entschuldigung!

Semmelschmarn Sie ist dieselbe, die beim Feste den Preis errungen. Das beweist hier dieser Handschuh, den sie auf ihrer Flucht verloren.

Rosa Er ist mein! (Den Handschuh anziehend.) Seht, wie er paßt!

Maxenpfutsch Der Handschuh wird wohl auf andere Händ' auch passen.

Semmelschmarn Jeder steht es frei, ihn zu probieren.

Maxenpfutsch Allons, Töchter, Courage!

Hyacinthe O nein!

Bella Ich lass' mich nicht drauf ein.

Maxenpfutsch Par honneur möcht' ich ihn selber probieren.

Semmelschmarn (zu Maxenpfutsch) Wenn's gefällig ist – (Rosa hat früher schon den Handschuh ausgezogen.)

Maxenpfutsch Da werden wir ein' kurzen Prozeß machen. (Er fährt rasch in den Handschuh, zerreißt ihn aber ganz.)

Semmelschmarn Zerreißen gilt nicht.

Maxenpfutsch Hätt' ich nur einen Stiefelhaken bei mir g'habt, 's wär' schon gegangen.

Semmelschmarn Nun nimm auch dieses Nagerl hin!

Ramsamperl (schnell und leise zu Semmelschmarn). Ist das aber 's rechte?

Semmelschmarn Gewiß! (Er gibt ihr ein weißes Nagerl.)

(Rosa nimmt das Nagerl, in dem Augenblick verschwindet ihr. ärmliches Kleid und sie erscheint in einem Prachtanzuge so wie im zweiten Akte.)

Semmelschmarn So war sie, als sie den Preis errang.

Alle Hoch lebe Ramsamperl und seine Braut!

Rosa Ramsamperl!

Ramsamperl Ewig dein! (Umarmt sie.)

Hyacinthe (mit Bella scheu nähertretend) Schwester!

Bella Geliebte Schwester!

Hyacinthe Du wirst bös' sein auf uns!

Bella Wir haben's nicht so gemeint.

Hyacinthe Wenn wir auch dann und wann –

Rosa Alles ist vergessen und vergeben.

Maxenpfutsch Siehst du, mein geliebtes Kind, die guten Folgen einer strengen Erziehung? O, ich hab' immer gewußt, daß es mit dir noch eine brillante Wendung nimmt.

Rosa Ich bin überglücklich!

Maxenpfutsch Keinen Dank! Es ist gern geschehen. (Zu Ramsamperl.) Wegen der früheren Respektsverletzungen aber, an denen nur Dero fatale Verkleidung schuld war, bitt' ich jetzt zuerst meine Entschuldigung anzuhören. Hernach wird sich meine älteste Tochter entschuldigen, gleich darauf wird sich meine jüngere Tochter entschuldigen und zum Beschluß werden wir uns alle drei miteinander entschuldigen.

Ramsamperl Diesen Genuß wollen wir uns auf ein andermal versparen. Genug, Sie sind glücklich.

Maxenpfutsch Und das schon wie!

Ramsamperl Ihre Töchter sind glücklich.

Hyacinthe O sehr!

Bella Wirklich sehr!

Semmelschmarn Ich bin glücklich!

Kappenstiefel Ich bin auch glücklich!

Maxenpfutsch So sind wir alle glücklich.

Ramsamperl Ob ich es bin, das zeigt sich erst, wann der Vorhang fällt.

Schlußgesang

Maxenpfutsch
's Glück kommt jetzt buttenweis'
Über drei Paar',
Nein, das ist aus der Weis'!

Kappenstiefel (niest)
Prosit, 's ist wahr!

Ramsamperl
Und dann hernach die Freud',
Wenn übers Jahr'
Keinen das Bündnis reut!

Semmelschmarn (niest)
Richtig, 's wird wahr!

Rosa
Ich und mein Mann sind hier'
's glücklichste Paar,
Treu bleibt er ewig mir,

Ramsamperl (niest)
Prosit, 's ist wahr!

Ramsamperl, Maxenpfutsch und Rosa
Im Übermaß des Glücks
So ganz und gar
Kümmert uns weiter nix,

Kappenstiefel und Semmelschmarn (niesen)
Das ist nicht wahr.
(Gegen das Publikum)
Erst wann Ihr Beifall kummt,
Dann hat's kein' G'fahr,
Sonst sind wir schön anpumpt,

Alle (niesen)
Ja, das ist wahr!

Chor
Ja, das ist wahr!

(Auf Wink Semmelschmarns öffnen sich die Versenkungen, aus den Seitenversenkungen kommen lichte Wolkenlauben, aus der Mittelversenkung eine größere rosenrote Wolkenlaube herauf, in jeder steht ein Opferherd mit Weingeistflammen. Ramsamperl, Rosa und Maxenpfutsch treten in die mittlere Laube, Semmelschmarn und Hyacinthe in die Laube Rechten, Kappenstiefel und Bella in die Laube zur Linken. über jedem der drei Paare, die sich die Hände reichen, schwebt ein Genius, in einer Hand eine Fackel, in der andern einen Brautkranz haltend, herab. Der Chor gruppiert sich zu beiden Seiten, rotes Feuer beleuchtet die Szene, während einer rauschenden Musik fällt der Vorhang.)


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