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Wenn wir sagen, fuhr Sokrates fort, die Seele stirbt, so müssen wir eines von beiden setzen: Entweder alle ihre Kräfte und Vermögen ihre Wirkungen und Leiden hören plötzlich auf, sie verschwindet gleichsam in einem Nu; oder sie leidet, wie der Leib, allmählige Verwandelungen, unzählige Umkleidungen, die in einer stetigen Reihe fortgehen, und in dieser Reihe giebt es eine Epoche, wo sie keine menschliche Seele mehr, sondern etwas anders geworden ist, so wie der Leib, nach unzähligen Veränderungen, aufhöret ein menschlicher Leib zu seyn, und Staub, Luft, Pflanze, oder auch ein Theil eines andern Thieres wird. Giebt es einen dritten Fall, wie die Seele sterben kann, einen Fall mehr, als plötzlich oder allmählig?
Nein, erwiederte Cebes. Diese Eintheilung erschöpft die Möglichkeit ganz.
Gut, sprach Sokrates. Die also noch zweifeln, ob die Seele nicht sterblich seyn könnte, mögen wählen, ob sie besorgen, sie möchte plötzlich verschwinden, oder nach und nach dasjenige aufhören zu seyn, was sie war.
Will Cebes nicht ihre Steile vertreten, und diese Wahl über sich nehmen?
Die Frage ist, ob jene die Wahl ihres Sachwalters würden gelten lassen. Mein Rath wäre, wir überlegten beide Fälle; denn wenn sie auf meine Wahl Verzicht thäten, und sich anders erklären sollten: so dürfte morgen niemand mehr da seyn, der sie widerlegen kann.
Mein lieber Cebes! versetzte Sokrates, Griechenland ist ein weitläuftiges Reich, und auch unter den Barbaren muß es viele geben, denen diese Untersuchung am Herzen liegt. – Doch es sey! laßt uns beide Fälle untersuchen. Der erste war: Vielleicht vergehet die Seele plötzlich, verschwindet in einem Nu. An und für sich ist diese Todesart möglich. Kann sie aber von der Natur hervorgebracht werden?
Keinesweges: wenn das wahr ist, was wir vorhin zugegeben, daß die Natur keine Zernichtung hervorbringen könne. Und haben wir dieses nicht mit Recht zugegeben? fragte Sokrates. Zwischen Seyn und Nichtseyn ist eine entsetzliche Kluft, die von der allmählig wirkenden Natur der Dinge nicht übersprungen werden kann.
Ganz recht, versetzte Cebes. Wie aber, wenn sie von einer übernatürlichen Macht, von einer Gottheit, zernichtet würde?
O mein Theurester! rief Sokrates aus, wie glücklich, wie wohl versorgt sind wir, wenn wir nichts als die unmittelbare Hand des einzigen Wunderthäters zu fürchten haben! Was wir besorgten, war, ob die Natur unserer Seele nicht an und für sich selbst sterblich sey, und diese Besorgniß suchen wir durch Gründe zu vereiteln; ob aber Gott, der allgütige Schöpfer und Erhalter der Dinge, sie durch ein Wunderwerk zernichten werde? – nein, Cebes, laß uns lieber befürchten, die Sonne würde uns in Eis verwandeln, ehe wir von der selbstständigen Güte eine grundböse Handlung, die Zernichtung durch ein Wunderwerk, befürchten wollen. Ich bedachte es nicht, sprach Cebes, daß mein Einwurf bey nahe eine Lästerung sey. Die eine Todesart, die plötzliche Zernichtung, schreckt uns also nicht mehr, fuhr Sokrates fort; denn sie ist in der Natur unmöglich. Doch überlegt auch folgendes, meine Freunde. Gesetzt sie wäre nicht unmöglich, so ist die Frage: wann? zu welcher Zeit soll unsere Seele verschwinden? Vermuthlich zu der Zeit, da der Körper ihrer nicht mehr bedarf, in dem Augenblicke des Todes?
Allem Ansehen nach.
Nun haben wir aber gesehen, daß es keinen bestimmten Augenblick giebt, da man sagen kann, itzt stirbt das Thier. Die Auflösung der thierischen Maschine hat schon lange vorher ihren Anfang genommen, ehe noch ihre Wirkungen sichtbar geworden sind; denn es fehlet niemals an solchen thierischen Bewegungen, die der Erhaltung des Ganzen zuwider sind; nur daß sie nach und nach zunehmen, bis endlich alle Bewegungen der Theile nicht mehr zu einem einzigen Endzwecke harmoniren, sondern eine jede ihren besondern Endzweck angenommen hat: und alsdann ist die Maschine aufgelöset. Dieses geschiehet so allmählig, in einer so stetigen Ordnung, daß jeder Zustand eine gemeinschaftliche Grenze des vorhergehenden und nachfolgenden Zustandes, eine Wirkung des vorhergehenden und eine Ursache des nachfolgenden Zustandes zu nennen ist. Haben wir dieses nicht eingestanden?
Richtig!
Wenn also der Tod des Körpers auch der Tod der Seele seyn soll: so muß es auch keinen Augenblick geben, da man sagen kann, itzt verschwindet die Seele; sondern nach und nach, wie die Bewegungen in den Theilen der Maschine aufhören zu einem einzigen Endzwecke zu harmoniren, muß die Seele auch an Kraft und innerer Wirksamkeit abnehmen. Scheinet es dir nicht also, mein Cebes!
Vollkommen!
Aber siehe! welche wunderbare Wendung unsere Untersuchung genommen hat! Sie scheinet sich, wie ein Kunstwerk meines Eltervaters Dädalus, durch ein inneres Triebwerk von ihrer vorigen Stelle weggerollt zu haben.
Wie so?
Wir haben angenommen, unsere Gegner besorgten, die Seele würde plötzlich zernichtet werden, und wollten zusehen, ob diese Furcht gegründet sey, oder nicht. Wir haben darauf untersucht, in welchem Augenblicke sie zernichtet werden möchte: und diese Untersuchung selbst brachte uns auf das Widerspiel der Voraussetzung, daß sie nehmlich nicht plötzlich vernichtet werde, sondern allmählig an inneres, Kraft und Wirksamkeit abnehme.
Desto besser, antwortete Cebes. So hat sich jene angenommene Meynung gleichsam selbst widerlegt.
Wir haben also nur noch dieses zu untersuchen, ob die inneren Kräfte der Seele nicht so allmählig vergehen können, wie sich die Theile der Maschine trennen.
Richtig!
Lasset uns diese getreuen Gefährten, Leib und Seele, die auch den Tod mit einander gemein haben sollen, auf ihrer Reise verfolgen, um zu sehen, wo sie zuletzt bleiben. So lange der Körper gesund ist, so lange die mehresten Bewegungen der Maschine auf die Erhaltung des Ganzen abzielen, die Werkzeuge der Empfindung auch ihre gehörige Beschaffenheit haben, so besitzt auch die Seele ihre völlige Kraft, empfindet, denkt, liebet, verabscheuet, begreifet und will. Nicht?
Unstreitig!
Der Leib wird krank. Es äußert sich eine sichtbare Mißhelligkeit zwischen den Bewegungen, die in der Maschine vorgehen, indem ihrer viele nicht mehr zur Erhaltung des Ganzen harmoniren, sondern ganz besondere und streitende Endzwecke haben. Und die Seele?
Wie die Erfahrung lehret, wird sie indessen schwächer, empfindet unordentlich, denkt falsch und handelt öfters wider ihren Dank. Gut! Ich fahre fort. Der Leib stirbt: das heißt, alle Bewegungen scheinen nunmehr nicht mehr auf das Leben und die Erhaltung des Ganzen abzuzielen; aber innerlich mögen wohl noch einige schwache Lebensbewegungen vorgehen, die der Seele noch einige dunkele Vorstellungen verschaffen: auf diese muß sich also die Kraft der Seele so lange einschränken. Nicht?
Allerdings!
Die Verwesung folgt. Die Theile, die bisher einen gemeinschaftlichen Endzweck gehabt, eine einzige Maschine ausgemacht haben, bekommen itzt ganz verschiedene Endzwecke, werden zu mannigfaltigen Theilen ganz verschiedener Maschinen. Und die Seele, mein Cebes? wo wollen wir die lassen? Ihre Maschine ist verweset. Die Theile, die noch von derselben übrig sind, sind nicht mehr ihre, und machen auch kein Ganzes aus, das beseelt werden könnte. Hier sind keine Gliedmaßen der Sinne, keine Werkzeuge des Gefühls mehr, durch deren Vermittelung sie irgend zu einer Empfindung gelangen könnte. Soll also alles in ihr öde seyn? Sollen alle ihre Empfindungen, ihre Einbildungen, ihre Begierden und Verabscheuungen, Neigungen und Leidenschaften verschwunden seyn, und nicht die geringste Spur hinterlassen haben?
Unmöglich, sprach Cebes. Was wäre dieses anders als eine völlige Zernichtung, und keine Zernichtung, haben wir gesehen, stehet in dem Vermögen der Natur.
Was ist also für Rath, meine Freunde? Untergehen kann die Seele in Ewigkeit nicht; denn der letzte Schritt, man mag ihn noch so weit hinaus schieben, wäre immer noch vom Daseyn zum Nichts ein Sprung, der weder in dem Wesen eines einzelnen Dinges, noch in dem ganzen Zusammenhange gegründet seyn kann. Sie wird also fort dauren, ewig vorhanden seyn. Soll sie vorhanden seyn, so muß sie wirken und leiden; soll sie wirken und leiden, so muß sie Begriffe haben, denn empfinden, denken und wollen sind die einzigen Wirkungen und Leiden, die einer Seele zukommen können. Die Begriffe nehmen allezeit ihren Anfang von einer sinnlichen Empfindung, und wo sollen sinnliche Empfindungen herkommen, wenn keine Werkzeuge, keine Gliedmaßen der Sinne vorhanden sind?
Nichts scheinet richtiger, sprach Cebes, als diese Folge von Schlüssen, und gleichwohl leitet sie zu einem offenbaren Widerspruch.
Eines von beiden, fuhr Sokrates fort: Entweder die Seele muß vernichtet werden, oder sie muß nach der Verwesung des Leibes noch Begriffe haben. Man ist sehr geneigt, diese beiden Fälle für unmöglich zu halten, und gleichwohl muß einer davon wirklich seyn? Laß sehen, ob wir aus diesem Labyrinthe keinen Ausgang finden können! Von der einen Seite kann unser Geist natürlicher Weise nicht vernichtet werden. Worauf gründet sich diese Unmöglichkeit? – Seyd unverdrossen, Freunde! mir durch dornichte Gänge zu folgen: sie führen uns auf eine der herrlichsten Gegenden, die das Gemüth der Menschen jemals ergetzt hat. Antwortet mir! Hat uns nicht ein richtiger Begriff von Kraft und natürlicher Veränderung auf die Folge geleitet, daß die Natur keine Vernichtung wirken könne?
Richtig!
Von dieser Seite ist also schlechterdings kein Ausgang zu hoffen, und wir müssen umkehren. Die Seele kann nicht vergehen, sie muß nach dem Tode fort dauren, wirken, leiden, Begriffe haben. Hier stehet uns die Unmöglichkeit im Wege, daß unser Geist, ohne sinnliche Eindrücke, Begriffe haben soll: aber wer leistet für diese Unmöglichkeit die Gewähr? Ist es nicht bloß die Erfahrung, daß wir hier in diesem Leben niemals ohne sinnliche Eindrücke haben denken können?
Nichts anders.
Was für Grund haben wir aber, diese Erfahrung über die Grenzen dieses Lebens auszudehnen, und der Natur schlechterdings die Möglichkeit abzusprechen, die Seele, ohne diesen gegliederten Leib, denken zu lassen? Was meynest du, Simmias? würden wir einen Menschen nicht höchst lächerlich finden, der die Mauern von Athen niemals verlassen hätte, und aus seiner eigenen Erfahrung schließen wollte, daß keine andere Regierungsform, als die demokratische, möglich wäre?
Nichts wäre ungereimter.
Wenn ein Kind im Mutterleibe denken könnte, würde es wohl zu bereden seyn, daß es dereinst, von seiner Wurzel abgelöset, in freyer Luft das erquickende Licht der Sonne genießen werde? würde es nicht vielmehr aus seinen jetzigen Umständen die Unmöglichkeit eines solchen Zustandes beweisen zu können glauben?
Allem Ansehen nach.
Und wir Blödsinnigen, denken wir etwa vernünftiger, wenn wir, in dieses Leben eingekerkert, durch unsere Erfahrungen ausmachen wollen, was der Natur auch nach diesem Leben möglich sey? –
Ein einziger Blick in die unerschöpfliche Mannigfaltigkeit der Natur kann uns von dem Ungrunde solcher Schlüsse überführen. Wie dürftig, wie schwach würde sie seyn, wenn ihr Vermögen nicht weiter reichete, als unsere Erfahrung!
Freylich!
Wir können also mit gutem Grunde diese Erfahrung verwerfen, indem wir ihr die ausgemachte Unmöglichkeit entgegengesetzt, daß unser Geist untergehen sollte. Homer läßt seinen Held mit Recht ausrufen: Fürwahr! auch in den Häusern des Orkus webt noch die Seele, wiewohl kein Leichnam dahin kömmt. Die Begriffe, die uns Homer von dem Orkus, und von den Schatten, die hinunter wandeln, machet, scheinen zwar nicht überall mit der Wahrheit übereinzukommen; aber dieses ist gewiß, meine Geliebten! unser Geist siegt über Tod und Verwesung, läßt den Leichnam zurück, um hienieden in tausend veränderten Gestalten die Absichten des Allerhöchsten zu erfüllen, er aber erhebt sich über den Staub, und fähret fort, nach andern natürlichen, aber überirdischen Gesetzen, die Werke des Schöpfers zu beschauen, und Gedanken von der Kraft des Unendlichen zu hegen. Erweget aber dieses, meine Freunde! wenn unsere Seele, nach dem Tode ihres Leichnams, noch lebet und denkt, wird sie nicht auch alsdann, so wie in diesem Leben, nach der Glückseligkeit streben?
Wahrscheinlich dünkt michs, sprach Simmias; allein ich traue meiner Vermuthung nicht mehr, und wünschte deine Gründe zu hören.
Meine Gründe sind diese, versetzte Sokrates: Wenn die Seele denkt, so müssen in ihr Begriffe mit Begriffen abwechseln, so muß sie diese Begriffe gerne, jene ungerne haben wollen, das heißt, einen Willen haben; hat sie aber einen Willen, wohin kann dieser anders zielen, als nach dem höchsten Grade des Wohlseyns, nach der Glückseligkeit?
Dieses war allen deutlich. Aber wie? fuhr Sokrates fort: das Wohlseyn eines Geistes, der nicht mehr für die Bedürfnisse seines Leibes zu sorgen hat, worinn bestehet dieses? Speise und Trank, Liebe und Wollust kann ihm nicht mehr behagen; was in diesem Leben Gefühl, Gaumen, Augen und Ohren ergetzt, ist allda seiner Achtung unwürdig; kaum daß ihm noch eine schwache, vielleicht reuvolle Erinnerung von den Wollüsten bleibet, die er in Gesellschaft seines Leibes genossen. Wird er wohl nach diesen sonderlich streben?
So wenig als ein Taubgeborner nach einer schönen Musik, sprach Simmias.
Wird etwa ein großes Vermögen das Ziel seiner Wünsche seyn? Wie könnte dieses in einem Zustande möglich seyn, wo, allem Ansehen nach, kein Eigenthum besessen, kein Gut genossen werden kann?
Die Ehrbegierde ist zwar eine Leidenschaft, die, dem Ansehen nach, dem abgeschiedenen Geiste noch bleiben kann; denn sie scheinet wenig von den Leibesbedürfnissen abzuhängen: allein, worinn kann der körperlose Geist den Vorzug setzen, der ihm Ehre bringen soll? Gewiß nicht in Macht, nicht in Reichthum, auch nicht in den Adel der Geburt: denn alle diese Thorheiten läßt er mit seinem Körper auf der Erde zurück.
Freylich!
Es bleibet ihm also nichts, als Weisheit, Tugendliebe und Erkenntniß der Wahrheit, was ihm einen Vorzug geben und über seine Nebengeschöpfe erheben könnte. Außer dieser edlen Ehrbegierde ersetzen ihn noch die geistigen, angenehmen Empfindungen, die die Seele auch auf Erden ohne ihren Körper geneußt, Schönheit, Ordnung, Ebenmaß, Vollkommenheit. Diese Empfindungen sind der Natur eines Geistes so anerschaffen, daß sie ihn niemals verlassen können. Wer also auf Erden für seine Seele Sorge getragen hat, wer sie sich in Weisheit, Tugend und Empfindung der wahren Schönheit hat üben lassen, der hat die größten Hoffnungen, auch nach dem Tode in diesen Uebungen fortzufahren, und von Stufe zu Stufe sich dem erhabensten Urwesen zu nähern, welches die Quelle aller Weisheit, der Innbegriff aller Vollkommenheiten, und vorzugsweise die Schönheit selbst ist. Erinnert euch, meine Freunde, jener entzückten Augenblicke, die ihr genossen, so oft eure Seele, von einer geistigen Schönheit hingerissen, den Leib samt seinen Bedürfnissen vergaß, und sich ganz der himmlischen Empfindung überließ. Welcher Schauer! welche Begeisterung! Nichts als die nähere Gegenwart einer Gottheit kann diese erhabenen Entzückungen in uns erregen. Auch ist in der That jeder Begriff einer geistigen Schönheit ein Blick in das Wesen der Gottheit; denn das Schöne, Ordentliche und Vollkommene, das wir wahrnehmen, ist ein schwacher Abdruck dessen, der die selbstständige Schönheit, Ordnung und Vollkommenheit ist. Ich erinnere mich, diese Sätze bey einer andern Gelegenheit deutlich genug auseinander gesetzt zu haben, und will gegenwärtig nur diese Folge daraus ziehen: Wenn es wahr ist, daß nach diesem Leben Weisheit und Tugend unsern Ehrgeiz, und das Bestreben nach geistiger Schönheit, Ordnung und Vollkommenheit unsere Begierden ausmachen: so wird unser fortdaurendes Daseyn nichts als ein ununterbrochenes Anschauen der Gottheit seyn, ein himmlisches Ergetzen, das, so wenig wir jetzo davon begreifen, den edlen Schweiß des Tugendhaften mit unendlichem Wucher belohnt. Was sind alle Mühseligkeiten dieses Lebens gegen eine solche Ewigkeit! Was ist Armuth, Verachtung und der schmählichste Tod, wenn wir uns dadurch zu einer solchen Glückseligkeit vorbereiten können! Nein, meine Freunde! wer sich eines rechtschaffenen Wandels bewußt ist, kann sich unmöglich betrüben, indem er die Reise zu dieser Seligkeit antritt. Nur wer in seinem Leben Götter und Menschen beleidiget, wer sich in viehischer Wollust herumgewälzt, oder der vergötterten Ehre Menschenopfer geschlachtet, und an andrer Elend sein Ergetzen gefunden, der mag an der Schwelle des Todes zittern, indem er keinen Blick in das Vergangene ohne Reue, keinen in die Zukunft ohne Furcht thun kann. Da ich aber, Dank sey der Gottheit! mir keine von diesen Vorwürfen zu machen habe, da ich in meinem ganzen Leben die Wahrheit mit Eifer gesucht, und die Tugend über alles geliebt habe: so freue ich mich, die Stimme der Gottheit zu hören, die mich von hinnen ruft, um in jenem Lichte zu genießen, wornach ich in dieser Finsterniß gestrebt habe. Ihr aber, meine Freunde! überlegt wohl die Gründe meiner Hoffnungen, und wenn sie euch überzeugen, so segnet meine Reise, und lebet so, daß euch der Tod dereinst abrufe, nicht mit Gewalt von hinnen schleppe. Vielleicht führet uns die Gottheit dereinst in verklärter Freundschaft einander in die Arme. O! mit welchem Entzücken würden wir uns alsdann des heutigen Tages erinnern!
Ende des ersten Gesprächs.