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II. Meine Kindheit.

Ich bin im niedrigsten, tiefsten Ardistan geboren, ein Lieblingskind der Not, der Sorge, des Kummers. Mein Vater war ein armer Weber. Meine Großväter waren beide tödlich verunglückt. Der Vater meiner Mutter daheim, der Vater meines Vaters aber im Walde. Er war zu Weihnacht nach dem Nachbardorf gegangen, um Brot zu holen. Die Nacht überraschte ihn. Er kam im tiefen Schneegestöber vom Wege ab und stürzte in die damals steile Schlucht des »Krähenholzes«, aus der er sich nicht herausarbeiten konnte. Seine Spuren wurden verweht. Man suchte lange Zeit vergeblich nach ihm. Erst als der Schnee verschwunden war, fand man seine Leiche und auch die Brote. Ueberhaupt ist Weihnacht für mich und die Meinen sehr oft keine frohe, sondern eine verhängnisvolle Zeit gewesen.

Geboren wurde ich am 25. Februar 1842 in dem damals sehr ärmlichen und kleinen, erzgebirgischen Weberstädtchen Ernsttal, welches jetzt mit dem etwas größeren Hohenstein verbunden ist. Wir waren neun Personen: mein Vater, meine Mutter, die beiden Großmütter, vier Schwestern und ich, der einzige Knabe. Die Mutter meiner Mutter scheuerte für die Leute und spann Watte. Es kam vor, daß sie sich mehr als 25 Pfennige pro Tag verdiente. Da wurde sie splendid und verteilte zwei Dreierbrötchen, die nur vier Pfennige kosteten, weil sie äußerst hart und altbacken, oft auch schimmelig waren, unter uns fünf Kinder. Sie war eine gute, fleißige, schweigsame Frau, die niemals klagte. Sie starb, wie man sagte, aus Altersschwäche. Die eigentliche Ursache ihres Todes aber war wohl das, was man gegenwärtig diskret als »Unterernährung« zu bezeichnen pflegt. Ueber meine andere Großmutter, die Mutter meines Vaters, habe ich etwas mehr zu sagen, doch nicht hier an dieser Stelle. Meine Mutter war eine Märtyrerin, eine Heilige, immer still, unendlich fleißig, trotz unserer eigenen Armut stets opferbereit für andere, vielleicht noch ärmere Leute. Nie, niemals habe ich ein ungutes Wort aus ihrem Mund gehört. Sie war ein Segen für jeden, mit dem sie verkehrte, vor allen Dingen ein Segen für uns, ihre Kinder. Sie konnte noch so schwer leiden, kein Mensch erfuhr davon. Doch des Abends, wenn sie, die Stricknadel emsig rührend, beim kleinen, qualmenden Oellämpchen saß und sich unbeachtet wähnte, da kam es vor, daß ihr eine Träne in das Auge trat und, um schneller, als sie gekommen war, zu verschwinden, ihr über die Wange lief. Mit einer Bewegung der Fingerspitze wurde die Leidesspur sofort verwischt.

Mein Vater war ein Mensch mit zwei Seelen. Die eine Seele unendlich weich, die andere tyrannisch, voll Uebermaß im Zorn, unfähig, sich zu beherrschen. Er besaß hervorragende Talente, die aber alle unentwickelt geblieben waren, der großen Armut wegen. Er hatte nie eine Schule besucht, doch aus eigenem Fleiße fließend lesen und sehr gut schreiben gelernt. Er besaß zu allem, was nötig war, ein angeborenes Geschick. Was seine Augen sahen, das machten seine Hände nach. Obgleich nur Weber, war er doch im stande, sich Rock und Hose selbst zu schneidern und seine Stiefel selbst zu besohlen. Er schnitzte und bildhauerte gern, und was er da fertig brachte, das hatte Schick und war gar nicht so übel. Als ich eine Geige haben mußte und er kein Geld auch zu dem Bogen hatte, fertigte er schnell selbst einen. Dem fehlte es zwar ein Wenig an schöner Schweifung und Eleganz, aber er genügte vollständig, seine Bestimmung zu erfüllen. Vater war gern fleißig, doch befand sich sein Fleiß stets in Eile. Wozu ein anderer Weber vierzehn Stunden brauchte, dazu brauchte er nur zehn; die übrigen vier verwendete er dann zu Dingen, die ihm lieber waren. Während dieser zehn angestrengten Stunden war nicht mit ihm auszukommen; alles hatte zu schweigen; niemand durfte sich regen. Da waren wir in steter Angst, ihn zu erzürnen. Dann wehe uns! Am Webstuhl hing ein dreifach geflochtener Strick, der blaue Striemen hinterließ, und hinter dem Ofen steckte der wohlbekannte »birkene Hans«, vor dem wir Kinder uns besonders scheuten, weil Vater es liebte, ihn vor der Züchtigung im großen »Ofentopfe« einzuweichen, um ihn elastischer und also eindringlicher zu machen. Uebrigens, wenn die zehn Stunden vorüber waren, so hatten wir nichts mehr zu befürchten; wir atmeten alle aus, und Vaters andere Seele lächelte uns an. Er konnte dann geradezu herzgewinnend sein, doch hatten wir selbst in den heitersten und friedlichsten Augenblicken das Gefühl, daß wir auf vulkanischem Boden standen und von Moment zu Moment einen Ausbruch erwarten konnten. Dann bekam man den Strick oder den »Hans« so lange, bis Vater nicht mehr konnte. Unsere älteste Schwester, ein hochbegabtes, liebes, heiteres, fleißiges Mädchen, wurde sogar noch als Braut mit Ohrfeigen gezüchtigt, weil sie von einem Spaziergange mit ihrem Bräutigam etwas später nach Hause kam, als ihr erlaubt worden war.

Hier habe ich eine Pause zu machen, um mir eine ernste, wichtigere Bemerkung zu gestatten. Ich schreibe dieses Buch nicht etwa um meiner Gegner willen, etwa um ihnen zu antworten oder mich gegen sie zu verteidigen, sondern ich bin der Meinung, daß durch die Art und Weise, in der man mich umstürmt, jede Antwort und jede Verteidigung ausgeschlossen wird. Ich schreibe dieses Buch auch nicht für meine Freunde, denn die kennen, verstehen und begreifen mich, so daß ich nicht erst nötig habe, ihnen Aufklärung über mich zu geben. Ich schreibe es vielmehr nur um meiner selbst willen, um über mich klar zu werden und mir über das, was ich bisher tat und ferner noch zu tun gedenke, Rechenschaft abzulegen. Ich schreibe also, um zu beichten. Aber ich beichte nicht etwa den Menschen, denen es ja auch gar nicht einfällt, mir ihre Sünden einzugestehen, sondern ich beichte meinem Herrgott und mir selbst, und was diese beiden sagen, wenn ich geendet habe, wird für mich maßgebend sein. Es sind für mich also nicht gewöhnliche, sondern heilige Stunden, in denen ich die vorliegenden Bogen schreibe. Ich spreche hier nicht nur für dieses, sondern auch für jenes Leben, an das ich glaube und nach dem ich mich sehne. Indem ich hier beichte, verleihe ich mir die Gestalt und das Wesen, als das ich einst nach dem Tode existieren werde. Da kann es mir wahrlich, wahrlich gleichgültig sein, was man in diesem oder in jenem Lager zu diesem meinem Buche sagt. Ich lege es in ganz andere, in die richtigen Hände, nämlich in die Hände des Geschickes, der Alles wissenden Vorsehung, bei der es weder Gunst noch Ungunst, sondern nur allein Gerechtigkeit und Wahrheit gibt. Da läßt sich nichts verschweigen und nichts beschönigen. Da muß man Alles ehrlich sagen und ehrlich bekennen, wie es war und wie es ist, erscheine es auch noch so pietätlos und tue es auch noch so weh. Man hat den Ausdruck »Karl May-Problem« erfunden. Wohlan, ich nehme ihn an und lasse ihn gelten. Dieses Problem wird mir keiner von allen denen lösen, welche meine Bücher nicht gelesen oder nicht begriffen haben und trotzdem über sie urteilen. Das Karl May-Problem ist das Menschheitsproblem, aus dem großen, alles umfassenden Plural in den Singular, in die einzelne Individualität transponiert. Und genau so, wie dieses Menschheitsproblem zu lösen ist, ist auch das Karl May-Problem zu lösen, anders nicht! Wer sich unfähig zeigt, das Karl May-Rätsel in befriedigender, humaner Weise zu lösen, der mag um Gottes willen die schwachen Hände und die unzureichenden Gedanken davon lassen, über sich selbst hinauszugreifen und sich mit schwierigen Menschheitsfragen zu befassen! Der Schlüssel zu all diesen Rätseln ist längst vorhanden. Die christliche Kirche nennt ihn »Erbsünde«. Die Vorväter und Vormütter kennen, heißt, die Kinder und Enkel begreifen, und nur der Humanität, der wahren edelmenschlichen Gesinnung ist es gegeben, in Betracht der Vorfahren wahr und ehrlich zu sein, um auch gegen die Nachkommen wahr und ehrlich sein zu können. Den Einfluß der Verstorbenen auf ihre Nachlebenden an das Tageslicht zu ziehen, ist rechts eine Seligkeit und links eine Erlösung für beide Teile, und so habe auch ich die Meinen genau so zu zeichnen, wie sie in Wirklichkeit waren, mag man dies für unkindlich halten oder nicht. Ich habe nicht nur gegen sie und mich, sondern auch gegen meine Mitmenschen wahr zu sein. Vielleicht kann mancher aus unserem Beispiele lernen, in seinem Falle das Richtige zu tun. – –

Mutter hatte ganz unerwartet von einem entfernten Verwandten ein Haus geerbt und einige kleine, leinene Geldbeutel dazu. Einer dieser Geldbeutel enthielt lauter Zweipfenniger, ein anderer lauter Dreipfenniger, ein dritter lauter Groschen. In einem vierten steckte ein ganzes Schock Fünfzigpfenniger, und im fünften und letzten fanden sich zehn alte Schafhäuselsechser, zehn Achtgroschenstücke, fünf Gulden und vier Thaler vor. Das war ja ein Vermögen! Das erschien der Armut fast wie eine Million! Freilich war das Haus nur drei schmale Fenster breit und sehr aus Holz gebaut, dafür aber war es drei Stockwerke hoch und hatte ganz oben unter dem First einen Taubenschlag, was bei andern Häusern bekanntlich nicht immer der Fall zu sein pflegt. Großmutter, die Mutter meines Vaters, zog in das Parterre, wo es nur eine Stube mit zwei Fenstern und die Haustür gab. Dahinter lag ein Raum mit einer alten Wäscherolle, die für zwei Pfennige pro Stunde an andere Leute vermietet wurde. Es gab glückliche Sonnabende, an denen diese Rolle zehn, zwölf, ja sogar vierzehn Pfennige einbrachte. Das förderte die Wohlhabenheit ganz bedeutend. Im ersten Stock wohnten die Eltern mit uns. Da stand der Webstuhl mit dem Spulrad. Im zweiten Stock schliefen wir mit einer Kolonie von Mäusen und einigen größeren Nagetieren, die eigentlich im Taubenschlage wohnten und des Nachts nur kamen, uns zu besuchen. Es gab auch einen Keller, doch war er immer leer. Einmal standen einige Säcke Kartoffel darin, die gehörten aber nicht uns, sondern einem Nachbar, der keinen Keller hatte. Großmutter meinte, daß es viel besser wäre, wenn der Keller ihm und die Kartoffeln uns gehörten. Der Hof war grad so groß, daß wir fünf Kinder uns aufstellen konnten, ohne einander zu stoßen. Hieran grenzte der Garten, in dem es einen Hollunderstrauch, einen Apfel-, einen Pflaumenbaum und einen Wassertümpel gab, den wir als »Teich« bezeichneten. Der Hollunder lieferte uns den Tee zum Schwitzen, wenn wir uns erkältet hatten, hielt aber nicht sehr lange vor, denn wenn das Eine sich erkältete, fingen auch alle Andern an, zu husten, und wollten mit ihm schwitzen. Der Apfelbaum blühte immer sehr schön und sehr reichlich; da wir aber nur zu wohl wußten, daß die Aepfel gleich nach der Blüte am besten schmecken, so war er meist schon Anfang Juni abgeerntet. Die Pflaumen aber waren uns heilig. Großmutter aß sie gar zu gern. Sie wurden täglich gezählt, und niemand wagte es, sich an ihnen zu vergreifen. Wir Kinder bekamen doch mehr, viel mehr davon, als eigentlich auf uns fiel. Was den »Teich« betrifft, so war er sehr reich belebt, doch leider nicht mit Fischen, sondern mit Fröschen. Die kannten wir alle einzeln, sogar an der Stimme. Es waren immer so zwischen zehn und fünfzehn. Wir fütterten sie mit Regenwürmern, Fliegen, Käfern und allerlei andern guten Dingen, die wir aus gastronomischen oder ästhetischen Gründen nicht selbst genießen konnten, und sie waren uns auch herzlich dankbar dafür. Sie kannten uns. Sie kamen an das Ufer, wenn wir uns ihnen näherten. Einige ließen sich sogar ergreifen und streicheln. Der eigentliche Dank aber erklang uns des Abends, wenn wir am Einschlafen waren. Keine Sennerin kann sich mehr über ihre Zither freuen, als wir über unsere Frösche, Wir wußten ganz genau, welcher es war, der sich hören ließ, ob der Arthur, der Paul oder Fritz, und wenn sie gar zu duettieren oder im Chor zu singen begannen, so sprangen wir aus den Federn und öffneten die Fenster, um mitzuquacken, bis Mutter oder Großmutter kam und uns dahin zurückbrachte, wohin wir jetzt gehörten. Leider aber kam einst ein sogenannter Bezirksarzt in das Städtchen, um sogenannte gesundheitliche Untersuchungen anzustellen. Der hatte überall etwas auszusetzen. Dieser ebenso sonderbare wie gefühllose Mann schlug, als er unsern Garten und unsern schönen Tümpel sah, die Hände über dem Kopf zusammen und erklärte, daß dieser Pest- und Cholerapfuhl sofort verschwinden müsse. Am nächsten Tage brachte der Polizist Eberhard einen Zettel des Herrn Stadtrichters Layritz des Inhaltes, daß binnen jetzt und drei Tagen der Tümpel auszufüllen und die Froschkolonie zu töten sei, bei fünfzehn »Guten Groschen« Strafe. Wir Kinder waren empört. Unsere Frösche umbringen! Ja, wenn der Herr Stadtrichter Layritz einer gewesen wäre, dann herzlich, herzlich gern! Wir hielten Rat und was wir beschlossen, wurde ausgeführt. Der Tümpel wurde so weit ausgeschöpft, daß wir die Frösche fassen konnten. Sie wurden in den großen Deckelkorb getan und dann hinaus hinter das Schießhaus nach dem großen Zechenteich getragen, Großmutter voran, wir hinterher. Dort wurde jeder einzeln herausgenommen, geliebkost, gestreichelt und in das Wasser gelassen. Wieviel Seufzer dabei laut geworden, wieviel Tränen dabei geflossen und wieviel vernichtende Urteile dabei gegen den sogenannten Bezirksarzt gefällt worden sind, das ist jetzt, nach über sechzig Jahren, wohl kaum mehr festzustellen. Doch weiß ich noch ganz bestimmt, daß Großmutter, um dem ungeheuern Schmerz ein Ende zu machen, uns die Versicherung gab, ein jedes von uns werde genau nach zehn Jahren ein dreimal größeres Haus mit einem fünfmal größeren Garten erben, in dem es einen zehnmal größern Teich mit zwanzigmal größern Fröschen gebe. Das brachte in unserer Stimmung eine ebenso plötzliche wie angenehme Aenderung hervor. Wir wanderten mit der Großmutter und dem leeren Deckelkorbe vergnügt nach Hause.

Das geschah in der Zeit, als ich nicht mehr blind war und schon laufen konnte. Ich war weder blind geboren noch mit irgend einem vererbten, körperlichen Fehler behaftet. Vater und Mutter waren durchaus kräftige, gesunde Naturen. Sie sind his zu ihrem Tode niemals krank gewesen. Mich atavistischer Schwachheiten zu zeihen, ist eine Böswilligkeit, die ich mir unbedingt verbitten muß. Daß ich kurz nach der Geburt sehr schwer erkrankte, das Augenlicht verlor und volle vier Jahre siechte, war nicht eine Folge der Vererbung, sondern der rein örtlichen Verhältnisse, der Armut, des Unverstandes und der verderblichen Medikasterei, der ich zum Opfer fiel. Sobald ich in die Hand eines tüchtigen Arztes kam, kehrte mir das Augenlicht wieder, und ich wurde ein höchst kräftiger und widerstandsfähiger Junge, der stark genug war, es mit jedem andern aufzunehmen. Doch ehe ich über mich selbst berichte, habe ich noch für einige Zeit bei dem Milieu zu bleiben, in dem ich meine erste Kindheit verlebte.

Mutter hatte mit dem Hause auch die auf ihm stehenden Schulden geerbt. Die waren zu verzinsen. Hieraus ergab sich, daß wir eben nur mietfrei wohnten, und auch das nicht einmal ganz. Mutter war sparsam, Vater in seiner Weise auch. Aber wie er in allem maßlos war, in seiner Liebe, seinem Zorne, seinem Fleiße, seinem Lobe, seinem Tadel, so auch hier in der Beurteilung der kleinen Erbschaft, die nur ein Ansporn sein konnte, weiter zu sparen und das Häuschen von Schulden frei zu machen. Aber wenn er auch nicht geradezu glaubte, plötzlich reich gewogen zu sein, so nahm er doch an, jetzt zu einer andern Lebensführung übergehen zu dürfen. Er verzichtete darauf, sich sein ganzes Leben lang hinter dem Webstuhl abzurackern. Er hatte ja nun ein Haus und er hatte Geld, viel Geld. Er konnte zu etwas anderem, besserem greifen, was bequemer war und mehr lohnte als die Weberei. Während er, nicht schlafen könnend, im Bette lag und darüber nachdachte, was zu ergreifen sei, hörte er die Ratten über sich im leeren Taubenschlag rumoren. Dieses Rumoren wiederholte sich von Tag zu Tag, und so entstand in der jedem Psychologen wohlbekannten Weise in ihm der Entschluß, die Ratten zu vertreiben und Tauben anzuschaffen. Er wollte Taubenhändler werden, obgleich er von diesem Fache nicht das Geringste verstand. Er hatte gehört, daß da sehr viel Geld zu verdienen sei, und war der Meinung, daß er auch ohne die nötigen Sonderkenntnisse genug Intelligenz besitze, jeden Händler zu überlisten. Die Ratten wurden vertrieben und Tauben angeschafft.

Leider war diese Anschaffung nicht ohne Geldkosten zu bewerkstelligen. Mutter mußte einen ihrer Beutel opfern, vielleicht gar zwei. Sie tat es nur mit Widerstreben. Sie fand an den Tauben nicht dasselbe Wohlgefallen, welches wir Kinder an ihnen fanden. Am meisten Vergnügen machte es uns, wenn wir beobachteten, wie die lieben Tierchen ihre zarten Kleider veränderten. Vater hatte zwei Paar sehr teure »Blaustriche« gekauft. Er brachte sie heim und zeigte sie uns. Er hoffte, wenigstens drei Taler an ihnen zu verdienen. Einige Tage später lagen die blauen Federn am Boden: sie waren nicht echt, sondern nur angeklebt gewesen. Die kostbaren »Blaustriche« entpuppten sich als ganz wertlose Feldweißlinge. Vater erwarb einen sehr schönen, jungen, grauen Trommeltäubrich für einen Taler fünfzehn gute Groschen. Nach kurzer Zeit stellte sich heraus, daß der Täubrich altersblind war. Er ging nicht aus dem Schlage; sein Wert war gleich Null. Solche und ähnliche Fälle mehrten sich. Die Folge davon war, daß Mutter noch einen dritten Beutel opfern mußte, um den Taubenhandel in besseren Schwung zu bringen. Freilich gab sich auch Vater große Mühe. Er feierte nicht. Er besuchte alle Märkte, alle Gasthöfe und Schankwirtschaften, um zu kaufen oder Käufer zu finden. Bald kaufte er Erbsen; bald kaufte er Wicken, die er »halb geschenkt« erhalten hatte. Er war immer unterwegs, von einem Dorf zum andern, von einem Bauer zum andern. Er brachte immerfort Käse, Eier und Butter heim, die wir gar nicht brauchten. Er hatte sie teuer gekauft, um sich die Bauerfrauen handelsgeneigt zu machen, und wurde sie nur mit Mühe und Verlusten wieder los. Dieses unstäte, unnützliche Leben förderte nicht, sondern fraß das Glück des Hauses; es fraß sogar auch noch die übrigen Leinenbeutel. Mutter gab gute Worte, vergeblich. Sie härmte sich und trug still, bis es Sünde gewesen wäre, weiter zu tragen. Da faßte sie einen Entschluß und ging zum Herrn Stadtrichter Layritz, der sich in diesem Falle viel, viel vernünftiger als damals gegen unsere Frösche zeigte. Sie stellte ihm ihre Lage vor. Sie sagte ihm, daß sie zwar ihren Mann sehr, sehr lieb habe, aber vor allen Dingen auch auf das Wohl ihrer Kinder achten müsse. Sie verriet ihm, daß sie außer den bisher erwähnten Beuteln noch einen besitze, den sie ihrem Manne noch nicht gezeigt, sondern verheimlicht habe. Der Herr Stadtrichter Layritz solle doch die Güte haben, ihr zu sagen, wie sie dieses Geld anlegen könne, um sich und ihre Kinder zu sichern. Sie legte ihm den Beutel vor. Er öffnete ihn und zählte. Es waren sechzig harte, blanke, wohlgeputzte Taler. Darob großes Erstaunen! Der Herr Stadtrichter Layritz dachte nach; dann sagte er: »Meine liebe Frau May, ich kenne Sie. Sie sind eine brave Frau, und ich stehe für Sie ein. Unsere Hebamme ist alt; wir brauchen eine jüngere. Sie gehen nach Dresden und werden für dieses Ihr Geld Hebamme. Ich werde das besorgen! Kommen Sie mit der ersten Zensur zurück, so stellen wir Sie sofort an. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort. Kommen Sie aber mit einer niedrigeren Zensur, so können wir Sie nicht brauchen. Jetzt aber gehen Sie heim, und sagen Sie Ihrem Mann, er solle sofort einmal zu mir kommen; ich hätte mit ihm zu reden!«

Das geschah. Mutter ging nach Dresden. Sie kam mit der ersten Zensur zurück, und der Herr Stadtrichter Layritz hielt Wort; sie wurde angestellt. Während ihrer Abwesenheit führte Vater mit Großmutter das Haus. Das war eine schwere Zeit, eine Leidenszeit für uns alle. Die Blattern brachen aus. Wir Kinder lagen alle krank. Großmutter tat fast über Menschenkraft. Vater aber auch. Bei einer der Schwestern hatte sich der blatternkranke Kopf in einen unförmlichen Klumpen verwandelt. Stirn, Ohren, Augen, Nase, Mund und Kinn waren vollständig verschwunden. Der Arzt mußte durch Messerschnitte nach den Lippen suchen, um der Kranken wenigstens ein wenig Milch einflößen zu können. Sie lebt heute noch, ist die heiterste von uns allen und niemals wieder krank gewesen. Man sieht noch jetzt die Narben, die ihr der Arzt geschnitten hat, als er nach dem Munde suchte.

Diese schwere Zeit war, als Mutter wieder kam, noch nicht ganz vorüber, mir aber brachte ihr Aufenthalt in Dresden großes Glück. Sie hatte sich durch ihren Fleiß und ihr stilles, tiefernstes Wesen das Wohlwollen der beiden Professoren Grenzer und Haase erworben und ihnen von mir, ihrem elenden, erblindeten und seelisch doch so regsamen Knaben erzählt. Sie war aufgefordert worden, mich nach Dresden zu bringen, um von den beiden Herren behandelt zu werden. Das geschah nun jetzt, und zwar mit ganz überraschendem Erfolge. Ich lernte sehen und kehrte, auch im übrigen gesundend, heim. Aber das Alles hatte große, große Opfer gefordert, freilich nur für unsere armen Verhältnisse groß. Wir mußten um all der nötigen Ausgaben willen das Haus verkaufen, und das Wenige, was von dem Kaufpreise unser war, reichte kaum zu, das Nötigste zu decken. Wir zogen zur Miete. – –

Und nun zu der Person, die in seelischer Beziehung den tiefsten und größten Einfluß auf meine Entwicklung ausgeübt hat. Während die Mutter unserer Mutter in Hohenstein geboren war und darum von uns die »Hohensteiner Großmutter« genannt wurde, stammte die Mutter meines Vaters aus Ernsttal und mußte sich darum als »Ernsttaler Großmutter« bezeichnen lassen. Diese Letztere war ein ganz eigenartiges, tiefgründiges, edles und, fast möchte ich sagen, geheimnisvolles Wesen. Sie war mir von Jugend auf ein herzliebes, beglückendes Rätsel, aus dessen Tiefen ich schöpfen durfte, ohne es jemals ausschöpfen zu können. Woher hatte sie das Alles? Sehr einfach: Sie war Seele, nichts als Seele, und die heutige Psychologie weiß, was das zu bedeuten hat. Sie war in der tiefsten Not geboren und im tiefsten Leide aufgewachsen; darum sah sie Alles mit hoffenden, sich nach Erlösung sehnenden Augen an. Und wer in der richtigen Weise zu hoffen und zu glauben vermag, der hat den Erdenjammer hinter sich geschoben und vor sich nur noch Sonnenschein und Gottesfrieden liegen. Sie war die Tochter bitter armer Leute, hatte die Mutter früh verloren und einen Vater zu ernähren, der weder stehen noch liegen konnte und bis zu seinem Tode viele Jahre lang an einen alten, ledernen Lehnstuhl gefesselt und gebunden war. Sie pflegte ihn mit unendlicher, zu Tränen rührender Aufopferung. Die Armut erlaubte ihr nur das billigste Wohnen. Das Fenster ihrer Stube zeigte nur den Gottesacker, weiter nichts. Sie kannte alle Gräber, und sie bedachte für sich und ihren Vater nur den einen Weg, aus ihrer dürftigen Sterbekammer im Sarge nach dem Kirchhofe hinüber. Sie hatte einen Geliebten, der es brav und ehrlich mit ihr meinte; aber sie verzichtete. Sie wollte nur ganz allein dem Vater gehören, und der brave Bursche gab ihr Recht. Er sagte nichts, aber er wartete und blieb ihr treu.

Droben auf dem Oberboden stand eine alte Kiste mit noch älteren Büchern. Das waren in Leder gebundene Erbstücke verschiedenen Inhaltes, sowohl geistlich als auch weltlich. Es ging die Sage, daß es in der Familie, als sie noch wohlhabend war, Geistliche, Gelehrte und weitgereiste Herren gegeben habe, an welche diese Bücher noch heut erinnerten. Vater und Tochter konnten lesen; sie hatten es beide von selbst gelernt. Des Abends, nach des Tages Last und Arbeit, wurde das Reifröckchen Kleines Oellämpchen. angebrannt, und eines von Beiden las vor. In den Pausen wurde das Gelesene besprochen. Man hatte die Bücher nahe schon zwanzigmal durch, fing aber immer wieder von vorn an, weil sich dann immer neue Gedanken fanden, die besser, schöner und auch richtiger zu sein schienen als die früheren. Am meisten gelesen wurde ein ziemlich großer und schon sehr abgegriffener Band, dessen Titel lautete:

 

Der Hakawati.

d. i.

der Märchenerzähler in Asia, Africa, Turkia, Arabia, Persia und India sampt eyn Anhang mit Deytung, explanatio und interpretatio auch viele Vergleychung und Figürlich seyn

von

Christianus Kretzschmann
der aus Germania war.

Gedruckt von Wilhelmus Candidus
A. D: M. D. C. V.

 

Dieses Buch enthielt eine Menge bedeutungsvoller orientalischer Märchen, die sich bisher in keiner andern Märchensammlung befanden. Großmutter kannte diese Märchen alle. Sie erzählte sie gewöhnlich wörtlich gleichlautend; aber in gewissen Fällen, in denen sie es für nötig hielt, gab sie Aenderungen und Anwendungen, aus denen zu ersehen war, daß sie den Geist dessen, was sie erzählte, sehr wohl kannte und ihn genau wirken ließ. Ihr Lieblingsmärchen war das Märchen von Sitara; es wurde später auch das meinige, weil es die Geographie und Ethnologie unserer Erde und ihrer Bewohner rein ethisch behandelt. Doch dies hier nur, um anzudeuten.

Der Vater starb infolge einer Reihe von Blutstürzen. Die Pflege war so anstrengend, daß auch die Tochter dem Tode nahe kam, doch überstand sie es. Nach verflossener Trauerzeit kam May, der treue Geliebte, und führte sie heim. Nun endlich, endlich wirklich glücklich! Es war eine Ehe, wie Gott sie will. Zwei Kinder wurden geboren, mein Vater und vor ihm eine Schwester, welche später einen schweren Fall tat und an den Folgen desselben verkrüppelte. Man sieht, daß es an Heimsuchungen, oder sagen wir Prüfungen, bei uns nicht fehlte. Und ebenso sieht man, daß ich nichts verschweige. Es darf nicht meine Absicht sein, das Häßliche schön zu malen. Aber kurz nach der Geburt des zweiten Kindes trat jenes unglückliche Weihnachtsereignis ein, welches ich bereits erzählte. Der brave junge Mann stürzte des Nachts mit den Broten in die tiefe Schneeschlucht und erfror. Großmutter hatte mit ihren beiden Kindern an den Christtagen nichts zu essen und erfuhr erst nach langer Zeit der Qual, daß und in welch schrecklicher Weise sie den geliebten Mann verloren hatte. Hierauf kamen Jahre der Trauer und dann die schwere Zeit der napoleonischen Kriege und der Hungersnot. Es war Alles verwüstet. Es gab nirgends Arbeit. Die Teurung wuchs; der Hunger wütete. Ein armer Handwerksbursche kam, um zu betteln. Großmutter konnte ihm nichts geben. Sie hatte für sich und ihre Kinder selbst keinen einzigen Bissen Brot. Er sah ihr stilles Weinen. Das erbarmte ihn. Er ging fort und kam nach über einer Stunde wieder. Er schüttete vor ihr aus, was er bekommen hatte, Stücke Brot, ein Dutzend Kartoffeln, eine Kohlrübe, einen kleinen, sehr ehrwürdigen Käse, eine Düte Mehl, eine Düte Graupen, ein Scheibchen Wurst und ein winziges Eckchen Hammeltalg. Dann ging er schnell fort, um sich ihrem Dank zu entziehen. Sie hat ihn nie wieder gesehen; Einer aber kennt ihn gewiß und wird es ihm nicht vergessen. Dieser Eine schickte auch noch andere, bessere Hilfe. Einem abseits wohnenden Oberförster, den man als ebenso wohlhabend, wie edeldenkend kannte, war die Frau gestorben. Sie hatte ihm eine sehr reichliche Anzahl Kinder hinterlassen. Er wünschte Großmutter zur Führung seiner Wirtschaft zu haben. Sie hätte in dieser Zeit der Not nur zu gern eingewilligt, erklärte aber, sich von ihren eigenen Kindern unmöglich trennen zu können, selbst wenn sie einen Platz, sie unterzubringen, hätte. Der brave Mann besann sich nicht lange. Er erklärte ihr, es sei ihm gleich, ob sechs oder acht Kinder bei ihm äßen; sie würden alle satt. Sie solle nur kommen, doch nicht ohne sie, sondern mit ihnen. Das war Rettung in der höchsten Not!

Der Aufenthalt in dem stillen, einsamen Forsthause tat der Mutter und den Kindern wohl. Sie gesundeten und erstarkten in der besseren Ernährung. Der Oberförster sah, wie Großmutter sich abmühte, ihm dankbar zu sein und seine Zufriedenheit zu erringen. Sie arbeitete fast über ihre Kraft, fühlte sich aber wohl dabei. Er beobachtete das im Stillen und belohnte sie dadurch, daß er ihren Kindern in jeder Beziehung dasselbe gewährte, was die seinen bekamen. Freilich war er Aristokrat und eigentlich stolz. Er aß mit seiner Schwiegermutter allein. Großmutter war nur Dienstbote, doch aß sie nicht in der Gesinde- sondern mit in der Kinderstube. Als er aber nach längerer Zeit einen Einblick in ihr eigenartiges Seelenleben erhielt, nahm er sich ihrer auch in innerer Beziehung an. Er erleichterte ihr die große Arbeitslast, erlaubte ihr, ihm und seiner Schwiegermutter des Abends aus ihren Büchern vorzulesen, und gestattete ihr, dann auch in seine eigenen Bücher zu schauen. Wie gern sie das tat! Und er hatte so gute, so nützliche Bücher!

Den Kindern wurde in vernünftiger Weise Freiheit gewährt. Sie tollten im Walde herum und holten sich kräftige Glieder und rote Wangen. Der kleine May war der Jüngste und kleinste von allen, aber er tat wacker mit. Und er paßte auf; er lernte und merkte. Er wollte Alles wissen. Er frug nach jedem Gegenstand, den er noch nicht kannte. Bald wußte er die Namen aller Pflanzen, aller Raupen und Würmer, aller Käfer und Schmetterlinge, die es in seinem Bereiche gab. Er trachtete, ihren Charakter, ihre Eigenschaften und Gewohnheiten kennen zu lernen. Diese Wißbegierde erwarb ihm die besondere Zuneigung des Oberförsters, der sich sogar herbeiließ, den Jungen mit sich gehen zu lassen. Ich muß das erwähnen, um Späteres erklärlich zu machen. Der nachherige Rückfall aus dieser sonnenklaren, hoffnungsreichen Jugendzeit in die frühere Not und Erbärmlichkeit konnte auf den Knaben doch nicht glücklich wirken.

In dieser Zeit war es, daß Großmutter während des Mittagessens plötzlich vom Stuhle fiel und tot zu Boden sank. Das ganze Haus geriet in Aufregung. Der Arzt wurde geholt. Er konstatierte Herzschlag; Großmutter sei tot und nach drei Tagen zu begraben. Aber sie lebte. Doch konnte sie kein Glied bewegen, nicht einmal die Lippen oder die nicht ganz geschlossenen Augenlider. Sie sah und hörte alles, das Weinen, das Jammern um sie. Sie verstand jedes Wort, welches gesprochen wurde. Sie sah und hörte den Tischler, welcher kam, um ihr den Sarg anzumessen. Als er fertig war, wurde sie hineingelegt und in eine kalte Kammer gestellt. Am Begräbnistage bahrte man sie im Hausflur auf. Die Leichenträger kamen, der Pfarrer und der Kantor mit der Kurrende. Die Familie begann, Abschied von der Scheintoten zu nehmen. Man denke sich deren Qual! Drei Tage und drei Nächte lang hatte sie sich alle mögliche Mühe gegeben, durch irgend eine Bewegung zu zeigen, daß sie noch lebe – – vergeblich! Jetzt kam der letzte Augenblick, an dem noch Rettung möglich war. Hatte man den Sarg einmal geschlossen, so gab es keine Hoffnung mehr. Sie erzählte später, daß sie sich in ihrer fürchterlichen Todesangst ganz unmenschliche Mühe gegeben habe, doch wenigstens mit dem Finger zu wackeln, als einer um den andern kam, um ihre Hand zum letzten Male zu ergreifen. So tat auch das jüngste Mädchen des Oberförsters, welches besonders sehr an Großmutter gehangen hatte. Da schrie das Kind erschrocken aus: »Sie hat meine Hand angegriffen; sie will mich festhalten!« Und richtig, man sah, daß die scheinbar Verstorbene ihre Hand in langsamer Bewegung abwechselnd öffnete und schloß. Von einem Begräbnisse konnte nun selbstverständlich nicht mehr die Rede sein. Es wurden andere Aerzte geholt; Großmutter war gerettet. Aber von da an war ihre Lebensführung noch ernster und erhobener als vorher. Sie sprach nur selten von dem, was sie in jenen unvergeßlichen drei Tagen auf der Schwelle zwischen Tod und Leben gedacht und empfunden hatte. Es muß schrecklich gewesen sein. Aber auch hierdurch ist ihr Glaube an Gott nur noch fester und ihr Vertrauen zu ihm nur noch tiefer geworden. Wie sie nur scheintot gewesen war, so hielt sie von nun an auch den sogenannten wirklichen Tod nur für Schein und suchte jahrelang nach dem richtigen Gedanken, dies zu erklären und zu beweisen. Ihr und diesem ihrem Scheintode habe ich es zu verdanken, daß ich überhaupt nur an das Leben glaube, nicht aber an den Tod.

Dieses Ereignis war innerlich noch nicht ganz überwunden, als Großmutter infolge der Versetzung und Wiederverheiratung des Oberförsters mit ihren beiden Kindern in ihre früheren Verhältnisse zurückgestoßen wurde. Sie kehrte nach Ernsttal zurück und hatte nun wieder jeden Pfennig direkt zu verdienen, den sie brauchte. Ein braver Mann, der Vogel hieß und auch Weber war, hielt um ihre Hand an. Jedermann redete ihr zu, sie müsse ihren Kindern doch einen Vater geben; das sei sie ihnen schuldig. Sie tat es und hatte es nicht zu bereuen; war aber leider schon nach kurzer Zeit wieder Witwe. Er starb und hinterließ ihr alles, was er besessen hatte, die Armut und den Ruf eines braven, fleißigen Mannes. Hierauf wurde es still und stiller um sie. Sie tat ihr Mädchen zu einer Nähterin und ihren Knaben zu einem Weber, der ihn von früh bis abends am Spulrad beschäftigte. Denn daß der Junge nun weiter nichts als nur ein Weber zu werden hatte, das verstand sich ganz von selbst. Die Lust dazu war ihm freilich während seines Aufenthaltes im Forsthause vollständig vergangen; er hatte sich schon ganz anderes gedacht, und es ist gewiß erklärlich, daß er später, nachdem er in dieses ungeliebte Handwerk hineingezwungen worden war, auf die Idee kam, sich durch den Taubenhandel wieder daraus zu befreien. Doch tat er sowohl als Knabe wie auch als Jüngling seine Pflicht. Er war fleißig und wurde ein tüchtiger Weber, dessen Ware so viel Sauberkeit und Akkuratesse zeigte, daß jeder Unternehmer ihn gern für sich arbeiten ließ. In seinen Freistunden aber strich er durch Feld und Flur, um zu botanisieren und alle die Kenntnisse festzuhalten, die er sich bei dem Oberförster erworben hatte. Darum machte es ihm große Freude, daß sich unter der oben erwähnten Erbschaft unserer Mutter auch einige alte, hochinteressante Bücher befanden, deren Inhalt ihm bei diesen seinen Freibeschäftigungen von großem Nutzen war. Ich denke da besonders an einen großen, starken Folioband, der gegen tausend Seiten zählte und folgenden Titel hatte:

 

Kräutterbuch

Deß hochgelehrten vnnd weltberühmten Herrn Dr. Petri Andreae Matthioli. Jetzt widerumb mit vielen schönen newen Figuren / auch nützlichen Artzeneyen / vnnd andern guten Stücken / zum dritten Mal auss sondern Fleiß gemehret vnnd verferdigt /

Durch

Joachimum Camerarium,

der löblichen Reichsstatt Nürnberg Medicum, Doct. Sampt dreien wohlgeordneten nützlichen Registern der Kräutter lateinische und deutsche Namen / vnnd dann die Artzeneyen / dazu dieselbigen zugebrauchen jnnhaltendt. Beneben genugsamen Bericht / von den Destillier vnnd Brennöfen.

Mit besonderem Röm. Kais. Majest. Privilegio, in keinerley Format nachzudrucken. Gedruckt zu Franckfurt am Mayn M. D. C.

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Es verstand sich ganz von selbst, daß Vater dieses Buch sofort hernahm und fleißig durchstudierte. Es enthielt sogar mehr, als der Titel versprach. So waren die Namen der Pflanzen oft auch französisch, englisch, russisch, böhmisch, italienisch und sogar arabisch angegeben, was später besonders mir ganz außerordentlich vorwärts half. Auch Vater ging von Seite zu Seite dieses köstlichen Buches, von Pflanze zu Pflanze. Er lernte viel, viel mehr zu dem, was er bereits wußte. Nicht nur die Kenntnis der Gewächse an sich, sondern auch ihrer ernährenden und technischen Eigenschaften und ihrer Heilwirkungen. Die Vorfahren hatten diese Wirkungen geprüft und den Band mit sehr vielen Randbemerkungen versehen, welche sagten, wie diese Prüfungen ausgefallen waren. Dieses Buch wurde mir später eine Quelle der reinsten, nützlichsten Freuden, und ich kann wohl sagen, daß Vater mich dabei vortrefflich unterstützte.

Ein anderes dieser Bücher war eine Sammlung biblischer Holzschnitte, wahrscheinlich aus der ersten Zeit der xylographierenden Kunst. Ich besitze es, ganz ebenso wie das Kräuterbuch, noch heut. Es enthält sehr viele und ganz vortreffliche Bilder; einige fehlen leider. Das erste ist Moses und das letzte ist das Tier aus dem elften Kapital der Offenbarung Johannis. Das Titelblatt ist nicht mehr vorhanden. Darum weiß ich nicht, wer der Verfasser ist und aus welchem Jahre das Werk stammt. Es war Großmutters Hilfsbuch, wenn sie uns die biblischen Geschichten erzählte. Jede dieser Erzählungen war für uns ein Hochgenuß, und damit komme ich auf den größten Vorzug, den Großmutter für uns Kinder hatte, nämlich auf ihre unvergleichliche Gabe, zu erzählen.

Großmutter erzählte eigentlich nicht, sondern sie schuf; sie zeichnete; sie malte; sie formte. Jeder, auch der widerstrebendste Stoff gewann Gestalt und Kolorit auf ihren Lippen. Und wenn zwanzig ihr zuhörten, so hatte jeder einzelne von den zwanzig den Eindruck, daß sie das, was sie erzählte, ganz nur für ihn allein erzähle. Und das haftete; das blieb. Mochte sie aus der Bibel oder aus ihrer reichen Märchenwelt berichten, stets ergab sich am Schluß der innige Zusammenhang zwischen Himmel und Erde, der Sieg des Guten über das Böse und die Mahnung, daß alles auf Erden nur ein Gleichnis sei, weil der Ursprung aller Wahrheit nicht im niedrigen sondern nur im höheren Leben liege. Ich bin überzeugt, daß sie das nicht bewußt und in klarer Absicht tat; dazu war sie nicht unterrichtet genug, sondern es war angeborene Gabe, war Genius, und der erreicht bekanntlich das, was er will, am sichersten, wenn man ihn weder kennt noch beobachtet. Großmutter war eine arme, ungebildete Frau, aber trotzdem eine Dichterin von Gottes Gnaden und darum eine Märchenerzählerin, die aus der Fülle dessen, was sie erzählte, Gestalten schuf, die nicht nur im Märchen, sondern auch in Wahrheit lebten.

In meiner Erinnerung tritt zuerst nicht das Märchen von Sitara, sondern das Märchen »von der verloren gegangenen und vergessenen Menschenseele« aus. Sie tat mir so unendlich leid, diese Seele. Ich habe mit meinen blinden, lichtlosen Kindesaugen um sie geweint. Für mich enthielt diese Erzählung die volle Wahrheit. Aber erst nach Jahren, als ich das Leben kennen gelernt und mich mit dem Innern des Menschen eingehend beschäftigt hatte, erkannte ich, daß die Kenntnis der Menschenseele in Wirklichkeit verloren und vergessen wurde und daß alle unsere Psychologie bisher nicht im stande war, uns diese Kenntnis zurückzubringen. Ich habe in meiner Kindheit stundenlang still und regungslos gesessen und in die Dunkelheit meiner kranken Augen gestarrt, um nachzudenken, wohin die Verlorene und Vergessene gekommen sei. Ich wollte und wollte sie finden. Da nahm Großmutter mich auf ihren Schoß, küßte mich auf die Stirn und sagte: »Sei still, mein Junge! Gräme dich nicht um sie! Ich habe sie gefunden. Sie ist da!« »Wo?« fragte ich. »Hier, bei mir,« antwortete sie. »Du bist diese Seele, du!« »Aber ich bin doch nicht verloren,« warf ich ein. »Natürlich bist du verloren. Man hat dich herabgeworfen in das ärmste, schmutzigste Ardistan. Aber man wird dich finden; denn wenn alle, alle dich vergessen haben, Gott hat dich nicht vergessen.« – Ich begriff das damals nicht; ich verstand es erst später, viel, viel später. Eigentlich war in dieser meiner frühen Knabenzeit jedes lebendige Wesen nur Seele, nichts als Seele. Ich sah nichts. Es gab für mich weder Gestalten noch Formen, noch Farben, weder Orte noch Ortsveränderungen. Ich konnte die Personen und Gegenstände wohl fühlen, hören, auch riechen; aber das genügte nicht, sie mir wahr und plastisch darzustellen. Ich konnte sie mir nur denken. Wie ein Mensch, ein Hund, ein Tisch aussieht, das wußte ich nicht; ich konnte mir nur innerlich ein Bild davon machen, und dieses Bild war seelisch. Wenn jemand sprach, hörte ich nicht seinen Körper, sondern seine Seele. Nicht sein Aeußeres, sondern sein Inneres trat mir näher. Es gab für mich nur Seelen, nichts als Seelen. Und so ist es geblieben, auch als ich sehen gelernt hatte, von Jugend an bis auf den heutigen Tag. Das ist der Unterschied zwischen mir und anderen. Das ist der Schlüssel zu meinen Büchern. Das ist die Erklärung zu allem, was man an mir lobt, und zu allem, was man an mir tadelt. Nur wer blind gewesen ist und wieder sehend wurde, und nur wer eine so tief gegründete und so mächtige Innenwelt besaß, daß sie selbst dann, als er sehend wurde, für lebenslang seine ganze Außenwelt beherrschte, nur der kann sich in alles hineindenken, was ich plante, was ich tat und was ich schrieb, und nur der besitzt die Fähigkeit, mich zu kritisieren, sonst keiner!

Ich war die ganze Zeit des Tages nicht bei den Eltern, sondern bei Großmutter. Sie war mein alles. Sie war mein Vater, meine Mutter, meine Erzieherin, mein Licht, mein Sonnenschein, der meinen Augen fehlte. Alles, was ich in mich aufnahm, leiblich und geistig, das kam von ihr. So wurde ich ihr ganz selbstverständlich ähnlich. Was sie mir erzählte, das erzählte ich ihr wieder und fügte hinzu, was meine kindliche Phantasie teils erriet und teils erschaute. Ich erzählte es den Geschwistern und auch anderen, die zu mir kamen, weil ich nicht zu ihnen konnte. Ich erzählte in Großmutters Tone, mit ihrer Sicherheit, die keinen Zweifel duldete. Das klang altklug und überzeugte. Es verlieh mir den Nimbus eines über sein Alter hinaus sehr klugen Kindes. So kamen auch Erwachsene, um mir zuzuhören, und ich wäre vielleicht zum Orakel oder zum Wunderkind verdorben worden, wenn Großmutter nicht so sehr bescheiden, wahr und klug gewesen wäre, da, wo ich in Gefahr stand, einzuspringen. Einem blinden Kind wird wenig Arbeit gegeben. Es hat mehr Zeit, zu denken und zu grübeln als andere Kinder. Da kann es leicht klüger erscheinen, als es ist. Leider besaß Vater nicht diese kluge Bescheidenheit der Großmutter und auch nicht die schweigsame Bedachtsamkeit der Mutter. Er sprach sehr gern und übertrieb, wie wir bereits wissen, in allem, was er tat und was er sagte. So kam es, daß ich dem Schicksal, dem ich hier entging, später doch noch verfiel, dem entsetzlichen Schicksal, totgelobt zu werden.

Als ich sehen lernte, war mein Seelenleben schon derart entwickelt und in seinen späteren Grundzügen festgelegt, daß selbst die Welt des Lichtes, die sich nun vor meinen Augen öffnete, nicht die Macht besaß, den Schwerpunkt, der in meinem Innern lag, zu sich hinauszuziehen. Ich blieb ein Kind für alle Zeit, ein um so größeres Kind, je größer ich wurde, und zwar ein Kind, in dem die Seele derart die Oberhand besaß und noch heute besitzt, daß keine Rücksicht auf die Außenwelt und auf das materielle Leben mich jemals bestimmen kann, etwas zu unterlassen, was ich für seelisch richtig befunden habe. Und so lange ich lebe, habe ich unausgesetzt die Erfahrung gemacht, daß es dem Volke genau ebenso ergeht wie mir. Es handelt am liebsten nicht aus äußerlichen Gründen, sondern aus sich selbst heraus, aus seiner Seele heraus. Die größten und schönsten Taten der Nation wurden aus ihrem Innern heraus geboren. Und wäre der Geist eines Dichters auch noch so stark und noch so erfinderisch, so wird er es doch niemals fertig bringen, der Geschichte eines Volkes den Stoff zu einem großen, nationalen Drama aufzuzwingen, der diesem Volle nicht seelisch gegeben war. Und gründen wir hunderte von Jugendschriftenvereinen, von Jugendschriftenkommissionen und tausende von Jugend-, Schüler- und Volksbibliotheken, wir werden das Gegenteil von dem erreichen, was wir erreichen wollen, falls wir Bücher wählen, deren Bedürfnis nur in unserm Pedantismus und in unserer Methodik liegt, nicht aber in den Seelen derer, denen wir sie aufzwingen. Ich habe diese Seelen kennen gelernt, habe sie studiert seit meiner Jugendzeit. Ich bin selbst eine solche Seele gewesen, bin sie sogar noch heut. Darum weiß ich, daß man dem Volke und der Jugend keine Tugendmusterbücher in die Hand geben darf, weil es eben keinen Menschen gibt, der ein Tugendmuster ist. Der Leser will Wahrheit, will Natur. Er haßt die sittlichen Haubenstöcke, die immer genau so stehen, wie man sie stellt, weder Fleisch noch Blut besitzen und genau nur das anhaben, was ihnen von der Putzmacherin Schulmoralität angezogen wird. Die Ausgabe des Jugendschriftstellers besteht nicht darin, Gestalten zu schaffen, die in jeder Lage so überaus köstlich einwandfrei handeln, daß man sie unbedingt überdrüssig wird, sondern seine größte Kunst besteht darin, daß er von seinen Figuren getrost die Fehler und Dummheiten machen läßt, vor denen er die jugendlichen Leser bewahren will. Es ist tausendmal besser, er läßt seine Romanfiguren zugrunde gehen, als daß der ergrimmte Knabe hingeht, um das Böse, das nicht geschah, obgleich es der Wahrheit nach geschehen mußte, nun seinerseits aus dem Buche in das Leben zu übertragen. Hier liegt die Achse, um die sich unsere Jugend- und Volksliteratur zu drehen hat. Musterknaben und Mustermenschen sind schlechte Vorbilder; sie stoßen ab. Man zeige Negatives, aber lebenswahr und packend, so wird man Positives erreichen.

Nachdem wir zu Miete gezogen waren, wohnten wir am Marktplatze, auf dessen Mitte die Kirche stand. Dieser Platz war der Lieblingsspielplatz der Kinder. Gegen Abend versammelten sich da die älteren Schulknaben unter dem Kirchentore zum Geschichtenerzählen. Das war eine höchst exklusive Gesellschaft. Es durfte nicht jeder hin. Kam Einer, den man nicht wollte, so machte man keinen »Summs«; der wurde fortgeprügelt und kehrte gewiß nicht wieder. Ich aber kam nicht, und ich bat auch nicht, sondern ich wurde geholt, obgleich ich erst fünf Jahre alt war, die Andern aber dreizehn und vierzehn Jahre. Welch eine Ehre! So etwas war noch niemals dagewesen! Das hatte ich der Großmutter und ihren Erzählungen zu verdanken! Zunächst verhielt ich mich still und machte den Zuhörer, bis ich alle Erzählungen kannte, die hier im Schwange waren. Man nahm mir das nicht übel, denn ich hatte erst vor Kurzem sehen gelernt, hielt die Augen noch halb verbunden und wurde von Allen geschont. Dann aber, als das vorüber war, wurde ich herangezogen. Alle Tage ein anderes Märchen, eine andere Geschichte, eine andere Erzählung. Das war viel, sehr viel verlangt; aber ich leistete es, und zwar mit Vergnügen. Großmutter arbeitete mit. Was ich in der Dämmerstunde zu erzählen hatte, das arbeiteten wir am frühen Morgen, noch ehe wir unsere Morgensuppe aßen, durch. Dann war ich, wenn ich an das Kirchtor kam, wohl vorbereitet. Unser schönes Buch »Der Hakawati« gab Stoff für lange Zeit. Hierzu kam, daß dieser Stoff sich mit der Zeit ganz außerordentlich vermehrte, doch freilich nicht im Buche, sondern in mir. Das war die sehr einfache und sehr natürliche Folge davon, daß ich nach meinem Sehendwerden die seelische Welt, die durch den Hakawati in mir entstanden war, nun in die sichtbare Welt der Farben, Formen, Körper und Flächen zu übersetzen hatte. Dadurch entstanden unzählige Variationen und Vervielfältigungen, die ich nur dadurch, daß ich sie erzählte, in feste Gestalt und Form zu bringen vermochte.

Inzwischen hatte Vater es erreicht, daß ich in die Schule gehen durfte. Das durfte man erst vom sechsten Lebensjahre an; aber meine Mutter war als Hebamme sehr oft bei dem Herrn Pastor, der ihr diesen Wunsch als Lokalschulinspektor sehr gern erfüllte, und mit dem Herrn Elementarlehrer Schulze kam Vater wöchentlich zweimal zusammen, um Skat oder Schafkopf zu spielen, und darum hielt es nicht schwer, die Erlaubnis auch von dieser Seite zu erlangen. Ich lernte sehr schnell lesen und schreiben, denn Vater und Großmutter halfen dabei, und dann, als ich das konnte, glaubte Vater die Zeit gekommen, das, was er mit mir vorhatte, zu beginnen. Es sollte sich nämlich an mir erfüllen, was sich an ihm nicht erfüllt hatte. Er hatte im Forsthause einen Blick in bessere und menschlichere Verhältnisse tun dürfen. Und er mußte immer daran denken, daß es unter unsern Vorfahren bedeutende Männer gegeben hatte, von denen wir, ihre Nachkommen, sagen mußten, daß wir ihrer nicht würdig seien. Er hatte das werden gewollt, war aber von den Verhältnissen gewaltsam niedergehalten worden. Das kränkte und das ärgerte ihn. Für sich hatte er mit diesen Verhältnissen abgeschlossen. Er mußte bleiben, was er war, ein armer, ungebildeter Professionist. Aber er übertrug seine Wünsche und Hoffnungen und alles Andere nun auf mich. Und er nahm sich vor, alles Mögliche zu tun und nichts zu versäumen, aus mir den Mann zu machen, welcher zu werden ihm versagt gewesen war. Das kann man gewiß nur löblich von ihm nennen. Nur kam es darauf an, welchen Weg und welche Weise er meiner Erziehung gab. Er wollte, was für mich gut und glücklich war. Das konnte er nur mit guten und glücklichen Mitteln erreichen. Leider aber muß ich, ohne der Zukunft vorzugreifen, sagen, daß meine »Kindheit« jetzt, mit dem fünften Jahre, zu Ende war. Sie starb in dem Augenblick, an dem ich die Augen zum Sehen öffnete. Was diese armen Augen von da an bis heut zu sehen bekamen, war nichts als Arbeit und Arbeit, Sorge und Sorge, Leid und Leid, bis zur heutigen Qual am Marterpfahl, an dem man mich schier ohne Ende peinigt. – – –


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