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Dieses Buch, das zu allen Gebildeten spricht, will die Grundformen des erotischen Fühlens herausarbeiten und die eigentümlichen Vollendungen des Liebeslebens vorführen, die ich »Metaphysische Erotik« nenne. Alles historische Detail ist nur soweit berücksichtigt worden, als es zum Beweise, zur Verdeutlichung und zur Belebung des Gegenstandes dient.
In meiner Darstellung verweben sich kulturgeschichtliche und psychologische Motive. Der einseitige Blick auf das Historische hätte eine Geschichte der Liebe ergeben, zu der ich weder die Befähigung noch die Neigung habe. Eine zeitlose psychologische Darstellung wiederum hätte mir den gerechten Vorwurf eingetragen, ich handelte von Fiktionen und nicht von Wirklichkeiten. Was die Psychologie als notwendige Stadien des erotischen Fühlens erkannt hatte, mußte die Geschichte als existierend und als charakteristisch für eine ganze kulturelle Formation beweisen. Selbstzweck ist die Kulturgeschichte nur in dem Kapitel »Die Geburt Europas«.
So möchte ich meine Arbeit am liebsten als eine Monographie aus dem menschlichen Gefühlsleben angesehen wissen. Ich bin darauf gefaßt, mehr Ablehnung als Zustimmung zu finden: weder der Historiker noch der Psychologe werden zufrieden sein; und auch dessen bin ich mir bewußt, daß mein Standpunkt durchaus »unmodern« ist. Stimmt doch heute alles überein, im Geschlechtstrieb die einzige Quelle der Erotik zu sehen und die Liebe nur als seine feinste Ausstrahlung, als seine Sublimierung, gelten zu lassen, während ich ihre Selbständigkeit beweisen will. Und sodann wird der Gedanke befremden, daß ein wichtiges Gefühl wie die Liebe in historischer, nicht allzuferner Zeit entstanden sei. Denn man ist, allem äußeren Entwicklungsglauben zum Trotz, geneigt, die Unveränderlichkeit der menschlichen Natur anzunehmen.
Wien, am 18. August 1912.
E. L.
Die vorliegende Bearbeitung enthält alles Wesentliche der ersten Ausgabe, ist aber im Umfang bedeutend vermindert, weil ich das historische Material eingeschränkt, die Quellen-Nachweise ganz weggelassen habe.
Wien, im Dezember 1916.
E. L.
Das Buch ist im ganzen und großen unverändert geblieben. Nur im vierten Abschnitt habe ich das psychogenetische Gesetz, den Zusammenhang des einzelnen Menschen unserer Zeit mit der Entwicklung der Menschheit, genauer ausgeführt, wodurch der Gedanke an Überzeugungskraft gewonnen haben wird.
Juni 1919.