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Saxon und Mary bezahlten ihre Eintrittskarten am Eingang zum Weasel-Park. Es war noch früh am Tage, so daß die Leute erst spärlich kamen, aber die Maurer rückten schon mit ihren Familien an, mit mächtigen Frühstückskörben und einer ganzen Schar kleiner Kinder beladen – eine gesunde, aufrechte Rasse von Arbeitern, gut gelohnt und kräftig ernährt. Auch Großväter und Großmütter sah man unter ihnen, leicht kenntlich in der Menge trotz ihrer guten amerikanischen Kleidung. Sie waren auch lange nicht so gut genährt, und es war leicht zu sehen, daß das nicht vom Alter allein kam, sondern von schweren Zeiten und vieljähriger, mühseliger Arbeit im alten Irland, wo sie das Licht der Welt erblickt hatten. Zufriedenheit und Stolz standen in ihren Gesichtern zu lesen, wie sie neben ihrer Nachkommenschaft dahinhumpelten, die mit kräftigerer Kost ernährt war.
Es waren nicht diese Menschen, zu denen Mary und Saxon gehörten. Sie kannten sie nicht und hatten keine Freunde unter ihnen. Ihnen war gleichgültig, wer Feste feierte, Irländer, Deutsche, Slawonen; Maurer, Brauer, Schlächter – für sie kam alles auf eins hinaus. Sie, die Mädchen, gehörten zu dem tanzenden Publikum, das der Kasse einen gewissen Kreis zuführte, mit dem man bei allen Festen rechnete.
Sie schlenderten zwischen den Buden umher, wo es aus Anlaß des Tages geröstete Affennüsse und gemahlene Maiskörner gab, und gingen dann, um den Tanzboden in Augenschein zu nehmen. Saxon klammerte sich an einen eingebildeten Kavalier und versuchte ein paar Walzerschritte. Mary klatschte in die Hände.
»Gott!« rief sie. »Du bist direkt großartig. Und die Strümpfe sind fein!«
Saxon lächelte zufrieden und streckte den Fuß vor – sie trug kleine Samtschuhe mit hohen Kubaner Absätzen – hob ein wenig das enge schwarze Kleid und zeigte eine reizende Fessel und eine feingerundete Wade, deren weiße Haut durch die allerdünnsten und durchsichtigsten schwarzen Seidenstrümpfe zu fünfzig Cent das Paar leuchtete. Sie war schlank, nicht groß, hatte aber ausgeprägt weiblich runde Formen. Auf ihrer weißen Bluse trug sie ein plissiertes Jabot aus billiger Spitze, über der Bluse ein fesches kleines Jackett und dazu imitierte Wildlederhandschuhe. Echt waren die Locken, die, ganz unbekannt mit der Brennschere, unter dem koketten kleinen schwarzen Samthut hervorguckten, der ihre Augen beschattete. Die dunklen Augen Marys funkelten vor Freude. Mit einem raschen kleinen Anlauf schlang sie die Arme um die Freundin, preßte sie an sich und küßte sie. Dann ließ sie sie wieder los, über ihre eigene Torheit errötend.
»Du siehst glänzend aus«, rief sie, wie um sich zu entschuldigen. »Wenn ich ein Mann wäre, könnte ich die Hände nicht von dir lassen. Ich würde dich fressen, ganz bestimmt.«
Hand in Hand verließen sie den Tanzboden und schlenderten durch den Sonnenschein. Vor lauter Vergnügen schwangen sie die Hände und revanchierten sich reichlich für die vernichtende Qual der Woche. Sie lehnten sich über das Geländer des Bärenzwingers, schauderten beim Anblick des gewaltigen einsamen Gastes und lachten zehn Minuten lang vor dem Affenkäfig. Dann gingen sie über die Rasenfläche und guckten unterwegs in die kleine Arena hinab, die auf dem Grunde eines natürlichen Amphitheaters lag, wo die Kampfspiele des Nachmittags stattfinden sollten. Dann machten sie Entdeckungsreisen zwischen den Labyrinthen und Pfaden des Parkes, wo sie beständig auf neue Überraschungen in Form von schattigen Winkeln mit ländlichen grüngestrichenen Tischen und Bänken stießen, von denen viele schon von Familien besetzt waren. Als sie an einen von Bäumen umgebenen Rasenhang kamen, breiteten sie eine Zeitung unter sich aus und setzten sich in das niedrige Gras, das die kalifornische Sonne schon gedörrt und gebräunt hatte. Nach sechstägiger unaufhörlicher Arbeit tat es gut, hier zu sitzen und nichts zu tun, und außerdem mußten sie sich doch über die Freuden des Tanzes unterhalten, die ihrer warteten.
Mary schwatzte. »Bert Wanhope kommt ganz sicher. Er sagte, er wollte Billy Roberts mitbringen. Den Großen Bill nennen sie ihn. Er ist ein großer Junge, aber mächtig zäh. Er ist Berufsboxer, und alle Mädel laufen ihm nach. Ich habe Angst vor ihm. Ein gutes Mundwerk hat er nicht, er ist ungefähr wie der große Bär, den wir vorhin sahen, Brr–rf! Brr–rf! – ebenso. Übrigens ist er eigentlich kein richtiger Berufsboxer, sondern Kutscher und Gewerkschaftsmitglied. Fährt für Corberly und Morrison. Manchmal aber tritt er in Vereinen auf. Er ist hitzig, und ob er einen Mann zu Boden schlägt oder ißt, kommt auf eines heraus. Ich glaube nicht, daß er dir gefallen wird, aber er tanzt großartig. Schwer, weißt du. Er gleitet und schreitet nur über den Boden. Du mußt sehen, daß du mit ihm tanzt. Und er ist kein Knicker. Aber hitzig, – oha!«
Und die Unterhaltung ging ihren Gang. Es war jedoch meistens Mary, die sprach, und sie kam immer wieder auf Bert Wanhope zurück.
»Ihr beide scheint ja sehr befreundet zu sein«, meinte Saxon.
»Ja, ich würde ihn morgen heiraten, wenn es sein sollte«, fuhr es aus ihr heraus. Dann sah sie plötzlich ganz verloren aus und wurde blaß, fast hart im Gesicht vor hilfloser Verzweiflung. »Er hat mich nur noch nicht gefragt. Er ist – –« Sie zögerte ein Weilchen, dann brach die Leidenschaft aus ihr heraus: »Nimm dich vor ihm in acht, Saxon, wenn er sich je an dich heranmacht. Er ist ein dreckiger Kerl. Aber einerlei, ich würde ihn lieber heut als morgen heiraten. Anders kriegt er mich nie.« Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, seufzte aber stattdessen tief. »Es ist eine komische Welt, in der wir leben, nicht wahr? Zum Totlachen. Und alle Sterne sind auch Welten. Ich möchte wissen, wo Gott sich verbirgt. Bert Wanhope sagt, es gebe gar keinen Gott. Aber er ist schrecklich – sagt die schrecklichsten Dinge. Ich glaube an Gott. Du auch? Wo, glaubst du, ist Gott, Saxon?«
Saxon zuckte die Achseln und lachte.
Die Töne einer Tanzmelodie erklangen jetzt vom Tanzboden, und die beiden jungen Mädchen sprangen auf.
»Wir können gut ein paar Runden tanzen, ehe wir essen«, schlug Mary vor. »Dann ist Nachmittag, und dann kommen die Männer. Die meisten von ihnen sind Knicker, deshalb kommen sie so spät, denn dann brauchen sie den Mädels kein Essen zu spendieren. Aber Bert ist nobel, und Billy auch. Komm, mach schnell, Saxon.«
Nur wenige Paare waren auf dem Tanzboden, als sie kamen, und die zwei Mädchen tanzten den ersten Walzer miteinander.
»Da ist Bert«, flüsterte Saxon, als sie zum zweitenmal herumkamen.
»Tu, als sähest du sie nicht«, flüsterte Mary zurück. »Laß uns nur weiter tanzen. Sie dürfen nicht glauben, daß wir ihnen nachlaufen.«
Aber Saxon merkte gut, daß Marys Wangen sich gerötet hatten, und daß sie hastiger atmete.
»Hast du den andern gesehen?« fragte Mary, während sie in einem langen Gleiten Saxon nach dem entgegengesetzten Ende der Estrade führte. »Das ist Billy Roberts. Bert sagte, daß er kommen würde. Er soll für dich das Essen ausgeben und Bert für mich. Es wird ein großartiger Tag, du wirst sehen. Gott, wenn doch die Musik anhalten möchte, bis wir ans andere Ende kommen.«
Und sie walzten weiter, auf der Jagd nach Kavalieren und Mittagessen – zwei frische junge Geschöpfe, die unzweifelhaft gut tanzten, und die froh überrascht waren, als die Musik sie in bedenklicher Nähe vom Ziel ihrer Wünsche ans Land spülte.
Bert und Mary nannten sich beim Vornamen, aber Saxon sagte »Herr Wanhope« zu Bert, obwohl er sie stets Saxon nannte. Sie kannten sich alle bis auf Saxon und Billy Roberts. Mary stellte sie mit nervöser und nachlässiger Eile vor.
»Herr Roberts – Fräulein Brown. Sie ist meine beste Freundin. Ihr Vorname ist Saxon. Ist das nicht ein wahnsinnig komischer Name?«
»Ich finde, daß er gut klingt«, antwortete Billy, nahm den Hut ab und streckte die Hand aus. »Guten Tag, Fräulein Brown.«
Als ihre Hände sich trafen und Saxon fühlte, daß er harte Haut an den Händen hatte wie alle Kutscher, erfaßte sie mit einem einzigen schnellen Blick eine Menge anderer Dinge. Alles, was er bemerkte, waren ihre Augen, und er hatte eine schwache Vorstellung davon, daß sie blau waren. Erst später am Tage erkannte er, daß sie grau waren. Sie hingegen sah gleich seine Augen, wie sie waren, tiefblau, groß und schön mit einem eigenen verdrossenen knabenhaften Blick. Sie fand, daß sie ehrlich aussahen, und sie gefielen ihr gut, wie ihr auch seine Hand sowie die Berührung dieser Hand gefiel. Ebenfalls hatte sie, wenn auch nur ganz flüchtig, Zeit gehabt, die kurze gerade Nase, die helle Gesichtsfarbe und die feste, kurze Oberlippe zu bemerken, ehe ihr schneller Blick mit Wohlgefallen auf dem gutgeformten Mund mit den reinen Linien und den roten lächelnden Lippen ruhte, die die beneidenswert weißen Zähne entblößten. Ein Junge, ein großer starker Junge von Mann, dachte sie, und während sie sich zulächelten und ihre Hände sich lösten, fand sie noch Zeit, sein Haar zu bemerken: kurzes, lockiges, sehr helles Haar, fast wie mattes Gold, so schien ihr, aber doch zu hell, um wirklich Gold zu gleichen.
Die Augen hatten dunkle Wimpern und waren verschleiert und voller Temperament – es war kein verwundert starrender Kinderblick –, und der aus glattem braunen Stoff bestehende Anzug war nach Maß angefertigt. Saxon schätzte sofort den ganzen Anzug ein und bewertete ihn im geheimen auf mindestens fünfzig Dollar. Auch von der Ungeschicklichkeit des skandinavischen Einwanderers war nichts an ihm zu bemerken. Im Gegenteil, er war einer der wenigen Glücklichen, deren Muskeln durch die schönheitsverlassene Kleidung der Zivilisation hindurch Schönheit ausstrahlen. Jede seiner Bewegungen war geschmeidig, besonnen und wohlberechnet. Aber das sah sie nicht und machte sie sich nicht klar. Was sie sah, war nur ein gut gekleideter Mann mit Schönheit in Haltung und Bewegung. Die beherrschte Ruhe, die über seinem ganzen Auftreten lag, dieses Spiel von Muskeln war etwas, das sie eher fühlte als sah, und ebenso fühlte sie, daß hier war, wonach sie sich gesehnt hatte: eine Befreiung und Ruhe, doppelt angenehm und willkommen für jemand, der sechs Tage lang von morgens bis abends Feinwäsche geplättet hatte. Wie die Berührung seiner Hand ihr angenehm gewesen war, so fühlte sie ein, wenn auch unklares Behagen bei allem an ihm.
Als er ihre Ballkarte nahm und mit ihr zu spaßen begann, wie junge Leute zu tun pflegen, stellte sie fest, wie plötzlich dieses Gefallen an ihm gekommen war. Noch nie hatte ein Mann einen solchen Eindruck auf sie gemacht. Sie konnte es nicht lassen, sich zu fragen: Ist dies der Mann?
Er tanzte ausgezeichnet. Sie freute sich, wie eine gute Tänzerin sich freut, wenn sie einen guten Tänzer gefunden hat. Wie er mit seinen besonnenen Muskelbewegungen in die Rhythmen des Tanzes hineinglitt und eins damit wurde, das war geradezu bezaubernd. Kein Zweifel, kein Schwanken. Sie sah nach Bert, der mit Mary »schwofte« und immer wieder mit den anderen Tanzenden, deren Zahl allmählich gewachsen war, zusammenstieß. Schlank und hochgewachsen, war Bert auf seine Art nicht ohne Vorzüge und galt als guter Tänzer. Wenn Saxon aber an das Tanzen mit ihm dachte, schien ihr das Vergnügen nicht ganz ungemischt. In seinem ganzen Wesen lag etwas Krampfhaftes. Er war zu schnell oder doch immer im Begriff, es zu werden. Es war, als wollte er stets aus dem Takt geraten. Das störte so, es war keine Ruhe bei ihm zu finden.
»Sie tanzen wie ein Traum«, sagte Billy Roberts. »Ich habe oft gehört, wie gut Sie tanzen.«
»Ich tanze so gern«, antwortete sie.
Plötzlich ging die Musik in einen ganz anderen Takt über, die Schritte wurden länger, der Druck seines Armes wurde fester, er hob und trug sie, obwohl ihre kleinen Füße in den Samtschuhen nicht einen Augenblick den Fußboden verließen. Dann fielen sie, ebenso plötzlich, wieder in den kurzen Takt zurück. Sie merkte, wie er sie ein winziges Stück von sich abhielt, so daß er ihr ins Gesicht sehen konnte, und das war so lustig, daß sie sich anlachen mußten.
Schließlich wurde die Musik langsamer, und mit ihr verlangsamten sie ihren Tanz, ließen ihn in ein langes Gleiten verebben und hörten mit dem letzten ersterbenden Ton auf.
»Wir sind als Tänzer wie für einander geschaffen«, sagte er.
»Es war ein Traum«, antwortete sie.
Ihre Stimme war so leise, daß er sich zu ihr herabbeugen mußte, um zu hören, was sie sagte, und dabei bemerkte er die Röte in ihren Wangen – eine Röte, die sich gleichsam ihren Augen mitgeteilt hatte, welche warm und verschleiert waren. Er nahm ihre Ballkarte und schrieb mit tiefem Ernst und riesigen Buchstaben seinen Namen quer darüber.
»Und jetzt ist sie somit zwecklos«, sagte er dreist. »Sie brauchen sie nicht mehr.«
Er zerriß sie und warf sie weg.
»Das nächstemal kommen wir beide dran, Saxon«, sagte Bert, als er mit Mary zu ihnen trat. »Dann kannst du für den nächsten Tanz Mary nehmen, Bill.«
»Nichts zu machen, Bert«, lautete die Antwort. »Saxon und ich haben uns für den Rest des Tages zusammengetan.«
Mary betrachtete sie mit verstellt besorgter Miene, und Bert sagte gutmütig:
»Ich muß sagen, ihr seid schnell einig geworden. Aber einerlei – wenn ihr noch ein paar Runden getanzt habt, dann erlauben Mary und ich uns hiermit, euch zum Essen einzuladen.«
»Mir aus der Seele gesprochen«, stimmte Mary ein.
»Na, laßt es gut sein«, lachte Billy und wandte den Kopf, daß er Saxon in die Augen sehen konnte. »Hören Sie nicht auf sie – sie ärgern sich nur, weil sie miteinander tanzen müssen. Bert tanzt schrecklich, und Mary ist auch nicht viel wert. So, jetzt geht es wieder los. Nach zwei Tänzen sehen wir uns wieder.«
Sie aßen im Freien, unter Bäumen, und Saxon bemerkte, daß es Billy war, der für sie alle bezahlte. Sie kannten viele der jungen Leute an den anderen Tischen, und Grüße und Scherze flogen hin und her. Bert nahm sich viele und zuweilen etwas plumpe Freiheiten gegen Mary heraus, legte seine Hand auf die ihre, ergriff sie und hielt sie fest, und einmal riß er ihr mit Gewalt ihre zwei Ringe ab und weigerte sich lange, sie zurückzugeben. Zuweilen, wenn er den Arm um sie legte, machte Mary sich sofort wieder frei, zuweilen aber ließ sie es sich auch gefallen, indem sie sorgsam, doch so, daß sie niemand damit täuschte, tat, als bemerkte sie es nicht.
Und Saxon, die nicht viel sagte, sondern Billy Roberts zum Gegenstand eines eingehenden Studiums machte, dachte, daß er derlei sicher ganz anders machen würde, wenn er sich überhaupt darauf einließe. Jedenfalls würde er nie ein Mädchen antasten, wie Bert und viele andere es taten. Sie maß die breiten Schultern Billys.
»Warum nennt man Sie eigentlich den Großen Bill?« fragte sie. »Sie sind doch gar nicht so schrecklich groß.«
»Nein«, gab er zu. »Ich messe nicht mehr als fünf Fuß und dreiviertel Zoll. Es ist wohl mein Gewicht, denke ich.«
»Sein Kampfgewicht ist hundertundachtzig«, warf Bert ein.
»Ach, laß doch«, sagte Billy schnell, und ein Schatten von Unwillen verdunkelte seine Augen. »Ich bin nicht Boxer. Ich bin im letzten halben Jahr nicht mehr aufgetreten. Ich habe damit aufgehört. Es lohnt sich nicht.«
»Du hast doch an dem Abend, als du den Frisco-Boxer schlugst, zweihundert verdient«, rief Bert mit Stolz.
»Laß doch, laß doch, sage ich. Aber hören Sie, Saxon, Sie sind selbst auch nicht groß, aber Sie sind prachtvoll gewachsen, genau so, wie man sein muß, das können Sie jedem sagen, der Sie fragt. Sie sind voll und schlank zugleich. Ich möchte darauf wetten, daß ich Ihr Gewicht erraten kann.«
»Die meisten raten zu hoch«, warnte sie ihn, aber im stillen dachte sie darüber nach, warum sie sich gleichzeitig freute und ärgerte, weil er nicht mehr boxte.
»Ich nicht«, sagte er. »Ich rate jedes Gewicht.« Er betrachtete sie kritisch, und es war klar, daß seine Unparteilichkeit einen kleinen Kampf mit der warmen Bewunderung zu bestehen hatte, die sein Blick verriet. »Warten Sie einen Augenblick.«
Er beugte sich zu ihr und befühlte ihre Arme und Muskeln. Seine Finger preßten sich um ihren Arm mit einem Druck, der fest und ehrlich war, und Saxon fühlte einen kleinen Schauder dabei. Es lag eine Art Zauber über diesem großen Jungen von Mann. Wenn Bert oder ein anderer Mann ihren Arm so angefühlt hätte, würde sie das nur gereizt haben. Aber dieser Mann! Ist dies der Mann? fragte sie sich wieder, während er sein Urteil abgab.
»Ihre Kleider können nicht mehr als sechs Pfund wiegen, und sechs von – nun – sagen wir 111 – 105 wiegen Sie nackt.«
Aber die letzten Worte veranlaßten laute Einsprüche Marys.
»Nun hören Sie aber, Billy Roberts, von so etwas spricht man doch nicht.«
Er sah sie verständnislos und mit steigendem Erstaunen an.
»Von was?« sagte er schließlich.
»Da hast du es wieder. Du solltest dich schämen. Sieh nur, du hast Saxon ganz verlegen gemacht.«
»Das ist nicht wahr«, protestierte Saxon.
»Und wenn es so weitergeht, Mary, machst du mich schließlich noch ganz verlegen«, brummte Billy. »Ich weiß wohl noch, was richtig ist und was nicht. Es kommt nicht darauf an, was man sagt, sondern was man denkt, und ich denke ganz richtig, und das weiß Saxon gut. Und sie und ich denken nicht an das, woran du jetzt denkst.«
»Oh! Oh!« rief Mary. »Du wirst immer schlimmer. An so etwas denke ich nie.«
»Pscht, Mary! Sachte!« bremste Bert sie. »Du verläufst dich. Solche Schnitzer macht Billy nie.«
»Man braucht nicht so roh zu sein«, fuhr sie fort.
»Na, na, Mary, sei so gut und hör jetzt auf mit dem Unsinn«, fertigte Billy sie ab, indem er sich wieder zu Saxon wandte. »Wie habe ich geraten?«
»Hundertzehn«, antwortete sie und warf einen vorsichtigen Blick auf Mary. »Hundertzehn mit Kleidern.«
Billy brach in ein herzhaftes Lachen aus, in das Bert einstimmte.
»Und mir ist es gleichgültig«, protestierte Mary. »Ihr seid beide ekelhaft und du auch, Saxon. Das hätte ich nie von dir gedacht.«
»Nun hör mal zu, Kindchen«, begann Bert beruhigend und legte leicht den Arm um sie.
Aber in der künstlichen Erregung, in die Mary sich hineingeredet hatte, stieß sie seinen Arm zornig zurück. Dann wurde sie ängstlich, die Gefühle ihres Anbeters verletzt zu haben, und begann ihn daher auf alle mögliche Weise zu necken, wodurch sie auch selbst wieder in gute Laune kam. Er durfte wieder seinen Arm um sie legen, und, die Köpfe aneinandergelehnt, sprachen sie flüsternd miteinander.
Billy begann eine Unterhaltung mit Saxon.
»Wissen Sie, Sie haben aber einen komischen Namen. Ich habe ihn noch nie gehört. Aber er klingt gut. Er gefällt mir.«
»Meine Mutter gab ihn mir. Sie hatte eine gute Erziehung genossen und kannte alle möglichen Fremdwörter. Sie las immer Bücher, fast bis zu ihrem Tode. Und sie schrieb eine Menge. Ich habe einige von ihren Gedichten, die vor langer Zeit in einer San-Joséer Zeitung gestanden haben. Die Sachsen waren ein Volksstamm – sie erzählte mir eine Menge von ihnen, als ich klein war. Sie waren wild wie die Indianer, aber weiß. Und sie hatten blaue Augen und gelbes Haar und waren gewaltige Krieger.«
Während sie sprach, hörte Billy ganz feierlich zu, und seine Augen hafteten unabgewandt auf ihr.
»Nie von ihnen gehört«, gestand er. »Lebten sie vielleicht irgendwo hier in der Nähe?«
Sie lachte.
»Nein. Sie lebten in England. Sie waren die ersten Engländer, und Sie wissen wohl, daß die Amerikaner von den Engländern abstammen. Wir sind Sachsen, Sie und ich, und Mary und Bert und alle Amerikaner, die richtige Amerikaner sind, wissen Sie, nicht Italiener, Japaner und dergleichen.«
»Meine Familie lebt schon lange in Amerika«, sagte Billy sinnend, »die Familie meiner Mutter. Sie ließen sich vor hundert Jahren in Maine nieder.«
»Mein Vater war auch aus Maine«, fiel sie ihm mit einem kleinen Freudenschrei ins Wort. »Und meine Mutter ist in Ohio oder da herum geboren. Was war Ihr Vater?«
»Weiß nicht,« Billy zuckte die Achseln. »Er wußte es selber nicht. Und kein anderer wußte es. Aber deshalb war er doch Amerikaner; Amerikaner durch und durch, darauf können Sie sich verlassen.«
»Roberts ist ein alter amerikanischer Name«, versicherte Saxon. »Es gibt gerade jetzt einen großen englischen General, der Roberts heißt. Das habe ich in der Zeitung gelesen.«
»Ja, aber mein Vater hieß nicht Roberts. Er hat seinen Namen nie gekannt. Roberts hieß ein Goldgräber, der ihn adoptierte. Sehen Sie, es verhielt sich so. Damals, als sie sich mit den Modoc-Indianern herumschlugen, waren eine Menge Goldgräber und Kolonisten dabei. Roberts war der Anführer eines solchen Korps, und einmal machten sie nach einem Kampf viele Gefangene, Indianerfrauen, Kinder und Säuglinge. Und eines dieser Kinder war mein Vater. Sie schätzten ihn auf fünf Jahre. Er sprach nur indianisch.«
Saxon schlug die Hände zusammen, und ihre Augen strahlten: »Er war bei einem Indianerüberfall gefangen worden!«
»So erklärten sie es«, nickte Billy. »Sie hatten von einem Wagenzug von Oregonkolonisten gehört, die vier Jahre zuvor von Modoc-Indianern erschlagen worden waren. Roberts adoptierte ihn, und deshalb weiß ich seinen richtigen Namen nicht. Aber Sie können sich darauf verlassen, daß er doch mit dabei war, als es über die Prärie ging.«
»Mein Vater auch«, sagte Saxon stolz.
»Und meine Mutter auch«, fügte Billy mit einem Anstrich von Stolz in der Stimme hinzu. »Sie ging sogar recht jung über die Prärie, denn sie wurde unterwegs in einem Wagen am Platte geboren.«
»Ja, und meine Mutter!« sagte Saxon. »Die war acht Jahre alt und ging den größten Teil des Weges zu Fuß, denn die Ochsen begannen zu fallen.«
Billy streckte die Hand aus.
»Her damit, Kindchen!« sagte er. »Es ist ganz, als wären wir alte Freunde, denn unsere Familien sind vom gleichen Schlage.«
Um acht Uhr spielte die Al-Vista-Musik »Heimat, süße Heimat«, und durch den dämmernden Abend gingen die vier mit dem Strom nach dem Bahnhof und hatten das Glück, gegenüberliegende Doppelbänke zu erwischen. Als Gänge und Plattformen brechend voll von lustigen Ballgästen waren, setzte sich der Zug in Bewegung, um die kurze Strecke von der Vorstadt nach Oakland zu fahren. Der ganze Wagen sang ein Dutzend verschiedener Lieder auf einmal, und Bert stimmte, den Kopf an Marys Brust gelehnt, »An den Ufern des Wabash« an. Er sang das Lied von Anfang bis zu Ende, ohne sich von dem wilden Lärm zwei verschiedener Prügeleien stören zu lassen, die eine auf der Plattform dicht neben ihnen, die andere am entgegengesetzten Ende des Wagens, bis es den beiden dazu gemieteten Schutzleuten, unter Begleitung von Weibergeheul und zerbrochenen Scheiben, endlich gelang, Ruhe zu schaffen. Billy sang ein trauriges Lied von einem Cowboy; es hatte viele Strophen und einen Refrain, der lautete: »Begrabt mich auf der wilden Prä-rärie.«
»Das haben Sie noch nie gehört; es ist eines von den Liedern meines Vaters«, vertraute er Saxon an, die sich freute, als es fertig war.
Sie hatte den ersten Fehler an ihm entdeckt. Er hatte kein Gehör. Er hatte von Anfang bis zu Ende entsetzlich falsch gesungen.
»Ich singe nicht oft«, fügte er hinzu.
»Nein, das soll er auch schön bleiben lassen«, erklärte Bert. »Seine Kameraden würden ihn einfach totschlagen, wenn er es täte.«
»Sie machen sich alle über mich lustig, wenn ich singe«, sagte Billy klagend zu Saxon. »Offen gestanden, finden Sie es auch so schrecklich?«
»Sie singen vielleicht ein bißchen falsch«, wich Saxon aus.
»Ich kann nicht hören, daß es falsch ist«, protestierte er. »Es ist eine förmliche Verschwörung gegen mich. Ich möchte wetten, daß Bert Ihnen das eingeredet hat. Aber singen Sie mal was, Saxon. Ich wette, daß Sie gut singen. Ich kann es Ihnen direkt ansehen.«
Sie begann »Wenn die Tage des Herbstes vorbei«. Bert und Mary fielen ein; als aber Billy auch mitsingen wollte, versetzte Bert ihm einen warnenden Tritt gegen das Schienbein. Saxons Stimme war ein reiner, klarer Sopran, etwas zart, aber süß, und sie war sich bewußt, daß sie für Billy sang.
»Das muß ich sagen, das nenne ich singen!« sagte er, als sie fertig war. »Singen Sie das noch einmal. Nun, los! Sie machen es wirklich gut. Es ist großartig.«
Seine Hand näherte sich der ihren und bemächtigte sich ihrer, und während sie wieder zu singen begann, fühlte sie sich von dem starken Strom seines Pulsschlages durchwärmt.
»Wie sie Hand in Hand dasitzen«, neckte Bert. »Man sollte glauben, daß sie Angst voreinander hätten. Seht Mary und mich. Feste, ihr Feiglinge. Näher zusammen. Sonst sieht es verdächtig aus. Ich habe schon meinen Verdacht.«
Seine Andeutungen waren nicht mißzuverstehen. Saxon merkte, daß ihre Wangen glühend heiß wurden.
»Benimm dich, Bert«, sagte Bill zurechtweisend.
»Halt den Mund«, sagte Mary, die auch empört war. »Du bist ekelhaft roh, Bert Wanhope, und ich will nichts mehr mit dir zu tun haben – bitte!«
Sie zog ihren Arm an sich und schob ihn weg, aber nur, um ihn nach zehn Sekunden verzeihend wieder in Gnaden aufzunehmen.
»Hört mal zu, alle drei«, fuhr der unverbesserliche Bert fort. »Die Nacht ist lang. Laßt uns die Zeit benutzen. Zuerst Pabsts Café – nachher etwas anderes. Was meinst du, Billy? Was meinen Sie, Saxon? Mary macht mit.«
Saxon schwieg, wartete aber, halb krank vor Furcht, was der Mann, den sie erst so kurze Zeit kannte, antworten würde.
»Nein«, sagte er besonnen. »Ich muß morgen früh aufstehen und den ganzen Tag arbeiten, und ich denke, daß es den Mädels ebenso geht.«
Saxon verzieh ihm, daß er unmusikalisch war. Sie hatte stets gewußt, daß es solche Männer gab. Auf einen solchen Mann hatte sie gewartet. Sie war jetzt vierundzwanzig, und ihren ersten Heiratsantrag hatte sie mit sechzehn bekommen. Den letzten vor nicht mehr als einem Monat – von dem Inspektor der Wäscherei, einem guten, netten Mann, aber nicht mehr jung. Aber der hier neben ihr war stark und gut und jung. Sie selbst war zu jung, um sich nicht Jugend zu wünschen. Der Inspektor – das hätte bedeutet, daß sie nicht mehr zu plätten brauchte, aber er hätte keine Wärme geschenkt. Aber dieser Mann hier neben ihr – – sie ertappte sich dabei, wie sie ihm die Hand drücken wollte.
»Nein, Bert, quäl uns nicht«, sagte Mary. »Wir müssen etwas schlafen. Morgen müssen wir den ganzen Tag am Plättbrett stehen.«
Saxon wurde plötzlich kalt vor Angst bei dem Gedanken, daß sie sicher älter als Billy sei. Verstohlen blickte sie ihn und die weichen runden Linien seines Gesichts an, und das Jungenhafte an ihm ließ sie erschrecken. Natürlich würde er ein Mädchen heiraten, das jünger war als er selber, jünger als sie. Wie alt war er? War es denkbar, daß er zu jung für sie war? Aber je unerreichbarer er wurde, desto heftiger fühlte sie sich von ihm angezogen. Er war so stark und gut. Sie rief sich alle Ereignisse des Tages wieder ins Gedächtnis zurück. Sie fand keinen Fehl, keinen Tadel. Die ganze Zeit war er rücksichtsvoll gegen sie und Mary gewesen. Und er hatte ihre Ballkarte zerrissen und mit keiner andern getanzt. Es war klar, daß sie ihm gefiel, sonst hätte er das nicht getan.
Sie machte eine kleine Bewegung mit der Hand, die er in der seinen hielt, und fühlte die rauhe Berührung mit seiner harten Kutscherfaust. Das war ein wundervolles Gefühl. Jetzt bewegte seine Hand sich auch etwas, um sich nach der ihren zu richten, und sie wartete ängstlich. Sie wollte nicht, daß er es wie andere Männer machte, und sie wäre zornig auf ihn geworden, wenn er es gewagt hätte, ihre schwache Bewegung mit den Fingern zu benutzen, um den Arm um sie zu legen. Aber er tat es nicht, und eine Woge von Wärme drang ihr ins Gemüt. Er besaß Feingefühl. Er war weder ein Schwätzer wie Bert noch plump wie andere Männer, denen sie begegnet war. Denn sie hatte Erfahrungen gemacht, die nicht angenehm waren, und sie hatte das entbehrt, was man Ritterlichkeit nannte, wenn sie auch dies Wort nicht benutzt hätte, um auszudrücken, was sie entbehrte, und wonach sie sich sehnte.
Und er war Berufsboxer. Der Gedanke benahm ihr fast den Atem. Er entsprach gar nicht ihren Begriffen von einem Berufsboxer. Im übrigen war er gar kein Professional. Er hatte selbst gesagt, daß er es nicht war. Sie beschloß, ihn einmal danach zu fragen, falls – falls er sie zum Ausgehen einlud. Aber daran zweifelte sie eigentlich nicht, denn wenn ein Mann einen ganzen Tag lang mit einem jungen Mädchen tanzte, so ließ er sie nicht gleich wieder laufen. Sie hoffte beinahe, daß er ein Professional war. Der Gedanke kitzelte sie. Boxer, das war etwas Schreckliches und Mystisches. Boxer standen außerhalb der Regel, sie waren keine gewöhnlichen Arbeiter wie Zimmerleute und Wäschereiarbeiter, sie repräsentierten die Romantik. Sie repräsentierten auch die Kraft. Sie arbeiteten nicht für Arbeitgeber, sondern traten mit Pomp und Gepränge auf, kämpften für eigene Rechnung mit der großen Welt und preßten viel, viel Geld aus den widerstrebenden Händen heraus. Es gab unter ihnen welche, die sich ein Auto hielten und mit einem ganzen Stabe von Trainern und Dienern reisten. Vielleicht hatte Billy nur aus Bescheidenheit gesagt, daß er nicht mehr auftrat. Und doch – die harte Haut in seinen Händen – sie sagte ihr, daß er aufgehört hatte.
An der Pforte nahmen sie voneinander Abschied. Billy war sichtbar verlegen, und das tat Saxon wohl. Er war keiner der jungen Männer, die das als etwas Selbstverständliches hinnahmen. Eine Pause trat ein, in der sie tat, als wollte sie hineingehen, während sie in Wirklichkeit mit geheimer Ungeduld auf die Worte wartete, die sie von ihm wünschte.
»Wir sehen uns doch wieder, nicht wahr?« fragte er, ihre Hand in der seinen.
Sie lachte einwilligend.
»Ich wohne in der Gegend von Ost-Oakland«, erklärte er. »Dort liegt der Stall, wissen Sie, und wir fahren hauptsächlich in dem Viertel, so daß mein Weg ja nicht oft hier vorbeiführt. Aber hören Sie mal –«. Seine Hand griff fester um die ihre. »Wir müssen noch einmal ebensogut zusammen tanzen. Mittwoch ist Ball im Orindore-Klub. Wenn Sie nichts anderes vorhaben – oder haben Sie?«
»Dann sagen wir also Mittwoch. Wann soll ich Sie abholen?«
Und als sie alles verabredet hatten und er eingewilligt hatte, daß sie ein paar Tänze mit andern tanzen dürfte, und sie sich noch einmal Gutenacht sagten, faßte er ihre Hand und zog sie an sich. Sie wehrte sich, schwach, aber mit ehrlichem Willen. Es war üblich so, aber sie hatte das Gefühl, daß sie es lieber lassen sollte, aus Furcht, mißverstanden zu werden. Und doch wünschte sie, ihn zu küssen, wie sie noch nie gewünscht hatte, einen Mann zu küssen. Als es kam und sie das Gesicht zu ihm hob, stellte sie fest, daß es seinerseits ein Kuß in Ehren war. Nichts lag dahinter. Unbeholfen und freundlich, wie er selber war, wirkte er fast jungfräulich und verriet keine große Erfahrung in der Kunst des Gutenachtsagens.
»Gute Nacht«, murmelte er. Die Pforte kreischte unter seiner Hand. Er eilte den engen Weg hinab, der zur Ecke des Hauses führte.
»Mittwoch«, rief sie ihm leise nach.
»Mittwoch«, antwortete er. Aber in dem dunkeln Gang zwischen den zwei Häusern blieb sie stehen und lauschte froh auf das Geräusch seiner Schritte auf dem zementierten Bürgersteig. Erst als sie verhallten, ging sie hinauf. Sie schlich sich die Hintertreppe hinauf und durch die Küche in ihr Zimmer, von Herzen dankbar, daß Sarah schlafen gegangen war.
Sie zündete das Gas an, und während sie ihren kleinen Samthut abnahm, spürte sie noch, wie ihre Lippen nach dem Kuß zitterten. Selbstverständlich hatte der nichts zu bedeuten. Es war unter jungen Leuten so üblich. Alle taten es. Aber ihr Gutenachtkuß hatte ihr nie dieses zitternde Gefühl im Gehirn und auf ihren Lippen gegeben. Was war das? Was bedeutete das? Eine plötzliche Eingebung ließ sie sich im Spiegel betrachten. Die Augen strahlten glücklich. Die Röte, die so leicht in ihren Wangen kam und ging, verlieh ihnen im Augenblick Farbe und Glut. Es war ein schönes Spiegelbild, das sie froh und selbstbewußt lächeln ließ, und das Lächeln vertiefte sich noch beim Anblick der zwei starken, weißen und ganz ebenmäßigen Zahnreihen. Warum soll Billy das Gesicht nicht gefallen? fragte sie sich. Andern Männern hatte es gefallen. Selbst die andern Mädchen gaben zu, daß sie gut aussah. Charley Long mußte es doch gefallen, sonst würde er ihr das Leben nicht so zur Qual machen.
Sie warf einen Blick nach dem Spiegel, wo seine Photographie steckte, schauderte und schnitt eine kleine Grimasse vor Abscheu und Ekel. Grausamkeit lag in den Augen und Brutalität. Er war eine Bestie. Ein ganzes Jahr lang tyrannisierte er sie jetzt. Er verscheuchte die andern. Es war gleichsam eine Art Sklaverei, wie er ihr aufpaßte. Sie mußte an den jungen Buchhalter in der Wäscherei denken – der war kein Arbeiter, nein, sondern ein feiner Herr mit weichen Händen und weicher Stimme – ihn hatte Charley an der Straßenecke überfallen, nur, weil er gewagt hatte, sie zum Theater einzuladen. Und sie hatte nichts tun können. Um seinetwillen hatte sie nie ja zu sagen gewagt, wenn er sie eingeladen hatte.
Und nun sollte sie Mittwoch abend mit Billy ausgehen. Das Herz hüpfte ihr. Es gab wohl Krach, aber Billy würde sie von ihm befreien. Er sollte nur versuchen, Billy zu überfallen.
Mit einer schnellen Bewegung warf sie die Photographie herunter und ließ sie mit der Bildseite auf die Kommode fallen. Dort lag sie jetzt neben einem kleinen viereckigen Etui aus dunklem Leder, das vom Zahn der Zeit ziemlich mitgenommen war. Mit dem Gefühl, daß es eine Entweihung war, ergriff sie wieder die unselige Photographie und warf sie in eine Ecke des Zimmers. Hierauf nahm sie das Lederetui, drückte auf eine Feder, daß es aufsprang, und betrachtete die Daguerreotypie einer kleinen abgearbeiteten Frau mit festen grauen Augen und mit einem Mund mit zuversichtlichem, rührendem Ausdruck. Auf dem Samt des Etuis stand mit Goldbuchstaben: Carlton von Daisy. Sie las es andächtig, denn es war der Name ihres Vaters, den sie nie gekannt hatte, und das Bild stellte die Mutter dar, die sie nur so wenig gekannt, wenn sie auch nie vergessen hatte, daß diese klugen traurigen Augen grau gewesen waren.
Die Musik spielte gerade die letzten Töne eines Walzers, als Billy und Saxon vor der großen Eingangstür des Tanzlokals standen. Ihre Hand ruhte leicht auf seinem Arm, und sie wollten sich gerade ein paar Stühle suchen, als Charley Long, der offenbar auch gerade gekommen war, sich zu ihnen hindurchdrängte.
»Ach so, du bist es? Und du willst hier Krach machen, wie?« sagte er, und sein Gesicht war böse und rot.
»Wer? Ich?« fragte Billy ruhig. »Du irrst dich, ich mache nie Krach.«
»Ich zerschlage dir den Kopf, wenn du dich nicht verziehst, und zwar ein bißchen schnell.«
»Das möchte ich sehr ungern«, sagte Billy zaudernd. »Komm, Saxon, die Nachbarschaft ist nicht gesund für uns.«
Er machte Miene, sich mit ihr zu entfernen, aber Long stellte sich ihnen in den Weg.
»Du bist doch ein bißchen zu naß hinter den Ohren, Freundchen«, knurrte er. »Du mußt ein bißchen gesalzen werden, verstanden?«
Billy kratzte sich mit einem Ausdruck übertriebenen Erstaunens den Kopf.
»Nein, ich glaube, ich verstehe dich nicht«, sagte er. »Was hast du übrigens gesagt?«
Aber der große Schmied wandte sich verächtlich von ihm ab zu Saxon.
»Komm, Mädel. Zeig mir deine Tanzkarte.«
»Willst du mit ihm tanzen?« fragte Billy.
Sie schüttelte den Kopf.
»Tut mir leid, Genosse. Aber dann ist nichts zu machen«, sagte Billy und schickte sich wieder zum Gehen an.
Zum drittenmal stellte sich der Schmied ihnen in den Weg.
»Weg mit dir«, sagte Billy. »Weg mit dir, sage ich.«
Long stand sprungbereit da. Er hatte die Fäuste geballt, der eine Arm war zum Stoß zurückgezogen und Schultern und Brustkasten vorgeschoben. Aber Billys unerschütterliche Ruhe und sein kalter Blick, in dem Wolken kamen und gingen, ließen ihn sich bedenken. Billy hatte sich nicht von der Stelle gerührt und sah vollkommen ruhig aus. Es war, als beachtete er den drohenden Angriff gar nicht. Das war etwas Neues und Unbekanntes in Longs Praxis.
»Du weißt vielleicht nicht, wer ich bin?« knurrte er.
»Doch«, warf Billy leicht hin. »Du bist ein Rekordkrachmacher.« Long machte ein ganz vergnügtes Gesicht. »Du solltest den Diamantengürtel der ›Police Gazette‹ fürs Umwerfen von Kinderwagen haben. Ich bin sicher, daß du mit jedem anbändelst.«
»Laß ihn in Ruhe, Charley«, sagte einer der jungen Leute, die sich um sie geschart hatten. »Das ist Bill Roberts, der Boxer. Du kennst ihn. Der Große Bill.«
»Mir ist es einerlei, und wenn es Jim Jeffries selbst wäre. Er soll hier keinen Krach mit mir machen.«
Nichtsdestoweniger konnten alle, auch Saxon, merken, daß seine Wut sich bedeutend abgekühlt hatte. Billys Name schien eine beruhigende Wirkung auf brüllende Männchen auszuüben.
»Kennst du ihn?« fragte Billy sie.
Sie nickte nur, obwohl sie gern tausend Anklagen gegen diesen Mann hinausgeschrien hätte, der sie so hartnäckig verfolgte. Billy wandte sich jetzt zu dem Schmied.
»Hör, Genosse, du willst dich doch nicht mit mir schlagen. Warum auch? Das Mädel hat wohl selbst auch noch ein Wörtchen dabei mitzureden.«
»Nein. Das geht nur uns beide an!«
Billy schüttelte besonnen den Kopf. »Nein, das stimmt nicht. Ich denke, daß sie auch ein Wörtchen dabei mitzureden hat.«
»Schön, dann sag' es«, knurrte Long, zu Saxon gewandt. »Mit wem willst du dich zusammentun? Mit mir oder ihm? Entscheide es.«
Statt zu antworten, legte Saxon ihre freie Hand auf die, die auf Billys Arm ruhte.
»Ja, dann ist die Sache wohl erledigt«, meinte Billy.
Long starrte zuerst Saxon, dann ihren Beschützer an. »Ich hätte schon Lust, die Sache gelegentlich mit dir auszutragen«, knurrte er zwischen den Zähnen.
Sie wandten sich zum Gehen, und Saxon war stolz. Sie hatte nicht das Schicksal Lily Sandersons erlitten. Dieser herrliche Mann, der dabei ein Junge war, hatte, ohne auch nur mit Schlägen zu drohen, den großen Schmied mit seiner Besonnenheit und Unerschütterlichkeit besiegt.
»Er hat sich mir überall aufgedrängt«, flüsterte sie Billy zu. »Er hat sich vorgenommen, mich mürbe zu machen, und hat allen, die mir nur in die Nähe kamen, die Köpfe zerschlagen. Ich möchte ihn nie wiedersehen.«
Billy blieb sofort stehen. Long, der sich noch nicht recht entschließen konnte zu gehen, stand auch still.
»Sie sagt, daß sie nichts mehr mit dir zu tun haben will. Und was sie sagt, das gilt. Wenn ich je höre, daß du sie auch nur mit einem Mucks genierst, dann kannst du was erleben. Verstanden?«
Long warf ihm einen wütenden Blick zu, sagte aber nichts.
»Verstanden?« wiederholte Billy gebieterisch.
Der Schmied ließ ein bestätigendes Knurren hören.
»Schön. Dann vergiß es auch nicht. Und jetzt mach, daß du wegkommst, sonst trete ich dich auf die Füße.«
Long trottete unter würgenden Drohungen ab, und Saxon ging wie in einem Traum weiter. Charley Long hatte klein beigegeben. Er hatte Angst vor diesem blauäugigen, glatthäutigen Jungen. Der hatte sie von ihm befreit – hatte getan, was kein anderer Mann für sie versucht hatte.
Zweimal machte Saxon einen Versuch, Billy die Einzelheiten ihrer Bekanntschaft mit Long zu erzählen, aber beide Male unterbrach er sie.
»Ich pfeife darauf«, sagte Billy das zweitemal. »Du bist ja hier, nicht wahr?« Aber sie beharrte bei ihrer Absicht, und als sie endlich erregt und erbittert über ihre eigene Geschichte schloß, streichelte er ihr tröstend die Hand.
»Laß es gut sein, Saxon«, sagte er. »Er ist ein richtiger Strolch. Ich habe ihn gleich, als ich ihn sah, richtig eingeschätzt. Aber er wird dich nicht mehr belästigen. Ich kenne die Sorte. Die bellt nur. Aber sich schlagen! Er könnte sich nicht einmal mit einem Milchwagen schlagen.«
»Aber wie machst du es nur?« fragte sie, und ihr Atem ging schneller. »Warum fürchten dich alle Männer? Das ist direkt wunderbar.«
Er lächelte mit leichter Verlegenheit und kam auf etwas anderes zu sprechen.
»Weißt du«, sagte er, »deine Zähne gefallen mir so gut. Sie sind so weiß und gleichmäßig und nicht groß. Aber du hast auch nicht solche winzigen Kinderzähne. Sie sind – sie sind ganz wie sie sein sollen, und sie passen großartig zu dir. Sie sind zum Fressen.«
Gegen Mitternacht brachen Billy und Saxon auf und verabschiedeten sich von Bert und Mary, den beiden Unermüdlichen, die nie genug tanzen konnten. Billy hatte vorgeschlagen, so früh zu gehen, und es drängte ihn, ihr den Grund zu erklären.
»Das habe ich von den Boxern gelernt«, sagte er. »Auf mich zu achten. Man kann nicht den ganzen Tag arbeiten und die ganze Nacht arbeiten und dabei in Form bleiben. Das ist dasselbe, wie wenn man trinkt Nicht, daß ich ein Engel bin. Ich bin so betrunken gewesen wie nur einer, und ich liebe Bier – massenhaft. Aber ich trinke nicht so viel, wie ich gern möchte. Ich habe es versucht, aber es lohnt sich nicht. Nimm zum Beispiel den großen Strolch, der heute mit uns anbändelte. Er ist ein Hund durch und durch, aber er hat Bierblut. Darüber war ich mir klar, sobald er uns anrempelte.«
»Aber er ist so groß«, protestierte Saxon. »Ach, seine Hände sind sicher doppelt so groß wie deine.«
»Das hat nichts zu sagen. Es kommt lediglich darauf an, was hinter den Fäusten steckt. Er würde wie ein wütender Stier drauflosgehen. Vielleicht könnte ich ihn nicht gleich zu Boden schlagen. Aber ich brauchte ihn mir nur vom Leibe zu halten, ihn zu ermüden und abzuwarten. Auf einmal würde er explodieren – in Stücke gehen, verstehst du. Und dann hätte ich ihn, wo ich wollte, und das weiß er selber gut. Das ist das Geheimnis.«
»Du bist der einzige Boxer, den ich je gekannt habe«, sagte Saxon nach einer Pause.
»Ich bin es nicht mehr«, wandte er schnell ein. »Es lohnt sich nicht. Man trainiert, bis man so fein wie Seide ist – bis man die reine Seide ist, in Haut und allem, und man glaubt, hundert Jahre leben zu können. Und dann geht man eines schönen Tages mit irgendeinem zähen Kerl in den Ring, der ebenso gut ist wie man selber – zwanzig Runden – und in diesen zwanzig Runden setzt man all seine Seide zu und wirft ein Jahr seines Lebens weg. Ja, manchmal setzt man fünf Jahre seines Lebens oder die Hälfte zu, oder verbraucht alles auf einmal. Ich habe meine Augen gebraucht, ich habe Burschen, so stark wie Stiere, sterben sehen, ehe ein Jahr um war, an Schwindsucht oder Nierenkrankheit oder dergleichen. Welche Freude hat man davon? Geld kann nicht ersetzen, was man verliert. Sieh, das ist der Grund, daß ich das Boxen aufgab, und mich entschloß, Kutscher zu bleiben. Ich habe meine Seide und gedenke, sie zu behalten, das ist alles.«
»Es muß ein stolzes Gefühl sein, zu wissen, daß man den andern Männern überlegen ist«, sagte sie sanft und war selbst stolz auf seine Kraft und Tüchtigkeit.
»Das ist es«, gab er freimütig zu. »Ich freue mich, daß ich damit anfing, ebenso wie ich mich jetzt freue, daß ich's wieder aufgab. Ja, ja, ich habe allerlei dabei gelernt – die Augen offen und den Kopf klar zu halten. Das Boxen lehrte mich, Dampf zu sparen und nichts zu tun, was ich hinterher bereute.«
»Ach, du bist der nettste und friedlichste Mann, den ich je gekannt habe«, warf sie ein.
»Glaub das nicht. Paß nur auf, und du wirst sehen, gelegentlich überwältigt mich das Böse, daß ich nicht weiß, was ich tue. Ach, wenn ich erst losgelassen bin, bin ich schlimmer als der schlimmste Teufel.«
Dieses stillschweigende Versprechen, ihre Bekanntschaft fortzusetzen, ließ Saxons ganze Gestalt von Freude erschauern.
»Sag«, meinte er, als sie in die Nähe ihrer Wohnung kamen. »Was machst du Sonntag?«
»Nichts. Ich habe mir noch nichts vorgenommen.«
»Schön, was meinst du dazu, mit mir eine Wagenfahrt in die Berge zu machen?«
Sie antwortete nicht gleich, denn einen Augenblick lang hatte sie eine Vision, wie einen Alpdruck, sie sah ihre letzte Ausfahrt, ihren Schrecken, ihren Sprung aus dem Wagen und den meilenweiten Heimweg, in der Dunkelheit stolpernd in ihren dünnsohligen Schuhen, die die Steine fast bei jedem Schritt durchschnitten. Aber dann ging es wie eine Freudenwoge durch ihre Seele bei dem Gedanken, daß dieser Mann bei ihr war.
»Ich liebe Pferde«, sagte sie. »Ich liebe sie fast mehr als Tanzen, aber ich verstehe nichts von ihnen. Mein Vater hatte einen großen Rotschimmel als Streitroß. Er war Rittmeister, weißt du. Ich habe ihn nie gesehen, aber mir scheint immer, ich müßte ihn auf dem großen Pferde sehen, eine Schärpe um den Leib und einen Säbel an der Seite. Mein Bruder George hat den Säbel, aber Tom – das ist der Bruder, bei dem ich wohne – Tom sagt, daß er mir gehört, weil es nicht sein Vater war. Siehst du, sie sind nur meine Halbbrüder. Ich bin das einzige Kind aus der zweiten Ehe meiner Mutter. Es war ihre richtige Ehe – ihre Liebesehe, meine ich.«
Saxon hielt plötzlich inne, verlegen über ihre eigene Redseligkeit; und doch war es so verlockend, diesem jungen Mann von sich zu erzählen, denn all diese fernen Erinnerungen waren ja ein so großer Teil von ihr selber.
»Erzähl mir mehr davon«, ermunterte Billy sie. »Ich höre so gern von alten Tagen. Meine Familie hat auch alles mitgemacht, und ich habe beinahe das Gefühl, daß es eine bessere Welt war als die, in der wir jetzt leben. Alles war einfacher und natürlicher, ich weiß nicht recht, wie ich es ausdrücken soll. Aber ich meine ungefähr so: Ich verstehe das Leben heute nicht, alle diese Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände und Streiks und die schweren Zeiten und die Jagd nach Arbeit. Alles das. So war es früher nicht. Da waren sie alle Bauern, schossen selbst ihr Wild, hatten genug zu essen und sorgten gut für die Alten. Aber jetzt ist es ein Durcheinander, das ich nicht verstehe. Vielleicht bin ich nur dumm, ja, was weiß ich? Aber das ist auch einerlei – laß mich mehr von deiner Mutter hören.«
»Ja, siehst du, als sie noch ganz jung war, gewannen sie und Kapitän Brown sich lieb. Er war damals Soldat. Es war vor dem Krieg. Und er wurde gleich nach Osten in den Krieg kommandiert, während sie für ihre Schwester Laura sorgen mußte. Und dann kam die Nachricht, daß er bei Shiloh gefallen war. Und sie heiratete einen Mann, der sie seit vielen, vielen Jahren liebte. Er war als Knabe in demselben Wagenzug wie sie über die Prärie gezogen. Sie hatte ihn gern, liebte ihn aber nicht. Und später erfuhr sie dann, daß mein Vater gar nicht gefallen war. Das machte sie sehr schwermütig, vernichtete aber nicht ihr Leben. Sie war eine gute Mutter und eine gute Gattin, aber sie war immer schwermütig, sanft und freundlich, und ich glaube, ihre Stimme war die schönste von der Welt.«
»Ja, sie muß prachtvoll gewesen sein«, gab Billy zu.
»Und mein Vater heiratete nie. Er liebte sie immer noch. Ich habe zu Hause ein herrliches Liebesgedicht, das er ihr gemacht hat. Es ist geradezu wundervoll, und es klingt wie Musik. Nun und dann, nach langer Zeit, starb ihr Mann, und da gingen sie und mein Vater ihre Liebesehe ein. Sie heiratete erst 1882, und da war sie nicht mehr jung.«
Sie erzählte ihm noch mehr, während sie an der Pforte standen, und nachher versuchte sie sich einzureden, daß der Gutenachtkuß ein ganz klein wenig länger gedauert hätte als sonst.
»Sagen wir also um neun?« fragte er über die Pforte hinweg. »Kümmere dich nicht um Frühstück und dergleichen. Dafür sorge ich schon. Sei nur um neun Uhr bereit.«