Rudolf Lindau
Liebesheiraten
Rudolf Lindau

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Ich kann über die nächsten Monate kurz hinweggehen.

Es ereignete sich während derselben nichts besonderes, nur daß sich mein Unglück allmählich und sicher vorbereitete.

Mein Verhältnis zu Johanna änderte sich nicht, wurde kaum ein vertraulicheres, und ich fühlte, als unsere Hochzeit nahte, daß sie mir noch gerade so nah und so fern stand wie am Tage unserer Verlobung.

Obgleich Frau v. Wehrenberg uns zahlreiche Stunden ungestörten Zusammenseins gegönnt, hatte ich mich mit Johanna doch kaum über irgendeine der Fragen, die mich besonders beschäftigten, vertraulich aussprechen können. Wir waren übereingekommen, daß wir uns in Nortorf, dem Stammsitz meiner Familie, den Karl mit Frau und Kindern und Elise bewohnten, verheiraten würden, der Tag der Vermählung war festgestellt, unsere Hochzeitsreise, mit Hilfe des »Reichs-Kursbuches« von Johanna auf das sorgfältigste ausgearbeitet worden, und ich wußte genau, welche Koffer und Kleider sie für die Reise mitnehmen würde. Wir studierten – sie mit nimmermüdem Eifer, ich mit täglich wachsender Ermüdung – die bewährtesten Reiseführer für die Länder und Städte, die wir besuchen wollten, und Johanna konnte mir aus dem Kopfe alle Gasthäuser hersagen, in denen wir absteigen, alle Seen, Berge, Tunnel, Bilder und Statuen nennen, die wir zu bewundern haben würden, auch hatten wir bereits eine Wohnung in Berlin gemietet und – auf dem Papier – bis in die kleinsten Einzelheiten eingerichtet. Aber damit war so ziemlich alles erschöpft, was wir untereinander besprochen hatten. Johanna zeigte für nichts anderes als für derartige Fragen Teilnahme, und ich war, wenn ich sie verließ, stets bemüht, dies zu erklären und zu entschuldigen. – »Marie hatte recht,« sagte ich mir, »Frau von Wehrenberg hat einen schlechten Einfluß auf ihre Tochter ausgeübt; aber im Grunde ist sie edel und gut, und sie ist noch so jung, daß diese Eigenschaften schließlich den Sieg über die kleinlichen Ansichten davontragen werden, die sie sich im steten Zusammensein mit ihrer Mutter angeeignet hat.«

Gegen diese empfand ich einen tiefen Ingrimm, und ich fühlte, daß auch sie mir mit schwer verhaltener Feindschaft gegenüberstand. Mein Entschluß, die Trennung zwischen ihr und Johanna zu einer nahezu vollständigen zu machen, sobald diese meine Frau sein würde, stand fest. Die Gegenwart der Mutter würde mein Glück vergiftet haben. Ich wollte sie sogleich nach meiner Verheiratung lehren, unser Haus zu meiden. – Über Lothar und dessen Braut war zwischen Frau von Wehrenberg und mir seit dem Tage meiner Verlobung kein Wort mehr gewechselt worden. Ich fühlte, daß Frau v. Wehrenberg meinen Wünschen nicht geneigter geworden war, und einen unnütz unfreundlichen Wortwechsel mit ihr wollte ich vermeiden. Auch mit Johanna hatte ich die Frage nicht erledigen können, obgleich ich sie verschiedene Male berührt hatte. Aber Johanna hatte mich dann scheu angesehen und mich gebeten, die Sache vorläufig ruhen zu lassen.

»Vorläufig – ja«, sagte ich eines Tages etwas gereizt; »aber wie denkst du dir die Sache später? Erwartest du von mir, daß ich mit meinem Bruder brechen soll, nur weil deine Mutter, von unberechtigten Vorurteilen befangen, in Fräulein Ellrichs keine Ebenbürtige erblicken will?«

»Du bist recht hart gegen Mama«, sagte Johanna.

»Lassen wir die Mama. Ich spreche von dir.«

»Wozu quälst du mich mit Fragen, die doch erst viel später erledigt werden können? Weshalb willst du mich in offenen Widerspruch mit meiner Mutter setzen, deren unbedingte Autorität ich, heute noch, pflichtschuldig anzuerkennen habe.«

Und als ich weiter in sie drang, um eine Erklärung bittend, begann sie zu weinen und nannte mich»lieblos«.

Es war sehr traurig für mich; und ich konnte nichts dagegen tun. Johanna war keineswegs so beschränkt, wie Marie angenommen hatte. Sie besaß unter anderem eine hervorragende Kunst darin, Erörterungen, die ihr unbequem waren, aus dem Wege zu gehen.

Wenn ich nach solchen Auseinandersetzungen des Abends meiner Wohnung zuschlich, sagte ich mir: »Liebeszwist. Das hat nichts zu bedeuten.« Aber ich fühlte, daß ich mich bemühte, mich mit solchen Worten zu täuschen, denn was uns bei derartigen Gelegenheiten entzweite, waren keine sogenannten › querelles d'amoureux‹, und von »süßen Versöhnungen« war niemals die Rede. Doch kam mir noch nicht ernstlich der Gedanke, Johanna zu entsagen. Ich ahnte bereits, daß ich nicht glücklich mit ihr sein würde, aber ich war willen- und ratlos, Entschließungen zu fassen, um meinem Unglück rechtzeitig aus dem Wege zu gehen.

Johanna nahm jeden Abend, wenn wir uns trennten, mit »kühler« Zärtlichkeit möchte ich sagen – aber doch zärtlich Abschied von mir. Das, was mich erregte, kränkte, verletzte – schien sie nicht zu berühren. Sie »schwebte« darüber mit einer Art kalter Überlegenheit. Konnte ich ihr eines Morgens, nachdem ich sie abends zuvor noch in meinen Armen gehalten hatte, schreiben oder sagen: »Liebe Johanna, wir passen nicht zueinander. Wir wollen ein jeder unsere Wege gehen.« Nein, das war unmöglich! Ich würde es als eine ehrlose Handlung betrachtet haben, hätte ich Johanna verlassen oder, wie die übliche Redensart geht, »sitzen lassen« wollen. Es ging nicht an. Ich mußte ausharren. Sie hatte mein Wort. Sie war meine verlobte Braut. Meine einzige Sorge mußte sein, sie glücklich zu machen, mit ihr glücklich zu werden. Alles andere war nach der Lage der Dinge ausgeschlossen.

Es war ein trauriger Brautstand. Meine Klagen darüber würden daran nichts geändert haben: Johanna würde sie einfach nicht verstanden haben oder darüber mit der ihr eigenen »Superiorität«, die mich manchmal bis zur Verzweiflung brachte, fortgeschwebt sein.

Doch fand ich stummes Verständnis für meinen wortlosen Schmerz – und zwar bei Natalie, der Braut meines Bruders. – Mein Verhältnis zu dieser hatte sich in kurzer Zeit zu einem wahrhaft freundschaftlichen gestaltet, und wennschon mein Herz Johanna gehörte und von Liebe zu Natalie bei mir selbstverständlich nicht die Rede sein konnte, so waren mir doch die Stunden, die ich in Gesellschaft der Braut meines Bruders verbrachte, wahrhafte Stunden der Erholung.

Mit Herrn und Frau Ellrichs hatte ich mich nicht befreunden können. Meine häufigen Besuche und meine Freundlichkeit hatten Herrn Ellrichs in kurzer Zeit in belästigender Weise zutraulich gemacht. Er ermüdete mich mit sogenannten »komischen Geschichten«, die er in großer Anzahl in seinem Gedächtnis aufgespeichert hatte und mit einer Lebhaftigkeit der Stimme, des Gesichtsausdruckes und der Bewegungen vortrug, die mich geradezu beängstigte, nachdem ich beobachtet hatte, welch peinlichen Eindruck seine derartigen Vorträge auf Lothar und Natalie machten. Er war fortwährend bemüht, mich an seiner Seite in das öffentliche Leben zu ziehen. Bald sollte ich mit ihm in ein Theater oder Konzert gehen, bald in diesem oder jenem Speisehause mit ihm zu Mittag oder zu Abend essen. Er ging sogar in seiner Aufdringlichkeit so weit, mir eines Tages ein Darlehn anzubieten. »Junge Leute sind manchmal in Verlegenheit – kenne das – bin ja auch jung gewesen. Eintretenden Falles ganz zu Ihrer Verfügung. Keine Redensart. Wünschte, Sie stellten mich auf die Probe!«

Ich verhielt mich all dem und vielem Ähnlichen gegenüber kühl ablehnend; aber Herr Ellrichs ließ sich keineswegs einschüchtern, sondern überraschte mich jeden Tag mit einer wahrhaft erstaunlichen Beharrlichkeit durch neue Vorschläge und unerwünschte Gefälligkeiten.

Frau Ellrichs war zurückhaltend und dadurch weniger belästigend als ihr Gemahl; aber ihre Zierereien, das Gekünstelte, Unwahre jedes ihrer Worte, ihres ganzen Wesens, machte sie mir beinahe noch unangenehmer als den pöbelhaften Vater. Ich hatte manchmal geradezu Anfälle innerer Wut, wenn ich sie, schmachtend hingegossen, in tadelloser Toilette die blödesten Phrasen, von sanftem Augenaufschlag begleitet, säuselnd hervorbringen hörte. Es war mir ein unlösbares Rätsel, wie der Verbindung einer solchen Puppe, wie Frau Ellrichs, und eines solchen Tölpels wie des Herrn Ellrichs, eine Tochter wie Natalie hatte entspringen können: – ein einfaches, kluges, natürliches und taktvolles Mädchen. Sie war unausgesetzt bemüht, ihrer Eltern zahllose Geschmacklosigkeiten, für die sie das feinste Gefühl hatte, zu verbergen und zu bemänteln, und wennschon ihr dies bei der Plumpheit jener Geschmacklosigkeiten niemals ganz gelingen konnte, so hatten ihre Bemühungen, in meinen Augen wenigstens, etwas ungemein Rührendes, und ich verbarg in ihrer Gegenwart auf das sorgfältigste, daß mich die Roheit des Vaters und die Geziertheit der Mutter verletzten, daß ich sie überhaupt bemerkte. Ganz besonders gefiel mir an Natalie, daß ihr Auftreten es jedem wohlerzogenen Menschen unmöglich machte, in ihrer Gegenwart auch nur die leiseste spöttelnde Anspielung auf die unliebenswürdige Eigenart ihrer Eltern zu machen. Übrigens bestand zwischen diesen und Natalie das beste Verhältnis. Es war leicht zu erkennen, daß Herr und Frau Ellrichs ihre Natalie als einen Ausbund von Klugheit, Vornehmheit und Schönheit vergötterten, und daß sie ihre Eltern zärtlich liebte. Blind für deren Fehler konnte sie unmöglich sein, und ich wunderte mich zunächst, daß es ihr nicht gelungen war, den unangenehmen Leuten bessere Sitten beizubringen; dann aber sagte ich mir, daß Herr Ellrichs unheilbar roh, die Frau Gemahlin hoffnungslos unwahr sei, und daß die Tochter ihre Bemühungen, etwas zu bessern, wohl erst aufgegeben habe, als sie eingesehen, Abhilfe sei da unmöglich.

Ich hatte meine Verlobung zunächst nur meinen Geschwistern angezeigt und von Elise herzliche Glückwünsche erhalten. Marie war nach ihren vorhergegangenen unfreundlichen Äußerungen über Johanna in Verlegenheit geraten, was sie mir nun sagen sollte. Ihre Herzensgüte und Liebe zu mir hatten ihr schließlich als richtig eingegeben zu schreiben, sie würde sich wohl in ihrem Urteil über meine Braut geirrt haben, sie wollte ihr mit dem herzlichen Wunsche entgegenkommen, sich mit ihr zu befreunden, und sie hoffte, eine liebe Anverwandte in ihr zu finden; mir wünschte sie alles Glück. Karls Teilnahme äußerte sich in kühler Weise. Elise hatte wohl recht: Geld nahm einen großen Platz in seinen Erwägungen ein. Von den Bedingungen, unter denen mir die Hand Johannas bewilligt worden war, hatte ich vorläufig noch nicht gesprochen, dagegen hatte ich Lothar, so schonend ich es vermochte, mitgeteilt, daß Frau v. Wehrenberg sich weigere, mit der Familie Ellrichs Beziehungen anzuknüpfen, und daß Johanna also erst als meine Frau Nataliens Bekanntschaft machen würde.

Lothar stieg bei dieser Mitteilung das Blut ins Gesicht, aber da ich wiederholte, wie peinlich mir selbst Frau v. Wehrenbergs Haltung sei, und daß er Johanna oder mich nicht dafür verantwortlich machen dürfte, sagte er schließlich: »Ich würde Frau v. Wehrenberg niemals als einen Schmuck meines Hauses betrachtet haben und kann mich nur freuen, wenn sie uns die Ehre ihres Besuches nicht schenken will; die Hauptsache ist, daß wir – du und ich – nicht auseinander kommen, und das habe ich nicht zu befürchten. Es ist mir eine große Freude«, setzte er hinzu, »zu beobachten, daß es den Anschein hat, als ob du und Natalie gute Freunde werden würdet.«

Lothar war nicht mehr so empfindlich, wie an dem Tage, als er mir zuerst von seiner Absicht gesprochen hatte, Natalie Ellrichs zu heiraten. Karls Haltung hatte ihn in der Annahme bestärkt, er tue damit etwas Vernünftiges, das keiner Rechtfertigung bedurfte.

Natalie und ich waren in der Tat, wie Lothar bemerkt hatte, gute Freunde geworden. Ich kam damals nicht dazu, mir die Natur unserer Beziehungen klar zu machen, später erkannte ich, daß sie eigentümlicher Art gewesen waren. Wir konnten nämlich insofern gute Freunde genannt werden, als wir einer des anderen Gesellschaft aufsuchten, lange Stunden in Gesprächen verbrachten, uns niemals langweilten, wenn wir zusammen waren, und uns niemals zankten. Wir hatten über alles, worüber wir sprachen, verwandte Ansichten. Die Menschen, Bücher, Kunstwerke, die Natalie gefielen, waren nach meinem Geschmack; sie teilte meine Vorliebe für die See, meine Abneigung gegen das Auffällige, Geräuschvolle, und ich empfand in ihrer Nähe, wenn ich ihre sanfte, leise Stimme vernahm, ihrer ruhigen Rede lauschte, ein unbeschreibliches Wohlbehagen, ein Gefühl angenehmer Sicherheit, daß kein Mißton die Harmonie unseres Zusammenseins stören würde.

Aber – und das war, wie ich erst später ernannte, – das Eigentümliche unserer guten Beziehungen: wir hatten niemals »vertrauliche« Unterhaltungen, und wir hätten das, was wir einander mit halblauter Stimme erzählten, öffentlich bekannt machen können, ohne daß dies irgend jemand, am wenigsten uns selbst, bloßgestellt haben würde. Doch unterhielten wir uns ungezwungen nur im Zwiegespräch; sobald ein dritter zu uns trat – ob Lothar, Herr oder Frau Ellrichs – versiegte unsere Rede, die kurz vorher noch so leicht geflossen war.

Nichts wäre natürlicher gewesen, als daß ich über Johanna mit Natalie, sie über Lothar mit mir gesprochen hätte. Die Namen der beiden wurden selten von uns ausgesprochen; eine längere Unterhaltung über sie fand überhaupt niemals zwischen uns statt.

Als der Tag meiner Vermählung nahte, überkam mich eine Traurigkeit, die so tief wurde, daß ich sie nicht mehr verbergen konnte. Freunde und Bekannte fragten mich, was mir fehle: ich sähe krank und elend aus. Nur Johanna und Frau v. Wehrenberg schienen für meinen leidenden Zustand blind zu sein; wenigstens richtete keine von ihnen je eine Frage über mein Befinden an mich.

Es war mir klar geworden, daß ich mich in Johanna geirrt hatte. Sie war in vollem Maße, was man ein anständiges, wohlerzogenes junges Mädchen nennt – in dieser Beziehung stand sie makellos da; aber sie war kleinlich, engherzig und – ich konnte mich darüber nicht mehr täuschen – sie liebte mich nicht. Sie gab mir nicht etwa Grund zur Eifersucht – man kann auch ohne Liebe treu sein – aber ich hatte das sichere Gefühl, daß jeder andere an meinem Platze, d. h. jeder, den sie »mit Erlaubnis der Mama« als ihren zukünftigen Ehegemahl hätte »lieben« dürfen, ihrem kleinen Herzen ebenso nahe gestanden haben würde wie ich.

Ich versuchte noch oftmals, mir einzureden, daß ich Johanna trotz allem, was mir an ihr mißfiel, liebte. Ich konnte sogar noch ganz ehrlich für sie »schwärmen« – aber es war doch nur ein Schwärmen in der Art meiner ehemaligen Tagebuch-Sentimentalität: gefälschte Ware, wenn ich sie auch selbst noch in kurzen Augenblicken für echt halten konnte.

Die Verhandlungen mit dem Rechtsanwalt meiner zukünftigen Schwiegermutter über den Abschluß meines Ehevertrages waren nicht geeignet, meine Gemütsverfassung zu verbessern. Es war dem Herrn Justizrat, wie ich es mit Leichtigkeit erkannte, von Frau v. Wehrenberg eindringlichst ans Herz gelegt worden, das »Geschäft«, d. h. die Abtretung meiner fünfzigtausend Taler an Johanna – zu einem ganz sicheren zu machen, und der gewissenhafte Vertreter der Interessen meiner Braut hatte infolgedessen eine Urkunde aufgesetzt, als seien alle möglichen Schliche und Kniffe von mir zu befürchten, um auf unredliche Weise später wieder in den Besitz jenes Betrages zu gelangen. Es war mir peinlich, ich schämte mich, meinen Namen unter einen solchen Vertrag zu setzen. Was dachten die Leute von mir? Hielten sie mich für einen Abenteurer, einen Betrüger?

Meine Entrüstung prallte ab an der eisigen Ruhe des Herrn Justizrats. – »Dieser Entwurf involviert keinen Verdacht gegen Ihre Ehrenhaftigkeit«, sagte er. »Es ist einfach ein bindender Vertrag, wie ihn, in ähnlichem Falle jeder gewissenhafte und sachverständige Jurist vorbereiten würde. Ich könnte daran ohne Pflichtverletzung nichts ändern. Aber wenn Sie es wünschen, werde ich Frau v. Wehrenberg Ihre Bedenken mitteilen, und wenn diese, im Vertrauen auf Ihre Ehrenhaftigkeit, die über jeden Zweifel erhaben ist, mit einem Scheinvertrag zufrieden ist oder überhaupt auf jeden Vertrag verzichtet und sich Ihr Wort genügen lassen will, die fünfzigtausend Taler Ihrer Frau Gemahlin niemals anzutasten oder zu gefährden, so habe ich nicht den geringsten Einwand dagegen zu erheben.«

Ich war ergrimmt. Aber was konnte ich tun? Sollte ich bei der mißtrauischen Frau v. Wehrenberg und vielleicht auch in Johannas Augen als ein Mann dastehen, der sich von der Erfüllung eines gegebenen Versprechens zurückzuziehen bemüht war? – Ich gab meine Zustimmung zu dem Entwurf. Ich konnte nun auch nicht länger zögern, meine Geschwister mit den Bedingungen bekannt zu machen, unter denen Frau von Wehrenberg ihre Einwilligung zu meiner Vermählung mit ihrer Tochter gegeben hatte. Wie schwer wurden mir die Briefe, die ich an Karl, Elise und Marie schreiben mußte, und wie zögerte ich, als handele es sich ein Verbrechen zu bekennen, als ich Lothar mit dem Sachverhalt bekannt machte!

Dieser nahm meine Mitteilung leichtfertig und überhaupt in einer Art auf, die mir in hohem Grade mißfiel. Er lächelte spöttisch.

»Da machst du ja also auch eine Geldheirat«, sagte er; »nur, daß du der gebende Teil bist – was bei mir nicht der Fall ist. Ich gratuliere dazu, daß du in der Lage bist, dir einen solchen Luxus zu gönnen. Meine Mittel gestatten mir das nicht. Erlaube mir nur noch zu bemerken, daß – Schwiegermutter für Schwiegermutter – mir die meine, die du für lächerlich hältst und nicht ausstehen kannst, doch noch lieber ist als die deine.«

Ich fühlte, daß mir die Zornesröte ins Gesicht stieg – aber ich schwieg. Was mich besonders verletzte, war, daß ich bei Lothar die Absicht zu erkennen glaubte, mich zu kränken, während ich, seit unserer letzten Unterredung vor seiner Verlobung, rücksichtsvoll auf jede Anspielung auf das, was mir an seiner Verlobung mit Fräulein Ellrichs mißfallen, zurückgehalten hatte.

Von Karl erhielt ich eine kühle Empfangsanzeige meines Briefes. Sie enthielt keinen Vorwurf und kein Wort der Zustimmung. Die gute Marie war augenscheinlich beunruhigt; aber sie fügte sich in das Unvermeidliche. »Ich hoffe,« so schrieb sie, »Johannas Liebe wird dir das große Opfer vergelten, das du ihr bringst.« – Elise, die ich erst in letzter Zeit von einer mir bis dahin unbekannten »romantischen« Seite kennen gelernt hatte, lobte mich: »Du hast recht getan. Wie hoch stehst du über Lothar, an den ich nicht ohne Beschämung denken kann.«

Ich muß hinzufügen, daß ich in meinen Briefen nicht gesagt hatte, Frau v. Wehrenberg habe die Verschreibung der fünfzigtausend Taler an ihre Tochter zur Bedingung meiner Vermählung mit dieser gemacht. Ich hatte die Geschichte im unklaren gelassen. Meine Geschwister mochten meiner Darstellung des Sachverhalts entnommen haben, ich hätte aus eigenem Antriebe, um die Zukunft Johannas sicherzustellen, dieser den größten Teil meines Vermögens verschrieben.

Eine Last war mir durch die Auseinandersetzungen mit meinen Geschwistern vom Herzen genommen; – aber meine Stimmung hatte sich nicht gebessert.

Meine Traurigkeit nahm täglich zu. Ich war der Verzweiflung nahe. Offenen Auges ging ich in mein Verderben. Warum brach ich nicht mit Johanna? Wäre es nicht besser gewesen für mich sowohl wie für sie? – Mochte sie das Geld, das ich ihr verschrieben hatte, behalten! Wenn sie mir nur mein Wort, meine Freiheit zurückgab. Aber mein »Gewissen machte einen Feigling« aus mir. Ich hatte nicht den Mut, mein Wort zurückzufordern.

Und so kam der Vorabend der Abreise nach Nortorf, wo meine Vermählung mit Johanna stattfinden sollte. Lothar hatte seine Hochzeit auf einen Monat hinausgeschoben: er sagte mir mit verhaltenem Ingrimm, es geschähe dies, um es Frau v. Wehrenberg und Johanna leicht zu machen, ihm und seiner Braut, ohne Aufsehen zu erregen, aus dem Wege zu gehen. Ich erblickte in dieser Erklärung nur einen Vorwand. Der eigentliche Grund der Verzögerung blieb mir unbekannt.

Es war zu Anfang des Frühlings. Der kurze Tag war wunderschön gewesen. Ich war stundenlang im Tiergarten umhergeirrt; aber das junge Grün, die laue Luft hatten mein gequältes Herz nicht mit Freude und Hoffnung gefüllt. Tiefe Schwermut war über mich gekommen. Ein altes schottisches Lied wollte mir nicht aus dem Sinn: »Auld Robin Gray« – »So I'll do my best, a good man to be!« »Ich will mein Bestes tun, Johanna glücklich zu machen!« sagte ich mir. – Der feste Wille, seine Pflicht zu tun, genügt nicht zum Glück, aber er bewahrt vor der Verzweiflung. – Dann befand ich mich wieder zu Hause, ohne zu wissen, wie ich dorthin gekommen war. Ich mußte noch zu Johanna gehen, um mich bis morgen von ihr zu verabschieden. Ich würde sie dann erst vor dem Altar wiedersehen. Ein Grauen überkam mich bei dem Gedanken, glücklich erscheinen zu müssen, wo ich mich so unglücklich fühlte. Aber es mußte sein! Ich machte mich auf den Weg zur Wohnung meiner Braut. Es war mir wie ein Gang zum Richtplatz. »Es muß sein! I'll do my best!« – Ich überschritt die Schwelle und stand in dem halbdunklen, alten Wohnzimmer.

»Die gnädige Frau wird sogleich kommen« – meldete die Magd. »Sie hilft dem gnädigen Fräulein beim Einpacken.«

Ich setzte mich an das offene Fenster. Das Wetter hatte sich nach Sonnenuntergang erheblich abgekühlt. Ich schauerte fröstelnd zusammen. Kein Licht und keine Wärme. Wie das Gemach, in dem ich mich befand, so erschien mir mein Leben. Dann vernahm ich Schritte: Frau v. Wehrenberg und Johanna traten gleichzeitig in das Zimmer.

»Sie finden uns sehr beschäftigt«, sagte Frau von Wehrenberg.

Es war ein deutlicher Wink, ich möchte mich bald wieder entfernen, und ich war gern bereit, ihm zu folgen. Ich wechselte noch einige flüchtige Worte mit Johanna, umarmte sie in Gegenwart ihrer Mutter, küßte dieser die weiche Hand, deren Berührung mir geradezu peinlich war, und dann stand ich wieder auf der Straße.

Es war nun ganz dunkel geworden. Ich begab mich zu Natalie, um von ihr und ihren Eltern Abschied zu nehmen. Ich fand die drei in dem großen Empfangszimmer, in dem ich Natalie vor wenigen Monaten zum ersten Male als Braut meines Bruders begrüßt hatte. Es war meine Absicht, mich nur kurze Zeit aufzuhalten, und ich lehnte die Einladung, zum Abendessen zu bleiben, dankend ab.

»Ich komme, um mich zu verabschieden«, sagte ich. »Ich gehe morgen nach Nortorf.«

Herr und Frau Ellrichs waren unterrichtet und wünschten mir Glück. Sie waren dabei befangen, denn sie mußten sich peinlich dadurch berührt fühlen, daß man sie von der Teilnahme an einer bedeutenden Familienfeier, wie es meine Verheiratung war, ausgeschlossen hatte. Aber auch in dieser Beziehung waren sie wohl durch Lothar genügend in die Lage eingeweiht worden, um zu wissen, daß ich an der zugefügten Kränkung unschuldig war und sie bedauerte. Ihr Benehmen erschien freundlich, ich kann sogar sagen herzlich, soweit dies dem Vater bei seiner Plumpheit, der Mutter bei ihrem gezierten Wesen überhaupt möglich war.

Natalie hatte noch kein Wort gesprochen. Ich hatte ihren Blick gesucht, aber sie hielt die Augen zu Boden geschlagen. Ich erhob mich und sagte Herrn und Frau Ellrichs Lebewohl. Dann reichte ich auch Natalie die Hand zum Abschied. Da hob sie die Lider, und ihre Augen hefteten sich mit einem Ausdruck auf mich, den ich nicht zu deuten vermochte und nicht beschreiben kann.

»Setzen wir uns noch einen Augenblick auf die Veranda«, sagte sie.

Meine Beziehungen zu ihr hatten sich im Laufe des Winters so gestaltet, daß diese Aufforderung weder für ihre Eltern noch für mich etwas Auffälliges haben konnte. Oftmals hatte ich mit ihr auf der, während der kalten Jahreszeit zu einem kleinen Treibhause eingerichteten Veranda gesessen und mich ungezwungen und ungestört mit ihr unterhalten, während Lothar mit seinem zukünftigen Schwiegervater in dem anstoßenden Wohnzimmer eine Partie Bézigue gespielt hatte und Frau Ellrichs, mit einem französischen Roman in der Hand, auf einem bequemen Sessel vor dem Kamin eingeschlummert war.

Auf der Veranda befanden wir uns allein. Die Glastür, durch die man vom Wohnzimmer darauf trat, stand zwar offen, aber wenn wir nicht laut sprachen – was weder Nataliens noch meine Art war – so konnte man am Kamin, vor dem Herr und Frau Ellrichs saßen, kaum ein Wort von dem, was wir sprachen, verstehen.

»Sie haben mir nichts mehr zu sagen?« fragte Natalie.

»Mögen Sie glücklich werden, liebe Natalie«, antwortete ich. »Und bewahren Sie mir Ihre Freundschaft!«

»Ist das alles?«

Ihre Augen ruhten mit einem so eigentümlich ernsten und vorwurfsvollen Ausdruck aus mir, daß es mich verwirrte. Ich fand keine Antwort.

»Warum sind Sie traurig?« fragte sie weiter. »Was fehlt Ihnen?« Sie sprach ganz leise, ihre Stimme klang heiser und streng.

Ich blickte sie noch immer wortlos an.

»Sie sind unglücklich . . .« Wieder eine kurze Pause. »Können Sie Ihrem Unglück nicht entgehen?«

»Ich darf es nicht«, antwortete ich leise.

»Sie dürfen es nicht?« fiel sie mir ins Wort. »Nein! Sie wagen es nicht!« Sie war mir nahe getreten. Ihre Augen funkelten. Ihr Gesicht war ganz weiß. »Haben Sie doch den Mut, nicht unglücklich werden zu wollen . . .« Und kaum vernehmlich leise fügte sie hinzu: »vielleicht noch glücklich zu werden.«

Mich überfiel eine tödliche Angst. Es war, als stände ich vor einer furchtbaren Wahl. Wie ein Gespenst in einem bösen Traume erhob sich das Verbrechen unklar, grauenhaft vor meines Geistes Augen: Verrat an Braut und Bruder!

Ich taumelte zurück. Angstschweiß perlte mir auf der Stirn. Sie betrachtete mich noch eine Sekunde, und dann sank sie auf einen Sessel und bedeckte sich das Gesicht mit beiden Händen.

Ich wandte mich lautlos ab, trat wieder in das Empfangszimmer, vermochte es, mich anscheinend ruhig von Herrn und Frau Ellrichs zu verabschieden und verließ das Haus, ohne Natalie wiedergesehen zu haben. Als ich auf der Straße war, übermannte mich verzweifelter Schmerz, und ich mußte die Zähne zusammenbeißen, um nicht laut aufzuschreien.

 

Mein Benehmen an meinem Hochzeitstage war ein sehr auffälliges. Ich entnahm dies später einigen Bemerkungen meiner Geschwister. Ich selbst weiß nichts mehr davon. Ich wandelte wie in einem Traum. Ich soll sehr zerstreut gewesen sein und mit niemand gesprochen haben, auch nicht mit meiner Braut. Kein Mensch konnte sich mein Benehmen erklären, und ich wäre nicht imstande gewesen, eine Aufklärung zu geben, wenn man mich darüber befragt hätte. Aber man ließ mich in Ruhe.

Ich habe eine dunkle Erinnerung, am Morgen, kurz vor der Hochzeit, mit meiner Schwester Marie in einem Zimmer des Schlosses zusammen gewesen zu sein. Ich hatte meinen Kopf auf ihre Schulter gebeugt und weinte, und sie sprach leise zu mir; aber ich verstand nicht, was sie sagte, oder ich habe es vergessen, auch weiß ich nicht mehr, wie ich dazu kam, zu weinen; aber ich bin ganz sicher, ihr nichts anvertraut zu haben. Keine Folter hätte mir damals mein Geheimnis entreißen können. – Dann sehe ich mich in der Dorfkirche, vor dem Altar, neben mir eine weiße Erscheinung: Johanna. Der Prediger hatte lange gesprochen, dann liest er etwas und richtet eine Frage an mich. Ich weiß, daß ich darauf »Ja« antworten mußte. Aber das Wort kommt mir nicht über die Lippen. Wie ein furchtbarer Alp drückt es auf meiner Brust. Ich mache übermenschliche Anstrengungen, und endlich entringt sich meinen Lippen ein kurzer, rauher Laut. Gleich darauf vernehme ich Johannas helle, klare Stimme: »Ja« – Orgeltöne und Glockengeläute summen mir in den Ohren, ich drücke Hände, die mir von allen Seiten gereicht werden. – Später sitze ich plötzlich vor einer reich besetzten Tafel, an der viel und laut gesprochen wird. Dann, nach langer Zeit, flüstert mir Marie einige Worte ins Ohr. Ich erhebe mich und schleiche, wie ein Verbrecher, aus dem Festsaal. Helles Gelächter schallt mir nach. Bald darauf bin ich mit Johanna in einem offenen Wagen, der uns zum Bahnhof fährt. Ein Zug braust heran und macht halt, wir nehmen darin Platz, mein Diener reicht mir einige Taschen und Decken in den Wagen, die Tür wird zugeschlagen, der Zug pfeift, und ich bin unterwegs – auf meiner Hochzeitsreise!

»Was fehlt dir?« hörte ich Johanna fragen.

Ich rieb mir eine Sekunde die Stirn. Ich kam endlich wieder zu mir.

»Ich habe seit heute früh geradezu unerträgliche Kopfschmerzen. Aber ich fühle mich jetzt besser, ich werde bald ganz wohl sein.«

»Mein armer Hermann«, sagte Johanna sanft. Sie legte ihre kühle, weiche Hand auf meine Stirn, und da traten mir große stille Tränen in die Augen, und es war mir, als ergösse sich damit mein Schmerz, und ich wäre erlöst von meiner stummen Pein. Ich schloß die Augen, und ich glaube, daß ich das Bewußtsein verlor und einschlief. Aber gleich darauf war ich wieder wach, und meine Lage stand mir klar vor Augen. Ich war mit dem Mädchen meiner Wahl vermählt. Es war meine erste Pflicht, sie glücklich zu machen, mein Recht zu versuchen, durch sie glücklich zu werden. Ich wollte mein Bestes dazu tun. – »I'll do my best!«

 

Während der ersten Wochen nach der Hochzeit zeigte sich Johanna von einer gleichmäßigen Liebenswürdigkeit, die sie meinem Herzen, das sich weit von ihr entfernt hatte, wieder näher rückte. Die alten Hoffnungen, die ich eine Zeitlang sorgfältigst gehütet hatte, die aber trotzdem zerstört worden waren, erwachten von neuem. Es war ja möglich, daß Johanna, von dem verderblichen Einfluß der Mutter befreit, sich als so edel und gut bewähren würde, wie ich es gewähnt, als ich um ihre Hand angehalten hatte. Der Gedanke machte mich glücklich, und es wurde mir leicht, mit dem schönen Wesen, an das mein Schicksal fortan gekettet war, innig und heiter zu verkehren.

Kurz vor meiner Vermählung noch hatte ich mit wachsender Beängstigung daran gedacht, daß die Hochzeitsreise ein wochenlanges, stetes Zusammensein mit Johanna bedingen müßte. Wie würden wir, da wir in keiner geistigen Gemeinschaft lebten, die tödlich langen Stunden des Tages ausfüllen? Und ich grübelte, wie ich dies ohne zu große Pein für Johanna und für mich zu Werke bringen könnte. Es war nun aber alles ganz anders geworden, als ich gefürchtet hatte. Wenn Johanna mir in strahlender Schönheit, Zärtlichkeit in Wort und Blick entgegenkam, schlug mein Herz in Entzücken, und die Süße ihres Kusses berauschte mich. Die eisige Zurückhaltung des jungen Mädchens, die mich mißtrauisch gemacht und beängstigt hatte, war einer beglückenden Hingebung gewichen, und sie selbst war es, die jetzt die großen Mühen verspottete, die sie der Ausarbeitung unseres Reiseprogramms zugewandt hatte. Wir hielten uns in keiner Weise daran, und anstatt die Kunstschätze von Florenz, Rom und Neapel zu besuchen, saßen wir an einem der italienischen Seen, in einem stillen Orte, den der Frühling mit einer von Johanna nie geahnten Pracht schmückte. Traurig zählte sie die Tage, die uns von der unvermeidlichen Heimkehr nach Berlin trennten, und als der Vorabend unserer Abreise, zu schnell für ihr und mein Glück, gekommen war, warf sie sich weinend an meinen Hals und dankte mir für alles Liebe und Gute, das ich ihr erwiesen hätte.

In Berlin empfing mich bei meiner Ankunft eine überraschende Nachricht. Lothar, von dem ich in Italien nur einmal einen kurzen Brief erhalten, als Antwort auf ein langes Schreiben, in dem ich ihm unser glückliches Leben geschildert hatte, schrieb mir aus Paris, seine Verlobung mit Fräulein Natalie Ellrichs sei zurückgegangen. Er erwähnte mit keiner Silbe, warum und wie dies geschehen sei, und er verwahrte sich im voraus dagegen, mir über diese Fragen, die natürlich sofort in mir aufstiegen, Rede und Antwort zu stehen. – »Das Thema ist kein erfreuliches,« schrieb er, »und es ist meine Absicht, darüber kein Wort mehr zu verlieren. Ich bitte Dich deshalb, die Sache in meiner Gegenwart nicht wieder zu erwähnen, auch erwarte ich keine Antwort von Dir auf diesen Brief, den Du übrigens Deiner Frau zu lesen geben kannst. Am liebsten wäre es mir, Du zeigtest mir dessen Empfang einfach telegraphisch an und betrachtetest damit die Geschichte als vollständig abgetan und aus der Welt. Diesen Wunsch habe ich auch Karl, Marie und Elise gegenüber ausgesprochen, und ich hoffe, daß er Berücksichtigung finden wird. – Ich habe einen dreimonatigen Urlaub erhalten. Ich bin mir noch nicht recht klar darüber, wo ich ihn verbringen werde. An der Riviera ist es jetzt zu heiß – vielleicht gehe ich nach England. Jedenfalls wirst Du von mir hören; aber beunruhige Dich nicht weiter, falls Du längere Zeit ohne Nachrichten von mir bleiben solltest! Es geht mir übrigens ganz gut.«

Ich eilte sofort zu Johanna. Ich fand sie mit ihrer Mutter, die uns an der Eisenbahn abgeholt und mich in der ihr eigenen kühlen Weise begrüßt hatte.

»Johanna,« sagte ich erregt, »auf dem Tisch fand ich einen Brief von Lothar. Denke dir, seine Verlobung mit Fräulein Ellrichs ist zurückgegangen.«

»Mama hat es mir bereits gesagt«, antwortete Johanna ruhig.

Ich warf einen fragenden Blick auf Frau v. Wehrenberg, aber diese blieb stumm, und ich sah wohl, daß sie mir unaufgefordert keine Auskunft geben würde. – »Wissen Sie, was vorgefallen ist?« fragte ich.

»Nichts Bestimmtes.«

»Darf ich fragen, was Sie wissen? Sie können sich denken, daß mich die Sache lebhaft interessiert.«

»Die Leute erzählen sich allerlei darüber. Es ist ein ergiebiger Unterhaltungsstoff.«

Ich wurde ungeduldig. Mein alter Haß gegen die Frau, der eine Zeitlang geschlummert hatte, erwachte wieder; aber ich beherrschte mich. »Nun, und was sagen die Leute?«

»Fräulein Ellrichs soll sich geärgert haben, daß man sie und ihre Eltern nicht nach Nortorf zu Ihrer Hochzeit eingeladen hatte. Die Leute wollen wissen, sie hätte sich deswegen mit ihrem Bräutigam gezankt, und es wäre darüber zu einem Auftritt gekommen, an dem sich auch Herr und Frau Ellrichs beteiligt hätten. Am nächsten Morgen wäre Ihrem Bruder ein Absagebrief von Fräulein Ellrichs zugegangen, und als er darauf nach ihrem Hause geeilt, hätte er vom Pförtner den Bescheid erhalten, die Herrschaft sei vor zwei Stunden bereits abgereist und würde voraussichtlich erst zum Winter nach Berlin zurückkehren.«

Frau v. Wehrenberg war nicht die Person, mit der ich mich über die Sache aussprechen konnte. Ich drang nicht weiter in sie. Jedenfalls würde ich von einer gesprächigen Tante oder Kusine bald alle bekannten Einzelheiten des Vorfalls erfahren: denn darin hatte meine Frau Schwiegermutter sicherlich recht, daß sie ihn als »einen ergiebigen Unterhaltungsstoff« bezeichnete.

Johanna hatte während meines kurzen Wortwechsels mit ihrer Mutter stumm dagesessen. Ich blickte sie an. Ihre Augen, die noch vor wenigen Stunden meine Blicke liebevoll beantwortet hatten, blieben zu Boden geschlagen. Es kam mir vor, als sei Johanna plötzlich umgewandelt worden, als sei sie nun wieder dieselbe geworden, deren Wesen mich vor meiner Verheiratung so unglücklich gemacht hatte. Ich verließ die beiden Frauen und zog mich auf mein Zimmer zurück.

Am Abend entfernte sich Frau v. Wehrenberg, und ich blieb allein mit Johanna, deren Freundlichkeit sogleich in der ungezwungensten Weise zurückkehrte. Wir verbrachten mehrere Stunden zusammen in angenehmer Unterhaltung über unsere Reise und über das Leben, das wir in Zukunft führen wollten.

Ich vergaß schnell, daß Johanna so wenig Anteil an Lothars Schicksal zu erkennen gegeben und ich ihr dies übel genommen hatte, und dann schob ich ihre Zurückhaltung auf die erkältende Gegenwart der Mutter und entschuldigte ihr Benehmen. – Lothar hatte sich Johanna nie freundlich gezeigt, ihr keine Veranlassung gegeben, Zuneigung für ihn zu empfinden oder an den Tag zu legen. Ich hätte natürlich gewünscht, daß sich zwischen ihr und meinen Geschwistern ein wahrhaft freundliches Verhältnis gebildet hätte, aber ich durfte, um gerecht zu sein, nicht vergessen, daß auch mich, den Bruder, Lothars Verlobung mit der reichen Erbin zunächst peinlich berührt hatte. Ich konnte Johanna nicht verargen, daß ihre Gefühle für meinen Bruder keine freundlichen geworden waren. Die Tatsache, die ich beklagte, war durch Lothar verschuldet worden.

Die nächsten Tage brachten noch keine Veränderung in meine Stimmung, und Johanna machte es mir leicht, freundlich und liebevoll zu sein. Sie nahm ihre Pflichten als Hausfrau sehr ernst – alles in unserer kleinen Wirtschaft war musterhaft gehalten – und sie empfing mich mit offenen Armen, wenn ich von meinem Büro arbeitsmüde nach Hause kam.

Frau v. Wehrenberg sah ich selten, aber ich wußte, daß sie jeden Tag stundenlang bei Johanna verweilte. Es war mir nicht angenehm, aber ich wagte nicht, eine Bemerkung darüber zu machen. Ich konnte Johanna während des Tages keine Gesellschaft leisten, da ich von zehn bis fünf Uhr auf dem Ministerium beschäftigt war, und es erschien ganz in der Ordnung, daß Frau v. Wehrenberg die langen Stunden, die ihre Tochter in meiner Abwesenheit zu verbringen hatte, durch regelmäßige Besuche verkürzte. Manchmal, wenn ich zufällig etwas früher als gewöhnlich nach Hause kam, traf ich noch mit Frau v. Wehrenberg zusammen, aber wir wechselten bei solchen Gelegenheiten selten mehr als einige Worte miteinander. Gewöhnlich verabschiedete sie sich dann gleich von uns, was ich ihr nicht übel nehmen konnte, da ich wußte und sie mir verschiedene Male, um ihr schnelles Verschwinden zu entschuldigen, wiederholt hatte, daß sie um fünf Uhr ihre Mittagsmahlzeit einnehme.

Eines Tages kam Elise auf einen Tag nach Berlin. Sie hatte einige Besorgungen zu machen und wollte am Abend nach Nortorf zurückkehren. Da sie mir ihre Ankunft telegraphisch angezeigt hatte, so holte ich sie von der Eisenbahn ab und sagte ihr, sie würde natürlich mit uns zu Mittag essen, falls sie sich nicht anderweitig versagt hätte. Elise war frei. Wir aßen um sechs Uhr zu drei zusammen, und um acht Uhr führten Johanna und ich Elise wieder zur Bahn. Ich hatte sie seit mehreren Monaten nicht gesehen, und wir hatten uns viel zu erzählen, namentlich auch über Lothar, von dem wir wußten, daß er von Paris nach England gegangen war und sich augenblicklich in einem Seebade aufhielt. Die Geschichte seiner Trennung von Fräulein Ellrichs war noch immer ein Geheimnis für uns. Das, was ich in Berlin und Elise in Nortorf darüber erfahren hatten, war nicht viel mehr, als mir Frau v. Wehrenberg am Tage meiner Rückkehr von unserer Hochzeitsreise erzählt hatte.

Nachdem wir Elise bis zum Wagen geführt hatten und der Zug abgegangen war, traten Johanna und ich langsam den Rückweg nach unserer Wohnung an. Johanna ging stumm an meiner Seite. Eine Weile beachtete ich es nicht. Meine Gedanken waren noch mit dem beschäftigt, was ich von Elise gehört und ihr gesagt hatte; aber plötzlich fiel mir Johannas Schweigen auf.

»Nun,« sagte ich, »du bist ja so still!«

Sie antwortete nicht.

»Fehlt dir etwas?«

»Nein!«

Der Ton, in dem sie das Wort herausstieß, war unfreundlich. »Doch«, sagte ich. »Du bist verstimmt. Ich kann es dir anhören. Ist irgend etwas vorgefallen, was dich geärgert hat?«

»Nicht geärgert – gekränkt!«

Nun war ich wirklich besorgt. »Was kann dich gekränkt haben? – Sage es mir!«

Sie ließ sich noch eine Zeitlang bitten, immer kurz und schroff meine Aufforderung zu sprechen zurückweisend. Endlich kamen ihre Worte, bittere, unfreundliche Worte, die ich schmerzlich empfand. Zunächst warf sie mir vor, sie während der Anwesenheit meiner Schwester vollständig vernachlässigt, kein Wort mit ihr gesprochen zu haben. – »Sobald es sich um deine Brüder oder Schwestern handelt, existiert deine Frau überhaupt nicht mehr für dich. Ich habe mich vor Elise geschämt über die Behandlung, die ich mir von dir gefallen lassen muß.«

Ich fühlte mich nicht ganz schuldfrei, denn ich hatte mich in der Tat während der letzten Stunden nur wenig um Johanna bekümmert, aber das war doch leicht zu erklären und, wie es mir schien, auch zu entschuldigen. Johanna wollte jedoch auf alles, was ich sagte, nicht hören.

»Du findest es ganz natürlich, daß du dich deiner Schwester widmest, und ich erscheine, wenn sie da ist, als eine störende Dritte. Warum verargst du mir das Zusammensein mit meiner Mutter?«

»Ich habe nie ein Wort darüber gesagt.«

»Du haßt meine arme, gute Mama!«

»Du irrst dich!«

»Ich irre mich nicht. Kannst du behaupten, du hättest Mama lieb?«

Johanna sprach so aufgeregt und unfreundlich, daß ich nun auch die Geduld verlor.

»Ich habe den lebhaften Wunsch gehegt, mich mit deiner Mutter gut zu stellen; sie hat mein Entgegenkommen stets kalt zurückgewiesen. Ich erinnere mich nicht, je ein freundliches Wort von ihr gehört zu haben. Sie hat mich vom ersten Tage an argwöhnisch, feindlich behandelt. Sie hat das kühle Verhältnis geschaffen, das jetzt zwischen uns besteht. Ich frage dich, auf dein Gewissen: spricht sie mit dir freundlich über mich, gibt sie dir zu erkennen, daß sie mich lieb hat?«

Johanna antwortete nicht.

»Nun?« fragte ich.

»Wir sprechen überhaupt sehr wenig von dir.«

»Das ist keine Antwort, ich will dich aber nicht drängen, mir zu antworten. Ich weiß genug, um dir auf deine Bemerkung von vorhin antworten zu können: die Gefühle, die ich für deine Mutter hege, sind sehr freundschaftlich im Vergleich zu denen, die sie für mich zur Schau trägt.«

Wir waren an unserer Wohnung angelangt. Johanna begab sich sogleich auf ihr Zimmer, wo sie längere Zeit verblieb. Als sie zu später Stunde wieder im gemeinschaftlichen Wohnzimmer erschien, zeigte nichts in ihren Worten und ihrem Wesen, daß etwas Unangenehmes zwischen uns vorgefallen sei. Sie sprach anscheinend ganz harmlos, von gleichgültigen Dingen. Im Laufe des Abends kam es zu einer Art stummer Versöhnung, und ich bat ihr im Geist die unfreundlichen Worte ab, die ich ihr über ihre Mutter gesagt hatte. Doch blieb in meinem Herzen eine gewisse Bitterkeit zurück. Ich erkannte wieder einmal, daß Johanna es mir nicht möglich machte, mich mit ihr »auszusprechen«.

Von diesem Tage an trat langsam, stetig fortschreitend eine Veränderung in Johannas Benehmen mir gegenüber ein. Sie war noch immer ängstlich bedacht, alle ihre Pflichten als Hausfrau pünktlich zu erfüllen und gab mir keinen Grund, ihr Vorwürfe zu machen. Das, worüber ich klagte, worunter ich litt, war ihr Mangel an Herzlichkeit, Zutraulichkeit. Darüber mit ihr zu sprechen, wäre unnütz gewesen: sie würde mich verwundert angesehen, mich gar nicht verstanden haben. Sie fühlte sich, so glaube ich, keineswegs unglücklich. Sie fand in ihrer Verbindung mit mir alles, wonach ihr kleines Herz verlangte. – Nach und nach verfiel ich wieder in die trübe Stimmung vor meiner Hochzeit. Mein »eheliches Glück« hatte nicht ganz zwei Monate gewährt. Johanna, unter dem steten und wachsenden Einflusse ihrer Mutter entfremdete sich mir täglich mehr.

Wir waren übereingekommen, Berlin während des Sommers nicht zu verlassen. Ich wollte nicht ohne zwingende Veranlassung um einen neuen Urlaub bitten, nachdem ich im Frühjahr mehrere Wochen vom Amte entfernt gewesen war; aber es gab noch einen anderen wichtigen Grund, weshalb ich nicht an Reisen denken wollte. Ich fing bereits an, Geldsorgen zu haben. Sie waren noch nicht schwer, aber sie drückten mich ungleich empfindlicher als ähnliche Sorgen vor meiner Verheiratung. Ich erinnerte mich der Unterredung mit Lothar, als er mir gesagt hatte, er würde selbst mit der geliebtesten Frau der Welt in einem Jahre unglücklich sein, wenn er nur dreitausend Taler Einkommen mit ihr zu verzehren hätte. Ich hatte das zynisch und ungerecht gefunden. Nun war ich kaum ein Vierteljahr verheiratet, und schon fing ich an, mir zu sagen, daß Lothar nicht ganz unrecht gehabt hätte. Es ist wahr, daß sich meine Ehe anders gestaltet, als ich zur Zeit jenes Gespräches mit meinem Bruder gehofft hatte. Johanna war, für mich wenigstens, keineswegs »die beste Frau der Welt«, und ich . . . ich liebte sie nicht mehr. Ich machte mir jetzt ganz klar, daß ich schon monatelang vor meiner Verheiratung aufgehört hatte, sie zu lieben. Das, was ich während der ersten Wochen nach unserer Verbindung noch für Liebe genommen hatte, war ein Sinnesrausch gewesen, in dem wir beide, Johanna und ich, gelebt hatten. Er war verraucht, und wir saßen uns mit erschrecklicher Nüchternheit gegenüber.

Ich hatte im Einverständnis mit Johanna, bald nach unserer Rückkehr nach Berlin, angeordnet, um so wenig wie möglich an die meiner Frau verschriebenen fünfzigtausend Taler erinnert zu werden, daß die Zinsen dieser Summe, die ihr ausgezahlt wurden, dazu dienen sollten, den Haushalt zu bestreiten. Johanna, an das bescheidene Leben im Hause ihrer Mutter gewöhnt, hatte geglaubt, dazu seien die zweitausend und etlichen hundert Taler, die sie erhielt, mehr als genügend.

»Ich übernehme es,« hatte sie damals lächelnd gesagt – sie war noch in der liebenswürdigsten Flitterwochenstimmung – »dich mit dieser Summe gut zu ernähren, glänzend zu erleuchten, befriedigend zu erwärmen, zu waschen und zu bedienen und mich selbst so anzuziehen, daß du dich meiner nicht zu schämen brauchst. – Einverstanden? Oder muß ich auch noch an Miete und Steuern und deine Garderobe denken?«

»Nein«, hatte ich, ebenfalls lächelnd, geantwortet: »Miete, Steuern und mein Schuster und Schneider gehen auf meine Rechnung.«

»Schön, mein Herr, dann sind wir einig. Sie werden mit Ihrem neuen Diener zufrieden sein.«

Das war sehr hübsch – aber auf dem Wege nach dem Ministerium machte ich mir klar, daß ich mich verrechnet hatte. Es blieben mir persönlich an Zinsen und Gehalt nicht ganz zweitausend Taler. Ich hatte zuviel übernommen, indem ich mich erboten, damit für Miete, Steuern und für vieles andere zu sorgen, denn ich war erfahren genug, um zu wissen, daß »nicht-vorhergesehene Ausgaben« keineswegs außer Acht gelassen werden sollten. Namentlich durfte ich mir dies nicht gestatten, da ich mich als einen ganz guten Rechner, aber gleichzeitig herzlich schlechten Wirtschafter kannte. Knausern hatte ich nicht gelernt, und ich war nicht im geringsten dazu veranlagt. Der Gedanke, daß ich jetzt beginnen müsse, Ähnliches zu lernen, war mir sehr unangenehm. – »Wie fangen es die Leute an, die mit der Hälfte von dem, was wir besitzen, anständig auskommen?« – Ich richtete die Frage an mich, die mir, als ich um Johannas Hand anhielt, ganz überflüssig erschienen war, und fand keine Antwort darauf. An zwei große Reisen im Jahre durften Leute mit meinem Einkommen nicht denken. Das machte ich mir klar, und Johanna, mit der ich am Abend in diesem Sinne sprach, war ganz mit mir einverstanden. Sie meinte, der Sommer in dem vereinsamten Berlin werde sehr hübsch sein, er werde uns an die unvergeßlichen Tage am italienischen See erinnern.

Das sollte nicht der Fall sein. So schön der Frühling gewesen war, so unfreundlich gestaltete sich der Sommer. Die großen Theater waren geschlossen, Gesellschaften, in denen Johanna Zerstreuung hätte finden können, gab es nicht, der Aufenthalt im Freien, Besuche von Konzerten und Ähnliches wurden durch das schlechte Wetter sehr eingeschränkt. Wir saßen uns während der Abende gähnend gegenüber, und ich zerbrach mir den Kopf, was ich wohl tun könnte, um über die tödliche Langeweile hinwegzukommen. Ich kam auf den Gedanken, ihr etwas vorzulesen; aber ich bemerkte bald, daß das, was mir gefiel, sie ermüdete. Sie gab sich redlich Mühe, die Augen aufzubehalten; aber sie fielen ihr zu, und sie schlief ein. Ich betrachtete sie, wie sie, sanft beleuchtet, unhörbar und doch tief atmend, in jugendlicher Herrlichkeit vor mir saß. Das vollendete Ebenmaß der Glieder, die Schönheit des Kopfes, die Feinheit der Haut, die üppige Fülle des hellen, seidenen Haares! Sie war entzückend! Es war wohl natürlich, daß ich sie geliebt hatte; aber ich liebte sie nicht mehr . . . Doch stand ich in demselben Augenblicke, als ich mir dies sagte, auf und küßte sie. Sie lächelte kindlich, und ohne die Augen zu öffnen umschlang sie mit weichen Armen meinen Nacken und drückte, noch schlaftrunken, einen heißen Kuß auf meine Lippen.


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