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Die Erzählung nimmt den unterbrochenen Faden wieder auf und wendet sich Gunnar zu, als er auf dem Alting war kurz nach seiner Heimkehr von der Vikingerfahrt. Eines Tages ging er von dem Gesetzeshügel hinab heimwärts. Er trug die Scharlachtuchkleidung, die er von König Harald Gormsohn in Dänemark empfangen hatte, und an der Hand blinkte der Goldring, das Geschenk Hakon Jarl's. Da sah er ein Weib auf sich zukommen. Sie war fein gekleidet, denn sie trug ein rothes Gewand und darüber einen Mantel von Scharlachtuch mit Goldspangen bis zum Schoß besetzt; dazu war sie schön und wohl gewachsen und hatte schweres und herrliches Haar, das ihr über die Brust herabhing. Als sie sich begegneten, grüßte sie ihn und er grüßte sie wieder und fragte nach ihrem Namen. Sie sagte, sie heiße Halgjerde und sei eine Tochter von Höskuld Dalekolsohn. Sie redete ganz frank mit ihm und bat ihn, ihr etwas von seinen Reisen zu erzählen. Er meinte, er wolle ihrem Wunsche nicht zuwider sein, und so ließen sie sich nieder und unterredeten sich. Schließlich fragte er sie, ob sie noch unvermählt sei. Sie bejahte die Frage und fügte hinzu, es seien nicht viele, die um sie zu werben wagten, »Hältst Du denn niemand Deiner werth?« fragte Gunnar. »Das wohl,« entgegnete sie, »doch bin ich eigen in der Wahl meines Gatten.« »Wie würdest Du antworten, wenn ich um Dich anhielte?« fragte Gunnar weiter. »Das wirst Du nicht thun,« meinte sie. »O, doch,« versetzte Gunnar. »Sprich mit meinem Vater,« versetzte sie, und damit schlossen sie die Unterredung. Gunnar ging sogleich nach Höskuld's Hütte. Er fand dort Höskuld und Rut und wurde freundlich von ihnen empfangen; er setzte sich zwischen sie und es war an ihrer Rede nicht zu bemerken, daß sie sich vordem feindlich gegenüber gestanden hatten. Zuletzt leitete Gunnar das Gespräch darauf hin, welche Antwort die Brüder geben würden, falls er um Halgjerde anhalte. »Einwilligen würden wir,« antwortete Höskuld, »wenn es Dein Ernst ist.« »Es ist mein voller Ernst,« versetzte Gunnar, »aber das letzte Mal schieden wir so, daß mancher Mann meinen könnte, zwischen uns könnte keine Verschwägerung stattfinden.« »Was ist Deine Meinung, Rut?« fragte Höskuld. »Mir scheint,« entgegnete Rut, »daß hier alles auf beiden Seiten gleich ist.« »Wie ist das zu verstehen?« versetzte Gunnar. Rut erwiderte: »Du, Gunnar, bist ein tüchtiger Mann und brav; in Halgjerde's Brust aber wechselt Gutes mit Bösem; drum will ich Dich nicht über sie täuschen.« »Das heißt edel gehandelt,« sagte Gunnar, »doch möchte ich glauben, daß Ihr Euch noch unsrer alten Feindschaft erinnert, falls Ihr diesen Handel nicht mit mir abschließen wollt.« »So ist es in der That doch nicht,« entgegnete Rut, »wir wollen selbst Deine Freunde sein, falls Du nicht mit uns Dich verschwägerst. Doch sehe ich, daß Du es wünschest, außerdem bist Du es allein, der dabei wagt.« Nun sagte Rut ungefragt alle Eigenschaften Halgjerde's. Da meinte Gunnar wohl, daß manches anders sein könnte, allein schließlich einigten sie sich doch über den Handel. Man ließ Halgjerde rufen und die Bedingungen wurden in ihrer Gegenwart festgestellt; sie vertraute sich Gunnar selbst, und schließlich wurde abgemacht, daß die Hochzeit auf Hlidarende gefeiert werden solle. Als Gunnar vom Ting heimkam, ritt er sogleich nach Bergthorshvol und verkündete Nial, was geschehen war. Nial erfreute die Kunde nicht und als Gunnar ihn fragte, warum sie ihm zuwider sei, sagte er: »Sie wird nur Böses anstiften, wenn sie hierher kommt.« »Niemals aber soll sie unsre Freundschaft stören,« entgegnete Gunnar. »Es wird aber nicht viel daran fehlen,« sprach Nial, »und oft wirst Du für sie Buße zahlen müssen.« Bald darauf feierte man die Hochzeit aus Hlidarende; es wurde aber eine doppelte Hochzeit. Unter den Gästen waren nämlich sieben Söhne von Gunnar's Großvater mütterlicherseits, Sigfus Sighvatsohn. Einer von ihnen, Thraen geheißen, war ein angesehener Mann und wohnte aus dem Hofe Grytaa in Fliotslid, nicht weit westlich von Hlidarende. Er sah dort Thorgjerde Glumstochter, die damals vierzehn Winter zählte und sehr schön war. Sogleich sagte er sich geschieden von seiner Frau Thorhilde; denn er liebte sie nicht, weil sie voller Spott und scharfzüngig war. Thorhilde mußte abziehen und Thraen hielt sogleich um Thorgjerde an; die Bedingungen wurden festgestellt und sie zog mit ihm von dem Feste heim als sein Weib und übernahm die Haushaltung auf Grytaa, wo sie eine gute Hausfrau wurde, Halgjerde aber übernahm den Haushalt aus Hlidarende und war betriebsam und thätig.
Nial Thorgejrsohn auf Bergthorshvol war verheiratet. Seine Gattin hieß Bergthora und war ein mannhaftes und braves Weib, aber etwas harter Sinnesart. Sie hatten sechs Kinder, drei Töchter und drei Söhne. Der älteste von diesen war Skarphedin (der scharfe = schneidige Hedin); er war hochgewachsen, hatte braunes, lockiges Haar und schöne Augen, eine gebogene Nase, einen hohen Oberkiefer und einen sehr häßlichen Mund; sein Antlitz war bleich und zeigte scharfe Züge; er war schnellfüßig und schwamm wie ein Seehund; stark war er und waffengewandt und hatte überhaupt ein kriegerisches Aussehen; seine Redeweise war bündig und schlagfertig, doch konnte er sich beherrschen; endlich war er auch ein guter Skjald. Nial verheiratete ihn mit einem Weibe, namens Thorhilde, einer Tochter Randve's auf Thorolfsfjeld östlich von Hjdarende, am oberen Laufe des Markarflusses. Nial's zweiter Sohn, Grim, war groß und stark, hatte schönes dunkles Haar und war überhaupt hübscher als Skarphedin; er verheiratete sich mit einer reichen Witfrau namens Astrid von Djupabakke. Nial's dritter Sohn hieß Helge und war schön von Angesicht und Haarwuchs, stark und waffenkundig, klug und sanftmüthig. Ihn verheiratete Nial mit einer hübschen und braven Frau, namens Thorhalle, einer Tochter des angesehenen Bauern Asgrim Ellidagrimsohn auf Tunge, westlich von der Thjorsau, die mit der Querau dieselbe Mündung hat. Dieser Asgrim war ein Mann, dem Nial alle Ehre erweisen wollte und den er deshalb bat, ihm seinen Sohn Thorhald zur Erziehung zu überlassen. Als Asgrim darauf einging, nahm Nial den Thorhald mit sich und unterwies ihn im Gesetz, so daß er der gesetzeskundigste Mann seiner Zeit auf Island wurde. Schließlich hatte Nial noch einen vierten Sohn, Höskuld genannt, aber dieser war ein unehelicher Sohn. Er wohnte mit seiner Mutter Hrodny auf dem Hofe Holt, etwas entfernt von Bergthorshvol, hielt sich aber öfters bei seinem Vater und seinen Brüdern auf. Die andren Söhne Nial's wohnten mit ihren Frauen bei ihm auf Bergthorshvol. Außer seiner Haushaltung dort hatte er noch eine zweite auf Thorolfsfjeld, die Skarphedin mit seiner Frau erheiratet hatte.
Gunnar und Nial hatten die Sitte, einander wechselweise Winter um Winter zu einem Gastmahl einzuladen, und im ersten Winter nach Gunnar's Vermählung mit Halgjerde war an ihn das Gastgebot von Nial ergangen. Er zog dahin mit ihr und Nial nahm sie beide freundlich auf. Bei ihrer Ankunft waren Helge Nialsohn und seine Gattin Thorhalle nicht zu Hause; sie erschienen aber bald nachher. Da faßte Bergthora Thorhalle an der Hand und führte sie zur Querbank, wo die Frauen ihren Sitz hatten. »Du wirst vor dieser Frau zur Seite rücken,« sagte Bergthora zu Halgjerde. »Nicht weiche ich von der Stelle,« erwiderte Halgjerde, »ich will nicht ein Aschenbrödel sein, das man in die Ecke jagt.« »Hier habe ich zu bestimmen,« sagte Bergthora, und Thorhalle ließ sich nieder. Nach dem Mahle ging Bergthora um den Tisch herum mit Wasser, um die Hände zu netzen. Als sie zu Halgjerde kam, ergriff diese ihre Hand und sprach: »Du und Nial seid ganz für einander geschaffen, Du hast knotige Nägel und er ist bartlos.« »Wahr ist es,« versetzte Bergthora, »aber keiner von uns legt es dem andern zur Last. Dein Eheherr Thorvald war nicht bartlos und dennoch fiel er durch Deine Ränke.« Halgjerde wandte sich nach der Seite, wo Gunnar saß und rief: »Nur wenig frommt es mir, dem trefflichsten Mann auf Island anzugehören, wenn Du solche Worte ungerächt lässest, Gunnar.« Da sprang Gunnar auf vom Tisch und sagte: »Ich will heim; wenn Du zanken willst, magst Du es mit Deinen Hausgenossen thun und nicht im Hause des fremden Mannes. Viel Ehre habe ich Nial zu danken und will nicht Deinen Launen ein Spielball sein.« Sie rüsteten sich sogleich zur Heimfahrt. Beim Abschied sagte Halgjerde: »Erinnere Dich, Bergthora, daß wir hiermit nicht geschieden sind.« »Am schlimmsten wird es für Dich sein,« entgegnete Bergthora. Gunnar mischte sich nicht hinein; er zog heim mit Halgjerde und hielt sich den ganzen Winter zu Hause.
Als der Sommer nahte und die Zeit da war, wo man zum Alting ritt, sagte Gunnar zu Halgjerde, daß er zum Ting reiten wolle. »Aber halte Dich im Zaum, so lange ich fort bin und lebe friedlich mit meinen Freunden,« fügte er hinzu. »Der Teufel hole Deine Freunde,« erwiderte sie; Gunnar aber ritt fort. Nial zog ebenfalls zum Ting, begleitet von seinen Söhnen. Nial und Gunnar besaßen gemeinschaftlich einen Wald in Rödeskride, östlich von Hlidarende am Markarfluß; sie hatten denselben niemals getheilt, sondern jeder holte sich seinen Bedarf, ohne daß je darüber Zwistigkeiten entstanden waren. Nial hatte einen Knecht namens Svart, auf den sowohl er wie auch Bergthora viel gaben. Nachdem Nial zum Ting geritten war, trug Bergthora dem Svart auf, er solle nach Rödeskride gehen und dort eine Woche hindurch Buschholz hauen; sie werde hernach andre Leute dahin senden, um es einzubringen. Svart zog sofort nach Rödeskride. Während er sich dort aufhielt, kamen einige Arme nach Hlidarende und erzählten, Svart sei in Rödeskride und habe viel Holz geschlagen. »Dann hat Bergthora wohl im Sinne, von mir zu stehlen,« sagte Halgjerde; »aber ich werde dafür sorgen, daß Svart kein Holz mehr hauen wird.« Am folgenden Tage rief sie einen bösen Mann, namens Kol, den sie lange als Aufseher bei der Arbeit oder als Werksführer, wie es hieß, gebraucht hatte. »Ich habe eine Arbeit für Dich, sagte sie zu ihm und gab ihm Waffen in die Hand; »reite hinauf nach Rödeskride, dort findest Du Svart.« »Was soll ich ihm thun?« versetzte Kol. »Kannst Du noch fragen,« entgegnete sie, »solch ein Bösewicht, wie Du bist? Todtschlagen sollst Du ihn.« »Das bringe ich schon fertig,« versetzte er, »aber ich werde meinerseits mit dem Leben dafür büßen müssen.« »Wird ein Maulwurfshügel zu einem Berg in Deinen Augen, dann finde ich schon einen andern Mann, um solche Arbeit zu thun,« sagte Halgjerde. Kol aber wurde zornig; er ergriff die Axt, sprang auf eins von Gunnar's Pferden und ritt gen Osten, bis er an den Markarfluß kam. Dort sprang er vom Pferde und wartete, bis Bergthora's übrige Leute mit dem Holz nach dem Flusse hinabgegangen waren und Svart allein im Walde zurückblieb. Dann lief Kol gegen ihn an und rief: »Es giebt andre, die das Hauen so gut verstehen wie Du!« und in dem nächsten Augenblick hieb er ihm die Axt in den Kopf und tödtete ihn. Darauf ritt er heim und verkündete Halgjerde, daß er ihren Befehl erfüllt habe. Sie sandte sogleich einen Mann zu Gunnar auf den Ting und meldete ihm den Mord. Gunnar schwieg, während der Bote zugegen war und seine Begleiter konnten ihm nicht anmerken, ob er damit zufrieden oder unzufrieden sei. Kurz darauf aber stand er auf, hieß seine Mannen ihm folgen und ging nach Nial's Hütte. Nial kam hervor und sie beredeten sich unter vier Augen. »Dein Knecht Svart ist getödtet,« sprach Gunnar, »mein Weib und mein Werkführer Kol thaten es.« Nial schwieg, während Gunnar ihm die Sache vortrug. Darnach sagte er: »Du wirst genöthigt sein, sie in engen Schranken zu halten.« »Du selbst magst über die Sache urtheilen,« antwortete Gunnar, »und die Buße festsetzen.« Nial antwortete: »Schwer wird es Dir fallen, den Schaden zu ersetzen, welchen Halgjerde anrichten wird, und anderswo wird er Schlimmeres zur Folge haben als hier, wo es allein uns beide angeht. Indessen ist hiermit auch nicht alles gethan, sondern wir müssen uns wohl aller Freundesworte erinnern, welche wir so oft mit einander gewechselt haben, falls nicht der Anfang, der jetzt gemacht ist, zum Aergsten führen soll. Wohl erwarte ich, daß Du Dich stets wie ein braver Mann benehmen wirst, aber schwer wird Dein Geschick auf Dir lasten.« Darauf nahm Nial das Anerbieten Gunnar's an, selbst zu entscheiden, und sagte, er wolle die Sache nicht auf die Spitze treiben, Gunnar möge 12 Ör Ör oder Örtug ist eine nordische Silbermünze, welche hauptsächlich während des Mittelalters im Norden cursirte. Silber oder eine und eine halbe Mark Silber (etwa 18 Thlr.) zahlen. »Ich möchte aber die Bedingung hinzufügen,« fuhr Nial fort, »daß Du die Buße nicht höher ansetzen darfst, falls von unsrem Hofe aus etwas geschieht, worüber Du wirst richten müssen.« Gunnar zahlte das Geld gleich baar aus und ritt fort vom Ting. Als er heim kam, stellte er Halgjerde zur Rede, doch sie entgegnete, es sei schon mancher Mann gefallen, der besser gewesen sei als Svart, ohne daß man Bußgeld für ihn gegeben habe. »Was Du anfängst, magst Du selbst zu Ende führen,« versetzte Gunnar, »wie aber die Dinge beigelegt werden sollen, das will ich bestimmen.« Als Nial vom Ting nach Hause zurückkehrte und Bergthora das Geld sah, welches er für Svart empfangen hatte, sprach sie: »So ist die Sache gut beigelegt, aber nicht lange wird es dauern, bis die gleiche Summe für Kol bezahlt wird.« Seitdem wurde ihr Verhältniß zu Halgjerde stets schlimmer, denn Halgjerde prahlte oft mit dem Morde an Svart und das erbitterte Bergthora.
Eines Tages war Nial mit seinen Söhnen nach Thorolfsfjeld hinauf geritten, um den Betrieb dort zu besichtigen. An demselben Tage traf es sich, daß Bergthora, als sie sich vor dem Hause zu thun machte, einen Mann auf schwarzem Roß, mit einem Speer in der Hand und einem Schwert an der Seite auf den Hof zureiten sah. Sie blieb draußen, und als er den Hof erreichte, fragte sie nach seinem Namen, seiner Heimat und dem Ziel seiner Reise. »Ich heiße Atle,« sagte der Mann, »und komme von den Ostfjorden; ich suche einen Dienst und wollte bei Nial und Skarphedin vorfragen, ob sie mich brauchen können; ich verstehe mich daraus, das Land zu bauen und kann auch andre Arbeit übernehmen. Ich will aber nicht verhehlen, daß ich etwas zänkischer Natur bin und daß dies manchem Mann theuer zu stehen kam.« Bergthora entgegnete, sie wolle ihn nicht schelten, weil er nicht feige sei. »Hast Du vielleicht hier etwas zu befehlen?« fragte Atle. Sie antwortete: »Ich bin Nial's Gattin und befehlige die Dienstleute so gut wie er.« »Willst Du mich annehmen?« fragte Atle. »Ja,« erwiderte Bergthora, »unter der Bedingung, daß Du thust, was ich Dir gebiete, selbst wenn ich Dich aussende zu Mord und Todtschlag.« »Du hast ja Leute genug,« versetzte Atle, »so daß Du mich nicht zu solchen Thaten auszusenden brauchst.« »Darüber will ich selbst bestimmen,« sprach Bergthora. »Nun gut,« sagte Atle, »so laß uns denn unter dieser Bedingung den Handel schließen.« Sie nahm ihn also in Dienst und Pflicht. Als Nial zurückkehrte und Atle erblickte, fragte er, was dies für ein Mann sei. »Dein Dienstmann ist er,« antwortete Bergthora, »ich habe ihn in Dienst genommen; geschickt ist er in seiner Arbeit.« »Freilich,« erwiderte Nial, »scheint er tüchtig in seiner Arbeit zu sein; aber ob alles, was er thut, allzeit gut sein wird, das bezweifle ich.« Skarphedin fand dagegen Gefallen an Atle. Während des Sommers ritt Nial mit seinen Söhnen zum Ting und nahm einen Beutel mit Geld mit. »Was ist das für Geld, Vater?« fragte ihn Skarphedin. »Es ist das Geld, welches Gunnar tut vorigen Sommer für Svart erlegte,« entgegnete Nial. »Schwerlich wirst Du Gebrauch dafür finden,« meinte Skarphedin und lachte. Während sie fort waren, fragte Atle eines Tages Bergthora, was er vornehmen solle. »Du sollst ausziehen und Kol suchen, bis Du ihn findest,« sprach sie, »denn heute noch sollst Du ihn tödten.« »Das trifft sich gut,« versetzte Atle, »Todtschläger sind wir ja beide; ich werde ihn schon so anfassen, daß einer von uns daran glauben muß.« »So ist es recht,« sagte Bergthora, »Du wirst es nicht umsonst ausführen.« Darauf nahm Atle seine Waffen, sprang auf ein Pferd und ritt hinauf zum Berghang am Flusse. Dort traf er einige Männer, von denen er erfuhr, daß Kol oben auf der Alm sei. Da spornte er sein Pferd und ritt schnell vorwärts, und als er Kol traf, fragte er, ob seine Arbeit gut von statten gehe. »Das kümmert Dich nicht, Du Lump, noch jemand dort, woher Du kommst,« rief Kol. »Die schwerste Arbeit bleibt Dir noch übrig,« versetzte Atle, »nämlich zu sterben,« und darauf stach er nach ihm mit dem Speer und durchbohrte ihm den Leib. Kol erhob seine Axt gegen ihn, traf ihn aber nicht und stürzte im nächsten Augenblick todt vom Pferde. Atle ritt weiter und als er einige von Halgjerde's Arbeitern traf, sagte er zu ihnen, sie möchten nach Kol sehen, derselbe sei todt vom Pferde gefallen, »Hast Du ihn getödtet?« fragten diese, »Halgjerde wird sich schon vorstellen können, daß er nicht von selbst gestorben ist,« versetzte er und ritt heimwärts. Bergthora dankte ihm sowohl für diese That, als auch für seine Worte. »Was wohl Nial dazu sagen wird?« meinte Atle. »Er wird die Botschaft mit Ruhe anhören,« versetzte Bergthora, »das erkannte ich daraus, daß er das Geld zum Ting mitgenommen hat, welches Gunnar im vorigen Sommer als Buße für Svart zahlte; er wird dasselbe als Buße für Kol zurückzahlen. Aber wenn dort auch ein Vergleich zum Abschluß kommt, so magst Du Dich doch wohl in acht nehmen, denn Halgjerde wird keinen Vergleich halten.« Atle fragte nun, ob sie nicht einen Boten an Nial senden wolle, um das Geschehene zu melden. »Keineswegs,« entgegnete Bergthora, »denn am liebsten sähe ich, daß Kol's Tod ungebüßt bliebe.« Als aber Halgjerde vernahm, was Atle gethan und gesagt habe, meinte sie, er werde seinen Lohn schon dafür empfangen, und entsandte alsbald einen Boten an Gunnar zum Ting, um ihm anzusagen, was vorgefallen sei. Gunnar schickte sogleich einen Mann nach Nial's Hütte und ließ ihn benachrichtigen. Nial schwieg; aber Skarphedin lachte und rief: »Jetzt werden die Sklaven ganz andre Helden als sie früher gewesen sind; vordem hieben sie aus einander ein, ohne daß es weitere Folgen hatte, jetzt aber giebt es Mord und Todtschlag.« Nial nahm seinen Geldbeutel und begab sich sofort, von seinen Söhnen begleitet, nach Gunnar's Hütte. Gunnar kam hervor und trat mit Nial abseits. »Schlimm ist es,« sprach Nial, »daß meine Hausfrau den Frieden gebrochen hat.« »Kein Tadel soll sie deswegen treffen,« erwiderte Gunnar. »Sprich Du nun das Urtheil in dieser Sache,« sagte Nial. »So mögen denn Kol und Svart gleicher Buße werth sein,« versetzte Gunnar, »Du magst mir zwölf Ör Silber geben.« Als er das Geld empfing, erkannte er es sogleich als dasselbe wieder, welches er im vorhergehenden Jahre für Svart erlegt hatte. Nial verfügte sich nach seiner Hütte zurück, und es herrschte hernach zwischen ihm und Gunnar dasselbe gute Verhältniß wie vordem. Als Nial nach Bergthorshvol zurückkam, stellte er Bergthora zur Rede, doch diese erklärte, sie werde niemals Halgjerde nachgeben. Dagegen mußte Gunnar von Halgjerde sich schelten lassen, weil er den Vergleich geschlossen habe, jedoch versicherte er, er werde niemals seinen Freundschaftsbund mit Nial brechen. Sie nahm das gewaltig übel, allein dies beunruhigte ihn nicht. Der Winter verfloß allmählich, und man war von beiden Seiten bemüht, unangenehmen Ereignissen vorzubeugen.
Halgjerde's Oheim Svan von dem Bärenfjord war vor längerer Zeit gestorben. Einst war er im Frühjahr zum Fischen auf das Meer hinausgerudert; da überfiel ihn ein schweres Unwetter, welches sein Boot auf eine Klippe warf, so daß es zersplitterte. Einige Fischer, welche in der Nähe waren, versicherten, sie hätten Svan in den Felsen hineingehen sehen, woselbst die Berggeister ihn mit Freuden empfangen hätten. Andre sagten, es sei an dem Gerede kein wahres Wort; aber soviel war gewiß, daß man später niemals etwas von ihm gehört noch gesehen hat. Er hatte einen unehelichen Sohn hinterlassen, namens Brynjolf Roste, der ein böser Mann und zu jeder Uebelthat bereit war. Diesen ließ Halgjerde holen, nachdem Kol getödtet war, damit er ihr als Werkführer diene. Gunnar war das nicht angenehm, aber er wollte keinem von Halgjerde's Sippe die Thür weisen. Er gestattete also dem Brynjolf den Aufenthalt auf Hlidarende, vermied es aber mit ihm zu reden, wenn er ihn auch sonst nicht schlecht behandelte. Nial wünschte dagegen, Atle möge sich von Bergthorshvol entfernen, und als der Frühling nahte, bat er ihn, er möge wieder nach den Ostfjorden zurückkehren; »Halgjerde wird Dir sonst nach dem Leben stehen,« fügte er hinzu. »Davor fürchte ich mich nicht,« antwortete Atle, »was mich angeht, so bleibe ich lieber.« Nial hielt es nicht für räthlich, aber Atle bat ihn darum, daß er bleiben dürfe. »Nur eins möchte ich mir ausbitten,« setzte er hinzu, »daß, wenn ich getödtet werde, keine Sklavenbuße für mich gezahlt werden möge.« »Es soll Buße für Dich gezahlt werden wie für einen freien und selbständigen Mann,« sprach Nial, »und außerdem wird Bergthora Dir ein Versprechen geben, das sie auch halten wird, nämlich daß Mannesrache sich um Deinetwillen erheben soll.« So blieb denn Atle auf Bergthorshvol, und die Zeit des Altings kam heran. Gunnar ritt zum Ting mit seinem Bruder Kulskjäg, und auch Nial zog dahin mit seinen Söhnen und nichts störte das gute Verhältniß zwischen ihm und Gunnar. Bergthora sandte Atle nach Thorolfsfjeld hinauf, um dort eine Woche hindurch zu bleiben und im Walde Kohlen zu brennen. Das geschah ganz heimlich, aber Halgjerde erfuhr es dennoch. Sie befahl nun Brynjolf, er solle dahin reiten und Atle tödten; aber Brynjolf machte Ausflüchte, »wäre doch Thjostolf nur noch am Leben,« rief Halgjerde aus, »der würde nicht feige zurückschrecken.« »Du brauchst mich nicht feige zu schelten,« entgegnete Brynjolf, holte seine Waffen und sein Pferd und ritt nach Thorolfsfjeld. Dort sah er ostwärts vom Hofe einen dicken Rauch aufsteigen; er ritt auf denselben zu, sprang vom Pferde, band es fest und schritt der Stelle zu, wo der dichteste Rauch war. Er erblickte einen Mann am Kohlenmeiler, der seinen Speer neben sich in die Erde gepflanzt hatte. Er schlich nun vorwärts vom Rauche gedeckt; Atle aber war so eifrig mit seiner Arbeit beschäftigt, daß er ihn nicht kommen sah. Da hieb ihn Brynjolf mit der Axt auf den Kopf, Atle aber that einen so gewaltigen Sprung, daß Brynjolf die Axt fahren lassen mußte. Atle ergriff seinen Speer und schleuderte denselben nach ihm, jedoch Brynjolf warf sich platt auf den Boden, so daß der Speer über ihn hinsauste. »Es war Dein Glück,« sprach Atle, »daß ich Deines Angriffs nicht gewärtig war. Komm, hole jetzt Deine Axt, ihre Pflicht hat sie redlich gethan, und gehe dann heim, Halgjerde zu melden, daß ich todt bin. Es ist mir ein Trost, daß Du bald dasselbe Ende nehmen wirst.« Brynjolf antwortete nicht und holte auch nicht seine Axt, ehe Atle ausgeathmet hatte. Darauf ritt er nach Hlidarende und verkündete Halgjerde, daß er nun vollendet habe, was sie ihm ausgetragen. Sie sandte zuerst einen Boten nach Bergthorshvol und ließ Bergthora ansagen, jetzt sei Kol's Tod gerächt, und darnach sandte sie einen Mann zu Gunnar auf das Ting und ließ ihn benachrichtigen. Gunnar und Kulskjäg begaben sich sogleich zu Nial. Ersterer erzählte ihm, was vorgegangen sei und bat ihn, selbst darüber zu entscheiden. Nial sprach: »Es ist ja unser Vorsatz, daß kein Zwist je uns trennen soll; aber Atle halte ich für mehr als der Sklavenbuße werth.« Gunnar erklärte sich einverstanden, er reichte Nial die Hand und der Vergleich wurde geschlossen. Skarphedin versetzte: »Halgjerde läßt unsre Sklaven nicht an Altersschwäche sterben.« »Auch Deine Mutter thut das ihrige, daß zwischen unsren Höfen Schlag auf Schlag folgt,« erwiderte Gunnar. »So ist es in der That,« fiel Nial ein, und darauf schätzte er die Buße auf ein Hundert in Silber oder auf drei Mark (etwa 36 Thaler), welche Gunnar ihm sogleich auszahlte, viele von den Umstehenden meinten, es sei zu viel. Gunnar aber zürnte ob der Rede und sagte, es sei die volle Buße für manchen Mann gezahlt, der nicht tüchtiger gewesen sei als Atle. Darauf ritten sie heim vom Ting. »Jetzt hast Du Dein an Atle gegebenes Wort eingelöst,« sagte Bergthora, als Nial ihr das Geld zeigte, »aber ich habe das meinige noch nicht gehalten.« »Dessen bedarf es auch nicht,« versetzte Nial. »Früher warst Du andrer Meinung,« entgegnete sie, »und es soll auch so geschehen.« Halgjerde aber fragte Gunnar, ob er für Atle als für einen unabhängigen Mann Buße erlegt habe. »Er war ein unabhängiger Mann,« sagte Gunnar, »und niemals werde ich Nial's Mannen ungebüßt lassen.« »Ihr gleicht einander, ihr beide,« erwiderte sie, »denn feig seid ihr beide.« »Das wird sich zeigen,« sprach Gunnar, und war seitdem lange wortkarg gegen sie, bis sie sich ihm wieder näherte. Der Winter aber verfloß wie gewöhnlich ruhig.
Bei Nial lebte ein Mann namens Thord, genannt Lösingsohn (Sohn des Freigelassenen); denn sein Vater Sigtryg war Sklave gewesen bei Nial's Mutter Asgjerde, sie aber hatte ihm die Freiheit geschenkt, so daß er seitdem ihr Freigelassener Freigelassener isländ. = Lösing. wurde. Später war er ertrunken und sein Sohn Thord war seitdem bei Nial geblieben. Dieser Thord Lösingsohn war ein großer und starker Mann und hatte Nial's Söhne alle erzogen. Ihn wollte nun Bergthora gebrauchen, ihr an Atle gegebenes Versprechen zu erfüllen. Im Sommer, nachdem dieser getödtet worden war, trug sie ihm auf, während Nial und seine Söhne, wie auch Gunnar auf dem Alting waren, er solle ausziehen und Halgjerde's Vetter Brynjolf tödten. »Zwar bin ich kein Todtschläger,« entgegnete Thord; »aber ich will es thun, wenn Du es mir befiehlst.« »Ich befehle es Dir!« sagte sie. Thord ritt darauf nach Hlidarende und ließ Halgjerde rufen. »Wo ist Brynjolf?« fragte er sie. »Was willst Du von ihm?« entgegnete sie. Er versetzte: »Er soll mir sagen, wo er Atle's Leiche begraben hat; man hat mir erzählt, daß er es schlecht gemacht habe.« Sie theilte ihm mit, wo Brynjolf sei und er hieß sie zusehen, daß es Brynjolf nicht ergehe wie Atle. »Du bist kein Todtschläger,« erwiderte sie, »wo ihr auch zusammentrefft, da ist keine Gefahr.« Thord antwortete, er habe nie Männerblut geschaut und er wüßte nicht, wie ihm werden würde, wenn er es sähe. Darauf sprengte er fort und traf Brynjolf auf der Landstraße. »Wehre Dich, Brynjolf,« rief er, »nicht wie ein Räuber will ich Dich überfallen.« Brynjolf ritt auf ihn zu und hieb nach ihm. Thord aber schwang seine Axt und zerschmetterte den Schaft von Brynjolf's Axt dicht über der Handhabe; zum zweiten Mal erhob er die Axt und traf Brynjolf in die Brust und tief drang die Axt ein, so daß er vom Pferde sank und sogleich seinen Geist aufgab. Kurz darauf traf Thord Halgjerde's Schafhirten. Er verkündete ihm, daß er Brynjolf getödtet habe, denn so mußte jeder freie Mann handeln, wenn er jemand getödtet hatte und nicht für einen Mörder gehalten werden oder den Namen eines Schurken tragen wollte. Er bezeichnete ihm den Ort, wo die Leiche lag und hieß ihn Halgjerde es ansagen. Dann ritt er nach Bergthorshvol und sagte Bergthora, was er gethan habe. »Ich danke Dir für Deiner Hände Werk,« entgegnete sie. Halgjerde aber entbrannte im Zorn, als sie die Botschaft vernahm, die der Hirte ihr brachte. »Viel Unheil soll daraus entstehen,« sprach sie, »wenn ich nur freie Hand habe.« Die Zeitung wurde auch auf dem Tinge kund. Dreimal ließ Nial sich die Kunde sagen; darauf brach er aus: »Jetzt werden die zu Blutmännern, von denen ich es am mindesten erwartet habe.« Skarphedin ergriff das Wort und sagte: »Der Mann muß schon im voraus dem Tode geweiht gewesen sein, da er unter der Hand unsres Pflegevaters, der doch niemals Männerblut gesehen, sein Leben hat aushauchen müssen, und viele werden meinen, daß wir Brüder diese That gethan haben, da man unsre Sinnesart kennt.« »Bald wird solches auch von Dir geschehen,« versetzte Nial, »aber die Noth wird Dich dazu treiben.« Darauf gingen sie hin und verkündeten Gunnar Thord's That. »Der Schade ist nicht groß,« erwiderte Gunnar, »aber Brynjolf war ein freier Mann.« Nial bot ihm sofort den Vergleich an und Gunnar nahm ihn an, unter der Bedingung, daß er selbst richten sollte. Er setzte die Buße auf drei Mark, Nial zahlte sie aus und somit war der Vergleich abgeschlossen.
Gunnar's Mutter Ranvejg hatte einen Schwestersohn namens Sigmund Lambesohn. Derselbe war ein großer und kräftiger Mann, von angenehmen Sitten, ein guter Skjald und in den meisten Uebungen wohl erfahren; dabei war er aber auch hochmüthig, spottsüchtig und trotzigen Sinns. Er besaß ein Schiff, auf welchem er Handelsreisen machte und er fuhr mit demselben nach Island in dem Sommer, in welchem Brynjolf Roste getödtet worden war. Er wurde begleitet von einem Schweden namens Skjold, einem Manne, dem man am besten aus dem Wege ging. Sie landeten im Hornefjord an der Südostküste der Insel, wo sie sich Pferde verschafften und nach Hlidarende ritten. Um der Vetterschaft willen empfing Gunnar sie freundlich und lud Sigmund ein, bei ihm den Winter über seinen Aufenthalt zu nehmen. Sigmund erwiderte, er nehme die Einladung an, falls sein Genosse Skjold ebenfalls willkommen sei. »Soviel ich weiß, trägt er nicht dazu bei, Dir bessere Sinnesart einzuflößen, obgleich Du dessen gar wohl bedarfst,« meinte Gunnar, indessen gestattete er Skjold den Aufenthalt in seinem Hause. Jedoch erklärte er ihnen beiden, es sei eine Schwierigkeit mit ihrem Bleiben verbunden. »Mein Weib Halgjerde,« sagte er, »unternimmt gar vieles, was meinem Willen zuwider ist und ihr dürft nicht sogleich zuschlagen, wenn sie Euch anstachelt.« »Nicht führt den Schlag, wer Worte macht,« antwortete Sigmund. »Drum suchet stets Rath bei mir,« sprach Gunnar, »und thuet, was ich Euch heiße.« Seitdem hielten sich Sigmund und Skjold in Gunnar's Nähe, Halgjerde aber begann bald Sigmund große Freundlichkeit zu erweisen und das ging schließlich so weit, daß sie ihm Geld zusteckte und ihm mit gleichem Eifer diente, wie ihrem Eheherrn, so daß die Leute viel darüber redeten und sich verwundert fragten, was dem wohl zu Grunde liege. Eines Tages sagte sie zu Gunnar: »Nicht beruhigen kann ich mich mit den drei Mark Silber, die Du für meinen Vetter Brynjolf empfangen hast, darum will ich zusehen, ob ich ihn nicht rächen kann.« Gunnar erwiderte, er wolle mit ihr keine Worte wechseln, und ging fort. Er sandte aber sofort seinen Bruder Kulskjäg zu Nial und ließ ihm ansagen, Thord möge sich hüten, der Friede sei faul und unzuverlässig. Darnach beredete sich Halgjerde mit ihrem Tochtermann Thraen Sigfussohn und wollte ihn verleiten, Thord Lösingsohn zu erschlagen, doch wollte er nicht darauf eingehen. »Mein Vetter Gunnar würde mir schwer zürnen,« versetzte er; »auch bringt solche That viel Gefahr mit sich, denn sie würde sogleich gerächt.« »Wer sollte es rächen,« spottete sie, »doch wohl nicht der bartlose Knicker?« »Nicht er, aber seine Söhne,« antwortete Thraen. Sie redeten nun lange mit einander, ohne daß jemand erfuhr, welche Pläne sie schmiedeten. Einst traf es sich, daß Gunnar nicht zu Hause war, aber Sigmund war auf Hlidarende und Skjold, sein Gefährte und auch Thraen war von Grytaa herübergekommen. Es saßen die drei vor dem Hause und unterhielten sich mit Halgjerde. »Ihr versprachet mir, Thord zu erschlagen, Ihr beiden Genossen, Skjold und Sigmund,« sprach sie, »und auch Du, Thraen, versprachst, dabei zu sein.« Das bejahten die drei. »Jetzt höret meinen Rath,« fuhr sie fort, »Ihr müßt ostwärts nach dem Hornefjord reiten, um Euer Gut zu holen, und müßt erst heimkommen, wenn das Ting begonnen hat, denn sonst wird Gunnar Euch zum Ting mitführen. Nial und seine Söhne reiten gleichfalls zum Ting. Wenn Ihr dann zurückkommt und alle diese Männer fern sind, dann müßt Ihr Thord tödten.« Sie versprachen nun alle, den Anschlag zu fördern und ritten sogleich ostwärts nach dem Hornefjord. Gunnar ahnte nichts Böses und begab sich zum Ting. Nial hatte auch Thord dahin mit sich nehmen wollen, allein er hatte ihn mit einem Auftrag fortgeschickt und er kehrte nicht rechtzeitig genug wieder, denn ein Fluß, den er unterwegs durchwaten mußte, war über seine Ufer getreten. So mußte denn Nial ohne ihn zum Ting reiten, doch hieß er Bergthora, ihn nachzusenden, sobald er zurückgekehrt sei. Nach zwei Nächten kam er. Bergthora trug ihm auf, sich zum Ting zu begeben. »Zuerst aber magst Du nach Thorolfsfjeld hinaufreiten,« fügte sie hinzu, »um dort nach der Wirthschaft zu sehen; allein Du darfst nicht länger als höchstens zwei Nächte Dich dort aufhalten.« Von diesen Begebenheiten erhielt Halgjerde Nachricht, und als nun Sigmund, Skjold und Thraen vom Hornefjord zurückkamen, sagte sie ihnen an, wie die Dinge ständen und hieß sie eilen. Sie ritten daher sogleich von Hlidarende aus nach Thorolfsfjeld zu. Unterwegs äußerte Sigmund, Thraen möge sich der Theilnahme am Ueberfall enthalten; sie bedürften seiner nicht, und Thraen that nach seinen Worten. Kurz darauf kam Thord ihnen entgegen. »Du mußt sterben, Thord,« rief Sigmund ihm zu, »ergieb Dich sogleich.« »Mit nichten,« erwiderte Thord, »jedoch stellt Euch mir einzeln zum Kampf.« »Nein,« sprach Sigmund, »wir möchten doch gern aus unsrer Uebermacht Vortheil ziehen. Du mußt ja stark sein, da Dein Pflegesohn Skarphedin so stark ist, und doch soll nach dem alten Wort nur ein Viertheil der Stärke des Pflegevaters auf den Pflegesohn übergehen.« »Du wirst es schon empfinden,« antwortete Thord, »wie stark Skarphedin ist, denn er wird mich rächen.« Darauf drangen sie auf ihn ein. Er zerbrach jedem einen Speer, so trefflich wehrte er sich. Da hieb ihm Skjold die eine Hand ab, doch Thord kämpfte eine Weile mit der anderen. Endlich durchstach ihn Sigmund mit einem Speer, er sank leblos zur Erde und sie bedeckten die Leiche mit Rasen und Steinen. »Ein böses Werk haben wir vollbracht,« sagte Thraen, »Nial's Söhne werden es bitter empfinden, wenn sie die Kunde empfangen.« Halgjerde wurde froh, als sie ihr die Nachricht brachten, Ranvejg aber sprach zu Sigmund: »Nur kurze Weile freut die Hand sich des Kampfes; indessen wird Gunnar Dich wohl aus dieser Sache lösen; aber gelingt es Halgjerde, Dich noch einmal aufs Glatte zu führen, dann wird es Dein Tod sein.« Halgjerde ließ sowohl auf Bergthorshvol, wie auch Gunnar auf dem Tinge die Blutthat ansagen. Als Bergthora die Botschaft empfing, versetzte sie, sie wolle darum keine argen Worte gegen Halgjerde brauchen; »es bedarf andrer Waffen, um eine solche That zu rächen,« fügte sie hinzu. Gunnar aber rief aus, es sei die schlimmste Kunde, die man ihm bringen könne, und eilte sofort zu Nial. Niemand außer Kulskjäg war bei ihrer Unterredung zugegen. »Harte Zeitung bringe ich Dir,« sagte Gunnar, »Thord Lösingsohn ist erschlagen, drum will ich Dir das Urtheil überlassen.« Nial schwieg eine Weile, dann erwiderte er, er wolle Gunnar's Anerbieten annehmen, obgleich er darob harte Worte hören werde von seiner Frau und seinen Söhnen. »Aber,« setzte er hinzu, »von meiner Seite soll der Bund unsrer Freundschaft nicht gebrochen werden.« Er gestattete auch nicht, daß seine Söhne bei dem Vergleich zugegen seien. »Sie geben ihre Einwilligung nicht dazu,« sprach er, »doch werden sie den Vergleich, den ich geschlossen habe, auch nicht brechen.« Darauf reichten Nial und Gunnar einander die Hand zum Zeichen, daß sie sich verglichen hätten. »Ich schätze die Buße auf sechs Mark Silber,« versetzte Nial, »das scheint Dir viel zu sein?« »Nicht zu viel,« antwortete Gunnar, zahlte das Geld und begab sich nach seiner Hütte. Bald darauf kamen Nial's Söhne nach Hause. »Es muß ihnen ein wichtiges Ding gewesen sein, die That zu vollführen,« sagte Skarphedin, als er alles erfuhr; »sonst hätten ihrer nicht so viele den einen überfallen. Doch wann ist die Sache weit genug gediehen, daß es uns zukommt, die Hand zu erheben?« »Lange wird es nicht dauern,« entgegnete Nial, »doch ist es mir sehr darum zu thun, daß dieser Vergleich nicht gebrochen wird.« »Dann soll er auch nicht gebrochen werden,« antwortete Skarphedin, »allein bei der nächsten Mißhelligkeit wollen wir der alten Feindschaft gedenken.« »Dagegen werde ich nichts einwenden,« sagte Nial. Als aber Gunnar vom Tinge heimkam, stellte er Sigmund zur Rede und sagte: »Nicht erwartete ich, daß Du meinem Hause etwas Gutes bringen würdest; daß es aber so arg werden würde, habe ich nicht geahnt. Treffliche Anlagen hast Du, doch brauchst Du sie übel. Deine Sinnesart stimmt nicht mit der meinigen, denn Du bist schnell bei der Hand mit Hohn und Spott; darum Dein gutes Einvernehmen mit Halgjerde; Ihr gleicht einander. Jetzt habe ich Dich mit Nial und seinen Söhnen verglichen. Laß' Dich nun nicht zum zweiten Mal verleiten.« In dieser Weise ermahnte er ihn eine Weile. Sigmund antwortete niedergeschlagen und gelobte, er werde in Zukunft sich nach Gunnar richten. »Ja, das thue,« versetzte dieser, »Dir selbst wird es am meisten frommen.« Die Zeit verging; zwischen Gunnar und Nial bestand die Freundschaft unerschüttert; zwischen ihren Häusern aber wurde sie kühler und kühler.
Halgjerde hatte auf Hlidarende ein Frauengemach, zu welchem die Frauen auf dem Hofe sich hielten und daselbst ihrer Handarbeit oblagen. Sie selbst hatte auch eine Vorliebe dafür, dort zu sitzen und mit den anderen Frauen zu plaudern und bisweilen kamen auch Männer herzu und nahmen Theil an der Heiterkeit und der Kurzweil, die dort herrschte. Eines Tages saß Halgjerde dort mit ihrer Tochter Thorgjerde und vielen andern Frauen und Sigmund und Thraen waren zugegen. Da traten einige Bettelweiber herein. Halgjerde hieß sie willkommen, ließ ihnen Platz machen und fragte sie nach Neuigkeiten; jene aber wußten keine. »Wo seid Ihr denn über Nacht gewesen?« fragte sie. »Auf Bergthorshvol,« entgegneten jene. »Was hatte Nial denn vor?« fragte sie weiter. »Alles, was er that, bestand darin, daß er still auf einem Fleck saß,« meinten jene. »Nun, und seine Söhne,« fuhr Halgjerde fort, »was fingen die an?« Die Weiber sprachen: »Lang genug sind sie, wozu sie aber tüchtig sind, das hat man bis jetzt noch nicht erfahren. Uebrigens stand Skarphedin da und schliff eine Axt, Grim schäftete einen Speer, Helge setzte einen Griff auf ein Schwert, Höskuld aber befestigte eine Handhabe an einen Schild.« »Dann bereiten sie wohl eine große That vor?« sagte Halgjerde. »Wir wissen es nicht,« erwiderten die Weiber. »Aber die Dienstleute,« forschte Halgjerde weiter, »was schafften die?« »Was die übrigen zu thun hatten,« antworteten die Weiber, »das wissen wir nicht; es war aber einer da, welcher Dünger auf das Feld fuhr.« »Wozu sollte das gut sein?« versetzte Halgjerde. Die Weiber erwiderten: »Er sagte, das Gras werde dadurch besser wachsen.« »Dann ist Nial doch einfältig,« spottete Halgjerde, »er, der sonst für alles guten Rath hat.« »Was willst Du damit sagen?« fragten die Weiber. »Ich meine,« fuhr Halgjerde fort, »wenn der Dünger solche Kraft in sich trägt, dann ist Nial dumm, weil er nicht Dünger auf seinen eigenen Bart hat fahren lassen, damit derselbe wachse wie bei anderen Männern; drum wollen wir ihn in Zukunft den bartlosen Knicker heißen; und seine Söhne, ja, die haben Bart genug, die sind wohl so klug gewesen zu thun, was er versäumt hat; sie mögen daher die Mistbärte heißen. Sing' uns ein Lied davon, Sigmund, damit wir uns freuen an Deiner Skjaldkunst.« Sigmund sang sogleich ein Lied, in welchem er Nial und dessen Söhne mit den Spottnamen belegte, die Halgjerde ihnen gegeben hatte und noch viel andres zu ihrem Hohne sagte. »Du bist ein wahres Kleinod, so willfährig wie Du gegen mich bist,« rief Halgjerde, als er geendet hatte, und es herrschte viel Lustigkeit und Lachen in dem Frauengemach. Da trat Gunnar herein; er hatte vor der Thüre gestanden und alles vernommen. Augenblicks verstummte das Gelächter. Gunnar war furchtbar zornig. »Ein Narr bist Du,« fuhr er Sigmund an, »diese Spottlieder werden Dir den Tod bringen. Ueber jeden aber,« wandte er sich an alle, »der diese Lieder wiederholt oder nur ein Wort davon fallen läßt, was hier gesagt ist, wird mein Zorn kommen und ich werde ihn vom Hofe jagen.« Darauf ging er hinaus; es fürchteten ihn aber alle so sehr, daß niemand die Worte zu wiederholen wagte. Nur die Bettelweiber überlegten sich, daß Bergthora ihnen guten Lohn geben werde, wenn sie ihr erzählten, was geschehen sei. Sie eilten sogleich zu ihr und sagten ihr alles, ohne daß sie sie gefragt hatte. Als nun später die Männer auf Bergthorshvol sich zu Tische setzten, sprach Bergthora: »Jetzt hat man Euch Geschenke und Gaben gegeben, dem Vater und den Söhnen zugleich, und zahlt Ihr es nicht heim, so steht es nur schlecht um Eure Mannheit.« »Welche Gaben hat man uns gegeben?« fragte Skarphedin. Bergthora entgegnete: »Ihr Söhne empfinget eine, die Ihr Euch redlich theilen möget: Euch nannte man die Mistbärte; Euren Vater aber hieß man den bartlosen Knicker.« »Nicht sind wir Weiber, daß wir um alles und jedes zürnen,« versetzte Skarphedin. »Und doch ergrimmte um Euretwillen Gunnar,« antwortete Bergthora, »den niemand ein Weib nennt. Rächt Ihr aber nicht diesen Hohn, dann werdet Ihr niemals irgend welchen Schimpf rächen, den man Euch anthut.« »Jetzt ist unser Mütterchen im Eifer,« rief Skarphedin kichernd; aber der Schweiß drang ihm auf der Stirn hervor und auf seinen Wangen erschienen rothe Flecken. Grim schwieg und biß sich auf die Lippen, an Helge war nichts zu merken, Höskuld aber ging mit Bergthora vor die Thür und als sie zurückkam, erzitterte sie vor Zorn. »Nicht bleibt zurück, wer da fährt mit Bedacht, Hausfrau,« sprach Nial zu ihr; »gar süß mag die Rache sein, doch ist sie geübt, dann schmeckt man an ihr das Bittere.« Abends, als Nial sich zur Ruhe begeben hatte, hörte er eine Axt erklingen an der äußeren Bretterwand des Hauses, dazu sah er, daß die Schilde nicht an ihrem gewöhnlichen Orte über einem anderen Bette hingen, »Wer hat unsere Schilde genommen?« fragte er Bergthora. »Deine Söhne trugen sie hinaus!« versetzte sie. Da stand Nial auf, zog seine Schuhe an und ging hinaus nach der Rückseite des Hauses. Da sah er sie alle die Höhe hinanklettern, an welcher der Hof lag. »Wohin, Skarphedin?« rief er. »Deine Schafe wollen wir suchen,« rief Skarphedin. »Dann hättet Ihr Eure Waffen nicht mitgenommen,« erwiderte Nial. Da sang Skarphedin ein Lied und sprach: »Lachs wollen wir fangen, mein Vater!« »Möget Ihr den Fisch ins Garn bekommen,« sprach Nial und ging hinein. »Deine Söhne waren draußen, alle in vollem Waffenkleid,« sagte er zu Bergthora. Sie antwortete: »Großen Dank will ich ihnen schulden, wenn sie mir die Kunde bringen von Sigmund's Tod.« Die Nialsöhne aber stiegen hinauf zum Berghang am Flusse und als der Morgen graute, waren sie bei Hlidarende. Sigmund und Skjold waren gerade draußen, um nach einigen Pferden zu suchen; Skarphedin erblickte sie und zeigte sie seinen Brüdern. »Du aber, Höskuld,« sprach er, »Du magst Dich vom Kampfe fern halten, denn oft wirst Du allein ausgesandt zu Verrichtungen. Ich gedenke Sigmund auf mich zu nehmen, Grim und Helge mögen es mit Skjold versuchen.« Da setzte Höskuld sich nieder, die anderen aber gingen weiter, bis sie Sigmund und Skjold trafen. »Nimm Deine Waffen und wehre Dein Leben,« rief Skarphedin Sigmund entgegen, »das ist besser als Spottlieder über uns Brüder zu singen.« Darauf wartete er ruhig, bis Sigmund seine Waffen geholt hatte. Dieser trug denn einen Panzer um die Brust, einen Helm auf dem Haupte und einen Schild am Arm, an der Seite das Schwert und in der Hand den Speer. Er stürmte sogleich gegen Skarphedin, stieß nach ihm mit dem Speer und traf seinen Schild. Skarphedin aber zersplitterte den Speerschaft und schwang dann seine Axt, Rimegyge nannte er sie, hieb nach Sigmund, traf dessen Schild und spaltete ihn. Da zog Sigmund sein Schwert und schlug nach Skarphedin, jedoch das Schwert blieb in dessen Schild haften und Skarphedin drehte den Schild so kräftig, daß Sigmund das Schwert fahren ließ. Da hieb Skarphedin zum zweiten Mal mit der Axt nach Sigmund und zerschmetterte ihm das Schulterblatt. Sigmund sank in die Knie, doch sprang er sogleich wieder empor, allein Skarphedin schlug ihm auf den Helm und versetzte ihm dann den Todesstreich. Unterdessen hatten Grim und Helge gegen Skjold gekämpft. Grim trennte ihm den Fuß ab am Knöchelgelenk, Helge aber durchstieß ihn mit dem Speer, so daß er sogleich todt umsank. Skarphedin hieb Sigmund den Kopf ab und als er bald nachher Halgjerde's Schafhirten fand, gab er ihm den Kopf und trug ihm auf, er möge ihn Halgjerde bringen und sie bitten, zuzusehen, ob es nicht derselbe Kopf sei, der neulich Spottlieder über Nial und dessen Söhne gesungen habe. Darauf entfernte er sich mit seinen Brüdern. Am Markarfluß traf er einige Männer. Diesen bekannte er, daß er Sigmund, Grim und Helge aber Skjold erlegt habe. Sodann kehrten sie alle heim und brachten Nial die Kunde. »Glück und Heil ob dem Werk Eurer Hände,« sprach dieser und setzte hinzu, daß, so wie die Sachen jetzt lägen, der Buße fordernde Theil nicht das Urtheil sprechen solle.
Als Halgjerde's Schafhirte aus dem Gesichtskreis der Nialsöhne gekommen war, warf er Sigmund's Haupt weit von sich. Er kam dann nach Hlidarende und sagte es Halgjerde an. »Skarphedin gab mir Sigmund's Haupt,« sprach er, »und gebot mir, es Dir zu bringen; ich aber wagte es nicht, denn ich wußte nicht, was Du dazu sagen würdest.« »Uebel hast Du gehandelt, daß Du es nicht thatest,« antwortete sie, »ich hätte es Gunnar gebracht und er hätte dann seinen Vetter rächen müssen, falls er nicht von jedermann darob geschmäht werden wollte.« Darauf eilte sie zu Gunnar und sagte: »Dein Vetter Sigmund ist erschlagen; Skarphedin ist sein Mörder.« »Das durfte man erwarten,« erwiderte er, »aus bösem Wort folgt böse That.« Damit ging er fort. Er that nichts, um die Sache anhängig zu machen und wiewohl Halgjerde ihn oft dazu anstachelte, so kümmerten ihn ihre Worte doch nicht. So vergingen drei Tingversammlungen; die Leute erwarteten jedes Mal, daß Gunnar die Sache vor Gericht bringen werde, allein er that nichts dafür, redete auch nicht unwillig über die Nialsöhne. Einst hatte er einen Rechtshandel und vermochte sich nicht aus demselben herauszuwickeln. Er ritt darum zu Nial und dieser empfing ihn wohl. Gunnar sprach: »Ich bin gekommen, um Heilrath bei Dir zu suchen in einer schwierigen Sache.« Nial antwortete: »Drum ist Deine Erwartung, bei mir zu finden, was Du verlangst, auch durchaus billig.« Darauf erklärte er ihm, was er zu thun habe und Gunnar erhob sich und dankte ihm. Da faßte Nial seine Hand und sagte: »Lange genug hat Dein Vetter Sigmund ungebüßt gelegen.« »Für ihn ist schon längst die Buße erlegt,« meinte Gunnar, »doch will ich nicht von mir weisen, was ehrenvoll für mich ist.« Nial sprach nun den Wunsch aus, daß Gunnar selbst die Buße bestimmen möge. Er schätzte Sigmund auf sechs Mark Silber, für Skjold wollte er keine Buße annehmen. Das Geld wurde sogleich bezahlt. Auf dem nächsten Gauting, Tingskaaleting wurde es genannt, zu einer Zeit, wo die Versammlung am stärksten besucht war, trat Gunnar auf und sagte den Vergleich an, der zwischen ihm und Nial geschlossen sei. Er hob besonders hervor, wie zuvorkommend dieser gegen ihn gewesen sei, nannte auch alle bösen Worte, die Sigmund den Tod gebracht hatten und verbot allen und jeden, die Worte wieder auszusprechen oder die Lieder zu singen. Thäte es jemand, trotz seines Verbotes, dann sollte keine Buße für ihn gegeben werden, falls er darum getödtet werden würde. Schließlich erklärte sowohl er, wie auch Nial, daß niemals etwas ihr gutes Einvernehmen stören solle, was sie nicht unter sich in friedlicher Weise zum Austrag bringen würden. Dieses Versprechen hielten sie auch und waren sich allzeit treue Freunde.